Overwatch angespielt: Unser Eindruck vom Blizzard-Shooter

PLAY3.DE hat die mittlerweile beendete Open Beta des allerersten Blizzard-Shooters rauf und runter gespielt. In unserem Vorschaubericht verraten wir euch, wie uns das Gebotene gefallen hat.

Blizzard Entertainment ist gemeinhin bekannt für komplexe Echtzeit-Strategie-, epische MMO-, zackige MOBA- sowie Sammelwahn-entfachende Action-Rollenspiel-Kost. Mit dem teambasierten Multiplayer-Shooter „Overwatch“ widmet sich das im südkalifornischen Irvine ansässige Studio nun einem Genre, in dem man bisher keine Praxis-Erfahrungen sammeln sollte. Das Erstaunliche: Die Shooter-Mechaniken in „Overwatch“ fühlen sich so geschmeidig an, dass man den Eindruck gewinnt, die Entwickler würden bereits seit Jahren nichts anderes abliefern.


Tank Winston heizt Reaper mit seiner Tesla-Kanone richtig ein.

Die Helden – das Salz in der Suppe

Im Mittelpunkt der rasanten 6-versus-6-Duelle stehen 21 sehr unterschiedliche Charaktere, die euch allesamt ab der ersten Minute in jedem der insgesamt vier Spielmodi zur Verfügung stehen. Da wäre zum Beispiel Pharah, alias Fariha Amari. Die 32-jährige Sicherheitschefin von Helix Security International ist der Gruppe der Offensiv-Charaktere zugeordnet und kann entsprechend heftig austeilen. Vorrangig mit ihrem Falcon-Raketenwerfer, dessen großer Explosionsradius schwere Schäden hervorruft.

Genau wie alle andere Helden im Spiel kann Pharah darüber hinaus von mindestens drei Spezialfähigkeiten Gebrauch machen. „Senkrechtstarter“ etwa lässt die agile Dame meterhoch in den Himmel sausen – praktisch etwa zum Überwinden von Hindernissen oder um größere Feindansammlungen von hoch oben zu bombardieren. Der aus dem Handgelenk abgefeuerte Erschütterungsimpuls hingegen stößt Kontrahenten zurück und birgt somit eher Defensiv-Potenzial. Besonders gefährlich ist ihre ultimative Fähigkeit „Trommelfeuer“: Dutzende Miniraketen schwirren gleichzeitig in Richtung des Fadenkreuzes und richten massive Verwüstung an.

Tracer posiert vor dem Hintergrund der Japan-Karte.

Mutige Frontkämpfer

Aber auch die anderen fünf Offensiv-Charaktere haben’s faustdick hinter den Ohren. Revolverheld McCree zum Beispiel teilt mit seinem durchschlagenden „Friedensstifter“-Colt aus und wirft fiese Blendgranaten. Hightech-Ninja Genji beharkt seine Widersacher mit Wurfsternen und Katana-Hieben. Die Engländerin Tracer (siehe Screenshot oben) wiederum gibt mit ihren beiden Impulskanonen ordentlich Zunder gibt und kann sich sogar einige Sekunden in der Zeit vor- und zurückbeamen.

Blieben noch Solider 76 und Reaper. Erstgenannter mimt den typischen Ego-Shooter-Protagonisten mit Automatik-Wumme. Letztgenannter hat markante Züge von Gevatter Tod und sät mit zwei Inferno-Schrotflinten sowie seiner Teleport-Fähigkeit Verderben. Der große Nachteil der agilen, oft schwer bewaffneten Angreifer: Ihre Trefferpunkte fallen verschwindend gering aus.

