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TEST: King Oddball - Drei Felsen sie alle zu knechten!

play3 Review: TEST: King Oddball – Drei Felsen sie alle zu knechten!

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Dass Videospiele auch ohne aufwändig inszenierte Introsequenzen sofort in ihren Bann ziehen, dafür liefert dieser bizarre PS-Vita-Physik-Puzzler einmal mehr den Beweis. Ein einziger Satz genügt den finnischen Entwicklern von 10Tons Ltd., um das simple Spielziel zu umreißen: „König Oddball wird das Ende der Welt herbeirufen.“ Oddball, das ist ein auf Zerstörung bedachtes Wesen, das lediglich aus einem Körperteil besteht: seinem Kopf. Dieser taucht in jedem der über 120 Level am Himmel auf und schleudert tonnenschwere Felsbrocken mit seiner heraushängenden Zunge umher, um Tod und Verderben zu säen und die Menschheit zu vernichten. Noch Fragen?

King Oddball PS Vita Screenshot

Was wir cool finden

Angry Birds lässt grüßen

Die Aufgabe des Spielers in seiner Rolle als Bösewicht Oddball? Ganz einfach: Im richtigen Moment den Vita-Bildschirm antippen. Denn nur so löst sich der Felsbrocken von König Oddballs stets unbeirrt hin- und her pendelnder, überdimensionierter Zunge und zerschmettert so ziemlich alles in seiner Flugbahn. Damit einem fachgerechten Weltuntergang nichts im Wege steht, gilt es, in jedem Level sämtliches Militärgerät durch gezielten Gesteinsbeschuss zu verschrotten. Wer schon mal „Angry Birds“ gespielt hat, kommt sofort zurecht mit dem Physik-basierten Gameplay. Nur dass hier eben nicht garstige grüne Schweine auf der Abschussliste stehen, sondern tarnfarbene Panzer, Kampfhubschrauber und Infanteristen.

Pro Level darf König Oddball drei Felsen in Richtung seiner Widersacher wuchten. Ist des Fieslings Munition verbraucht und sind noch nicht alle Feindeinheiten zerbröselt, müsst ihr von neuem beginnen. Hierzu genügt ein kurzer Tipper auf das „Neustarten“-Symbol in der oberen rechten Bildschirmecke, schon dürft ihr euer Artillerie-Kenntnisse aufs Neue unter Beweis stellen. Keine Ladepausen, keine Wartezeit – super Spielfluss!

King Oddball PS Vita Screenshot

Während die einzelnen Abschnitte anfangs meist im Handumdrehen gelöst sind, zieht der Schwierigkeitsgrad bereits ab Level 15 ordentlich an. Unter anderem weil die Entwickler das zu zerstörende Kriegsgerät nun immer häufiger hinter Schutzwällen positionieren, mit Schutzschilden ummanteln oder dergleichen mehr. Hinzu kommen zahlreiche Spezialblöcke. Etwa eine Art Gummikugel, die den Felsen bei Berührung wie einen Flummi abprallen lässt.

Oder die Explosionskiste. Wird sie getroffen, reißt die Detonation angrenzende Objekte in Mitleidenschaft, was praktische Kettenreaktionen zur Folge hat. Wem es im Zuge einer solchen gelingt, drei, sechs oder gar neun Einheiten auf einmal auszuschalten, der erhält respektive einen, zwei oder sogar drei Zusatzfelsen. Weitere Möglichkeit den begrenzten Munitionsvorrat des Königs aufzustocken: Fliegt ein Felsen – etwa weil er von einem Hindernis abprallte – zurück ins fies grinsende Maul von Oddball, kann er diesen erneut verwenden.

Probieren geht über Studieren
Die zum Einsatz kommende Physik-Engine der Finnen funktioniert bei alledem so gut, dass der Spieler trotz eins stark auf „Versuch und Irrtum“ gepolten Spielablaufs nicht so schnell die Flinte ins Korn wirft. Regelmäßig habe ich mich dabei ertappt, wie ich einen Level immer und immer wieder neu angegangen bin, weil ich wusste, dass es irgendwie schon funktionieren wird. Denn so viel vorweg: Unfair geht’s bei diesem 19,5 MB Vita-Geheimtipp nie zu. Ein bisschen Hirnschmalz und die nötige Geduld vorausgesetzt, greift man irgendwann auch noch die letzte der insgesamt 16 Trophäen ab.

