Vorschau: Alle Fakten zu Evolve

Wenn man PlayStation-3-Fans fragt, welchen Xbox-360-Kracher sie abseits von „Halo“, „Forza“ und „Fable“ gerne mal auf ihrer Lieblingskonsole gespielt hätten, fällt immer wieder ein Name: „Left 4 Dead“. Was viele nicht wissen: Der Koop-Survival-Hit, bei dem sich vier menschliche Spieler gemeinsam einen Weg durch Horden von Untoten bahnen, wurde ursprünglich von einer kleinen, gerade mal 12-köpfigen US-Kreativtruppe namens Turtle Rock Studios entwickelt.

„Left 4 Dead“-Publisher und „Steam“-Erfinder Valve war jedoch so zufrieden mit deren Arbeit, dass sie das Team 2008 kurzerhand einverleibten und in Valve South umbenannten.

Evolve - PS4 PlayStation 4 Screenshot

Doch schon ein Jahr später machten sich die pfiffigen Jungs und Mädels aus dem kalifornischen Lake Forest wieder selbstständig, um ganz einige Wege zu gehen. Unter den Fittichen von THQ bastelte man an einem neuen Shooter mit CryEngine-3-Gerüst – den die Welt jedoch jahrelange nie zu Gesicht bekam. Schlimmer noch: Im Dezember 2012 mutierte THQ zum Pleite-Publisher und die Rechte für das Projekt kamen unter den Hammer. Höchstbietender war 2K Games, die seither ordentlich Gas geben und den Titel Mitte Januar 2014 endlich offiziell ankündigten. Feuer frei für „Evolve“!

Vier gewinnt?
Um das Konzept hinter „Evolve“ besser zu verstehen, lohnt es sich, noch einmal eine inhaltliche Brücke zu „Left 4 Dead“ zu schlagen. Das nämlich überzeugt insbesondere im 8-Spieler-Online-Multiplayer-Modus. Genauer gesagt in der Variante, in welcher das Quartett der Überlebenden nicht nur gegen KI-gesteuertes Zombie-Kanonenfuttern, sondern zudem gegen vier besonders mächtige, von Menschenhand gesteuerte Infizierte antritt.

„Evolve“ schlägt in eine ähnliche Kerbe, setzt jedoch auf ein völlig neues Setting (ein Planet namens Shear) und reduziert die Zahl der wirklich mächtigen Monster auf ein einziges. Die aus Third-Person-Sicht gesteuerte Bestie zu jagen, das wiederum ist die Aufgabe der sogenannten Hunter – sie agieren aus der Ego-Perspektive. Das Resultat: Ein asynchroner, Vier-gegen-einen-Mehrspieler-Modus mit Fokus auf Teamwork und jede Menge Herzklopf-Momente.

Denn mit dem von Menschenhand gesteuerten Monstrum ist nicht gut Kirschenessen. Warum, das zeigt das mittlerweile auf über 75 Personen angewachsene Studio am Beispiel einer Kreatur namens Goliath. Hat er die letzte von insgesamt drei Evolutionsstufen erreicht, ist ein Goliath gut und gerne neun Meter hoch, kann Feuer speien, pfeilschnelle Rammattacken ausführen, mit Sprungangriffen aus der Luft für Chaos sorgen sowie tonnenschwere Felsbrocken aus dem Erdreich reißen und meterweit umher schleudern. Ganz zu schweigen von seinem von Reißzähnen übersäten Maul, das man sowieso um jeden Preis meiden sollte. Gleiches gilt für den mit rasiermesserscharfen Stacheln ausstaffierten Rückenbereich und die zentimeterlangen Klauen an beiden Pranken.

Besagte Merkmale in Kombination mit seinen hervorragenden Klettereigenschaften und der Fähigkeit, sich temporär unsichtbar zu machen, erlauben es ihm, je nach Situation optimal zu reagieren. Ihr habt schon drei Hunter nach nervenaufreibendem Duell auf dem Gewissen und wollt nun auch noch dem vierten, panisch fliehenden die letzte Ölung verpassen? Kurzer Ramm-Sprint, schon seid ihr in seiner Nähe. Anschließend entweder den Barbecue-Modus einschalten, sprich einen beherzten Feuerstoß absondern oder aber den Gegner im Nahkampf mit bloßer Kraft zerfetzen.

Um auf Baumwipfeln oder Anhöhen verschanzten Huntern beizukommen, ist derweil die Felswurf-Attacke das effektivste Gegenmittel. Nette Anekdote am Rande: Einen Fernangriff ergänzten die Macher erst nach wochenlangen Playtesting-Phasen. Dort nämlich stellte sich heraus, dass die Jäger früher oder später immer wieder eine besonders wirksame Strategie anwendeten: Sie umzingelten die Bestie mit Minen und lockten sie anschließend mit Distanzschüssen aus der Reserve. Zu echten Nahkämpfe – wo ein Goliath zweifelsohne im klar Vorteil ist – kam es nicht mehr, da die Minen eine Art Schutzwall bildeten. Nach Einführung der Felswurf-Attacke gehörte das Problem gleichwohl der Vergangenheit an – schöne Balancing-Idee!

