ANGESPIELT: Dying Light

Wirft man einen Blick auf den Spielekatalog des polnischen Entwicklers Techland wird schnell klar, dass die Kreativ-Truppe aus unserem Nachbarland vor allem drei Dinge besonders mag: First-Person-Action, Untote und Geschwindigkeit.

Nach vier „Call of Juarez“-Teilen, zwei „Dead Island“-Ablegern und über einem Dutzend Rennspielen will man ab dem 30. Januar 2015 nun scheinbar das Beste der oben genannten Vorlieben in einem Spiel vereinen. Heraus gekommen ist das Survial-Action-Game „Dying Light“, welches play3.de jetzt erstmals länger anspielen konnte. Bevor wir allerdings das Gameplay im Detail ausweiden, noch ein paar Worte zu den Anfängen des Projekts.

Dying Light PS4 screenshot 01

Ursprünglich als Sequel zu „Dead Island“ geplant, kam es schon bald zu Meinungsverschiedenheit mit Publisher Deep Silver – den Rechteinhaber der Marke. Denen wich Techlands nächster Trip ins Reich der lebenden Toten zu sehr ab von der bewährten „Dead Island“-Formel. Schließlich eskalierte die Diskussion und jeder ging eigene Wege: Deep Silver suchte sich einen neuen Entwickler für „Dead Island 2“ (bekanntlich Yager aus Berlin), während sich die Polen nach einem neuen Publisher für ihre Idee umschauten (bekanntlich Warner Bros. Interactive).

Liebesgrüße vom Bosporus
Schauplatz der Ereignisse ist Harran, eine durch ein Gewässer in mehrere Bereiche aufgesplittete, optisch von Istanbul inspirierte Metropole. Zwei Monate vor dem Einsetzen der Handlung bricht in der Stadt eine mysteriöse Virus-Epidemie aus. Mit gravierenden Folgen: Tausende einst friedliche Bürger verwandeln sich in seelenlose, hochgradig aggressive Zombies. Überfordert ob der dramatischen Situation, entschließen sich die Behörden, eine unüberwindbare Mauer um das Krisengebiet zu ziehen. Dass sich noch immer zahlreiche Überlebende in Harran befinden, scheint man dabei in Kauf zu nehmen.

Ihr schlüpft in die Rolle eines Mitglieds der Hilfsorganisation Global Relief Effort, kurz G.R.E. Euer Auftrag: In geheimer Mission einen untergetauchten Agenten lokalisieren. Doch die Mission entwickelt sich zum Desaster. Nur soviel: Ein Überlebender opfert sich, um euer Leben zu schützen. Erfüllt von Dankbarkeit, entschließt ihr euch, seine Landsleute und deren Anführer Brecken beim Kampf gegen die Zombie-Brut zu unterstützen. Der Hintergedanke: Nur wenn ihr das Vertrauen der Gruppe gewinnt, besteht in dieser Hölle auf Erden noch der Hauch einer Chance, den ursprünglichen Auftrag abzuschließen.

Dying Light PS4 screenshot 02

Um Spoiler zu vermeiden, wollen wir uns an dieser Stelle storytechnisch nicht weiter aus dem Fenster lehnen. Gleichzeitig können wir bestätigen, dass die Hintergrundgeschichte weitaus mehr Substanz hat, als bisherige Präsentationen vermuten ließen. Nicht zuletzt, weil sie stets sinnvoll mit zentralen Gameplay-Elemente verwoben ist.

Den Anfang macht der dynamische Tag-/Nacht-Zyklus, der die Spielerfahrung in zwei zentrale Zeitabschnitte einteilt. Tagsüber stellen die im gesamten Stadtgebiet eher gemächlich umher schlurfenden Untoten ein kalkulierbares Risiko dar. In dieser Phase des Spiels könnt ihr relativ gelassen die Gegend erkunden, nach nützlichen Bauteilen zum Craften neuer Waffen Ausschau halten und euch auf die Suche nach Ressourcen zum Errichten neuer Safe Zone machen.

Good Night, Good Luck
Doch wehe die Nacht bricht an! Dann nämlich – fast wie auf Knopfdruck – mutieren die Schlurfgenossen zu wahren Killermaschinen. Plötzlich sind Kollege Hirnfresser und seine Sippe nicht nur schneller und kräftiger, sondern auch ein stückweit agiler und intelligenter. Letzteres äußerst sich zum Beispiel darin, dass die Biester nun kletternd die Verfolgung aufnehmen und erst locker lassen, wenn sie die Fährte verloren haben – oder ihr sie endgültig in die ewigen Jagdgründe geschickt habt. Vorzugsweise mit präzisen Kopftreffern, gezielt detonierten Sprengkörpern oder einem kraftvollen Tritt in eine von Menschenhand errichtete Stachel-, Feuer- oder Elektro-Falle.

