ANGESPIELT: The Crew

Rennspielfans haben es nicht leicht: Auf der Playstation 4 erschien nach „Need for Speed: Rivals“ kein einziger Racer mehr. Kein „Gran Turismo 6“. Kein „Ridge Racer“. Und auch „The Crew“ wurde im vergangenen Jahr zunächst verschoben. Offensichtlich war Ubisoft selbst mit der Qualität des von Ivory Tower entwickelten Open-World-Rennspiels nicht zufrieden.

Doch gut ein halbes Jahr später sieht das ganz anders aus: „The Crew“ macht gute Fortschritte und befindet sich in der finalen Entwicklungsphase. Und so kündigt Creative Producer Julian Gerighty beim Presse-Event in Paris vollmundig an: „Was ihr heute hier spielen werdet, ist keine Demo oder spezielle Version. Es ist das vollständige Spiel. So wie es gerade aussieht.“

„The Crew“ ist ein Open-World-Rennspiel und ähnlich wie „Destiny“ oder „The Division“ nur mit einer funktionierenden Online-Verbindung spielbar. „Um das klarzustellen, wir definieren unser Spiel als MMORPG-Racer,“ macht Julian diesen Punkt deutlich. Was das bedeutet? Mehrspieler-Spaß, jede Menge Herausforderungen und ein überraschend tiefes Charaktersystem.

Gut ausgerüstet!
„In unserem Spiel ist das Auto euer Charakter,“ beginnt Julian die Präsentation. „Wenn ihr loslegt, besitzt ihr ein normales Body-Kit – den so genannten Street-Spec. Damit seid ihr auf Asphalt gut unterwegs. Aber wenn ihr im Spiel Fortschritte macht, schaltet ihr neue Specs frei. Und genau dort wird es interessant.“ Denn die Specs sind so etwas wie die Charakterklassen in einem Online-Rollenspiel. Sie legen die Grundeigenschaften und damit auch die möglichen Missionen fest. Mit dem Dirt-Spec beispielsweise probiert ihr euch auf Rallye-Strecken oder in unwegsamem Gelände.

Mit dem Perf-Spec protzt ihr mit dickem Spoiler und jeder Menge PS, aber schlechterem Handling. Das Raid-Spec dagegen ist so etwas die Allzweckwaffe. Mit diesem Body-Kit liefert ihr sowohl im Gelände, als auch auf Straßen gute Zeiten ab. Die Königsklasse ist zweifellos das Circuit-Spec. „Diese Spec kündigen wir hier zum ersten Mal an. Mit ihr wird „The Crew“ zur Simulation. Auf festen Kursen könnt ihr hier wirklich alles rausholen und um jede Sekunde kämpfen,“ führt Julian aus.

Im Gegensatz zu anderen Rollenspielen müsst ihr aber nicht zwangsläufig euren Wagen wechseln, wenn ihr beispielsweise vom Perf- auf das Raid-Spec wechseln möchtet. Stattdessen ruft ihr einfach euer Ingame-Smartphone auf und zieht so das Body-Kit auf. Dadurch soll es keine Unterbrechungen im Spielfluss geben. Ganz ähnlich funktioniert auch das Schnellreisesystem. Wie in „Skyrim“ könnt ihr einen bereits entdeckten Punkt auf der Karte markieren und für einen kleinen Unkostenbeitrag dorthin reisen.

Denn die Entfernungen in „The Crew“ sind teils sehr groß. Ganze 5.000 Quadratmeilen Landkarte umfasst das Gebiet des Rennspiels. „Dadurch, dass die USA so ziemlich jeden Geländetypen – von der Stadt bis hin zu den Bergen der Rocky Mountains – bietet, haben wir viele Freiheiten und können unsere Settings und Events entsprechend anpassen,“ meint der Creative Producer. Und tatsächlich wirkt die Spielwelt von „The Crew“ sehr abwechslungsreich und dennoch lebendig.

Als ich in einer Mission beispielsweise einen Computer-Wagen über einen Strand verfolge, rennen Badegäste panisch weg und bringen sich in Sicherheit. Abhängig von der Gegend nimmt auch die Dichte des Verkehrs zu. So sind beispielsweise die Highways in und um Miami und Detroit zur Rushhour ausgesprochen voll, sodass mancher Event zum Hinderniskurs wird.

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Auto statt Ritter
„The Crew“ bittet grundsätzlich zwei Arten, um sich die Zeit zu vertreiben. In den Missionen erzählt das Spiel die Geschichte eines Undercover-Cops, der die Gang der 510 infiltrieren soll. Zu diesem Zweck muss er fünf Gebiete bereisen und sich dort einen Namen machen. Die bislang gezeigten Zwischensequenzen lassen auf eine etwas platten Plot vom Schlage eines „The Fast & The Furious“ schließen. Nicht sonderlich anspruchsvoll, aber unterhaltsam.

Bereist ihr allerdings die Karte auf eigene Faust, stolpert ihr immer wieder über Skill-Events. Diese Aufgaben dauern meist nicht länger als eine Minute. In der Anspielrunde musste ich etwa einen Slalomkurs möglichst schnell absolvieren, vor einer mich verfolgenden roten Wand flüchten oder einen Fluss überspringen und in einem markierten Zielgebiet landen. Die Aufgaben wirkten ungemein abwechslungsreich und versüßten mir die längere Reise von Detroit nach Miami.