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Alle für einen, einer für alle
Eins sollte man bei „Evolve“ immer bedenken: Wer einem vor Kraft und Ausdauer strotzendem Scheusal die Leviten im Alleingang lesen will, ist definitiv schief gewickelt. Nur mit vereinten Kräften können die Hunter siegen und sich am Ende des Tages eine ausgestopfte Goliath-Fratze über den Kamin hängen. Beziehungsweise die Schädel von zahlreichen anderen Kreaturen, denn der Goliath ist nur einer von vielen angriffslustigen Riesengeschöpfen, die die Jäger im Spielverlauf auf Trab halten.

Schlüssel zum Erfolg der Jäger sind die unterschiedlichen Fähigkeiten der vier bisher enthüllten Hunter-Klassen. Den Anfang macht ein Vertreter der sogenannten Trapper-Klasse, hier Griffin genannt. Sein Markenzeichen? Eine Hightech-Harpune, die raketenbetriebene Pfeile verschießt. Bohren sie sich im Panzer der Echse fest, aktiviert sich ein Energiestrahl mit dessen Hilfe der Trapper die Bestie sozusagen „an die Leine“ nehmen kann. Eine effektive Taktik, um das Wesen auf Distanz zu halten, während die anderen es umzingeln und in die Mangel nehmen.

Doch damit nicht genug: Sogenannte „Sound Spikes“ – Ton-Impulse aussendende Stangen, die ihr in den Boden rammen könnt – helfen dabei, ein regelmäßig die Position wechselndes Monster auf dem Radar zu behalten. Nicht minder praktisch ist ein auf Knopfdruck erscheinendes Kraftfeld in Form einer Kuppel. Es kann sowohl im Angriff als auch defensiv genutzt werden, etwa um die Kreatur für einige Zeit an einem Ort festzunageln oder aber sie von der Truppe fernzuhalten, wenn diese schwer angeschlagen ist.

Zweiter im Bunde ist der Kämpfer der Assault-Klasse. Wie es der Name schon andeutet, teilt er ordentlich Schaden aus, voranging mit seiner hochgezüchteten Blitzkanone. Gerät er selbst unter Beschuss, hilft ihm sein Schutzschild aus der Misere. Ebenfalls defensiv einsetzbar: seine sprenggewaltigen Sensor-Minen. Sie explodieren nur, wenn eine Bestie dran vorbei läuft – eigene Mannen können keine Detonation auslösen.

Weitere Schützenhelfer
Wer eher unterstützend an der Front agieren möchte, sollte sich für die Support-Klasse entscheiden. Als einzige verfügen deren Mitglieder über eine Tarnvorrichtung. Darüber hinaus können Helden dieser Gruppierung, in einer ersten Demo ein Typ namens Hank, mittels sogenannter Shield Gun Teamkollegen temporär unbesiegbar machen. Temporär meint in diesem Fall allerdings nur für wenige Sekunden, da dieses Utensil sonst zu mächtig wäre. Nebst einem gut auf mittlere Distanz einsetzbaren Laser-Cutter schwört Hank zudem auf die Möglichkeit, Orbitalschläge anzufordern. Zwar sind hiermit keine punktgenauen Treffer bestimmter Positionen auf der Karte möglich, wohl aber könnt ihr hiermit allzu aufdringdlichen Monstern einen echten Dämpfer verpassen.

Bliebe noch der Medic, in ersten Demosequenzen repräsentiert durch eine sexy Militärmützenträgerin namens Val. Dank ihrer Medgun heilt sie Fleischwunden und jedwede andere Verletzungen von malträtierten Kollegen im Handumdrehen. Ja, sogar praktisch fast schon toten Mitstreitern haucht sie dank ihrer Wunderwaffe neues Leben ein. Die ebenfalls stets mitgeführte Anti-Materie-Waffen dient derweil dazu, die besonders wunden Punkte einer Bestie im Kampf zu markieren. Der Effekt kann sich sehen lassen, denn treffen Angreifer exakt diesen Punkt, richten sie jetzt weitaus mehr Schaden an. Vor allem in Kombination mit Kopftreffern ein wuchtiger Schadensmultiplikator!

Weniger tödlich, aber ebenso hilfreich – etwa wenn man schwer verwundet Reißaus nimmt – ist die Betäubungspistole. Perforieren ihre Pfeile die lederne Haut eines Ungetüms, verliert dieses deutlich an Geschwindigkeit. Unterstützend umrandet eine leuchtende grüne Silhouette den Feind. Dass das Biest nun zudem sporadisch auf dem Radar der gesamten Gruppe auftaucht, ist ein netter Nebeneffekt.

