ANGESPIELT: Watch Dogs

Brauner Trenchcoat, Baseball-Cap, Smartphone – Ein hoch gewachsener Mann wartet in der Hotel-Lobby. Vielleicht auf den nächsten Termin, vielleicht auf eine Verabredung? Beides falsch! Aiden Pearce räumt gerade die Konten der Hotelbesitzer leer. Gemeinsam mit seinem Partner Damien Brenks hat er sich durch die Firewall der Computer-Anlage gehackt und leitet nun das Geld auf ausländische Konten um.

Doch dann das Desaster! Etwas läuft schief. Aidens Smartphone schlägt Alarm. Offensichtlich ist ihm jemand auf die Schliche gekommen. Aiden und Damien müssen fliehen. Das gefällt ihren Auftraggebern gar nicht. Eine mysteriös verzerrte Stimme meint nur: „Wenn ihr ihn nicht bekommt, schaltet seine Familie aus.“

Ein Zeitsprung. 11 Monate später. Unter dem May Stadium in Chicago. Während die Zuschauer auf den Rängen ein Baseball-Spiel genießen, spielen sich im Keller des Komplexes blutige Szenen ab. Aiden verhört und foltert Maurice Vega. Ein harter Einstieg in ein Videospiel. Diese ersten fünf Intro-Minuten geben den Ton für „Watch Dogs“ vor. Düster, ernst und emotional!

Was wir cool finden

Der erste Eindruck
Aiden Pearce ist ein in sich zerrissener und geradezu lebensmüder Hauptcharakter. Der geplatzte Hotel-Job hat sein Leben zerstört, hat sogar Opfer innerhalb seiner Familie gefordert. In den Zwischensequenzen werden Motive wie Tod und Vergänglichkeit ebenso aufgegriffen wie Rache und Zorn. Zwar besitzt „Watch Dogs“ speziell in den Filmsequenzen den typischen Ubisoft-Look, dennoch wirkt es in sich greifbarer und emotional packender als etwa „Splinter Cell: Blacklist“.

Ein Garant dafür sind die wirklich toll gelungenen Animationen der Hauptcharakter. Die Figuren sind sehr detailreich gezeichnet und besonders deren Gesichter drücken die Gefühle ganz hervorragend aus. Die in der Hands-On spielbare Beta-Version aktivierte englische Sprachausgabe überzeugte ebenfalls mit einer sehr professionellen Synchronisation. Abwarten, wie es in der deutschen Version sein wird.

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Flucht aus dem Stadion
Nach dem erfolglosen „Verhör“ trifft Aiden zum ersten Mal auf seinen Partner Jordi Chin. Dieser ist ein so genannter „Fixer“ und kümmert sich darum, dass am Tatort keine Spuren von Aiden zu finden sind. Deshalb muss sich dieser auch schnell aus dem Staub machen … und sollte dabei nicht entdeckt werden. Gar nicht einfach bei einer sportlichen Großveranstaltung.

Und genau hier startet das Tutorial von „Watch Dogs“. Mit der X-Tasten bringt sich Aiden hinter Ecken und Deckungsmöglichkeiten in Sicherheit. Mit Hilfe des Fadenkreuzes könnt ihr so von einer Deckung zur nächsten springen. Bei gezogener Waffe ballert ihr gezielt über das Hindernis hinweg, blindes Feuern gibt es leider nicht. Viel wichtiger ist allerdings auch Aidens Smartphone. Mit ihm könnt ihr beispielsweise durch Überwachungskameras blicken, Schlösser oder andere Objekte manipulieren. In dieser Anfangsszene kontrolliert Aiden zunächst, ob in im Kellergang vor ihm Wachleute herumstreunen, ehe er eine verriegelte Tür öffnet.

Als er dann aber zu einer VIP-Loge kommt, benötigt er Unterstützung. Er ruft seinen Kontaktmann „Badboy17“ an und lässt durch diesen einen „Blackout“ – also einen totalen Stromausfall – durchführen. Diese Spezialfähigkeit ist anfangs noch nicht freigeschaltet, kann aber mit Hilfe des Erfahrungssystems auch für Aiden aktiviert werden. Die allgemeine Verwirrung nutzt er jedenfalls, um ungesehen aus dem Stadion zu verschwinden.

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Fast wie in einem Rollenspiel
Bereits nach dem ersten Einsatz ist nahezu die komplette Karte für euch zugänglich. Wie in jedem Open-World-Spiel habt ihr auch hier die Wahl, ob ihr direkt der Hauptgeschichte folgt oder doch lieber erst einige Nebenmissionen erledigt. Denn mit jedem zusätzlichen Einsatz erhaltet ihr Dollars und Erfahrungspunkte dazu. Mit Level-Aufstiegen schaltet ihr nämlich Fähigkeiten in den vier Skill-Trees „Crafted Items“, „Driving“, „Combat“ und „Hacking“ frei. Insgesamt gibt es rund 50 Fähigkeiten und Extras.

