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TEST: Dark Souls 2 - Zeit zu sterben!

play3 Review: TEST: Dark Souls 2 – Zeit zu sterben!

9.0

Zeit zu sterben! „Dark Souls“ ist ein modernes Videospielphänomen. Gestartet mit „Demon’s Souls“ als pures Hardcore-Rollenspiel für Wahnsinnige, mauserte sich From Softwares RPG über die Jahre zum Publikumsfavoriten.

„Dark Souls 2“ erschien nun für PlayStation 3 und könnte eines der letzten großen, exklusiven Spielerlebnisse für diese Konsolengeneration sein. Eins ist es aber ganz sicher: Ein fantastisches Rollenspiel, bei dem uferlose Euphorie und blanke Wut dicht beieinander liegen.

Was wir cool finden

Kein Charakter ist wie der andere
„Dark Souls 2“ beginnt harmlos wie jedes andere Rollenspiel. Mit der Erstellung eines eigenen Charakters. Hier stehen euch zunächst acht Archetypen zur Auswahl: Krieger, Ritter, Schwertkämpfer, Bandit, Kleriker, Zauberer, Erkunder und für die ganz Harten unter euch gibt es noch den Bettler. Dieser startet nämlich absolut nackt, ohne Waffen oder Ausrüstung. Vorteil: Nach einem etwa holprigen Start könnt ihr den Helden so aufleveln, wie ihr es gerne hättet. Alle anderen Klassen beginnen mit einer für sie passenden Ausrüstung und entsprechenden Charakterwerten. Der Schwertkämpfer beispielsweise mit zwei Klingen. Der Krieger dagegen ist schwer gepanzert und mit Schwert und Schild ausgerüstet. Der Bandit mit Kurzbogen und Axt.

Wie ihr startet ist letztlich euren persönlichen Spielvorlieben überlassen. Denn letztlich beeinflusst diese Entscheidung lediglich den Beginn des Spiels. Sobald ihr auflevelt, könnt ihr alle Charaktereigenschaften (Stärke, Intelligenz, Beweglichkeit etc.) so erweitern wie es euch passt. Mischcharaktere wie etwa der berühmte Kampfmagier sind mit dem entsprechenden Einsatz ebenso möglich wie das ganz geradlinige Aufleveln eines schwächlichen Level-12-Krieger zum Nahkampf-Schlächter. Vom Start weg verpasst ihr eurer Figur noch eine optionale Gabe, einen Bonus-Gegenstand wie etwa ein Menschenbild oder ein Heimatknochen. Dies erleichtert den Start, ist aber nicht unbedingt notwendig.

Was „Dark Souls 2“ im Gegensatz zu vielen anderen Rollenspielen wirklich auszeichnet, ist die Konsequenz mit der sich die Charakterwerte auch auf die Spielbarkeit der eigenen Figur auswirkt. Mit einem Zauberer beispielsweise in den Nahkampf zu gehen, ist absolut tödlich. Ein Schwertkämpfer muss seine Feinde mit Schnelligkeit und flinken Rollen überwältigen. Jede Klasse spielt sich deutlich anders und erfordert ein ganz spezifisches Vorgehen. Das Ausdauersystem schlägt in die gleiche Kerbe. Es ist weiterhin erstklassig ausbalanciert und bestimmt die Taktik maßgeblich. Wer den kleinen grünen Balken im linken oberen Bildschirmeck nicht im Blick hat, steht plötzlich wehr- und chancenlos vor übermächtigen Feinden.

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Fair und fordernd
Spannung, Spiel und der Tod – „Dark Souls 2“ lebt von seiner konstanten Spannung und dem harten Schwierigkeitsgrad. Ihr startet euer Abenteuer als Untoter in der Welt von „Dazwischen“, ehe es euch nach Majula – den zentralen Schauplatz des Rollenspiels – verschlägt. Bereits das kurze Tutorial bereitet euch auf die Schrecken vor, die euch erwarten. So lange ihr mit Bedacht agiert und kühlen Kopf behaltet, seid ihr auf der sicheren Seite. Aber wehe, ihr legt euch sogleich mit den riesigen Zyklopen an, die durch die finstere Schattenwelt streunen.