King Oddball PS Vita Screenshot

Was wir weniger cool finden

Dennoch ist bei „King Oddball“ nicht alles so golden, wie die Krone auf König Oddballs Haupt. Größter Motivationskiller: Wurde ein Level abgeschlossen, findet zwar eine Bewertung in Textform statt, die klassische und im Genre gängige Bepunktung in Form von greifbaren Ziffern, Sternen oder dergleichen bleibt jedoch aus. Auch eine Online-Rangliste oder jedwede Art von Mehrspieler-Modus ist nicht vorhanden.Der Anreiz einzelne, nicht mit der Höchstwertung „Epic Win“ abgeschlossene Level noch einmal zu spielen, hält sich in Grenzen und beschränkt sich auf den „Hall of Diamonds“-Modus. Hier müssen die einzelnen Ebenen mit weniger als drei Steinwürfen abgeschlossen werden. Gelingt dies nicht, gibt’s keinen Funkelklunker für die virtuelle Vitrine.

Einen klassischen „Sprung in der Schallplatte“ müssen wir „King Oddball“ ferner bei der Musik attestieren. Wie ein antiker Tonträger mit Rissen auf der Oberfläche wiederholt sich das zugegeben zunächst ohrwurmige Stück von Komponist Jonathan Geer immer und immer wieder. Bis es euch schließlich komplett zum Hals raushängt.

Punktabzug darüber hinaus für den Preis, der im Gegensatz zur nahezu identischen iPad-Fassung fast 40 Prozent höher ausfällt. Klar, für insgesamt 4,49 Euro ist das Game immer noch preiswert. Bleibt trotzdem die Frage, warum die Macher Vita-Spielern so viel tiefer in die Tasche greifen? Zum Vergleich: Auf Android-Systemen gibt’s „King Oddball“ sogar umsonst.

Über den Autor: Sönke ist seit 1999 in der Videospielbranche tätig. Zunächst arbeitete er als Redakteur für das Multiformat-Printmagazin Videogames, nebenbei für Kids Games und PSM2 aus demselben Verlag. Während seines Studiums schrieb Sönke dann unter anderem für GamePro, GamesAktuell und GameShop. 2008 wurde er freier Leiter Redakteur der Zeitschrift gamesTM, später dann freier Chefredakteur der Magazine PS3M und 360 Live aus demselben Verlagshaus. Parallel dazu textete er unter anderem für FHM und GamesMarkt. Für Play3.de haut Sönke seit Januar 2014 in die Tasten. Außerdem kannst du Artikel von ihm auf T-Online.de lesen. Nebenbei podcastet er leidenschaftlich gerne bei www.gamesundso.de.

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Wertung und Fazit

TEST: King Oddball – Drei Felsen sie alle zu knechten!

Mit der Entdeckung von „King Oddball“ hab ich die vor allem auf PS Vita völlig überteuerten „Angry Birds“ vorerst in den Zwangsurlaub geschickt. Das ähnliche Spielprinzip fesselt ungemein und ist handwerklich hervorragend umgesetzt. Egal ob Steuerung, Physikberechnungen oder Level- und Grafikdesign – alles wirkt aus einem Guss. Leider verschenken die Entwickler auch einiges an Potenzial. Die Musikuntermalung ist viel zu eintönig und eine Online-Rangliste heutzutage einfach Standard für ein Puzzlespiel. Oder warum dem Spieler nicht hier und da mal die doch sehr bizarre Spielwelt und den Bösewicht etwas näher erläutern? Warum zum Beispiel hat König Oddball so eine verdammt lange Zunge? Was hat es mit den weißen Hasen in einigen Leveln auf sich hat? Und warum greift die Menschheit ihren Peiniger nicht an, sondern lässt das eigene Militär nur tatenlos herumstehen? Fragen über Fragen, die hoffentlich in einem zweiten Teil beantwortet werden.