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PS4-TEST: Just Cause 3

play3 Review: PS4-TEST: Just Cause 3

7.5

Diktatoren-Schreck Rico Rodriguez ist zurück – in einem Open-Word-Action-Abenteuer bei dem mal wieder richtig die Fetzen fliegen. Doch kann Entwickler Avalanche Studios im Vergleich zum brillanten zweiten Teil noch mal einen drauf setzen? Play3.de schnallt den Wingsuit fest, ölt den Enterhaken und macht den Praxistest.

Just Cause 3 - PS4 Screenshot 01

Was wir cool finden

Feuer mit Feuer bekämpfen
Wunderschöne Buchten, weitläufige Strände, saftige Wiesen und malerische Küstenstädte – eigentlich ist die fiktive Inselwelt Medici ein friedlicher Ort. Seit jedoch Diktator Di Ravello die Staatsgeschäfte übernahm, ging’s bergab – vor allem mit der Freiheit und den Bürgerrechten. Im Handumdrehen mutierte das mediterrane Juwel zu einem Ort des Schreckens und der Einschüchterung. Überall schoßen plötzlich umzäunte Militärbasen, von hohen Mauern umgebene Polizeistationen, großflächige Propagandaplakate, nicht zu überhörende Indoktrinierungs-Lautsprecher, dekadente Despoten-Statuen und andere Symbole der Tyrannei wie Pilze aus dem Boden – Dinge, die der größenwahnsinnige Alleinherrscher durch den Abbau eines seltenen und nur auf Medici zu findenden Rohstoffs namens Bavarium finanziert.

Die gute Nachricht: Noch sind Hopfen und Malz nicht verloren, denn gleich zu Storybeginn kreuzt Profi-Agent und Diktatoren-Schreck Rico Rodriguez auf und schließt sich einer Gruppe von Widerstandskämpfern an, die von seinem Kumpel Mario angeführt wird. Erklärtes Ziel der Revoluzzer? Di Ravello aus dem Amt befördern, koste es was es wolle. Der Masterplan der Rebellen? Rico soll alles in die Luft jagen, was den Unterdrückungsapparat am Laufen hält.

Just Cause 3 - PS4 Screenshot 05

Altbewährt und trotzdem neu
Am zentralen Spielprinzip der Serie ändert sich somit auch in Teil drei rein gar nichts. Weiterhin gilt es, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln Treibstofflager, Radaranlagen, Funktürme, Überwachungssysteme, Transformatoren und anderes kostbares Regierungseigentum einzuäschern. Dass Di Ravellos Truppen dabei nicht tatenlos zusehen, versteht sich von selbst…

Was bleibt ist ein Action-Feuerwerk mit extrem hohem Krawallfaktor und spannenden neuen Gadgets, die Ricos Aktionsspektrum im Vergleich Just Cause 1 und 2 spürbar erweitern. Kurz nach Spielbeginn schnallt euch Wissenschaftsgenie Dimah zum Beispiel den Wingsuit um, einen kompakten, unzerstörbaren Flügelanzug, der sämtliches Equipment von Basejumper Felix Baumgarnter alt aussehen lässt. Der Clou: Ein kurzer Tipper auf die Dreieck-Taste genügt, schon steckt der Tausendsassa mit der coolen Lederjacke in besagtem Anzug und gleitet wie ein Raubvogel durch die riesige Spielwelt.

Ob er davor mit dem bereits bekannten Fallschirm unterwegs war, gerade aus einem brennenden Helikopter gesprungen ist oder sich mit Anlauf von einer Steilklippe gestürzt hat, spielt keine Rolle. Sobald sich Rico – wie auch immer – in die Luft katapultiert hat, ist der Wingsuit einsatzbereit und ermöglicht bahnbrechende Stunts. Wer mag schnappt sich zum Beispiel ein Propellerflugzeug, düst zum höchsten Gipfel der Spielwelt, springt aus dem Flieger, gleitet fünf bis sechs Minuten einfach nur über die detaillierte Landschaft hinweg und taucht schließlich im Sturzflug in die peitschenden Wogen des Ozeans. Ein tolles Flow-Gefühl und Nervenkitzel obendrein, denn wie so oft in „Just Cause 3“ protokolliert ein Stunt-Timer eure Leistung und vergleicht sie in Echtzeit mit der anderer Spieler. Längster Wingsuit-Flug, längster Freefall-Sprung, längste Killserie ohne nachzuladen – alles wird akribisch mit einer Online-Rangliste abgeglichen.

Just Cause 3 - PS4 Screenshot 07

Achtung, Flügelmann in Anflug!
Wie nützlich Wingsuit und Fallschirm wirklich sind, merkt man allerdings erst, wenn man sie mit Ricos brandneuem Hightech-Enterhaken kombiniert. Segelt ihr beispielsweise in einem Affenzahn über einen Tannenwald hinweg, könnt ihr euch mit dem Enterhaken regelmäßig an vorbeirauschenden Baumwipfel festklammern und wieder ein bisschen an Höhe gewinnen. Gutes Timing und eine durchdachte Route vorausgesetzt, sind so theoretisch (und auch praktisch) komplette Umrundungen von allen drei Inselregionen möglich – ohne ein einziges Mal mit den Füßen den Boden zu berühren versteht sich!

