Review

TEST: Dead Island

play3 Review: TEST: Dead Island

7.0

Im Grunde ist das Thema Zombies ja durch. Kaum ein Spiel kommt noch ohne die Untoten getreu nach Filmemacher George Romero aus und man kann es niemandem übel nehmen, wenn er denkt, er hätte diesbezüglich schon alles gesehen. Aber eigentlich stimmt das ja so nicht. Denn ein Abenteuer, in dem die stinkenden Menschenfresser eine offene Welt überrennen, und in der man seinen eigenen Charakter entwickelt, während man sich durch diese Horden schlitzt, das hat es noch nie gegeben.

Leider gelingt es Entwickler Techland nicht immer, seine ebenso frei erkundbare wie fiktive Tropeninsel Banoi auch mit einem gehaltvollen Spiel zu füllen. Viele Kinderkrankheiten und kleinere konzeptionelle Schwächen nagen am Erlebnis wie ein Rudel Zombies an der Viererbande Überlebender, die die Hauptrollen von „Dead Island“ spielen.

Video wurde entfernt, da der Titel auf den Index (Liste B) gesetzt wurde.

Die Spielwelt
Ist man unter freiem Himmel, ist Banoi ein echter Hingucker. Das Wetter ist meistens prächtig und die Landschaft macht von Hotelanlage, über den Strand bis hin in den Dschungel und die zerstörte Stadt einiges her. Alles sieht durchaus natürlich aus, wenngleich es zwischen einigen dieser größeren Bereiche Ladebildschirme gibt, die die Übergänge verschleiern. Beachtlich ist auch, wie Techland es hinbekommt, den Spieler, der sich für einen von vier Charakteren mit unterschiedlichen Skill-Werdegängen entscheiden muss, die Stimmung einer Welt vermittelt, die von Zombies überrannt wurde.

Die Story macht zwar nicht allzu viel her, aber was braucht man schon mehr als eine solche Katastrophe vor einem exotischen Hintergrund? Wenn ihr hier für eine der diversen Überlebenden-Gruppierungen, die sich an verschiedenen Stellen verschanzt haben, durch die Landschaft hetzt, in Bungalows, Tankstellen und alten japanischen Bunkern nach Vorräten und Geld sucht und große und kleine Aufgaben erledigt, erzeugt das schon ordentliche Endzeit-Stimmung. Gerade am Anfang der 25 Stunden dauernden Kampagne wägt man häufig ab, ob man einen Kampf eingehen sollte, oder ob man lieber einen anderen Weg wählt, um den Zombies aus dem Weg zu gehen. Für Abwechslung ist in den Umgebungen – zumindest optisch – genug gesorgt.

Leider fehlt eine echte Physik-Engine, die Gegenstände umfallen oder durch die Luft fliegen lässt, wodurch die Welt recht statisch wirkt. Wirft man die dünne Holztür eines Bambus-Bungalows hinter sich zu, könnte man auch genauso gut in einem Panzer sitzen. Die Zombies kennen keine Türklinken und wollen offenbar auch gar nicht so dringend rein zu euch. Seid ihr für sie unerreichbar, kehren sie oft auch direkt wieder an den Punkt zurück, wo die Programmroutinen des Spiels sie einst gespawned haben. Für diese Dinge bekommt das Szenario spürbare Abzüge in der B-Note.
Urteil: Gut

Den Nahkampf
Nahkampf in Ego-Spielen ist meistens eine recht knifflige Sache. Abstände und Reichweiten sind schwerer einzuschätzen, weshalb „Dead Island“ es durchaus als Erfolg verbuchen darf, dass nach einer gewissen Eingewöhnungszeit wirklich alles rund läuft. Sieht man sich vereinzelten Zombies gegenüber, schnitzelt man sich flink und mit Übersicht durch das gammelige Fleisch, wirft Angreifer mit einem Jump-Kick zu Boden und erzeugt mit stumpfen Waffen Brüche oder schlägt Schädel ein. Mit Machete und Co. trennt man gezielt Gliedmaßen ab, bis zuletzt der Kopf fliegt. Ein bisschen seltsam ist allerdings, dass ein abgetrenntes Bein ebenso tödlich ist, wie der Verlust des Hauptes.

