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TEST: Retro City Rampage - Ein spielerischer Generationen-Konflikt

play3 Review: TEST: Retro City Rampage – Ein spielerischer Generationen-Konflikt

7.0

Der Retro-Look ist in: In Zeiten, in denen die Major-Publisher auf der einen Seite versuchen, sich mit auf Hochglanz polierten Triple A-Blockbustern gegenseitig zu übertreffen, feiern Indie-Entwickler auf der anderen Seite mit technisch unspektakulären Konzepten wie „Minecraft“ oder „Slender“ große Erfolge.

In den vergangenen Wochen machte der Programmierer Brian Provinciano mit seinem Projekt „Retro City Rampage“ von sich reden. Ein Titel, den er laut eigenen Angaben fast alleine entwickelte und mit dem er sich spielerisch nicht nur recht offen an den 2D-Ablegern der „GTA“-Reihe orientieren wollte.

Stattdessen verspricht Jamestown, so das Pseudonym des Indie-Entwicklers, ein Feuerwerk an Gags, spannende Missionen und eine fesselnde Spielwelt, die zur fröhlichen Erkundung animieren soll. Ob er seine selbst gesteckten und durchaus ambitionierten Ziele erreichen konnte, erfahrt ihr bei uns.

Was wir cool finden:

Ein Liebesbrief an die Achtziger und Neunziger:

In verschiedenen Interviews bezeichnete sich Jamestown in quasi regelmäßigen Abständen als ein Nerd, der sich seinerzeit lieber durch Text-Adventure biss oder seine Zeit mit seiner umfangreichen VHS-Sammlung verbrachte, als einmal ein Buch in die Hand zu nehmen oder sein Allgemeinwissen aufzupolieren. Daher dürfte nur die wenigsten überraschen, was uns in „Retro City Rampage“ ins Haus steht.

Der Download-Titel, der für rund elf Euro aus dem europäischen PlayStation Store heruntergeladen kann, versteht sich als ein Liebesbrief an die Pop-Kultur der Achtziger beziehungsweise Neunziger Jahre und nimmt mit bekannten TV-Serien, diversen Filmen und natürlich den Videospielen der 8- und 16bit-Ära so ziemlich alles aufs Korn, was seinerzeit Rang und Namen hatte und sich nicht schnell genug in Sicherheit bringen konnte. Schon bevor die Handlung richtig losgeht, trefft ihr auf Doc Brown aus „Zurück in die Zukunft“ und stehlt den DeLorean oder mischt die Teenage Mutant Ninja Turtles auf. Und damit ist es noch lange nicht getan.

Sämtliche Referenzen und Insider-Witze, die sich in „Retro City Rampage“ verstecken, aufzuzählen, würde an dieser Stelle den Rahmen des Artikels sprengen. Egal ob beliebte TV-Serien wie „Der Prince von Bel-Air“ oder das „A-Team“, erfolgreiche Filme wie „Bill & Ted“ und die „Ghostbusters“ oder gefeierte 8bit-Klassiker vom Schlage eines „Paper Boy“ und „Metal Gear“, an allen Ecken und Enden werdet ihr auf entsprechende Seitenhiebe und liebevoll präsentierte Gags stoßen. Zahlreiche Lacher und selige Erinnerungen sind garantiert.

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Mario, Frogger, Link; alle sind sie mit von der Partie:

Zugegeben: Das spielerische Fundament von „Retro City Rampage“ steht auf recht wackligen Beinen und eigentlich haben wir es hier auch nicht mit einem sonderlich guten Spiel zu tun. Denn anstatt mit der spielerischen Umsetzung zu punkten, hält euch das 8bit-Spektakel mit seiner Aufmachung bei der Stange. Grundsätzlich spielt sich Retro City Rampage wie einer der ersten beiden „GTA“-Teile. Aus der Vogel-Perspektive steuert ihr den Charakter ‚Spieler‘ (kein Witz!) durch die virtuelle Metropole ‚Theftropolis‘ – wahlweise per Pedes oder am Steuer eines gestohlenen Fahrzeugs.

Auch ein Großteil der rund 60 Missionen könnte glatt aus der „GTA“-Reihe stammen. Ihr brettert mit euren Vehikeln von Punkt A nach Punkt B, beschattet vorgegebene Ziele oder schießt verschiedene Protagonisten über den Haufen. Spielerisch halten sich die Überraschungen leider in Grenzen. Stattdessen stellt sich in regelmäßigen Abständen die Frage, welches Vorbild von „Retro City Rampage als nächstes aufgegriffen beziehungsweise wie die nächste Mission wohl thematisch inszeniert wird.

Ihr flitzt mit der Geschwindigkeit von Sonic durch die Straßen, versucht euch an einem klassischen Schleich-Level im Stile von „Metal Gear“, reitet auf dem Rücken von Donkey Kong durch die Straßen von ‚Theftropolis‘ oder stoßt auf einen Frosch, der versucht, eine stark befahrene Straße zu überqueren. Na, klingelt da vielleicht etwas? Vor allem Spieler älterer Bauart dürften in den Story-Modus auf ihre Kosten kommen.

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Kleine Geschenken erhalten die Freundschaft:

Solltet ihr einmal nicht den Drang verspüren, den Story-Missionen nachzugehen und so die Handlung voranzutreiben, warten abseits des Geschehens nicht nur diverse Bonus-Missionen, zusätzlich stellt man euch zwei weitere kurzweilige Spiel-Modi zur Seite.

