ANGESPIELT – Splinter Cell: Blacklist

Seit seinem ersten Erscheinen im Jahr 2002 – damals noch als zeitexklusives Spiel für die erste Xbox – hat die „Splinter Cell“-Reihe einige verwegene Mutationen durchgemacht. Erst war es ein beinhartes Schleichspiel. Dann aber blickte Leisetreter Sam Fisher in „Splinter Cell: Conviction“ (2010) zu lange zu Hollywood und „Call of Duty“ hinüber und mauserte sich plötzlich zum rassigen Actionhelden im Stile eines Bruce Willis. Lieb gewordene Funktionen, wie etwa das Wegräumen ausgeknockter Gegner, war plötzlich nicht mehr möglich. „Conviction“ war seiner Zeit kein schlechtes Spiel, spottete aber dem Namen „Splinter Cell“.

Drei Jahre hat es gedauert, ehe ihr nun wieder mit „Splinter Cell: Blacklist“ mit den Schatten wandeln dürft. Und seid beruhigt: Im Gegensatz zu früheren Trailern und Videos spielt sich Sam Fishers neues Abenteuer heimlich, still und leise wie eh und je. Wir machten bei der Producer Tour von Ubisoft in Düsseldorf halt und spielten nicht nur die ersten Stunden des Singleplayer, sondern auch das beliebte Spies vs. Mercs ausführlich an.

Hurra, Terroristen. Schon wieder.
„Splinter Cell: Blacklist“ startet mit einem lauten Knall. Nämlich einem Terroranschlag auf die Andersen Airforce Base. Dabei geht nicht nur die militärische Einrichtung zu Bruch, auch Sam Fisher und sein Kumpel Vic bekommen einiges ab. Im anschließenden Intro bekennen sich die Engineers zu dem Attentat und fordern den sofortigen Abzug aller amerikanischen Truppen aus sämtlichen Ländern dieser Welt. Ja, richtig gehört! Es geht mal wieder um das selige Verhältnis von Amerikanern und Terroristen. Das ist nichts Neues und deshalb entlockt „Splinter Cell: Blacklist“ einem Mitteleuropäer auch zunächst nur ein müdes Gähnen.

Die Geschichte und die ersten Zusammenhänge wirken etwas notdürftig, die Charakterdarstellung ist dünn. Wie im Vorbeigehen errichtet die amerikanische Präsidentin – oh, welch Tabu – die Taskforce Fourth Echelon unter der Führung von Sam Fisher. Mit ihm zusammen arbeiten Computer-Nerd Charlie Cole, Kommunikationsspezialisten Anna Grimdottir und Spec-Ops-Soldat Isaac Briggs. Einige dieser Charakter kennt man bereits aus den Vorgängern. Das ist auch besser, denn „Blacklist“ führt sie nicht weiter ein.

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Willkommen an Bord, Commander!
Das Spiel beamt euch sogleich an Bord der fliegenden Festung Paladin. Dieses mächtige Flugzeug ist so etwas wie die USS Normandy in „Mass Effect 3“. Die Decks sind frei erkundbar. Hier sprecht ihr mit den einzelnen Crew-Mitgliedern, wählt deren Missionen im Koop-Modus aus oder erhaltet Zugang zu bestimmten Upgrade-Bereichen. Plaudert ihr mit Charlie gelangt ihr beispielsweise auf den Waffenmarkt.

Hier gibt es neben Pistolen, Maschinengewehren und anderen Ballermännern auch die für die Serie typischen Gadgets. Von der Sticky Camera, über kontrollierbare Drohnen bis hin zu Gas- oder Napalmbomben. Die Auswahl ist groß, allerdings benötigt ihr das Kleingeld aus den Missionen, um diese Investitionen zu tätigen.

Schaut ihr bei Grimm vorbei, findet ihr Upgrades für die Paladin selbst. Mit ihr schaltet ihr Hilfen und Funktionen für Sam Fisher, aber auch Waffen und andere Extras frei. Baut ihr beispielsweise das Cockpit aus, erhaltet ihr einen Mini-Radar in der unteren linken Bildschirmecke. Erweitert diese Funktion noch einmal, wird sogar die Blickrichtung eurer Gegner angezeigt. Insgesamt gibt es zwanzig verschiedene Upgrades für die Paladin, sodass ihr einige Zeit brauchen werdet, um diese komplett auszurüsten.

