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PES 2017: Konamis König Fußball im Test

Flanke, Hacke und rein ins Netz: Konami legt mit „Pro Evolution Soccer 2017“ mächtig vor und punktet mit virtueller Ballkultur auf allerhöchstem Niveau.

play3 Review: PES 2017: Konamis König Fußball im Test

9.0

Im vergangenen Jahr lieferten sich „FIFA 16“ und „Pro Evolution Soccer 2016“ ein hitziges Kopf-an-Kopf-Rennen. Während EA Sports‘ Fußballsimulation auf hohem Niveau stagnierte, machte „PES“ wieder Boden gut und konnte den einstigen König Fußball zumindest auf dem Rasen sogar überholen. Deshalb setzt Konami in diesem Jahr vor allem auf Feintuning der bewährten Spielmechanik und Optimierung der aus „Metal Gear Solid V“: The Phantom Pain“ bekannten Fox-Engine. Da im Vorfeld des Releases die Server noch nicht aktiviert waren, konnten wir bislang lediglich die Offline-Modi prüfen. Doch Meister-Liga, Champions League und Konsorten zeigten bereits, dass es „FIFA 17“ schwer haben wird, „Pro Evolution Soccer 2017“ das Wasser zu reichen.

Was wir gut finden

Die bewährte Mischung

Allerdings macht sich in Sachen Spielmodi zunächst ein wenig Ernüchterung breit: Setzt „FIFA“ in diesem Jahr zum ersten Mal auf einen innovativen Story-Modus, bleibt Schuster „Pro Evolution Soccer“ bei seinen Leisten. Offline-Spieler werden daher entweder in „Werde zur Legende“ einen Spieler oder in der Meisterliga eine eigene Truppe führen. Zumindest die Menüführung wurde deutlich entschlackt. Speziell in der Meisterliga wirkt die Präsentation weitaus frischer und übersichtlicher. Konami verzichtet auf Textwüsten und zeigt ähnlich wie „FIFA“ das aktuelle Geschehen mit einem an eine Website erinnernden Design. Leider ist die deutsche Übersetzung häufig allzu holprig. Bei Vertragsverhandlungen mit anderen Clubs wird die Chance, dass diese aus den Gesprächen aussteigen mit „Passgenauigkeit“ tituliert. Da hat wohl ein Übersetzer geschlafen.

Die beste Fußballsimulation für die PS4

Spielerisch hingegen wirkt „Pro Evolution Soccer 2017“ deutlich aufgeräumter. Eine besondere Rolle nehmen nun das Training und dort im Speziellen die neuen Spielerfähigkeiten ein. Mit diesen könnt ihr euren Stars individuelle Fertigkeiten verpassen. Jedoch benötigen sie dafür bestimmte Voraussetzungen. Gerade die Jugendarbeit wird dadurch interessanter, da ihr nun einen Stürmer etwa gezielt zum Torjäger aufbaut oder ihn dabei unterstützt, dass er möglichst effektiv Freistöße und Elfmeter schindet.

Einige Fertigkeiten – wie beispielsweise Weitschüsse oder bestimmte Tricks – müsst ihr aktiv mit dem Gamepad ausführen. Dadurch erhalten die Kicker mehr Tiefe und man tut sich oftmals auch schwer, seinen Heimatverein zu höherklassigen Clubs zu verlassen. Schließlich lässt man dadurch auch seine Schützlinge im Stich. Von einer TV-reifen Präsentation kann man übrigens weiterhin nicht sprechen. Ja, es gibt häufiger Einspieler und speziell die Inszenierung der Spiele ist hübscher, aber „Pro Evolution Soccer“ hinkt insgesamt weiter anderen Sportspielen hinterher.

Abseits der großen Spielmodi gibt es natürlich auch Optionen wie die Europa League, die Champions League oder selbst konfigurierbare Pokal- und Ligawettbewerbe, sowie einen Trainingsmodi. Hinzu kommt ein umfangreicher Editor für nahezu alle Funktionen im Spiel.