„Dark Souls 2“ bricht mit der Konvention des übermächtigen Spielhelden. In Drangleic seid ihr nur eine ganz kleine Leuchte, die um jeden Meter Spielfortschritt kämpfen muss. Die Steuerung fühlt sich im Vergleich zum Vorgänger eine Spur direkter an und reagiert prompt auf jeden Tastendruck. Allerdings ist diese Feinfühligkeit des Handlings Segen und Fluch zugleich. Denn ihr könnt euch hier nicht sinnfrei mit Button-Mashing durch die Gegnerhorden schlagen. Vielmehr geht es darum, taktisch vorzugehen, die Angriffsmuster eurer Gegner zu lernen und deren Schwachstellen zu bearbeiten.

Die Krone der Schöpfung sind natürlich die Bosskämpfe. Die widerlichen, Furcht einflößenden und teil riesigen Feinde sind oftmals in der Lage, euren Ritter Kunibert mit nur einem Schlag ins Jenseits zu befördern. Da will jeder Angriff gut getimt und perfekt platziert sein. Der erste Endgegner im Spiel ist beispielsweise ein monströser Riese, der euch nicht nur platt trampeln möchte, sondern sich sogar einen Arm ausreißt, um damit seine Reichweite zu verlängern. Ich verspreche euch: Ihr werdet etliche Male draufgehen, ehe ihr diesen Burschen geknackt habt. Aber dadurch ist das Gefühl der Genugtuung umso größer. Ich hab ganz sicher zwanzig Versuche gebraucht, musste mich aufleveln und meine Waffen aufrüsten, bis der Riese endlich fiel. Als der Sieg dann endlich mir gehörte, war das ein grandioses Erfolgserlebnis gekrönt vom einem lauten Jubelschrei. Solche Momente kreiert „Dark Souls 2“ zuhauf. Sei es nun, wenn ihr versteckte Objekte durch waghalsige Sprünge entdeckt oder wenn ihr eben einen Endgegner nach langem, zähen Kampf endlich zur Strecke bringt.

Das Kampfsystem ist dabei derart griffig, dass Sterben in den meisten Fällen einfach eure eigene Schuld ist. Vielleicht habt ihr einen Angriff falsch eingeschätzt. Vielleicht nicht auf eure Ausdauer geachtet. Vielleicht ist auch eure Waffe mitten im Kampf kaputt gegangen. All diese Faktoren beeinflussen die Schlachten, machen sie tiefgründig und anspruchsvoll, aber eben auch immer bockschwer! Wer übrigens in einem Bereich zu oft Standard-Feinde zum Abernten von Seelen erschlägt, wird in diesem Spiel bestraft: Erst tauchen keine Ghoule mehr auf. Ruft ihr diese künstlich wieder herbei, gewinnen sie an Spielstärke hinzu. Unendliches Farmen in leichten Arealen ist also nicht mehr möglich.

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Eine fremde Welt
Drangleic ist eine Welt voller Mysterien. Die Menschen sprechen in teils kryptisch verschrobenen Sätzen, ein festes Spielziel gibt es – bis auf die Erlösung vom Fluch der Untoten – eigentlich nicht. Daher ist es an euch, den Geheimnissen selbst auf die Spur zu gehen. Der Untoten-Fluch selbst sorgt beispielsweise dafür, dass ihr nach einem Bildschirmtod ein Menschenbild benutzen müsst, um wieder ein Mensch zu werden. Sterbt ihr nämlich als Zombie-Held zu oft, kürzt euch das Spiel Stück für Stück den Energiebalken. Das ist speziell bei Bosskämpfen eine echte Pein, da ihr bis zur Hälfte eures Lebensbalkens einbüßen könnt und somit den Attacken der Riesenbiester kaum noch widerstehen könnt. Außerdem bestraft „Dark Souls 2“ unmoralisches Handeln. Greift ihr freundliche NPCs einfach aus purer Gier heraus an, zieht euch das Spiel ebenfalls Energiepunkte ab. Solche wichtigen Aspekte werden allerdings kaum erklärt, sondern müssen von euch selbst rausgefunden werden.

Das gilt auch für das Benutzen von Gegenständen und der gewohnt fummeligen Inventarführung. Nicht selten sind Hinweise auf die Wirkung bestimmter Gegenstände derart gekünstelt, dass „learning by doing“ die einzige Möglichkeit ist. Aber auch das passt ganz ausgezeichnet in das Spielkonzept von „Dark Souls 2“.