Die notwendigen Dollars erhaltet ihr im Anschluss an jede Mission. So gibt es Zuschüsse für eure Spielweise – unterteilt ihn Ghost, Panther und Assault. Zusätzlich findet ihr in den Missionen immer wieder versteckte Gegenstände wie USB-Sticks oder Computer. Wenn ihr diese einsammelt bzw. hackt, gibt es Extra-Geld. Zu guter Letzt tauchen auch immer wieder wichtige Zielpersonen auf. Nehmt ihr diese LEBENDIG fest, gibt es ein schönes Kopfgeld. So ist das Kaufen von neuen Gegenständen ähnlich wie in einem Rollenspiel ein essentieller Bestandteil des Spielablauf und macht tatsächlich einen Großteil der Motivation aus. Man freut sich darüber, wenn man endlich das heiße Scharfschützengewehr bekommt oder sein Nachtsichtgerät um Funktionen wie eine Sonar-Ansicht erweitert, um damit auch durch Wände zu spinksen.

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Schleichen ist wieder in
Allerdings startet Sam Fisher in „Splinter Cell: Blacklist“ nur mit seiner Erstausstattung. Eine schallgedämpfte Pistole, dazu ein paar Granaten und natürlich Nachtsichtgerät, sowie der charakteristische schwarze Tarnanzug. Allerdings sind genau deshalb die ersten Missionen in Benghazi und Mirawa ziemlich kniffelig. Denn Schleichen ist plötzlich wieder in. Zu schnelles Vorpreschen wird mit dem baldigen Neustart bestraft. Stattdessen schleicht ihr an Wänden entlang, lenkt Gegner mit Klopfgranaten ab oder markiert sie mit den rechten Schultertaste. Das aus dem Vorgängern bekannte „Mark & Execute“ ist weiterhin präsent, wurde allerdings leicht entschärft. Abhängig vom Schwierigkeitsgrad lädt sich diese Auto-Abschuss-Funktion nur sehr langsam auf. Erledigte Gegner könnt ihr nun wie in „Hitman: Absolution“ in Kisten stopfen oder irgendwo im Schatten verstecken.

Das Deckungssystem funktioniert ordentlich. Auf Tastendruck drückt sich Fisher an die Wand. Mit dem Fadenkreuz visiert ihr neue Deckungen für einen möglichen Wechsel an. Mit der SELECT-Taste lockt ihr dagegen Feinde in die Falle. Sam ruft dann kurz Worte wie „hey, hier her“ oder pfeift. Das weckt die Aufmerksamkeit der Soldaten und gibt euch die Gelegenheit zum Nahkampf – wahlweise tödlich oder eben nur mit einem saftigen KO. So lange ihr unentdeckt bleibt, erledigt Fisher seine Feinde mit einem Schlag. Problematisch wird es allerdings, wenn er entdeckt wird. Dann schubsen ihn die Soldaten einfach weg und erschießen ihn. Einen Quicktime-Combat wie etwa in „The Last of Us“ gibt es hier leider nicht. Offensichtlich hat Sam in seinen Jahren keinen Selbstverteidigungskurs besucht.

Trotzdem gestalten sich die Missionen angenehm abwechslungsreich. In Mirawa klettert ihr geschwind Felsenformationen hoch. In Dallas dagegen verhindert ihr, dass die Terroristen das Trinkwasser verseuchen. Hier nimmt „Splinter Cell: Blacklist“ plötzlich ordentlich Fahrt auf. So macht ihr Bekanntschaft mit Sadiq, dem fanatisch charismatischen Anführer der Engineers. Zum anderen kreiert „Blacklist“ einige coole Momente. So schleicht ihr etwa durch einen Indoor-Weihnachtsmarkt auf der Suche nach Geiseln, während im Hintergrund noch „Jingle Bells“ läuft. Die ersten drei Stunden spielten sich sehr ordentlich, allerdings wartet das Spiel noch mit zu wenig echten Höhepunkten auf. Hier muss Ubisoft in den noch folgenden zwei Dritteln eine Schippe drauflegen. Aber zumindest die Mission in Dallas, bei der ihr es auch mit Truppen wie dem Drone Operator und seinen explodierenden RC-Cars aufnehmt, lässt hier auf einiges hoffen.