Dying Light PS4 screenshot 03

Praktisch in diesem Zusammenhang – sowohl tagsüber als auch nachts – sind Knallkörper. Richtig positioniert lassen sich die bekanntermaßen äußerst geräuschempfindlichen Kreaturen damit für eine gewisse Zeit ablenken oder in bestimmte Areale lotsen. Wer’s besonders raffiniert angehen möchte, lockt sie in die Nähe verfeindeter Überlebender und schaut zu, wie die beiden Gruppen aufeinander losgehen und sich gegenseitig dezimieren – spart Munition und Nerven! Ebenfalls ein Klassiker: Knallkörper in die Nähe eines auslaufenden Ölfasses werfen und das Flammeninferno in einem Screenshot für die Nachwelt festhalten. Alternativ wählt man die Leisetreter-Tour, beschmiert seinen Körper mit Zombie-Innereien und täuscht so die Sinne der auch Volatiles genannten Widersacher.

Run Boy Run
Durch die stark eingeschränkte Sichtweite, die nur begrenzt verfügbare Munition und die Tatsache, dass Waffen bei dauerhaften Nutzung Schaden nehmen, solltet ihr euch in der Dunkelheit jedoch vorrangig auf eines verlassen: eure flinken Beine. Denn ebenso wie Faith aus dem First-Person-Runner „Mirror’s Edge“ ist auch der Held in „Dying Light“ ein begnadeter Parkour-Läufer. Von einem Hausdach zum nächsten hechten, Sprünge aus großer Höhe mit einer Vorwärtsrolle abfedern, durch Aussparungen in Zäunen und Wänden schlittern, Strommasten empor klettern, sich an Vorsprüngen hochziehen – all das beherrscht der Protagonist aus dem Effeff.

Dying Light PS4 screenshot 05

Techland tauft das System dahinter „Natural Movement“ und ist mächtig stolz drauf. Während einer Präsentation in München verdeutlicht Marcel Mitraszweski, Assistant Producer beim Techland-Standort Wroclaw, den Ansatz: „Wir arbeiten nicht mit geskripteten Sequenzen. Wenn du etwas siehst, von dem du meinst, dass du es erreichen kannst, dann wirst du das tun können.“ Und tatsächlich! Egal wo wir uns gerade befinden – alles, was sich in Reichweite unserer virtuellen Hände befindet, können wir erklimmen bzw. drüber hinwegspringen. Da Techland das Manöver „Springen“ standardmäßig mit der R1-Taste verknüpft hat, braucht es in den ersten Minuten etwas Eingewöhnung. Doch schon bald hat man den Dreh raus und sprintet durch die Gegend wie Raymond und David Belle, die französischen Begründer der Fortbewegungstechnik Parkour.

Um die Immersion zu verstärken, lassen euch die Macher jede Bewegung intensiv miterleben. Ihr seht, wie sich die Hände der Spielfigur an Regenrinnen festkrallen; wie ihre Beine beim Hinabrutschen von Ziplines hin- und her baumeln; oder wie sie sich ihre Handflächen schützend vors Gesicht hält, wenn ein Zombie-Hüne mal wieder mit parkenden Autos um sich wirft. Gleichzeitig hört ihr jede Kraftanstrengung: tiefes Luftholen nach langen Sprints, kurzes Durchschnauben bei Zwischenstopps, Erleichterung nach besonders heiklen Kletteraktion – die Brandbreite an solchen Animationen und Soundeffekten überzeugt und hilft beim Eintauchen in die Spielwelt. Doch Obacht: Da die Kamera realistisch „mitgeht“, kann dem ein oder anderen schon mal schlecht werden.

Dying Light PS4 screenshot 06

Wo wir gerade beim Thema Gliedmaßen sind: Die richtige Technik und genügend Momentum vorausgesetzt, könnt ihr euren Widersachern Arme und Beine eindrucksvoll brechen und diese sogar abtrennen. Eine Röntgenkamera gibt dabei immer wieder Einblicke, was hinter der fauligen Zombiehaut passiert; zeigt also zum Beispiel wenn Knochen splittern oder Gelenke zerfetzt werden. In Kombination mit teils Handball großen Fleischbrocken und üppigen Blutfontänen bleibt ein Spiel, bei dem Splatterfans zweifelsohne frohlocken, die USK jedoch verständlicherweise die Nase rümpft.

Kommt „Dyling Light“ also überhaupt offiziell nach Deutschland? Aktuell jedenfalls sieht’s schlecht aus. Zumindest wenn man den Aussagen des österreichischen Händlers GamesOnly Glauben schenkt, der behauptet, selbst die geschnittene Fassung wäre von der USK abgelehnt worden (wir berichteten). Ein weiterer Indikator für eine mögliche Indizierung: Die PC-Fassung wird auf dem deutschen Steam-Download-Portal bereits nicht mehr angezeigt.