Erst mit der Zeit entwickelt man eine gewisse Souveränität im Umgang mit Inventar und Objekten. So erhaltet ihr beispielsweise zu Beginn nur zwei Estus-Flakons als „Medi-Packs“ spendiert. Weitere Phiolen müsst ihr mit Scherben anfertigen lassen. Estus-Flakons haben im Kampf den Nachteil, dass ihr stehen bleiben müsst, um diese zu benutzen. Praktischer sind die Lebensteine, die allerdings den Energiebalken deutlich langsamer auffüllen. Aber auch das lernt ihr nur in der Praxis.

Waffen rüstet ihr beim Schmied auf, verbessert sie mit Boss-Seelen oder wertet Rüstungen mit Titanit-Scherben auf. Im Verlauf verpasst ihr euren Kriegswerkzeugen sogar noch Elementareffekte. Neben Hellebarden, Breitschwertern, Äxten und Degen gibt es natürlich auch Distanzwaffen wie Bögen, Wurfmesser, Feuerbomben oder Armbrüste und – die entsprechenden Eigenschaften vorausgesetzt – Zaubersprüche.

Auch in „Dark Souls 2“ existiert erneut kein klassischer Mehrspieler-Modus, aber ein Bündnissystem. Vielmehr werdet ihr immer wieder von anderen Spielern heimgesucht oder attackiert sie. Ihr könnt euch aber auch NPCs und andere Teilnehmer zur Unterstützung herbeirufen und so knackige Herausforderungen meistern. Zudem könnt ihr anderen Spielern mehr oder minder hilfreiche Nachrichten hinterlassen oder diese eben als Feuerzeichen auf dem Boden lesen. Auch diese Art des Multiplayer passt nahezu perfekt zum Szenario und der in sich kalten und feindlichen Welt.

Was wir weniger cool finden

Wenn aus Lust plötzlich Frust wird
Anmerkung: Dieser Abschnitt beeinflusst die Wertung für „Dark Souls 2“ nicht, sondern soll lediglich darauf hinweisen, dass das Action-Rollenspiel ein ganz spezieller Titel ist, an dem sicherlich nicht jeder seinen Spaß haben wird. Seht diesen Abschnitt daher eher als Warnung denn als Kritik!

„Dark Souls 2“ ist kein Spiel, das man kurz einlegt und für 30 Minuten spielt. Es ist kein Appetithäppchen oder Pausenfüller für zwischendurch. Nein, es ist noch nicht mal durchgehende Unterhaltung. „Dark Souls 2“ packt einen bei der Spielerehre und schüttelt einen kräftig durch. „Bin ich dir zu hart? Dann hör doch auf“, schreit es einem immer wieder entgegen. Und so sollte sich jeder darüber im Klaren sein, dass „Dark Souls 2“ eine gewisse Leidensfähigkeit und Ausdauer erfordert. Kommt ihr bei einem der Boss-Gegner nicht weiter, heißt es arbeiten, bis die Finger bluten. Immer wieder musste ich meinen Charaktere „hoch grinden“, immer wieder bereits erledigte Areale noch einmal spielen, um neue Seelen zu fangen. So motivierend „Dark Souls 2“ ob seines hohen Schwierigkeitsgrades auch sein mag, so frustrierend ist es auch gelegentlich. Ähnlich wie sein Vorgänger gibt es auch hier keine Garantie dafür, dass ihr den Abspann sehen werdet. Daher sei hier noch einmal ganz deutlich erwähnt: „Dark Souls 2“ richtet sich an Hardcore-Gamer. Und das wird leider auch einige Casual-Opfer fordern.

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Viele Ladebildschirme
„Dark Souls 2“ führt ein neues Schnellreisesystem ein. Von jedem Leuchtfeuer aus könnt ihr nun an bereits entdeckte Lagerstätten springen. Das ist auf der einen Seite sehr praktisch, denn in diesem Spiel dient das verlassene Dorf Majula als zentrale Anlaufstelle zur Interaktion mit NPCs. Hier levelt ihr beispielsweise euren Charakter bei der Smaragd-Botin auf. Das Schnellreisesystem macht zwar die Wege kürzer, unterbricht aber auch den Spielfluss. Ständig blicke ich auf den Ladebildschirm und muss mich gedulden, ehe ich tatsächlich weiterspielen kann. In heißen Phasen – etwa in unmittelbarer Nähe zum nächsten Bosskampf – springe ich oftmals unzählige Male hin und her, lade meine Vorräte bei den Händlern auf und respawne. All diese Aktionen werden durch Ladebildschirme unterbrochen. Das ist auf Dauer eine arg mühsame Angelegenheit!