Der Heldenauswahl-Bildschirm zeigt alle 21 Recken in der Übersicht

Tapfere Kugelschlucker

Ganz im Gegensatz zu den klassischen Tank-Charakteren. Sie alle verfügen über ein ziemlich dickes Fell und schlucken Projektile wie Bodybuilder Eisweiß-Shakes. Allen voran Reinhardt Wilhelm. Der 61-jährige Deutsche aus Stuttgart ist ehemaliges Mitglied der legendären Overwatch-Einheit und unersetzbar, wenn es darum geht, anfliegendes Feindfeuer zu absorbieren. Mittel zum Zweck ist sein jederzeit abrufbares Barrierenfeld, hinter dem links und rechts problemlos gleiche mehrere Mitstreiter Deckung finden. Hat sich Reinhardt dann erst einmal bis dicht an die Frontlinie vorgearbeitet, zückt der Hightech-Ritter einen Raketen-betriebenen Hammer oder zerquetscht Feinde mit einer verheerenden Rammattacke. Wissenschaftler Winston, Ex-Henkermeister Roadhog, Mech-Pilotin D.VA und Powerfrau Zarya sind ebenfalls aus harten Holz geschnitzt und weitere gelungene Beispiele für das vielseitige Helden-Aufgebot in „Overwatch“. 

Die Russin Zarya setzt auf eine mächtige Partikelkanone und kann Schutzschilde wirken.

Clevere Nadelöhr-Verteidiger

Irgendwo zwischen Angreifer und Tank positionieren sich die insgesamt sechs Defensiv-Krieger. Nehmen wir als Beispiel Torbjörn. Der mürrische Zwerg ballert mit einer Bolzenkanone um sich, wirft Verbündeten Rüstungspakete zu, kann aber auch einen zielsichern Geschützturm aufstellen und diesen im Anschluss upgraden bzw. reparieren. Oder Junkrat: Der Plünderer, Anarchist und Sprengstoff-Experte tickt nicht ganz richtig im Oberstübchen, versteht es aber wie kein anderer Fallen auszulegen. Weil die Munition seines Raketenwerfers zunächst an Wänden abprallt, muss er sich zudem gar nicht frontal ins Getümmel stürzen, um Chaos zu stiften bzw. enge Durchgänge im Alleingang zu verteidigen.

Schnell ins Herz geschlossen haben wir außerdem Mei. Die chinesische Klimaforscherin friert Feinde mit ihrer Frostkanone kurzzeitig ein, erzeugt Eiswände, um Sichtlinien zu blockieren und entsendet als ultimative Fähigkeit eine wetterverändernde Drohne, die einen tobenden Schneesturm entfacht. Im wahrsten Sinne des Wortes ziemlich cool: Mit Kyrostase verwandelt sich Mei für einige Sekunden in einen unzerstörbaren Eisblock und regeneriert gleichzeitig ihre Lebensleiste.

Scharfschützin Widowmaker (zu Deutsch Witwenmacher), Verteidigungsroboter Bastion (zu Deutsch Bollwerk) sowie Assassine Hanzo (wohl in Anlehnung an den berühmten japanischen Samurai Hattori Hanzo) machen ihrem Namen ebenfalls alle Ehre und werfen ihrerseits spannende Fähigkeiten in die Waagschale, um als Sieger vom Platz zu gehen.

Die Leveldesigner liefern ganze Arbeit ab. Hier eine Kulisse aus dem Hollywood-Szenario.

Vielseitige Unterstützer

Blieben noch die typischen Support-Charaktere. Sie buffen Mitstreiter wo immer möglich. Recht leicht zu spielen ist etwa Mercy, eine hochmotivierte Sanitäterin mit Schweizer Akzent. Ihrem Leitsatz „Helden sterben nicht“ folgend, heilt sie Teamkollegen auf kleine und mittlere Distanz. Die Fähigkeiten „Schutzengel“ und „Wiederauferstehung“ gestatten es ihr ferner, zu anvisierten Kollegen zu fliegen respektive Gefallene zurück ins Leben zu rufen.

Wer Feinde lieber in Hinterhalte lockt, wählt am besten Symmetra. Die indische Architektin kann Strukturen aus hartem Licht erschaffen und auf diese Weise mehrere Selbstschussanlagen frei an Wänden, Decken oder am Boden platzieren. Als ultimative Fähigkeit stellt sie zudem einen Teleporter auf, der die Wege vom Startareal bis an umkämpfte Punkte im Level drastisch verkürzt.