Durchputzen mit Flame Slasher und Co.
Was die Polen noch unter „Creative Brutality“ verstehen, verdeutlicht ein Blick in den Waffenschrank. Mehr als 100 teils bizarre Todbringer können fleißige Ressourcensammler im Spielverlauf zusammenbasteln. Etwa den „Flame Slasher“, ein Konstrukt aus rasiermesserscharfer Machete und einer mit Klebeband ergänzten Gaskartusche für zusätzlichen Feuerschaden. Gewehr, Schrotflinte, Pistole und andere Fernwaffen-Klassiker sind natürlich ebenfalls Teil des Aufgebots, haben jedoch den Nachteil, dass sie selbst auf größere Distanz noch verhältnismäßig laut sind und entsprechend zahlreich Wadenbeißer anlocken.

Dying Light PS4 screenshot 04

Erfahrung macht den Meister
Um den Motivationspegel konstant hoch zu halten, müssen viele Dinge und Fähigkeiten erst freigespielt werden. „Dying Light“ nutzt dabei ein Progression-System wie man es auch anderen Genre-Vertretern kennt. Je häufiger ihr etwas tut, desto mehr Erfahrung akkumuliert die Spielfigur in diesem Bereich. Wer beispielsweise ständig wie von der Tarantel gestochen durch Harran rennt, steigert seinen Agilitätswert und sammelt für diesen Talentbaum Erfahrungspunkt. Wer regelmäßig Zombies plättet respektive Dinge zusammenbastelt hortet XP für den Stärke- bzw. Survival-Talentbaum. Bestimmte Punktegrenzen erreicht, dürft ihr anschließend immer neue, praktische Fähigkeiten freischalten.

Knapp 50 verschiedene sind’s am Ende, die Techland allesamt vollmundig als „Gamechanger“ bezeichnet. In der Praxis ist das Resultat nicht ganz so spektakulär aber eine doch echte Bereicherung fürs Gameplay. Da wäre zum Beispiel die Fähigkeit der 360-Grad-Wirbelattacke – sehr praktisch im dichten Gammelflisch-Getümmel. Oder die Fähigkeit, Zombiekörper als Sprungbrett zu nutzen. Auch cool: der Leg Breaker. Ihr schlittert unter Feinden hindurch und brecht ihnen rücksichtslos die Gräten – autsch!

Nicht spielbar in der Preview-Fassung war der 4er-Koop-Modus samt „Be the Zombie“-Komponente. Der Clou hier: Ähnlich wie „Evolve“ schlüpft ein fünfter Online-Spieler in die Haut einer besonders mächtigen Kreatur mit geschärften Sinnen und macht Jagd auf das Überlebenden-Quartett. Das wiederum sollte wie Pech und Schwefel zusammenhalten, denn der Über-Zombie kann nicht nur meterhoch springen und besonders fies zuschlagen, sondern seine Opfer zudem auf große Distanz wahrnehmen.

System: PlayStation 4
Vertrieb: Warner Bros. Interactive
Entwickler: Techland
Releasedatum: 30. Januar 2015
USK: bisher keine Kennzeichnung
Offizielle Homepage: http://dyinglightgame.com/

Einschätzung: gut

Für mich ist „Dying Light“ in vieler Hinsicht so gestrickt wie „Mittelerde: Mordor’s Schatten“. Ähnlich der Monolith-Produktion vermengt es gekonnt und stilsicher bewährte Elemente aus erfolgreichen Konkurrenztiteln. Das Parkour-Gameplay aus „Mirror’s Edge“ verschmilzt mit der Nahkampf-orientierten Zombie-Grundthematik aus „Dead Island, dem asymmetrischen Mehrspieler-Ansatz aus „Evolve“ und Teilen der Koop-Komponente aus „Left 4 Dead“. Dazu addiert Techland beliebte Open-World-Nebenaktivitäten wie Time Trials, ein Genre-typisches Crafting-System, einen spielerisch relevanten Tag-/Nachtzyklus, eine vielversprechende Story und – zumindest auf PC – optionale Occulus-Rift-Unterstützung. Im Gegensatz zur Uruk-hai-Jagd in Mittelerde, die mit dem Nemesis-System einen echten Joker ausspielen konnte, fehlt mir jedoch das ultimative Alleinstellungsmerkmal. Was macht „Dying Light“, was bisher kein anderes Spiel wagte? Diesen Kritikpunkt mal außen vor, harmonieren die verbauten Komponenten bereits sehr zuverlässig und hinterlassen dank „Chrome Engine 6“-Unterbau zudem optisch einen ganz hervorragenden Eindruck. Und ganz ehrlich: Das ist mir am Ende des Tages dann doch lieber als krampfhaft innovativ sein zu müssen.

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