Einige Kämpfe gegen die mächtigen Thugs etwa, ziehen sich im Alleingang etwas zu sehr in die Länge. Doch dafür hat der Herrgott ja den Co-Op-Modus für bis zu vier Spieler erfunden. Hier lenkt ein Teilnehmer den Thug ab, während ein anderer ihm in den Rücken fällt. Die begrenzte Ausdauer, die sich nach Schlägen (seltsamerweise nicht aber Tritten) abnutzt, verhindert allzu wüstes Tastengehämmere und verlangt Reaktionsschnelligkeit, um mit einem Satz nach hinten und zur Seite auszuweichen. Die verschiedenen Feinde, die bis zum Explodieren und Erbrechen teils arg von „Left 4 Dead“ abgekupfert sind, haben meist die gleiche tödliche Allergie gegen Sprung-Tritte, trotzdem will jeder Angriff wohl getimed sein.

Gut ist auch, wie das Spiel regelmäßig durch neue Baupläne für Waffen für eure Mühen belohnt. Anhand dieser modifiziert ihr etwa eine Machete mit Batterien und Drähten so, dass sie Elektroschocks verteilt. Zutaten, die zumeist aus Alltagsgegenständen bestehen, gibt es zu Genüge und die Resultate können sich oft sehen lassen.
Urteil: Gut

Das Konzept
Diese Ego-Action steckt im Korsett einer Art Fallout 3. Ihr erhaltet für erledigte Aufgaben also Erfahrungspunkte, mithilfe derer ihr im Level aufsteigt. Der Gedanke, auf drei verschiedenen und für jeden Charakter individuellen Fähigkeitenbäumen neue Skills freizuschalten, ist vor diesem Szenario doch ziemlich attraktiv. Vor allem stellt es den Survival-Aspekt, der in artverwandten Filmen viel häufiger thematisiert wird, als in der Spielewelt, angenehm deutlich heraus. Es kommt eine gewisse Ressourcen-Knappheit hinzu, sei es was Quest-Items angeht, die es teilweise mithilfe fahrbarer Untersätze zu besorgen gilt, oder eure eigene Ausrüstung. All das verspricht im Grunde einen spannenden Kampf ums Überleben. Das eure und das der ganzen NPCs, die euch mit Aufträgen versorgen.
Urteil: Sehr gut

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Die Umsetzung dessen
Das Problem ist nur, dass das alles nicht so richtig zusammen kommt. Der Rollenspiel-Komponente merkt man an, dass Techland vielleicht selbst mal ein RPG gespielt hat, nicht aber entwickelt. Auf den Tech-Trees kann man sich nie so richtig austoben und individualisieren, weil man immer wirklich alle Fähigkeiten einer Stufe aktivieren muss, bevor man sich eine Fähigkeit zu eigen macht, die weiter oben im Baum angesiedelt ist. Techland hätte es problemlos so verästeln können, dass man seinen Weg durch die Fähigkeitenlandschaft zumindest ein bisschen selbst wählen kann. Viel mehr als die Reihenfolge ist euch so aber nicht überlassen, zumal auch zwei der drei Bäume bedeutend weniger interessant sind als der, der für eure Kampffähigkeiten zuständig ist.

Viele der Survival-Mechanismen lassen das Spiel außerdem in Arbeit ausufern: Schnittwaffen nutzen sich schon bis zur Unbenutzbarkeit ab, wenn man sie nur böse anschaut, was nicht nur wegen der häufigen Wechsel ins Menü nervt, die hierdurch in der ersten Hälfte des Spiels notwendig sind. Auch, dass man ständig neues Gerät findet, bei dem man wegen des knappen Inventarplatzes überlegen muss, was man nun dafür wegwirft oder nicht, versetzt den Spieler in eine Zwickmühle, die ein bisschen zu sehr zwickt. Später wird es besser, aber gerade zu Anfang, als man noch keine Gelegenheit hat, gerade nicht benötigte Gegenstände irgendwo zu lagern, ärgert das.

Das Versprechen, „Dead Island“ komplett auf Koop auszulegen wurde auch nicht so ganz eingelöst. Zwar klappen grundlegende Ablenkungstaktiken und der Tausch von Gegenständen gut und das Spiel mit Freunden wertet einen Titel immer auf. Wenn aber zufällig jemand in euer Spiel hinein „dropped“, der einen deutlich höheren Level hat, wird des Abenteuer zum Spaziergang. Auch von einer echten Wechselwirkungen zwischen den Charakteren – die vier sind auf Fernwaffen, stumpfe Waffen, Schneidwerkzeug und Würfe spezialisiert – merkt man nichts.

Und so spielen alle ein bisschen nebeneinander her. Schade ist auch, dass das Spiel in einigen späteren Hauptmissionen so sehr auf Schusswaffengewalt setzt, denn das funktioniert weit weniger gut als der gelungene Nahkampf. Den Waffen und der Handhabung des Zielens fehlt es an Pepp und die Gegner vertragen zu viele Treffer.
Urteil: Ausreichend

Die Innenbereiche
So viel die Außenumgebungen auch für das Spiel tun, so schwach spielt sich „Dead Island“ doch, wenn man mal ein Dach über dem Kopf hat. In Hotels oder den Abwasserkanälen kommt spielerische Langeweile auf, während die Optik zugleich deutlich schwächer wird.