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Das spielt sich klasse!

Doch wie in (fast) jedem Jahr spielt auch „Pro Evolution Soccer 2017“ seine ganz große Stärke auf dem Platz aus. Zunächst einmal wirken die Spielermodelle noch einen Tick natürlicher als in den vergangenen Jahren. Mal von den teils etwas „roboterhaften“ Augen abgesehen, sehen gerade die Stars wie Messi, Suarez oder Neuer ihren Vorbildern extrem ähnlich. Und auch die Körperproportionen stimmen.

Dazu erkennt man immer wieder kleine Details wie beispielsweise gefrorenen Atem bei Winterspielen oder Rutschspuren bei Regenpartien. „Pro Evolution Soccer 2017“ spielt sich einen Tick langsamer als sein Vorgänger, nimmt aber gerade bei schnellem Passspiel mächtig Fahrt auf. Erneut laufen sich die Mitspieler ganz ausgezeichnet frei und wer nicht nur seinen eigenen Kicker im Auge hat, wird immer wieder Anspielstationen entdecken. Die Stars reagieren bei Dribblings schnell auf eure Tastenkommandos, verzeihen aber gleichzeitig keine Fehler. Bei Tempodribblings und Richtungswechseln ist der Ball häufiger frei. Wer diese Momente also nicht exakt abpasst, verliert – gerade bei schwächeren Spielern – das Leder schnell wieder.

Mit ein wenig Übung gelingen so tolle Kombinationen. Speziell das Flügelspiel ist nun druckvoller und Flanken sind weitaus effektiver. Mit einer Mischung aus Kurzpass- und Flügelspiel entstehen spektakuläre Situationen, die durch die saftigen Torschüsse abgeschlossen werden. Die Ballphysik bleibt dabei jederzeit absolut nachvollziehbar. Die Pille fühlt weder zu leicht, noch zu schwer und beschleunigt gerade bei Flanken oder Fernschüssen ordentlichen.

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Neue taktische Möglichkeiten

Auf den eigenen Torhüter ist diesmal weitaus mehr Verlass. Zwar erlauben sich gerade schwächere Keeper noch teils arg berechenbare Patzer und boxen den Ball nach Vorne, aber Star-Goalies kommen auch gerne mal aus dem Kasten, fangen Flanken ab oder agieren offensiv.

Überhaupt fällt auf, wie clever die KI-Kameraden auf die Vorgaben reagieren. „Pro Evolution Soccer 2017“ bietet zu diesem Zweck erweiterte Taktiken, die ihr mit L2 und dem Digitalkreuz zuschalten könnt. Unsere beliebteste Strategie waren die offensiven Außenverteidiger, mit denen wir zusätzliche Anspielstationen kreierten. „PES“ bietet mit seinen reichhaltigen Taktikoptionen vielfältige Möglichkeiten zum Feintuning, was gerade in den großen Spielmodi für mächtig Abwechslung sorgt. Die Computer-Gegner passen ihre Strategie nämlich ebenfalls an. In einigen Matches in der Meister-Liga haben wir beispielsweise beobachtet, wie sie gezielt unseren Star-Spieler in die Einzeldeckung genommen hat. Ebenfalls schön: Bei Eckbällen könnt ihr nun auch in der Defensive eine Strategie anwählen. So entscheidet ihr, ob ihr Mann-gegen-Mann oder doch lieber auf Raumdeckung spielt.

Was wir schlecht finden

Katastrophaler deutscher Kommentar

Trotzdem gibt es auch bei „Pro Evolution Soccer 2017“ noch reichlich Verbesserungsspielraum. Der deutsche Kommentar von Marco Hagemann und Hansi Küpper ist eine einzige Katastrophe. Gerade Marco Hagemann besitzt viel zu wenige Zeilen und so wiederholen sich die Sprüche spätestens ab der zweiten Partie. Bei Zweikämpfen spricht er ständig darüber, dass ja „Training hilft“ und bei Dribblings bezeichnet er den Ballkünstler als „Häuptling Zauberfuß“. Zu allem Überfluss passen die Sprüche oft noch nicht einmal zum Geschehen. An einigen Stellen fielen sich die Kommentatoren gar ins Wort. Kurzum: Besser auf englischen Kommentar umschalten!