In „Crafted Items“ beispielsweise lernt Aiden, wie er „Blackouts“ erzeugt oder wie er Haftgranaten aus Elektroteilen baut. In „Combat“ dagegen verkürzt ihr die Zeiten für Waffen- und Magazinwechsel oder verbessert Aidens Gesundheit. Im „Hacking“ erforscht ihr, wie man Helikopter mit einem Smartphone ausschaltet oder die Funkverbindung von Wachleuten kappt.

Das Erfahrungssystem ist ausgesprochen reichhaltig und macht sich absolut bemerkbar. Speziell die vielen verschiedenen aktiven Hilfsmittel sind in späteren Missionen nützlich. Beispielsweise muss Aiden einen Hinterhalt legen. Zu diesem Zweck hakt er zunächst den Computer und erfährt so, wo die Schurken normalerweise ihre Wagen abstellen. Dort platziert er Minen, hockt sich anschließend in eine Ecke und kann über die Sicherheitskameras die Sprengsätze zünden.

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Zu den Waffen!
Durch das Smartphone spielt sich „Watch Dogs“ deutlich langsamer und taktischer als „GTA V“. Aiden muss sich nicht unbedingt mit dem MG im Anschlag ins Gefecht stürzen. Oftmals ist es klüger, Wachen in Fallen zu locken oder sie abzulenken. So könnt ihr beispielsweise Fahrzeuge manipulieren und so den Alarm auslösen oder ihr sprengt kurzerhand die Granate an den Gürteln von Wachleuten. Diese agieren auf einem anständigen Niveau, suchen nach dem Unruhestifter und bleiben meist in größeren Gruppen zusammen.

Kommt es dann doch zum offenen Gefecht, erinnert „Watch Dogs“ an „Splinter Cell: Blacklist“. Das Deckungssystem funktioniert im Hands-On-Test solide. Nur bei schnellen Deckungswechseln reagiert das Spiel ein wenig spät auf Befehle. Ansonsten aber gehen die Schusswechsel flott von den Fingern, sollten aber eher die Ausnahme sein. Aiden geht vergleichsweise schnell zu Boden.

Das Waffenarsenal in „Watch Dogs“ kommt eher realistisch denn abgefahren daher. Beim Händler kauft ihr Sturmgewehre, Schrotflinten und Pistolen, aber auch Granat- und Raketenwerfer. Für den richtigen Schutz gibt es auch Kevlarwesten. So weit, so gewöhnlich!

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Fahren und staunen?
In „Watch Dogs“ schließen Missionen nicht selten mit einer wilden Verfolgungsjagd durch die Stadt ab. Die Fahrzeugsteuerung ist dabei durchaus gut gelungen. Normale Autos liegen zwar etwas hecklastig auf der Straße und reagieren mit einer leichten Verzögerung auf Lenkbewegungen, aber daran hat man sich schnell gewöhnt. Da Aiden nicht aus dem Fenster heraus schießen kann, kommt auch hier das Hacking zum Einsatz. Mit dem Smartphone manipuliert ihr Brücken, Ampeln, Dampfrohre und andere Objekte. Was in der gamescom-Demo eintönig aussah, spielte sich diesmal ganz ausgezeichnet und brachte kräftig Abwechslung in die Fahrmissionen.

Allerdings muss ich auch zugeben, dass „Watch Dogs“ gerade bei den Fahreinlagen weitaus weniger spektakulär aussieht. Es mag die höhere Kameraperspektive sein, aber hier gehen wirklich Details verloren. Insgesamt machte die Preview-Version einen guten Gesamteindruck. Gerade bei Nacht glänzt das Spiel mit hübschen Lichteffekten. Bei Tage wirkten die Straßen belebt, aber die Grafikmodelle teils ein wenig hölzern. „Watch Dogs“ ist entgegen aller Befürchtungen kein technische Desaster, aber auch keine Next-Generation-Offenbarung. Das Spiel sieht gut, zuweilen sogar sehr gut aus … mehr aber auch nicht.

