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PS4-TEST: The Order 1886

play3 Review: PS4-TEST: The Order 1886

7.0

Was wurde nicht alles in den letzten Tagen über „The Order 1886“ geschimpft. Es dauere nur fünf Stunden oder gar weniger. Was für eine Schande! Und dafür soll man 70 Euro bezahlen? Bei dieser Diskussion wurde aber der eigentliche Spielspaß vollkommen außer Acht gelassen.

Die entscheidende Frage lautet deshalb: Unterhält „The Order 1886“ und spielt es sich gut? Die Antwort darauf findet ihr an dieser Stelle. Denn PLAY3.DE hat Sonys Action-Reißer bereits vor Release durchgespielt.

Was wir cool finden

Interaktiver Spiel-Film
Bevor ihr euch „The Order 1886“ kauft, sollte euch klar sein, dass es sich hierbei um einen Interaktiven Spiel-Film handelt. Das bedeutet: Es gibt keine Wahlmöglichkeiten. Die Level sind enorm schlauchig. Ähnlich wie in „Heavy Rain“ dominieren Quick-Time-Events die Kämpfe. Und die Spielzeit der insgesamt 16 Kapitel beträgt beim ersten Durchspielen zwischen sieben und acht Stunden.

Die gute Nachricht lautet aber: Als interaktiver Spiel-Film unterhält „The Order 1886“ sehr gut. Das liegt an der spannenden (wenn auch etwas absurden) Geschichte und den interessanten Charakteren. Ordensbruder und Titelheld Sir Galahad sieht sich zu Beginn des Spiels einem ganz neuen Gegner gegenüber, die dafür sorgt, dass er mit seinen Jahrhunderte alten Prinzipien bricht. Solche Transformationen machen etliche andere Figuren ebenfalls durch. So entsteht eine gewisse Dynamik innerhalb der Spielwelt, die gut zu den Geschehnissen passt.

Darüber hinaus wartet das Spiel mit etlichen Wendungen auf, die einen stellenweise überraschen und geradezu überfordern. Ohne ins Detail gehen zu wollen, aber die Halbblüter – eine Art Werwolf – sind nur eine der fantastischen Bedrohungen in der Welt von „The Order 1886“. Die Geschichte findet eine gute Mischung aus wilder Verschwörung, mächtig Action und ruhigen, ja sogar emotionalen Momenten.

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Bezauberndes Steampunk-London
Grundlage für die filmreife Inszenierung ist natürlich die stimmige Präsentation. Und sieht man mal von den wirklich hässlichen, schwarzen Balken am oberen und unteren Bildschirmrand ab, macht „The Order 1886“ fast alles richtig. Die Spielwelt – speziell Außenareale wie die Werft oder die Brücke – strotzt vor Details und selbst Innenräume wie Nikola Teslas Labor bestechen mit vielen netten Ideen.

Noch besser als das Steampunk-Setting, welches durch coole Waffen noch unterstützt wird, gefällt uns allerdings die Darstellung der Spielfiguren. Allein Galahad mit seinem dicken Bart, der Rüstung und seiner prägnanten Stimme prägt das Bild des Actionspiels. Figuren ist ihr Alter und ihre Verfassung zu jedem Zeitpunkt anzusehen. Ihre Mimik ist detailverliebt bis hin zu kleinsten Falte um die Augen.

Präsentiert sich „The Order 1886“ als wahrer Augenschmaus, so passen sich der orchestrale Soundtrack und die wuchtigen Effekte dem enorm hohen Niveau an. Hier überzeugt besonders die atmosphärische Musik, die gerade in späteren Passagen für wohlige Gänsehaut sorgt.

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Solides Shooter-Grundgerüst
In seinem Kern aber ist „The Order 1886“ ein ziemlich kruder Deckungsshooter – intensiv, aber nicht sonderlich innovativ. Ihr kontrolliert Galahad also aus der Verfolgerperspektive, verzieht euch hinter Mauern und Balkonen und schießt mit Maschinengwehren oder anderen Kanonen darüber hinweg. Als Drangabe winkt der Zeitlupenmodus über die L1-Taste, mit dem ihr auch stärkere Feinde wie die Flintensoldaten geschwind fertig macht. In seinen Level-Strukturen ist „The Order 1886“ vergleichsweise simpel gestrickt. Ihr erreicht ein neues Gebiet, räumt alle Feinde aus dem Weg und erst dann öffnet das Programm den nächsten Sektor. Diese Einfachheit wird allerdings durch geschickte Überblenden zwischen Spielgrafik und Zwischensequenzen kaschiert und fällt somit weniger auf. Ladezeiten gibt es kaum.

Die Nahkämpfe und die Interaktion mit der Umgebung löst Ready at Dawn mit Hilfe von Quick-Time-Events. In einigen Sequenzen – etwa im Infight mit Werwölfen – müsst ihr dann zunächst einen markierten Punkt anvisieren, ehe die entsprechende Aktionstaste angezeigt wird. In anderen Fällen drückt ihr einfach in einem fairen Zeitfenster den angezeigten Knopf. Zugegeben, „The Order 1886“ übertreibt es gerade in der Anfangsphase mit den Quick-Time-Events.

Allerdings unterstützen sie auch dessen filmischen Charakter. Spielerisch fordernd sind sie nicht und obendrein ist es mehr als ärgerlich, dass sich einige Animationen im Spielverlauf wiederholen. Obendrein gönnt euch das Spiel keine Fehler. Drückt ihr in der Hitze des Gefechts den falschen Button, ist Galahad tot und ihr müsst von Vorne anfangen.