Für das Erledigen solcher Aufgabe erhaltet ihr Erfahrungspunkte, Credits und Bauteile. An dieser Stelle mutiert „The Crew“ plötzlich zum MMORPG. Mit Erfahrungspunkten levelt ihr euer Profil auf und schaltet damit Perks frei. Diese beeinflussen beispielsweise, wie viel ihr bei Händlern für neue Autos zahlen müsst oder nehmen direkten Einfluss auf Fahreigenschaften, indem sie etwa die Bremswerte verbessern. Eure Erfahrungsstufe wiederum beeinflusst, welche Bauteile ihr für euer Auto benutzen dürft. Diese splitten sich in elf Bereiche – wie etwa Motorkern, Turbo, Reifen oder Bremsen – und sind in ihrer Qualität in die Stufen Bronze, Silber, Gold und das seltene Platin unterteilt. So könnt ihr euren Wagen ganz ähnlich wie in einem Rollenspiel stetig mit neuen Bauteilen ausrüsten. Das motiviert und funktioniert ähnlich gut wie etwa die Item-Suche in Titeln wie „Diablo 3“.

Einziger Haken an der Sache: Auch in „The Crew“ wird es möglich sein, Bauteile gegen Echtgeld einzukaufen. Letztlich ist die Funktion aber nur eine Notlösung für besonders ungeduldige Naturen. Schließlich sind die Teile weiterhin an eure Erfahrungsstufe gekoppelt. Ein Level-2-Neueinsteiger wird sich keine Level-50-Motoren in seinen Wagen einbauen können.

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Impressionen von der Strecke
Die gute Nachricht: „The Crew“ ist – vielleicht sogar trotz aller Rollenspielelemente – ein wirklich launiger und handlicher Racer. In der knapp zweistündigen Anspielsession trat ich u.a. in Versus-Rennen gegen sieben Kollegen an und raste dabei durch eine rostige Fabrikanlage in Detroit. Die Kurse werden in „The Crew“ nicht abgesteckt, vielmehr zeigt eine über der Strecke schwebende Linie den Weg zum nächsten Checkpunkt an. Wie ihr genau dorthin gelangt, ist letztlich aber eure eigene Entscheidung. Auf diese Weise lohnen sich immer wieder Abkürzungen, etwa wenn ihr statt über den Straße einfach querfeldein über eine Wiese brettert oder gar einen Zaun durchbrecht.

Jeder der lizenzierten Wagen besitzt zudem eine Cockpit-Perspektive. Der Blick durch die Windschutzscheibe raubt zwar wie gewohnt ein wenig Übersicht, erzeugt aber ein ganz ausgezeichnetes Geschwindigkeitsgefühl. In den Standard-Einstellungen ist „The Crew“ ein etwas anspruchsvollerer Arcade-Racer. Poltert ihr mit einem tief liegenden Koenigsegg beispielsweise über einen Bordstein, gerät er garantiert aus dem Rhythmus. Schaltet ihr allerdings alle Hilfen aus, zeigt das Spiel auch kleinere Simulationsansätze.

Generell fühlen sich die Fahrzeuge recht schwer und hecklastig an. Daraus resultierte auch, dass die Boliden bereits bei kleinsten Kollisionen oder Verbremsern leicht ins Trudeln gerieten. Trotzdem ist „The Crew“ als Gute-Laune-Raser absolut geeignet, nicht zuletzt weil im asynchronen Mehrspielermodus unter Freunden gut für Stimmung gesorgt wird. Nach jedem Rennen landen Bestzeiten und Highscore in Ranglisten und so könnt ihr selbst Herausforderungen aussprechen oder gleich direkt gegen die Ghosts eurer Freunde antreten.

System: Playstation 4
Vertrieb: Ubisoft
Entwickler: Ivory Tower
Releasedatum: Frühling 2014
USK: noch nicht bekannt
Offizielle Homepage:http://thecrew-game.ubi.com/portal/de-DE/home/

Einschätzung: gut

Die ersten Gedanken nach einer solche Anspielrunde sind ja meist die ehrlichsten. Bei „The Crew“ dachte ich nur: „Mein Gott, ist das komplex!“ Das Spiel erschlug mich in den ersten Minuten förmlich mit all seinen Bauteilen, Perks und Specs. Doch dann packte mich die Sammelwut und ich entdeckte den Spaß an den Skill-Aufgaben. Die Jagd nach Highscores und immer neuen, immer besseren Teilen für mein Auto dürfte die Motivation in den Rennspiel ausmachen. Das stetige Aufleveln des eigenen Profils und das Aufbauen eines immer mächtigeren PS-Monsters funktioniert klasse. Auf der Strecke präsentiert sich „The Crew“ als abwechslungsreiches und vor allem gut spielbarer Racer mit solider Next-Generation-Grafik. Denn so gerne ich die Rollenspiel- und Open-World-Elemente auch habe, so ist das Spiel technisch nicht unbedingt das, was ich unter „Next Generation“ verstehe. „The Crew“ sieht gut aus und spielte sich flüssig, aber einen Grafikorgasmus bekommt man deswegen nicht. Trotzdem ist der MMORPG-Raser von Ivory Tower sicherlich ein Titel, mit dem Rennspielfreunde rechnen müssen.

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