Doch der Enterhaken dient nicht nur dazu, sich an Objekte ranzuziehen. Ähnlich wie in „Just Cause 2“ dürft ihr mit dem Enterhaken (und dem dazugehörigen Stahlseil) zwei Objekte aus der Spielwelt – sofern sie sich in Reichweite befinden – aneinander ketten. In einigen Zufallsmissionen muss Rico zum Beispiel liegengebliebene Autos von Bürgern Medicis zur nächstbesten Tankstelle schleppen. Das Mittel zum Zweck? Klar, eine sinnvoll gespannt Stahlseilverbindung zwischen dem Pannenfahrzeug und einem zweiten Gefährt, das genügend Kraft aufbringt, das Pannenfahrzeug wegzuzerren.

Clevere Revoluzzer setzen solche Seilverbindungen – von denen Rico später bis zu sechs spannen kann – natürlich auch zu Angriffszwecken ein. Besonders effektiv: Mehrere Benzinfässer an einen leistungsstarken Helikopter ketten, abheben und dann die tödliche Fracht mit dem Ausklinkmechanismus am Zielort abwerfen. Erwischt ihr dabei andere Chaosobjekte wie Gastanks, Funktürme usw. sind nicht selten spektakuläre Kettenreaktionen die Folge, was eine interessante taktische Komponente mit reinbringt.

Just Cause 3 - PS4 Screenshot 02

Kreativität ist Trumpf
Das Schöne an „Just Cause 3“: Ob ihr nun Kühe an drehende Windrad-Rotoren kettet und so zu Katapultgeschossen umfunktioniert; mit einem Linienbus ein halbes Dutzend Mopeds durch eine Militärbasis schleift oder fiese Scharfschützen an fliegende Propangasflaschen kettet und so filmreif von ihren Wachtürmen reißt, ist komplett eurer Kreativität und den Regeln der Physik überlassen. Stichwort Physik: Die wird insgesamt ordentlich simuliert, immer wieder jedoch neigt die Havoc-Engine dazu, über die Stränge zu schlagen. Wundert euch also nicht, wenn etwa bei einem Zusammenstoß von zwei Fahrzeugen zuweilen beide meterweit durch die Luft gewirbelt werden.

Durch Drücken der L2-Taste dürft ihr bereits gespannte Seile zudem verkürzen, was weitere verrückte Physikspielereien ermöglicht. Wie auf dem Screenshot oben zu sehen, lassen sich so zum Beispiel Diktatorenstatuen kinderleicht und ganz ohne Waffeneinsatz zerbröseln. Habt ihr die Reißfestigkeit der Stahlseile durch sogenannte Mods verbessert (sie werden freigespielt, wenn ihr Herausforderungen meistert), könnt ihr später sogar die imposanten, sphärenförmigen Gastanks aus ihren Haltepunkten reißen und in kullernde Zeitbomben umfunktionieren. Kurzum: Wer gerne mit Sandbox-Mechaniken experimentiert, wird „Just Cause 3“ lieben!

Just Cause 3 - PS4 Screenshot 06

Fahr doch was du willst!
Ein weiterer Grund warum das hier gewaltig aufs Adrenalin-Gaspedal drückt, ist der üppige Fuhrpark. Egal ob nun hippes VW-Bus-Imitat, rasanter Jetski, edler Sportwagen, aufbrausender F1-Bolide, gemächlicher Fischkutter, monströser Muldenkipper oder Großraumflugzeug mit XL-Ladefläche – alle Fortbewegungsmittel verfügen über unterschiedliche Fahr. bzw. Flugeigenschaften und lassen sich (da nicht lizenziert) nach Lust und Laune verschrotten.

Abwechslung wird ferner bei den Waffen groß geschrieben. Anfangs nur mit Sturmgewehr, Pistolen und anderen Standardknarren unterwegs, wird die Waffenkammer mit jeder abgeschlossenen Storymission um neue großkalibrige Gerätschaften wie Mehrfach-Raketenwerfer, Mörser, Snipergewehr und dergleichen ergänzt. Play3.de-Favorit: die M488. Zitat Beschreibungstext: „Man schießt damit auf etwas, das man nicht mag und es ist weg. Für immer.“

Just Cause 3 - PS4 Screenshot 04

Viva Medici
Der eigentliche Star von Teil 3 bleibt gleichwohl die 400 Quadratmeilen große, komplett ohne Ladezeiten erkundbare Spielwelt. Aufgesplittet in drei überraschend abwechslungsreiche Regionen gibt’s hier wirklich an jeder Ecke Interessantes zu entdecken. Im Süden zum Beispiel stoßt recht früh auf geheime Höhlensysteme, die den Rebellen als Unterschlupf dienen. Auf den Bergketten der Nordinsel Prospere hingegen thront eine gigantische Tagebaumine mit imposanten Tieflöffelbaggern, während sich im Westen ein mysteriöser Vulkan aus dem Horizont schält und Gedanken an die Endschlacht im „James Bond“-Streifen „Man lebt nur zweimal“ wach werden lässt. Im Osten? Lokalisieren aufmerksame Medici-Retter unter anderem eine gut bewachte Ölbohrinsel.

