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TEST: Brothers – A Tale Of Two Sons – Kleine Jungen, große Emotionen!

play3 Review: TEST: Brothers – A Tale Of Two Sons – Kleine Jungen, große Emotionen!

8.5

In der heutigen Welt des Videospieljournalismus trifft man nur noch wenige Personen, die einen mit klaren Aussagen wirklich beeindrucken. Josef Fares, Creative Designer von „Brothers – A Tale of two Sons“ und Künstler in Reinkultur, ist einer von ihnen. In unserem kurzen Interview beeindruckte er mich nicht nur mit seiner kreativen Visionen zu seinem Videospiel, sondern auch mit echten Meinungen fernab des PR-Mainstream.

Ganz egal, ob er über seine Verachtung von Free2Play-Spielen oder über seine eigene Vergangenheit sprach – Josef versprüht den Esprit eines Freigeists.

Umso gespannter war ich auf „Brothers – A Tale of two Sons“. Ein Abenteuer, bei dem ich Knoten in den Fingern bekam, aber welches mich emotional berührte wie kaum ein zweites Spiel in den vergangenen Jahren. Nachdem „Brothers“ zunächst zeitexklusiv für Xbox 360 war, erscheint es nun als Download-Titel im PSN. Lasst euch dieses Stück Videospielkultur auf keinen Fall entgehen!

Was wir cool finden

Eine rührende Geschichte
„Brothers – A Tale of two Sons“ erzählt die Geschichte zweier Brüder und deren hartem Schicksal. Der kleine Bruder muss miterleben, wie seine Mutter bei einem Bootsunglück ertrinkt. Doch damit nicht genug: Der Vater erkrankt schwer und liegt im Sterben. Die beiden Kindern treffen einen folgenschweren Beschluss. Sie machen sich auf die gefährliche Reise auf die Spitze eines Berges. Denn hier soll es das Wasser des Lebens geben, welches alle Krankheiten heilen soll.

Was sich vordergründig wie ein Märchen anhört, ist im Spiel eine Herz zerreißende Fabel über Verlustängste und den Tod selbst. Jeder Moment hat seine Bedeutung und wird in den dichten Plot eingewoben. Der kleine Bruder beispielsweise erlebt mit, wie seine Mutter ertrinkt und wagt es deshalb nicht mehr, selbst zu schwimmen. Im Spiel muss sein großer Bruder ihn auf den Rücken nehmen und durch Flüsse oder andere Hindernisse führen.

Ihr steuert eure beiden Helden dabei mit nur einem Gamepad. Die linke Hälfte (L2-Taste und Analog-Stick) gehört dem großen Bruder, die rechte dem kleinen. Das simultane Kontrollieren beider Figuren erfordert eine gewisse Eingewöhnung und sorgt nicht selten für leichte Probleme, aber dennoch hilft es dabei, den Zusammenhalt und die Geschichte des Abenteuers zu transportieren.

Nur wenn das Gamepad – also die beiden Brüder – als Einheit funktioniert, werdet ihr auch erfolgreich sein. Dies erzeugt eine ganz merkwürdige Verbundenheit zu den beiden Protagonisten, wie man sie zu KI-Kompagnons nur sehr selten aufbaut. Diese Verbindung sorgt gerade gegen Ende des Spiels für tolle Momente und wird dort noch einmal gefühlvoll aufgegriffen.

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Freude, Liebe, Trauer
Ganz ähnlich wie auch „The Last of Us“ oder „ICO“ ist „Brothers – A Tale of two Sons“ ein Wechselbad der Emotionen. Und ich rate euch: Nehmt euch Zeit, schaut euch die Umgebung an und interagiert mit den Bewohnern. Denn abhängig davon, mit welchem Bruder ihr agiert, verändern sich die Reaktionen der NPCs. Fragt der Ältere beispielsweise viele Leute pragmatisch nach dem Weg, gibt sich der Kleine verspielt und lustig – trotz seiner traurigen Vorgeschichte.

Außerdem gibt es abseits der Hauptgeschichte noch viele kleine Nebenbaustellen, mit denen ihr Trophäen freischaltet. So trefft ihr beispielsweise zu Beginn des Spiels auf eine Gruppe schwarzer Hasen, die ein weißen Kaninchen nicht aufnehmen wollen. Die Lösung: Taucht das Langohr einfach in das Ruß der erkalteten Feuerstelle, schon hüpfen alle zufrieden miteinander über die Wiese. Eine kleine Fabel in Richtung Toleranz und Gleichberichtigung.

Natürlich gibt es im Spielverlauf nicht nur glückliche Momente. „Brothers – A Tale of two Sons“ ist ein anrührendes Abenteuer, das einen zum Schluss hin mit tiefen Emotionen beeindruckt. Keine Spoiler an dieser Stelle! Aber es gibt Augenblicke in diesem Spiel, in denen man wirklich mit den eigenen Emotionen kämpfen muss. Aber genau deshalb bleibt einem „Brothers“ auch viel länger und tiefer im Gedächtnis, als so viele andere Blockbuster-Titel der letzten Monate.

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Wunderschöne Spielwelt
Das eigentliche Spiel hinter „Brothers – A Tale of Two Sons“ ist ein simples Puzzle-Abenteuer in zauberhafter Szenerie. Auf ihrer Reise zur Spitze des Berges klettern die Brüder gemeinsam über Hindernisse, hüpfen halbautomatisch über Abgründe, schwimmen durch Flüsse oder lösen simpel gehaltene Schalterrätsel.