Insgesamt spielt sich „The Order 1886“ trotz Einbahnstraßenmissionen und Quick-Time-Events allerdings sehr ordentlich. Waffen-Handling und Steuerung sind gut gelungen, die Missionsstrukturen sind simpel, aber in sich stimmig und vor allem nicht zu sehr gestreckt.

Was wir weniger cool finden

Keine wirkliche Entwicklung
„The Order 1886“ präsentiert sich als interaktiver Spiel-Film und erledigt diesen Job über weite Strecken auch ausgezeichnet. Allerdings bleiben dabei die spielerischen Elemente auf der Strecke. Der noble Sir Galahad spielt sich zu Beginn des Abenteuers genauso wie zum Schluss. Es gibt keine freischaltbaren Fertigkeiten, noch nicht mal eine besondere Waffe oder dergleichen. Die besten Kanonen – wie etwa das Thermitgewehr oder die Bogenflinte – haltet ihr bereits in der ersten Hälfte des Spiels in den Händen. „The Order 1886“ fehlen die verspielten Überraschungen, die manch andere Abenteuer dieser Art auszeichnen.

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Die (wenigen) Schleichpassagen
Lediglich die seltenen Stealth-Missionen sorgen für ein wenig Abwechslung der geradlinigen Schießereien. Leider büßt Sir Galahad als Leisetreter sämtliche Fertigkeiten ein, die ihn über das gesamte Spiel ausgezeichnet haben. Wird er nämlich entdeckt, wird er automatisch und ohne jegliche Gegenwehr erschossen. Die Animationen dazu wirken – gemessen an Graysons zuvor gezeigter Widerstandsfähigkeit – gerade grotesk albern: Verpatzt ihr den Quick-Time-Event zum Stealth-Kill, greift Galahad ins Leere und wird umgenietet. Werdet ihr einfach entdeckt, lässt sich der Ritter von seinem Widersacher blenden und anschließend tatenlos umlegen.

Die Schleichpassagen machen glücklicherweise nur wenige Abschnitte im Gesamtspielerlebnis aus, wirken aber in sich zu simpel und unnatürlich, als dass sie wirklich Spannung erzeugen könnten. Das liegt nicht zuletzt an der doofen Computer-KI, die nur sporadisch auf tote Kameraden reagiert.

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Tote Spielwelt
Steampunk-London sieht fantastisch aus, ist aber auch erschreckend leblos. „The Order 1886“ stellt euch immer wieder vor unüberwindbare Barrikaden und büßt somit an Glaubwürdigkeit ein. In besagter Schleichmission kann Galahad beispielsweise nicht über Mäuerchen springen. Geklettert wird ohnehin nur an vorgegebenen Punkten und nur wenige Objekte innerhalb der Spielwelt sind wirklich interaktiv.

„The Order 1886“ lädt mit seinem tollen Setting förmlich zu Entdeckungstouren ein, liefert aber nur Schlauch-Gameplay ab. Gegenstände wie Fotos oder Briefe lassen sich zwar drehen und wenden, aber die Texte lesen könnt ihr ob fehlender Zoom-Funktion nicht. Stattdessen gibt es lediglich Tonbandaufnahmen, die das Drumherum von „The Order 1886“ näher erläutern. Eindeutig zu wenig für eine solche tolle Spielwelt.

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Das Ende
Ohne viel spoilern zu wollen: Die letzte Mission von „The Order 1886“ ist zwar inhaltlich toll aufgebaut, enttäuscht aber besonders von der spielerischen Seite. Hier wird letztlich eine ganz ähnliche Aufgabe geboten, wie sie schon mehrmals im Spiel auftauchte. Mehr wollen wir an dieser Stelle nicht verraten, außer, dass der Schluss des Spiels leider nicht der erwartete Höhepunkt des Spiels war.

System: Playstation 4
Vertrieb: Sony Computer Entertainment
Entwickler: Ready at Dawn
Releasedatum: 20. Februar 2015
USK: ab 18
Offizielle Homepage: http://www.theordergame.com

7.0

Wertung und Fazit

PS4-TEST: The Order 1886

„The Order 1886“ ist längst nicht so emotional wie „The Walking Dead“ und auch nicht so tiefgründig oder vielschichtig wie „The Last of Us“. An diese Referenzen kommt Sonys Actionspiel längst nicht dran. Stattdessen ist es Popcorn-Gaming in Reinkultur: Spiel einlegen, Kopf abschalten und Spaß haben. Nur dann funktioniert „The Order 1886“ auch! Denn unter dem hochauflösenden Polygon-Zuckerguss verbergen sich viele kleine Schwachstellen, die einem die Freude gründlich vermiesen können. Die Quick-Time-Events nutzen sich rasch ab. Das schlauchige Leveldesign, die schwarzen 21:9-Balken und die stocksteif und irgendwie tot wirkende Spielwelt stehen im krassen Kontrast zu der Highend-Grafik. Der Mangel von Entscheidungsmöglichkeiten in „The Order 1886“ schmeckte mir auch nicht. „The Order 1886“ ist daher ein schwieriger Fall: Es unterhält erstklassig und spielt sich ordentlich, besitzt aber gleichzeitig wenig spielerische Substanz. Viele Ideen – wie beispielsweise das Untersuchen von Objekten – wirken zu oberflächlich umgesetzt. So bleibt „The Order 1886“ ein guter erster Teil einer neuen Serie, der besonders durch seine überzeugende Technik und das prägnante Setting auf sich aufmerksam macht.

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Kommentare

Konsolenheini

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Konsolenheini

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