Die Normal-Maps auf den Wänden glänzen wie ein Stück Griebenschmalz in der Sonne und Schreibtische, Wohnzimmer und Pumpenräume wiederholen sich zu sehr. Das schmerzt besonders, weil spielerisch in beengten Umgebungen ein bisschen weniger möglich ist. Gerade zu viert wird der doppelte Ausflug in die Tunnel unter der Stadt ein wenig sinnfrei. Und weil er so „schön“ ist, schickt einen das Spiel wenig später ein zweites Mal hier durch.
Urteil: Ausreichend

Die Logikschwächen
Womit wir beim nächsten Punkt wären. In oben genannter „Hin-und-wieder-zurück-Mission“ durch die Toilette der City stehen die Gegner in beiden Durchläufen am selben Fleck. Selbst wenn ihr hier zuvor Sicheln und flammende Baseballschläger schwingend klar Schiff gemacht hattet. Sogar die Behältnisse für verstecktes Loot, die man zuvor schon geleert hatte, sind wieder aufgefüllt.Und das wiederholt der Titel auch in den Außenbereichen, wenngleich es hier etwas weniger offensichtlich ist. Trotzdem: Irgendwann ist man mit den Viechern per Du und es mildert ein wenig den Eindruck, sich durch eine echte Welt zu bewegen. Die Flexibilität und Unvorhersehbarkeit, die ein AI-Director den infizierten Horden von „Left 4 Dead“ gab, ist hier nirgends zu sehen.

Einige Missionsbeschreibungen lassen zudem arg an Logik vermissen. Wir haben bereits in Stunde eins und zwei Leute gesehen, deren Anfragen im Rahmen ihrer Situation keinen Sinn machten, etwa wenn es darum ging, Vorräte zu beschaffen, die die direkte Umgebung dem Charakter eigentlich bereits bot. Außerdem hätten wir uns eine bessere (oder besser: überhaupt eine) Erklärung gewünscht, warum eine Polizisten Level 9 zwar eine Pistole Level 9 benutzen kann, nicht aber eine mit Level 10.
Urteil: Ausreichend

Die Technik
Während die Chrome Engine 5 in Außenbereichen ein solides Bild abgibt, so trüben doch die leicht verschwommene Optik und die wackelige Bildrate ein wenig den Eindruck. Ärgerlicher sind allerdings die zahlreichen Bugs, bei denen Questmarker nicht mehr erreichbar waren, Waffen schon mal so in der Umgebung versanken, dass man sie nicht mehr aufheben konnte oder man nach einem Bildschirmtod direkt inmitten der Feinde wiederbelebt wurde. Zwei Mal fanden wir uns sogar weiter vorne im Level wieder.

Die KI ist ebenfalls nicht immer auf dem Posten, denn einige spezielle Ober-Zombies gaben schon mal die Verfolgung nach einem harten Treffer ihrerseits auf und zogen sich wieder zurück auf ihren angestammten Platz, anstatt uns den Garaus zu machen.
Urteil: Befriedigend

System: PlayStation 3
Vertrieb: Deep Silver
Entwickler: Techland
Release: 06. September
USK: Nicht geprüft
Offizielle Homepage: http://bit.ly/pQ8t4K

7.0

Wertung und Fazit

TEST: Dead Island

Viel fällt einem dazu nicht ein. Nun gut, außer natürlich den 1566 Worten, die wir hier drüber geschrieben haben. "Dead Island" ist keine Katastrophe und in kleinen Schüben gespielt, macht das Freischalten von Waffen und Metzeln von fleischig zerfallenden Untoten auch Spaß. Wenn man aber auf die Summe der Versäumnisse schaut, muss man sich wirklich ärgern, dass hier Techland nicht einen überzeugenderen Titel abgeliefert hat. In keiner Kategorie fehlt besonders viel, im Grunde sieht man an allen Ecken und Enden, wie man mit kleineren strukturellen Umstellungen ein weitaus schlüssigeres Erlebnis daraus hätte machen können. Aber es hat halt nicht sollen sein. Hoffen wir, dass Techland irgendwann noch einmal die Chance bekommt, mit diesem Konzept ans Reißbrett zurückzukehren und ein paar Dinge besser zu machen. Bis dahin gilt: Kann man kaufen, muss man aber ganz sicher nicht.

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Kommentare

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