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Fest für die Sinne
Nicht minder spielentscheidend als die individuellen Fähigkeiten jedes Einzelnen sind seine optischen und akustischen Sinne. Die Jäger sollten Augen und Ohren stets offen halten – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Fußstapfen zum Beispiel verraten, wo ein Monster gerade entlang gelaufen ist. Zumindest bis es sich kletternd in die Baumkronen verabschiedete. Doch auch das kann man oft schon aus der Distanz mitbekommen, etwa indem man auf aufgescheuchte Vogelschwärme achtet. Oder Geräusche richtig interpretiert…

Hektisch plätscherndes Wasser nur wenige Meter entfernt? Wahrscheinlich marschiert die Bestie gerade gehetzt im Tarnmodus durch einen Bach, um seine Fährte zu verwischen. Knarzende Äste? Womöglich kraxelt das Ungetüm gerade über einen umgefallen Baumstamm. Dass die Atmosphäre in solchen Momenten zum Schneiden dicht ist, zählt zu den weiteren Stärken von „Evolve“ – vor allem wenn man als einziger noch Überlebender durchs Gebüsch robbt und sich langsam aber sicher Panik breit macht.

Geht’s nach Chris Ahston, dem Design-Leiter bei Turtle Rock, sind solche Passagen ganz klar beabsichtigt. Sein Credo: Nur wo es genügend ruhige Momente gibt, kann sich die später losbrechende Action richtig entfalten. Eine Formel, die schon bei „Left 4 Dead“ hervorragend funktioniert hat! Auch die Idee, jeder Hunter-Klasse Zugriff auf ein Jetpack und unbegrenzte Munition zu geben, funktioniert einwandfrei. Richtig gelesen, unbegrenzte Munition. Damit hierdurch die Balance nicht flöten geht, fallen die Nachladezeiten einzelner Bleispritzen allerdings extrem unterschiedlich aus.

Wirft man nun noch die fantastisch designte Umgebung auf Basis der CryEngine 3 in die Waagschale – leider hat der Entwickler bisher nur eine Mehrspieler-Arena gezeigt – bleibt unterm Strich ein mehr als vielversprechendes Next-Gen-Debüt für die Mehrspieler-erfahrenen Kalifornier. Erste Hands-On-Eindrücke hoffentlich schon bald hier bei uns auf PLAY3.DE.

Über den Autor: Sönke ist seit 1999 in der Videospielbranche tätig. Zunächst arbeitete er als Redakteur für das Multiformat-Printmagazin Video Games, nebenbei für Kids Games und PSM2 aus demselben Verlag. Während seines Studiums schrieb Sönke dann unter anderem für GamePro, GamesAktuell und GameShop. 2008 wurde er freier Leiter Redakteur der Zeitschrift gamesTM, später dann freier Chefredakteur der Magazine PS3M und 360 Live aus demselben Verlagshaus. Parallel dazu textete er unter anderem für FHM und GamesMarkt. Für Play3.de haut Sönke seit Januar 2014 in die Tasten. Außerdem kannst du Artikel von ihm auf T-Online.de lesen. Nebenbei podcastet er leidenschaftlich gerne bei www.gamesundso.de.

System: PlayStation 4
Vertrieb: 2K Games
Entwickler: Turtle Rock Studios
Releasedatum: Herbst 2014
USK: noch nicht geprüft
Offizielle Homepage: www.evolvegame.com

Einschätzung: gut

Mutig, mutig, was die Turtle Rock Studios hier im Herbst mit 2K für PS4 an den Start karren. Denn wenn die Balance an irgendeiner Stelle nicht hinhaut und sich eine Fraktion letztlich doch als übermächtig herausstellt, gibt’s abseits der noch sehr nebulösen Solo-Kampagne nichts mehr, was den Karren noch aus dem Dreck ziehen könnte. Doch diesbezüglich mach ich mir eigentlich die wenigsten Sorgen, denn mit „Left 4 Dead“ hat man seine Balancing-Talente bereits eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Ich möchte sogar soweit gehen und behaupten, dass „Evolve“ das Zeug hat, einen ganz neuen Trend loszutreten. Nämlich den hin zum asynchronen Online-Mehrspieler-Erlebnis. Die Branche braucht einfach mehr rebellische Titel dieser Art, um dem drögen Shooter-Einheitsbrei entgegenzuwirken. Daher ist „Evolve“ schon jetzt einer meiner PS4-Favoriten 2014! Bleibt nur zu hoffen, dass das Team vor Release noch einen klassischen Betatest nachschiebt, um bei eventuellen Netzcode- und Balance-Ungereimtheiten im Ernstfall nachbessern zu können.

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