Review

TEST: RAGE

play3 Review: TEST: RAGE

8.5

Keine Revolution, dafür aber ein wirklich guter Shooter: Wann immer die „Doom“-Schöpfer von id Software ein neues Spiel entwickeln, ist der Hype einfach unglaublich. Schließlich genießen Carmack und Co. den Ruf, jede Hardware bis zum letzten Megahertz auszureizen. „RAGE“ sieht zwar wundervoll aus, hat allerdings auch seine Schwächen. Und diese zum großen Teil sogar in der Technik. Warum uns das Spiel trotzdem gefällt, erfahrt ihr in unserem umfangreichen „RAGE“-Test.

Was wir cool finden

Brave, new (Open-)World
Wenn die Endzeit so schön aussieht wie in „RAGE“, dann kann sie vielleicht schon ein wenig früher kommen. Wir reisen durch zauberhafte zerklüftete Felsformationen und blicken dabei auf eine geradezu malerisch hübsche Skybox, die atemberaubende Wolkenformationen an den Himmel zeichnet. Eure Missionen holt ihr euch aber nicht im Ödland, sondern in den Siedlungen ab. Wellspring etwa ist eine herrlich verschrobene Stadt mit ebenso seltsamen Charakteren. Egal, ob es nun der rotzige Sheriff oder der Südstaaten-Gentleman und Bürgermeister Clayton ist. Das Charakterdesign ist erstklassig. Die englische Version ist aufgrund verschiedener Dialekte allerdings deutlich atmosphärischer als die deutsche.

Obendrein gibt es in den zwei Hauptstädten auch noch jede Menge zu tun. Ihr könnt euch Aufträge abholen, Rennen fahren oder ein Spielchen mit den Einheimischen wagen. Dafür benötigt ihr aber erstmal ein Kartenspiel, welches ihr beim Händler bekommt. Seid ihr knapp bei Kasse, könnt ihr bei Mutant Bash TV – einer brutalen Game-Show – teilnehmen und auf mehreren Ebenen Mutanten für Geld einen Kopf kürzer machen. Das Open-World-Feature in „RAGE“ ist sicherlich nicht so umfangreich wie in „Fallout 3“ oder „Red Dead Redemption“. Trotzdem ist die Spielwelt reich an Attraktionen und Abwechslung. Für einen Ego-Shooter ist „RAGE“ daher sehr umfangreich: Wer nicht nur stur dem Hauptpfad folgt, sondern sich abseits der Quests ein wenig vergnügt, wird 15 bis 20 Stunden mit dem Spiel beschäftigt sein.

Einen kleinen Makel gibt es im „RAGE“-Universum allerdings doch: Die Story ist verhältnismäßig dünn – wie für id Software üblich. Und sie endet sehr abrupt und ohne großes Finale. Da erzählen andere Spiele eine weitaus bessere Geschichte.
Urteil: Sehr gut

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MacGyver trifft auf Doom
Ein derart breites und abgedrehtes Arsenal haben wir zuletzt in „Resistance 3“ gesehen. Die Primärwaffen sind anfangs noch recht unspektakulär: Wir finden eine Siedler-Pistole, eine etwas verranzte AK-47, eine Schrotflinte und einen Raketenwerfer. Doch spätestens als wir den Bogen erhalten, wissen wir, wohin die Reise geht. Durch bis zu vier verschiedene Munitionsarten findet oder bastelt ihr euch für jede der insgesamt acht Wummen. Besagten Bogen bestücken wir kurzerhand mit Elektrobolzen und braten damit Mutanten, die unvorsichtigerweise in einer Pfütze stehen. Die Schrotflinte versorgen wir mit Minigranaten.

Der eigentliche Clou an „RAGE“ ist allerdings die Bau-Funktion. Ihr findet bei euren Streifzügen durch die Missionen immer wieder Einzelteile. Mal ist das Elektromüll, mal Kabel oder alte Batterien. Kauft ihr euch dann Baupläne, könnt ihr auf die Schnelle eigene Gegenstände zusammen basteln. Spielraum für Experimente gibt es hier nicht, trotzdem ist das Ad-Hoc-Werkeln ein sehr gute Ergänzung zu den Shooter-Elementen. Findige Tüftler schrauben im Gefecht eine R/C-Bombe zusammen und fahren mit dem ferngesteuerten Sprengsatz hinter die feindlichen Linien. Oder sie platzieren eine Selbstschussanlage oder einen Wachroboter, um anrückende Gegner aufzuhalten. So richtig viel Freude hat uns allerdings der Wingstick – ein mit Klingen besetzter Bumerang – bereitet. Präzise geworfen enthauptet der Wingstick auch größere Widersacher mit einem Treffer und ist zudem ideal für lautlose Attacken. Sehr praktisch!