Im so genannten „Freien Spiel“ verfügen wir über ein Vermögen von 999.999.999 Dollar und somit quasi unendlich viel Geld sowie voller Munition für alle Waffen, mit denen wir in ‚Theftropolis‘ für mächtig Radau sorgen können. Mit dem Geld könnt ihr beispielsweise mit den ansonsten recht teuren Power-Ups herumspielen, die Stadt in Schutt und Asche legen, euch mit der Polizei anlegen oder die Stadt nach Herzenslust erkunden. Da diese jedoch nicht sehr groß ausfällt, ist die Luft hier schnell raus. Schnell sind sämtliche Bonus-Missionen gemeistert, alle Aktivitäten in Augenschein genommen werden und es gibt einfach nichts mehr zu tun.

Unterhaltsamer geben sich da schon die teilweise recht derben Arcade-Minispiele, die euch beispielsweise vor die Aufgabe stellen, in einem vorgegebenen Zeitraum möglichst viele Autos mit einem Raketenwerfer zu erlegen oder als menschliche Fackel durch die Straßen zu rennen und möglichst viele Menschen in Brand zu setzen. Wie es mittlerweile Gang und Gebe ist, können die eigenen Highscores anschließend in weltweiten Ranglisten mit den Leistungen anderer Spieler verglichen werden.

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Was wir weniger cool finden:

Im Prinzip nur für Retro-Fans

Egal wie viele Lacher und schöne Erinnerungen uns „Retro City Rampage“ auch beschert haben mag, besser wird das Spiel dadurch leider nicht. Denn während die Twin Stick-Steuerung an sich durchaus noch für kurzweilige Unterhaltung sorgen könnte, macht das Missions-Design dem Ganzen in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen einen Strich durch die Rechnung.

Bis auf kleinere Ausreißer nach oben gibt sich dieses recht abwechslungsarm. Ihr erledigt Botengänge, schleicht mitunter minutenlang hinter vorgegebenen Zielen her, liefert euch spielerisch träge Feuergefechte mit der Polizei und stellt euch schon nach wenigen Stunden die Frage, ob das spielerische Konzept eigentlich nur von der optischen Aufmachung und den regelmäßig eingestreuten Gags zusammengehalten wird. Machen wir es kurz: Ja, genau das ist der Fall. Und daraus ergibt sich auch das größte Problem, mit dem „Retro City Rampage“ zu kämpfen haben dürfte.

Ich mit meinen fast 30 Lenzen bin durchaus gewillt, mich mit den spielerischen Schwächen des Retro-Spektakels zu arrangieren und mich einer virtuellen Reise in meine Teenie- beziehungsweise Jugend-Zeit hinzugeben. Das Ganze weckt einige schöne Erinnerungen, zauberte mir regelmäßig ein Grinsen ins Gesicht und sorgte für mehrere unterhaltsame Abende. Allerdings kann ich durchaus nachvollziehen, dass sich jüngere Semester, die mit ganz anderen Filmen und Spielen aufgewachsen sind, die Frage stellen dürften, welche Elemente denn spielerisch hervorstechen und dazu aufrufen, „Retro City Rampage“ eine Chance zu geben. Ganz ehrlich? Mir fällt eigentlich keines ein.

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Verschenktes akustisches Potential:

Nicht wenige bezeichnen die 8- und 16bit-Ära gerne als das goldene Zeitalter Videospiele, in dem die technischen Mittel zwar begrenzt, die Kreativität der Entwickler dafür umso größer war. Dies betraf nicht selten auch den Soundtrack.

Wer erinnert sich nicht gerne an legendäre Melodien wie den „Super Mario Bros.“-Maintheme, „The Decisive Battle“ aus „Final Fantasy VI“ oder „Castlevanias“ „Bloody Tears“? Leider handelt es sich beim Soundtrack von „Retro City Rampage“ um den nächsten Bereich, in dem der Titel enttäuscht. Zwar stellt man euch verschiedene Radiostationen zur Verfügung, um für die nötige akustische Abwechslung zu sorgen, unter dem Strich fallen die unterschiedlichen Stücke jedoch viel zu unspektakulär und abwechslungsarm aus, um in irgendeiner Form zu begeistern. Ohrwurm-Gefahr? Fehlanzeige.

Auf eine Sprachausgabe verzichtete man komplett und auch die Effekte an sich wurden mehr als spärlich eingesetzt. Selbst mit einer Nostalgiebrille auf der Nase wird man den Gedanken, dass hier deutlich mehr möglich gewesen wäre, nicht beiseite schieben können.

System: PlayStation 3
Vertrieb: D3Publisher America
Entwickler:VBlank Entertainment
Releasedatum: erhältlich

7.0

Wertung und Fazit

PRO
CONTRA

TEST: Retro City Rampage – Ein spielerischer Generationen-Konflikt

Unter dem Strich fällt es nicht leicht, das Gesamterlebnis von „Retro City Rempage“ unvoreingenommen auf den Punkt zu bringen. Dafür richtet sich das 8bit-Spektakel einfach zu sehr an eine ältere Zielgruppe, die mit den Videospielen, TV-Serien oder Filmen der 1980er- und 1990er-Jahre aufgewachsen ist. Ein Seitenhieb folgt auf den nächsten, die Gags zünden in regelmäßigen Abständen und die Frage, welches Vorbild denn wohl als nächstes aufgegriffen wird, hält Retro-Fans etwa 10 bis 15 Stunden bei Laune. Trotz allem muss angemerkt werden, dass spielerisch einfach viel zu wenig geboten wird, um „Retro City Rempage“ uneingeschränkt empfehlen zu können. Ob es an Kreativität mangelte oder ob man schlichtweg der Meinung war, dass der Retro-Faktor ausreicht, um die Kunden zu locken, wird wohl ein ewiges Geheimnis der Entwickler bleiben. Fakt ist jedoch, dass man hier wertvolles Potential verschenkte und die eigene Zielgruppe damit unnötig einschränkte.  

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Kommentare

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