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Witzige Nebenaufgaben
Neben dem Story-Strang gibt es aber auch in „Watch Dogs“ jede Menge Nebenmissionen. Einen interessanten Ansatz bietet das Aufklären von laufenden Verbrechen. Hier hört ihr mit dem Smartphone Gespräche mit und sollte etwas im Busch sein, poppt ein Wegpunkt auf eurer Karte auf. Dann müsst ihr den potenziellen Delinquenten auf frischer Tat ertappen, aber ohne erwischt zu werden – nett, aber spielerisch etwas zäh.

Deutlich unkomplizierter sind die Augmented-Reality-Missionen. Mit Hilfe von Drogen driftet Aiden hier in eine Parallelwelt ab und stampft als riesiger Spinnenroboter durch die Straßen von Chicago. Oder er braust wie „Mad Max“ durch eine postapokalyptische Welt, fährt Zombies platt und sammelt Seelen. Alternativ gibt es auch Wettläufe durch Pixelziele.

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Hackst du mich, erschieß ich dich!
Abseits der reinen Singleplayer-Optionen bietet „Watch Dogs“ auch eine Reihe von Mehrspierfunktionen. Diese sind optional. Wer also keine Lust darauf hat, von anderen Spielern Herausforderungen zu erhalten oder von ihnen gehackt zu werden, kann dies jederzeit einstellen. In der Hands-On-Session wurde einmal mehr die Option „Online Hacking“ präsentiert. Hier hackt ein Spieler das Smartphone eines anderen und muss sich danach verstecken, bis die Daten heruntergeladen sind. Das Opfer wiederum muss den Hacker identifizieren und zur Strecke bringen.

Glücklicherweise wurden aber noch weitere Mehrspieler-Funktionen enthüllt. So gibt es auch einfache Renn-Events, bei denen ihr mit anderen Spielern von einem Checkpunkt zum nächsten eilt. In „Online Decryption“ geht es dagegen darum, eine Akte zu erobern und diese wie in Artefakt-Jagd bei „Assassin’s Creed“ möglichst lange zu halten. Eure sieben Konkurrenten sind euch dabei natürlich stets dicht auf den Fersen, denn der Träger der Akte ist farbig auf dem Radar markiert. In „Online Tailing“ beschattet ihr einen Mitspieler, dürft dabei aber nicht entdeckt werden.

Wer seine Online-Freunde auch unterwegs ärgern möchte, für den gibt es die Companion-App für iOS, Android und Kindle Fire HD. Hier steuert der Mobile-User die Ordnungskräfte der Polizei von Chicago, platziert Straßensperren und ruft Helikopter. Der Konsolenspieler muss Checkpunkte innerhalb eines Zeitlimits abfahren. Das Beste an der Geschichte: Die Companion-App wird absolut gratis sein!

System: PlayStation 3, Playstation 4
Vertrieb: Ubisoft
Entwickler: Ubisoft Montreal
Releasedatum: 27. Mai 2014
USK: ab 18
Offizielle Homepage:http://watchdogs.ubi.com/

Einschätzung: gut

Die drei Stunden mit „Watch Dogs“ haben mir viel Freude bereitet. Besonders die Hauptmissionen sind mit den detaillierten Gesichtern der Protagonisten und den starken Charakteren gut inszeniert. Man kann die innere Zerrissenheit von Aiden Pearce förmlich spüren und leidet mit ihm mit. Auch das Hacking gestaltet sich nicht derart monoton, wie ich es nach der letzten Hands-On auf der gamescom befürchtet hatte. Vielmehr bereichern Aidens Fähigkeiten besonders die Schusswechsel und verleihen ihnen zusätzliche taktische Tiefe. Wer sich geschickt anstellt, muss nur in Notfällen zu Maschinengewehr und Pistole greifen und kann den Rest der Zeit mit dem Smartphone agieren. Dennoch bin ich bei „Watch Dogs“ ein wenig skeptisch und das vielleicht auch, weil ich von „GTA V“ und anderen Open-World-Spielen in den vergangenen Jahren sehr verwöhnt wurde. So stört mich beispielsweise, dass ich weder blind über die Deckung noch direkt aus dem Auto heraus feuern kann. Zudem wirkte das Aufklären laufender Verbrechen in sich zu verkopft und umständlich. Abwarten, wie sich „Watch Dogs“ gerade in Bezug auf die Nebenmissionen schlagen wird. Ich jedenfalls trete vorsichtig auf die Euphoriebremse und lasse mich gerne von dem fertigen Spiel überzeugen. Die Hands-On jedenfalls hat einen guten Vorgeschmack auf Ubisofts Hacker-Abenteuer gegeben und für mich bestätigt, dass die im Netz kursierenden Horror-Szenarien absolut übertrieben sind. „Watch Dogs“ ist auf Kurs, jetzt muss Ubisoft es nur noch sicher ins Ziel bringen!

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