Abgerundet wird das kreative Figuren-Line-up von Lúcio. Der brasilianische DJ hantiert mit einer heilenden bzw. beschleunigen Soundkanone und sprintet – „Jet Set Radio“ lässt grüßen – auf Rollerblades durch die Level. Ach ja und dann wäre noch Zenyetta, ein nepalesischer Roboter-Mönch. Er flitzt schwebend durchs Level, feuert Energiekugel ab, wirkt mächtige Heilzauber und beschwört die sogenannte Sphäre der Zwietracht, die den erlittenen Schaden bei Gegnern erhöht.

Die Killcam verrät euch ganz genau wer euch um die Ecke gebracht hat.

Ständige Heldenwechsel ausdrücklich erwünscht

Das Interessante an „Overwatch“: Nach einem Bildschirmtod oder innerhalb des Startareals jedes Levels dürft ihr den gerade aktiven Helden beliebig wechseln. Anfangs macht man von dieser Möglichkeit natürlich vor allem Gebrauch, um mit den Talenten der Figuren zu experimentieren. Mit fortschreitender Kenntnis der Level und Spielmodi fließen jedoch auch zunehmend strategische Überlegungen in die Auswahl mit ein – was wiederum einen großen Teil der Faszination „Overwatch“ ausmacht.

Ein Beispiel: Ihr spielt den Modus „Angriff“ und müsst einen schwierig zu erreichenden Punkt innerhalb des gegnerischen Territoriums einnehmen. Das Problem: Euer Team aus gut bewaffneten Angreifern (McCree, Reaper, Soldier 76) und bunt gemischten Support-Kriegern (Mercy, Zenyatta, Symmetra) hat sich bis nah an diesen Zielort vorgearbeitet. Dort angekommen schafft es die Truppe jedoch nicht, einen Durchgang zu durchqueren, weil der Feind mit Widowmaker (Scharfschützin), Torbjörn, Bastion (Geschütztürme), Junkrat (Minen und Bärenfallen) sowie Reinhardt (Schutzschild, Nahkampf-Profi) und Mei (Eiswand, Blizzard) verbissen dagegenhält.

Wer genau hinsieht, kann einen kultigen „Metal Slug“-Klon in der Umgebung erkennen.

Die Lösung des Problems? Besteht oft darin, auf einen Helden mit hoher Mobilität zu wechseln und mit diesem Schlupflöcher im Verteidigungsbollwerk zu „unterwandern“. Tracer etwa kann mit ihrer Warp-Fähigkeit problemlos an ständig unter Feuer stehenden Passagen vorbeirennen. Hanzo und Genji sind für solche Herausforderungen ebenfalls eine gute Wahl, da sie blitzschnell Wände emporklettern und auf diese Weise Orte erreichen, die Helden ohne Flugfähigkeit meist verwehrt bleiben. Einmal im Feindgebiet angekommen, schleicht ihr euch dann am besten nah an die Verteidiger heran und zündet ein voll aufgeladenes Ultimate.

Dass mehrere Spieler ein und dieselbe Figur wählen, unterbindet „Overwatch“ in den Standard-Modi übrigens nicht. Es ist also durchaus möglich, dass eine komplette 6er-Truppe Bazooka-Schützin Pharah wählt und den Feind im Modus „Eskorte“ mit Raketen-Dauerbeschuss am Beschützen eines Transportfahrzeugs hindert. In der Regel hat jedoch diejenige Mannschaft die besten Chancen, die sich gut koordiniert und ihre Helden optimal aufeinander abstimmt. Und zwar nicht nur vor dem Match – wo das Spiel sogar Hinweise gibt, welche Klassen über- bzw. unterrepräsentiert sind –, sondern auch während einer Partie.

Der Trainingsmodus lehrt die Steuerungs-Grundlagen auf amüsante Art und Weise.