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Krieg der Welten
Heimlicher Höhepunkt von „Splinter Cell: Blacklist“ ist allerdings der bekannte Online-Modus Spies vs. Mercs. Hier tretet ihr diesmal mit bis zu Vier-gegen-Vier an. Der Unterschied zwischen den beiden Klassen macht hier den Spielspaß aus. In dem gezeigten Spielmodus geht es darum, dass die Spione drei Terminals hacken müssen und der Hacker anschließend für eine gewisse Zeit in dem jeweiligen Sektor überlebt. Die Spione steuern sich sehr ähnlich wie Sam Fisher in der Kampagne: Ihr spielt sie aus der Third-Person-Perspektive, sie können klettern und ihre Feinde im Melee-Combat mit nur einem Schlag ins Jenseits befördern. Die Mercs auf der anderen Seite spielt ihr aus der Ego-Perspektive. Sie besitzen keine zusätzlichen Sichtmodi, können auch nicht klettern. Dafür sind sie schwer gepanzert, besitzen Gadgets wie Dronen und schwere Maschinengewehre.

Auf den Karten entsteht so ein hektisches Katz-und-Maus-Spiel. Die Spies erobern einen Checkpunkt und die Mercs versuchen, die Diebe dingfest zu machen. Die Areale sind dabei oftmals nur spärlich ausgeleuchtet, sodass die Spionen ausreichend Platz zum Verstecken haben. Die Mercs wiederum haben die Feuerkraft auf ihrer Seite. Sobald sie einen Agenten entdecken, ist das meist das Ende vom Lied. In der Hands-On-Session machte dieser Spielmodus unglaublich viel Spaß, da es immer wieder zu überraschenden Kills kam. Beispielsweise greifen die Spionen auch mit Lauftattacken von Regalen an.

Im Anschluss an jede Runde gibt es eine Auswertung, in der ihr ebenfalls Geld für neue Ausrüstungsgegenstände erhaltet. Mercs und Spione besitzen beide jeweils drei vorgefertigte Loadouts, allerdings könnt ihr auch eigene Kombinationen erstellen. Anhand von Parametern wie Armor oder Stealth seht ihr, in welche Richtung eure Spielfigur tendiert. Neben „normalen“ Waffen rüstet ihr die Burschen zudem mit Spezialfähigkeiten aus. Auf Seiten der Spionen gibt es beispielsweise eine Tarnfunktion oder auch einen Sichtmodus, der kurzzeitig Gegner im Umkreis markiert. Die Mercs wiederum besitzen einen Adrenalinschock, mit denen sie ihre Sinne schärfen. Oder den Disruptor, der die Zusatzfunktionen der Spione außer Kraft setzt. Ähnlich wie im Singleplayer macht das Herumexperimentieren mit den verschiedenen Funktionen den Reiz aus. Schließlich könnt ihr die eigene Ausrüstung zwischen den Respawns wechseln und so mit einer neuen Taktik in das Spiel eingreifen.

System: PlayStation 3
Vertrieb: Ubisoft
Entwickler: Ubisoft
Releasedatum: 22. August 2013
USK: noch nicht bekannt
Offizielle Homepage: http://splintercell.ubi.com/blacklist/de-de/home/index.aspx

Einschätzung: gut

Mein lieber Sam, man hat es nicht leicht mit dir. Die ersten Missionen der Singleplayer-Kampagne haben mich so gar nicht gepackt. Die Geschichte ist mal wieder typisch amerikanisches Thriller-Material. Böse Terroristen, Bombenanschläge und eine heldenhafte Truppe von US-Saubermännern. Das zündet bei mir leider überhaupt nicht. Dabei waren die ersten vier Stunden spielerisch absolut ordentlich. „Splinter Cell: Blacklist“ leistet sich keinerlei Ausrutscher. Die Steuerung ist handlich. Schleichen und taktisches Vorgehen ist möglich und wird sogar mit allerlei witzigen Gadgets gefördert. Trotzdem dauert es seine Zeit, bis mich das Spiel wirklich begeistert hat. „Splinter Cell: Blacklist“ im Singleplayer ist bis hierhin gute Stealth-Actionkost, ohne dass ich dabei in große Jubelstürme ausbrechen würde. Was das Spiel allerdings wirklich hervorhebt, ist der Mehrspieler-Modus. Hier fährt Ubisoft schwere Geschütze auf und begeistert nicht nur mit Spies vs. Mercs, sondern mit vielfältigen Ausrüstungsfunktionen und taktischen Möglichkeiten mit Vier-gegen-Vier. Die ersten Runden machten bereits ungeheuer Laune und dazu hält der Entwickler mit den Koop- und Versus-Missionen auch noch etliche Schmankerl in der Hinterhand. „Splinter Cell: Blacklist“ dürfte daher besonders für Freunde der Online-Schleichereien einen längeren Blick wert sein.

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CrazyFreak_KI

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