Überhaupt hat uns die Shooter-Mechanik von „RAGE“ sehr gut gefallen. Es spielt sich eben typisch id Software. Hier gibt es kein Deckungssystem oder anderen neumodischen Kram. In „RAGE“ dominieren die schnellen Gefechte in einer herrlich verwüstete Landschaft. Die Steuerung ist dabei sehr direkt, der Spielablauf flott.
Urteil: Sehr gut

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Turnen für Mutanten
Hauptgrund für die schnellen Kämpfe sind die hervorragend animierten Mutanten und Freaks von „RAGE“. Gerade die menschlichen und über die Maßen degenerierten Widersacher turnen oftmals in bester Parcours-Manier durch die Levels, dass es eine helle Freude ist. Die Animationen sind absolut genial. Spätestens, wenn eine Horde Ghosts mit Purzelbäumen und Salti auf euch zufliegt, seid ihr über jeden Treffer mehr als dankbar.

Insgesamt waren wir von den unterschiedlichen Charakteren der Gegner-KI angetan. Besser organisierte Clans nehmen taktisch klug hinter Barrikaden Stellung, wechseln bei heran fliegenden Granaten die Position und laufen einem nur selten direkt ins Feuer. Mutanten auf der anderen Seite werden von ihrem Instinkt geführt und attackieren oftmals blind. So gehört sich das! Einzig Bosse und Zwischengegner stinken gegen ihre wendigen Kumpanen mit stupider KI und sich wiederholenden Attacken ein wenig ab.

Die Charaktermodelle sind insgesamt schön und ebenfalls sehr abwechslungsreich gestaltet. Selbst innerhalb der Levels hatten wir nur selten den Eindruck, dass wir gegen Klon-Soldaten antreten. Durch ständig wechselnde Missionsziele treten wir außerdem nur selten in zwei aufeinander folgenden Aufträgen gegen die selbe Art von Gegnern an.
Urteil: (noch) Sehr gut

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Nicht ganz Motorstorm!
Vehikel wie Wüstenbuggys und Quads spielen in „RAGE“ eine entscheidende Rolle: Sie dienen zum einen als Fortbewegungsmittel zwischen den Missionen, aber auch als Werkzeug zum Geld verdienen. Daher solltet ihr euren Cuprino oder euren Monarch auch hegen und pflegen. In jeder Stadt findet ihr einen örtlichen Händler, bei dem ihr euren Liebling neu verzieren oder mit Extras ausstatten können. So verpasst ihr den Fahrzeugen Stachelreifen und Raketen- oder Minigeschütze. Denn im Ödland treiben sich jede Menge Banditen herum, die euch ans Leder wollen. Wer sich hier ohne Kanone vor die Tür wagt, ist selber schuld.

Die Fahrphysik erinnert tatsächlich ein wenig an „Motorstorm“ oder „Burnout“. Die Boliden geraten in Kurven schnell ins Rutschen. Dies könnt ihr allerdings durch den Turbo wieder ausgleichen und die Fahrzeuge so aus der Kurve schieben. Ihr solltet hier keine große Realitätsansprüche stellen. Bei Sprüngen fliegen die Racer oftmals sehr weit und selbst kleinere Karambolage enden gelegentlich in wilden Überschlägen. Aber insgesamt machen die Fahrsequenzen durchaus Spaß – gerade aufgrund der verschiedenen Customization-Möglichkeiten. Im Spiel nehmt ihr an normalen Rennen mit und ohne Waffen teil, geht auf die Jagd nach Banditen und bekommt für bestimmte Sprünge auch noch eine Trophy. Sehr schön!
Urteil: Gut

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Solider Mehrspieler-Teil
Eine bittere Pille müssen Mehrspieler-Freunde schlucken: Klassiker wie Deathmatch oder Capture-the-Flag gibt es hier nicht. Nur im „Road Rage“-Modus kämpft ihr in bester „Twisted Metal“-Manier mit aufgemotzten Fahrzeugen und bis zu vier Spielern gegeneinander. So steigt ihr in Levels auf und aktiviert nach und nach neue Autos und Waffen. Im Koop-Modus für zwei Spieler nehmt ihr allerdings wieder die Knarren zur Hand und besteht einige umgemodelte Missionen der Kampagne oder ballert euch gemeinsam durch eine Runde Mutant Smash TV. Das ist sehr nett geraten, da hier die Kooperation zwischen den Kameraden durch kleinere Team-Aufgaben im Vordergrund steht. Trotzdem sind die Multiplayer-Modi insgesamt sehr spärlich und sicherlich kein Grund, weshalb man „RAGE“ spielen sollte.
Urteil: Befriedigend

Was wir weniger cool finden

Oh, noch ein Schlauch!
Wir haben uns zuletzt bei vielen Spielen über die arg geradlinigen Levels aufgeregt. „RAGE“ ist da keine Ausnahme, kaschiert diese Schwäche aber mit ausgesprochen abwechslungsreichen Arealen. Beinahe alle Missionen laufen nach einem ähnlichen Schema ab: Wir fahren mit unserem Vehikel zu Punkt A, gehen zu Fuß weiter, ballern uns durch Unmengen von Verrückten und Mutanten und zum Abschluss finden wir Objekt X oder eliminieren Ziel Y.