Das Muster dieser Aufgaben ähnelt sich im Spielverlauf stark. Meist müsst ihr mit einem der Brüder vorgehen, einen Schalter halten und dann den anderen nachholen. Die „Bosskämpfe“ sind ebenfalls ausgesprochen einfach gehalten und die Lösung der Rätsel erfordert meist nur wenig Fantasie.

Trotzdem fesselt „Brothers – A Tale of Two Sons“ für die gesamte Spielzeit. Denn die kleine Odyssee ist optisch und akustisch stimmig umgesetzt worden. Die Szenarien sind herrlich abwechslungsreich. Was als kleiner Ausflug in einem idyllischen Bauerndorf beginnt, mündet schließlich in düsteren Katakomben und den Schlössern einer alten Rasse von Giganten. Auch hier spare ich absichtlich mit Details.

Aber so viel: Ein Kinderspiel ist „Brothers – A Tale of Two Sons“ trotz seiner niedlichen Aufmachung nicht. Die Bildsprache ist phasenweise beachtlich erwachsen und brutal. Dieser Kontrast schärft aber noch einmal das Gespür für die Emotionen, die in diesem Videospiel stecken. Ähnlich wie bei den NPCs lohnt es sich auch in der Spielwelt gelegentlich Pausen einzulegen. Gerade die verteilten Bänke zeigen immer wieder das wunderschöne Panorama der Umgebung.

„Brothers“ kommt ganz ohne Sprachausgabe aus. Stattdessen plaudern die Figuren in einem Fantasie-Gebrabbel und transportieren ihre Gefühle, Ideen und Wünsche mittels Gesten. Tatsächlich braucht es keine Sprache in diesem Spiel. Der melodische Soundtrack unterstützt dagegen das gesamte Spiel und seine Atmosphäre noch einmal.

Was wir weniger cool finden

Zu leicht, zu kurz!
Ganz ähnlich wie „Heavy Rain“ ist auch „Brothers – A Tale of two Sons“ als pures Videospiel flach. Hier mal klettern, dort mal springen und zwischendurch ein kleines, sich viel zu häufig wiederholendes Schalterrätsel. Das ist alles sehr nett und passt hübsch in das Szenario, ändert aber nichts daran, dass man als fortgeschrittener Spieler hier überhaupt nicht gefordert wird. Zusätzliche Schwierigkeitsgrade gibt es nicht. Die grauen Zellen bringt „Brothers – A Tale of two Sons“ daher kaum in Schwung. Das machen andere Spiele mit ganz ähnlichem Anspruch leider besser.

Da wundert es auch niemanden, dass die Reise der beiden Brüder auch bereits nach rund drei bis vier Stunden – je nachdem, wie lange ihr euch in der Welt umschaut – endet. Schade eigentlich, denn ich hätte gerne noch ein wenig mehr von der Welt von „Brothers – A Tale of two Sons“ gesehen. Das eine oder andere Szenario mehr wäre sicherlich eine schöne Ergänzung gewesen.

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Nicht ganz fehlerfrei
In seiner Spielmechanik ist „Brothers – A Tale of two Sons“ nicht ganz fehlerfrei. Die Steuerung mit den zwei Analog-Sticks erweist sich zu Beginn als gewöhnungsbedürftig und mitunter als etwas hakelig. Nicht selten bleiben die Brüder an Objekten hängen und gerade bei den Kletter- und Schalteraufgaben ist nicht immer ganz klar, in welche Richtung man denn nun die Sticks wirklich drücken oder drehen muss. Hinzu kommen gelegentliche Grafikfehler und so manche Matschtextur.

System: PlayStation 3
Vertrieb: 505 Games
Entwickler: Starbreeze
Releasedatum: 3. September 2013
USK: ab 12 Jahre
Offizielle Homepage:http://de.brothersthegame.com/

8.5

Wertung und Fazit

TEST: Brothers – A Tale Of Two Sons – Kleine Jungen, große Emotionen!

„Brothers – A Tale of two Sons“ lässt mich sprachlos vor dem Bildschirm zurück. „Was ist da eben passiert“, frage ich mich und versuche dabei, den dicken Kloß in meinem Hals runter zu schlucken. Auch wenn das Spiel alles andere als anspruchsvoll oder fordernd war, so gelingt es dem Abenteuer dennoch, mich mit Haut und Haaren in eine fremde Welt einzusaugen. Die beiden Jungs als mutige Helden sind herrlich sympathisch, die Geschichte und ihre Konsequenzen rührend umgesetzt. So ist es bei „Brothers – A Tale of two Sons“ weniger das Spiel als solches, was mich überzeugt, sondern die Emotionen, die es erzeugt. Hier zählt jeder ruhige Moment, jede kleine Geschichte. Und am Ende fühle ich mich so, als hätte mich gerade jemand mit einem Brett vor die Stirn geschlagen. Auch wenn „Brothers – A Tale of two Sons“ kurz, viel zu simpel und gelegentlich sogar ein wenig hakelig ist, so erhält es dennoch eine uneingeschränkte Kaufempfehlung. Denn es ist einer dieser Titel, die zeigen, dass Videospiele weit mehr sind als Ego-Shooter, Ballereien und Gewalt. Es ist ein Kunstwerk voller Schönheit, Emotionen und Überraschungen. Ein Stück Videospielkultur und damit in einer Reihe mit Titeln wie „ICO“, „Shadows of the Colossus“ oder „Journey“.

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