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Verwirrspiel im Lizenzdschungel

Dann wäre da natürlich noch die leidige Lizenzthematik. Wir wissen alle: Keine Bundesliga, keine zweite Bundesliga. Auch der FC Chelsea, der FC Bayern München oder Juventus Turin fehlen im Aufgebot. Und während Exoten aus Südamerika eine nette Dreingabe sind, so fehlen die Star-Teams wirklich überdeutlich. Gerade in der Champions League wirkt es geradezu absurd, wenn man gegen PM Black White – immerhin mit original Spielern – statt gegen Juventus antritt. Hier wird „FIFA 17“ erneut einen großen Vorteil haben, der gerade bei Fußball-Fans durchaus kaufentscheidend sein kann.

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Kleine Macken

Dazu sind uns im Test immer wieder kleine Fehler und Patzer aufgefallen. Bei Zweikämpfen beispielsweise vollführen die Spielermodelle immer wieder merkwürdige Verbiegungen. Speziell im Luftkampf kommt es immer wieder zu fragwürdigen Entscheidungen. Spieler benötigen zudem noch zu lange, um sich von Remplern oder Zweikämpfen zu erholen. Zu oft bleiben sie nach dem Ballverlust zu lange wie angewurzelt stehen. Besonders störend fällt das im Strafraumspiel, wenn die sonst reaktionsschnellen Stürmer ihrem Ball hinterherschauen, anstatt nachzusetzen.

Und während die Schiedsrichter diesmal durchaus solide agieren, so geschehen Verletzungen – gerade im Ligaalltag – eigentlich nie. Im Spielablauf fallen die weiterhin etwas wankelmütigen Torhüter auf. Sie spielen das Leder zu oft nach Vorne weg, anstatt sie nach Außen zu boxen.

9.0

Wertung und Fazit

PRO
  • sehr gelungene Spiel- und Ballphysik
  • neue taktische Möglichkeiten
  • nahezu perfekter Spielfluss
CONTRA
  • Lizenzproblematik
  • mieser deutscher Kommentar
  • kleinere Gameplay-Schwächen

PES 2017: Konamis König Fußball im Test

„Pro Evolution Soccer 2017“ ist die bislang beste Fußball-Simulation für Playstation 4. Konami hat die bereits im Vorjahr sehr gelungene Spielmechanik optimiert und fast alle Schwachstellen beseitigt. Okay, die Kollisionsabfrage ist (noch) nicht perfekt und zwischendurch kommt es immer wieder zu witzigen Verrenkungen und kleineren Ärgernissen. Aber allein vom Spielaufbau, Handling und vom Flow gibt es derzeit auf dem Grün nichts Besseres. Gerade gelungene Kombinationen fühlen sich einfach klasse an und zugleich schenkt einem „PES“ durch die vielen Funktionen enorme Freiheiten. Manchmal erkennt man erst in der Zeitlupe, was man da Tolles fabriziert hat. Doch so genial Konamis Fußballsimulation auch sein mag, das Drumherum bleibt ein Baustelle. Der deutsche Kommentar ist subjektiv noch schwächer als im letzten Jahr, die Lizenzproblematik trotz Fortschritten weiterhin immanent. Dazu mangelt es einfach an den großen Innovationen in den Spielarten. Jedes Jahr auf ein Neues die Meisterliga zu spielen, ist auf Dauer einfach zu wenig. Es bleibt abzuwarten, welche Neuerungen myclub bietet, aber Konami darf sich nicht allein auf die Stärke auf dem Platz verlassen. Trotzdem: Wer virtuellen Fußball erleben will, kommt an „Pro Evolution Soccer 2017“ nicht vorbei.

Hotlist

Kommentare

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