Einfach zu lernen, schwer zu meistern

„Overwatch“ möchte eine möglichst breite Zielgruppe ansprechen. Entsprechend wundert es kaum, dass zahlreiche Shooter-Mechanismen deutlich vereinfacht daherkommen. Waffen von anderen Gegnern könnt ihr hier beispielsweise keine einsammeln. Auch Munitions-Management spielt kaum eine Rolle, da jede Waffe unendlich oft nachgeladen werden kann. Hinzu kommt: Auf klassische Freispiel-Belohnungen in Form von besserer Rüstung, fetteren Waffen oder stärkeren Fähigkeiten verzichtet Blizzard komplett. Stattdessen überschüttet euch „Overwatch“ mit sogenannten Lootpacks, welche ausschließlich kosmetische Verbesserungen in Form von brandneuen Charakter-Skins, coolen Siegerposen, frechen Audio-Sampeles, hippen Spraydosen-Tags und fantastisch animierten Highlight-Intros enthalten.

Auf den ersten Blick wirkt diese Simplifizierung wie ein Rückschritt. Nach längerem Spielen wird allerdings schnell klar, dass es am Ende Tages vor allem auf eines ankommt: Skill und Teamfähigkeit. Denn nur wer die Stärken und Schwächen einzelner Helden genau kennt, sich die Level-Architektur gut einprägt, versucht aus jeder Killcam-Wiederholung zu lernen, immer wieder auf Umgebungsgeräusche achtet und ständige Absprachen mit Teamkollegen trifft (über Voicechat als auch über das Kommando-Rad), wird hier dauerhaft Erfolge einfahren.

Plattform: PlayStation 4
Developer: Blizzard Entertainment
Publisher: Blizzard Entertainment
Release: 24. Mai 2016

Einschätzung: sehr gut

Bravo Blizzard! Sei es nun die butterweiche Bildrate von 60 Bildern pro Sekunde (bei meistens 1080p), die griffige Steuerung, die abwechslungsreiche Heldenauswahl, das grandiose Design der zwölf kunterbunten Karten, die tadellose Eindeutschung, die vielseitige Konfigurierbarkeit, die Masse an Freispiel-Extras, die Möglichkeit mit Bots trainieren zu können oder der sehr solide Netzwerk-Code – „Overwatch“ fühlt sich einfach gut an. Gleichzeitig schafft es den schwierigen Spagat, sowohl Einsteiger als auch Profis zu begeistern. Die Tatsache, dass die Open Beta inhaltsgleich mit der Vollversion ausfällt, verdient ebenfalls großen Respekt. Genauso wie Blizzards Versprechen, zukünftige Helden und Karten ohne zusätzliche Kosten nachzureichen.

Nicht vollends überzeugt hat mich dagegen die etwas magere Auswahl an vier Spielmodi. Zugegeben, Kontrolle, Angriff, Eskorte sowie der Hybrid aus den letztgenannten Modi sind echt Spaßbringer und flott erlernt. Im Direktvergleich mit einigen anderen Genre-Konkurrenten (etwa „Black Ops 3“) fällt das Angebot an Spielvarianten jedoch zu gering aus. Und wenn ich ganz ehrlich bin, hätte ich gegen eine 8- bis 10-stündige (Koop)-Kampagne ebenfalls nichts einzuwenden gehabt. Die vielschichtigen Charaktere wären dafür zweifelsohne wie geschaffen und ließen sich zudem wunderbar in eine gute und eine böse Fraktion aufteilen – aus deren Sicht man das Gebotene dann zum Beispiel erlebt. Immerhin: Geht’s nach Spiel-Direktor Jeff Kaplan schließt Blizzard PvE-Inhalte für einen möglichen Nachfolger nicht aus.

Was bleibt ist ein nicht perfektes aber doch wirklich rundes Mehrspieler-Vergnügen, das mit jedem neuen Content-Update interessante Evolutions-Stufen durchlaufen dürfte und die Shooter-Community zweifelsohne noch viele Monate beschäftigen wird.

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