Die eigentlichen Levels sind streng linear. Ihr folgt also einem vorgetretenen Pfad. Viele potenzielle Abzweigungen sind „geschickt“ durch Objekte versperrt. Immerhin: Durch die Inventar-Funktionen ist die Motivation, nach versteckten Gegenständen zu suchen, deutlich größer als in den meisten anderen Shootern. Trotzdem hätten die Levels insgesamt mehr Komplexität vertragen können. An einigen Stellen müsst ihr sogar ganze Abschnitte wieder zurückrennen. Das stört den Spielfluss deutlich und sollte eigentlich in einem modernen Spiel nicht mehr vorkommen.
Urteil: Befriedigend

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Unsaubere Technik
„RAGE“ sieht bombig aus. Ohne Zweifel. Es zaubert zerklüftete Bergpanoramen auf den Bildschirm, welche ihren Weg direkt auf eine Postkarte finden könnten. Allerdings ist auch bei „RAGE“ nicht alles Gold, was glänzt. Denn die berühmten Megatexturen bereiten der PlayStation 3 offensichtlich arge Probleme. Die Oberflächen ploppen beinahe ständig mit einer kurzen Verzögerung auf. Blickt ihr euch um, werden die Texturen so nur Stück für Stück nachgeladen. Dadurch wirkt das Bild unruhig. Würde diese Macke nur gelegentlich auftreten, wäre es keine große Sache. Bei „RAGE“ allerdings ist es ein konstantes Problem und dadurch kostet es auch deutlich Spielspaß.

Einher mit dem eigentlich gelungenen Ragdoll-Modell der Gegner gehen leider auch unzählige Clipping-Fehler. Erledigte Mutanten fallen in Wände oder in einander. Gelegentlich bilden sich ganze Körperstapel, bei denen man kaum noch erkennen kann, welcher Arm zu welchem Modell gehört. Die von vielen Seiten und Magazinen beschworenen Ruckler konnten wir nur sehr selten bei „RAGE“ feststellen. Sie treten an wenigen Stellen des Spiels auf und beeinträchtigen den Spielspaß daher kaum.

Deutlich problematischer fällt da die automatische Speicherfunktion auf. Wo andere Spiele vor wichtigen Ereignissen oder beim Betreten neuer Areale sichern, macht „RAGE“ einfach gar nichts. Wir müssen daher ständig selbst zwischenspeichern, damit wir nicht womöglich ganze Abschnitte neu laden müssen. Denn selbst vor Bosskämpfen setzt das Spiel keine Markierungen. Ärgerlich! Und daran ändert auch das nette Defibrilator-Mini-Spiel zum Wiederbeleben des eigenen namenlosen Helden nichts.
Urteil: Mangelhaft

System: Playstation 3
Vertrieb: Bethesda
Entwickler: id Software
Erscheinungstermin: erhältlich
USK: ab 18 Jahre
Offizielle Homepage: http://rage.com/

8.5

Wertung und Fazit

TEST: RAGE

Auch wenn die Geschichte und gerade deren Ende hinter den Möglichkeiten zurück bleibt, motiviert „RAGE“. Es ist das Szenario und die starke Shooter-Mechanik, die hier für ordentlich Spielspaß sorgen. Wer Shooter mag und Arcade-Racer ebenfalls, der wird an „RAGE“ seine Freude haben. Als Ego-Shooter mit Rennspieleinlagen ist „RAGE“ klasse. Die Steuerung ist ausgesprochen direkt und flüssig – eben typisch id Software. Das Waffenarsenal bleibt dank der vielen verschiedenen Modelle, Munitionsarten und Gadgets über die gesamte Spielzeit von 15 bis 20 Stunden frisch und abwechslungsreich. Die verrückten Gegner sind dabei ein Hingucker für sich. Ihre Bewegungen und Verrenkungen samt Interaktion mit der Umgebung sind immer wieder überraschend. Gut, die Missionen sind durch die Bank sehr schlauchig, aber id Software versteckt diesen Makel geschickt durch sehr variantenreiche Abschnitte und ständig wechselnde Szenarien. „RAGE“ ist leider nicht ganz die erhoffte Revolution des Shooter-Genres. Denn id Software konnte sich nicht vollends von seinen Oldschool-Fesseln und den eigenen Firmen-Ursprüngen lösen. Die Rollenspielelemente und das Open-World-Szenario wurden nicht auf höchstem Niveau, sondern lediglich gut umgesetzt. Die technischen Macken des Spiels verhindern eine Wertung in höchsten Regionen.

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Kommentare

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