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Das sieht nicht so hübsch aus!
So beeindruckend gerade die Bossgegner erscheinen, so unspektakulär ist „Dark Souls 2“ doch über einen Großteil der Spielzeit. Die Welt ist zwar finster und bedrohlich, aber auch in sich kantig und nur spärlich hübsch ausgeleuchtet. Dazu wurden Elemente wie Licht und Schatten kaum in den Spielzusammenhang eingebunden. Es gibt nur wenige Stellen im Spiel, in denen das Tragen einer Fackel wirklich notwendig wäre.

Die versprochenen dynamischen Lichteffekte sind in der PS3-Version ebenso wenig vorhanden wie die zerstörbaren Umgebungsobjekte. Natürlich könnt ihr Fässer, Kisten und Barrikaden kurz und klein schlagen, aber dass diese sogar bei Purzelbäumen auseinander brechen, ist einfach lachhaft und trübt die Glaubwürdigkeit der Spielwelt. Dazu passend gibt es immer wieder Probleme mit der Kollisionsabfrage und dem Ragdoll-System der Charaktere. Manchmal steht mein Held gar in der Luft, manchmal bleiben Objekte seltsam in der Umgebung hängen.

Zudem werden „Dark Souls“-Kenner sich auf merkwürdige Art heimisch fühlen. Einige Areale sehen dem Vorgänger wirklich zum Verwechseln ähnlich. Das ist nicht dramatisch, schließlich spielen beide Teil in der gleichen Welt, aber etwas mehr optisch Neues hätte dem zweiten Teil gut zu Gesicht gestanden. Insgesamt ist „Dark Souls 2“ technisch leider nur Mittelmaß.

Über den Autor: Olaf ist bereits seit dem Jahr 2000 als freier Redakteur im Bereich der Video- und Computerspiele tätig. So schrieb er u.a. von 2005 bis 2007 für die Printmagazine „play THE PLAYSTATION“ und die Schwestermagazin „Playstation – Das offizielle Magazin“ und „Games Aktuell“. Heute arbeitet er u.a. für „COMPUTER BILD Spiele“ und „www.spieletipps.de“ oder schreibt Specials und Tests für „playBlu“ von Computec.

System: PlayStation 3
Vertrieb: Bandai Namco
Entwickler: From Software
Releasedatum: erhältlich
USK: ab 16
Offizielle Homepage:http://www.darksoulsii.com/de/

9.0

Wertung und Fazit

TEST: Dark Souls 2 – Zeit zu sterben!

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich bei „Dark Souls 2“ mehr als ein Mal den Controller wütend in die Kissen meiner Couch gepfeffert und die Konsole ausgeschaltet habe. Aber auch nur, um spätestens am nächsten Tag einen weiteren Anlauf zu wagen. „Dark Souls 2“ ist – ähnlich wie sein Vorgänger – ein Spiel, das mir nicht mehr aus dem Kopf geht. Nach einem überstandenen Bosskampf sitze ich mit zitternden Händen vor dem Bildschirm, jubelnd, dass ich diese Hürde endlich genommen habe. Nach den unzähligen Niederlagen meiner rund 60-stündigen Odyssee schimpfe und fluche ich wie ein Kesselflicker. Es ist erneut ein Spiel mit allen Emotionen und genau deshalb ist „Dark Souls 2“ derart faszinierend. Natürlich ist es frustrierend, wenn ich ständig draufgehe oder gar meinen Charakter erst aufleveln muss. Aber die Erklärung ist leicht: Ich bin einfach zu doof, zu unvorsichtig, zu unkonzentriert oder zu überheblich. In einer Welt voller gleichgeschalteter Mainstream-Spiele ist „Dark Souls 2“ ein Oldschool-Videospiel, das mich fordert, belohnt und zugleich vieles selbst entdecken lässt. Wer also eine etwas andere Spielerfahrung sucht, sollte die „Souls“-Reihe dringend nachholen … oder sie mit „Dark Souls 2“ fortsetzen. Es ist vielleicht das letzte wirklich große Exklusivspiel der Generation PlayStation 3.

Hotlist

Kommentare

ResiEvil90

ResiEvil90

25. März 2014 um 12:18 Uhr
Whiteforce

Whiteforce

25. März 2014 um 16:03 Uhr