Was wir weniger cool finden

Wie schon in den beiden Erstlingswerken köchelt die Geschichte eher auf Sparflamme. Emotional aufwühlende Spannungsbögen werdet ihr hier ebenso wenig finden wie tiefgründige Charaktere und unvorhergesehene Wendungen. Vielmehr versucht sich Avalanche Studios an einer gewagten Mischung aus typischer Popcorn-Kino-Dramatik und makaberem Humor. Das klappt in Ansätzen, oft stolpert der Titel jedoch über seine eigenen Füße. Etwa wenn Mario mal wieder einen seiner zahlreiche Flachwitze abfeuert oder albern vor getötetem DiRavello-Pack posiert.

Just Cause 3 - PS4 Screenshot 03

Viel störender als die eher belanglose Story werden Fans gleichwohl die diversen Technikprobleme empfinden. Speziell in besonders hitzigen Situationen (Alarmstufe 5, viel Fluggerät, viele Bodentruppen) kam es im Test mehrfach vor, dass die Bildrate unter die magischen 30 fps sackte. Schade, denn davon abgesehen sieht „Just Cause 3“ dank 1080p-Auflösung, beeindruckender Weitsicht, aufwändigen Zerstörungseffekten und den aktuell wohl schönsten Explosionen auf PS4 wirklich top aus. Immerhin: Im Direktvergleich mit der Xbox-One-Fassung läuft die PS4-Version runder.

Ein echter Dorn im Rebellenauge sind außerdem die Ladezeiten. Denn immer wenn Rico ins Gras beißt, ist erst einmal Däumchendrehen angesagt – und zwar nicht zu knapp. Gleiches gilt für die Anwahl von Schnellreise-Punkten sowie den Neustart von Herausforderungs-Rennen. Dagegen größtenteils behoben ist die penetrante Online-Synchronisierung des Spiels, die in den ersten Tagen nach Veröffentlichung ständige Unterbrechungen nach sich zog – primär wenn man die Kampagnenkarte öffnete.

Just Cause 3 - PS4 Screenshot 08

Und spielerisch? Enttäuscht die stark schwankende Qualität der Hauptmissionen. Im ersten Spieldrittel etwa muss Rico eine unterirdische Relaisstation finden, indem er einer Pipeline durch die Spielwelt folgt. An sich eine nette Idee, blöd nur, dass man bereits nach weniger als zwei Minuten am Ziel angekommen ist und der Rest der Mission ebenfalls nach drei bis vier Minuten abgehakt werden kann – nur eine von mehreren Szenen, wo „Just Cause 3“ Potenzial verspielt. Dass nur ein Schwierigkeitsgrad zur Verfügung steht und die KI eher durch Masse als durch Klasse überzeugt, stößt ebenfalls sauer auf.

System: PS4
Vertrieb: Square Enix
Entwickler: Avalanche Studios
Releasedatum: 1. Dezember 2015
USK: ab 18 Jahren
Offizielle Homepage: https://justcause.com/de


7.5

Wertung und Fazit

PS4-TEST: Just Cause 3

Zugegeben, die Story reißt niemandem vom Hocker, das Missionsdesign schwankt, die KI hat nicht selten Schießbuden-Charakter, technisch läuft das Gebotene (noch) nicht komplett rund und auch ein Koop-Modus wäre wünschenswert gewesen. Davon abgesehen trifft „Just Cause 3“ jedoch voll ins Schwarze. Es macht einfach unglaublich Laune, den gigantischen Abenteuerspielplatz Medici zu erkunden und Di Ravellos Machtapparat auf immer neue Art und Weise ins Verderben zu reißen. Oder einfach nur mit der Enterhaken-Mechanik herumzuxperimentieren und völlig schwachsinnige Dinge auszuprobieren. Kann ich mit steinernen Diktatorenköpfen auf einem Flughafen Bowling spielen? Sind drehende Windkraft-Rotoren tatsächlich stark genug, um einen per Stahlseil „eingefangenen“ Helikopter zum Absturz zu bringen? Wie viele PKW kann ich an eine Autobahnbrücke hängen, bis diese krachend in sich zusammen sackt? Und was passiert eigentlich, wenn ich mehrere mit Fernzündern bestückte Heuballen in das Cargo-Flugzeug lade und über dem Präsidentenpalast abwerfe? Ergänzt man nun noch die coolen Fahrzeug- und Gadget-Modifikationen, die motivierenden Ranglisten-Einblendungen und die beeindruckende Liste an Herausforderungsmissionen, bleibt eine Sandkasten-Erfahrung, die nicht nur Genre-Enthusiasten mit einem Faible für Physik-Spielerei viele unterhaltsame Stunden bereiten dürfte.

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Kommentare

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