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For Honor: Der Test zu Ubisofts feudaler Schachtplatte

Knallhart, anspruchsvoll und immer online: Ubisoft hetzt Wikinger, Ritter und Samurai aufeinander und liefert ein knackiges Multiplayer-Spektakel mit schwacher Kampagne ab.

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8.0

Kritiker beschränken Ubisoft gerne auf die großen Marken wie „Assassin’s Creed“. Doch das französische Unternehmen wagt auch immer wieder handfeste Innovationen. Im vergangenen Jahr beispielsweise etablierte man mit „The Division“ einen neuen Multiplayer-Shooter im Markt. Das Funsport-Spiel „Steep“ setzte sich derweil noch nicht vollends durch. Um „For Honor“ entwickelte sich seit der ersten Präsentation ein wahrer Hype. Derart intensive und dennoch komplexe Ritterspiele gab es schon lange nicht mehr. Das fertige Ergebnis kann sich ebenfalls sehen lassen, auch wenn abzuwarten bleibt, ob „For Honor“ langfristig die Herzen der Spieler erobern kann.

Was wir gut finden

Multiplayer-Schlachtplatte

„For Honor“ legt den Fokus eindeutig auf seinen umfangreichen Mehrspielermodus. Das bedeutet: Wer hier Spaß haben will, der muss sich auf kompetitive Online-Gefechte einstellen und vor allem über eine stabile Internet-Verbindung verfügen. Einen Offline-Modus gibt es nicht. Selbst wenn ihr nur die Kampagne ausprobiert, müsst ihr online sein.

Intensiv und packend – aber auch langfristig motivierend?

Seine Langzeitmotivation bezieht „For Honor“ aus dem Freischalten der zwölf Soldatenklassen, dem Individualisieren der Helden und aus dem Verbessern der eigenen Fähigkeiten. Die Auswahl unterschiedlicher Spielmodi geht soweit in Ordnung. In Herrschaft streitet ihr euch in zwei Vierer-Teams um drei Flaggenpunkte. Besonders interessant: Bei einem der Ziele stürmen Computer-Mitstreiter aufeinander zu. Eure Aufgabe besteht darin, sie so zu unterstützen, dass sich die Front in das gegnerische Gebiet verschiebt. In Vernichtung mit vier oder acht Spielern gibt es keine Respawns. In Duell nehmen es – fast wie in „Street Fighter“ – lediglich zwei Gegner miteinander auf.

Die Auswahl ist üppig und nicht zuletzt sorgt das ordentliche Kartendesign für Motivation. Dazu erhaltet ihr reichlich freischaltbare Gegenstände. Nach jeder Partie hagelt es Erfahrungspunkte, die Premium-Währung Stahl, sowie Ausrüstungsgegenstände. Mit diesen verbessert ihr die Fertigkeiten eures Soldaten, jedes neue Objekt verfügt über unterschiedliche Stärken und Schwächen. Mit Stahl schaltet ihr neue Helden, kosmetische Verschönerungen oder Item-Pakete frei. Kurzum: Es gibt reichlich Möglichkeiten zum Aufbessern der eigenen Figur und wer sich erst mal auf einen Helden festgelegt hat, kann aus ihm (oder ihr) einen wahren Superkrieger basteln.

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Der Krieg der Fraktionen

Der so genannte Fraktionskrieg fungiert in „For Honor“ als übergeordnetes System. Zum Start des Spiels entscheidet ihr, welche der drei Parteien eure Punkte erhalten sollen. Danach sammelt das Programm alle Daten und münzt sie auf die Weltkarte um. In regelmäßigen Abständen verschieben sich die Grenzen, was wiederum Einfluss auf das Aussehen der Karten hat. Alle zwei Wochen erhaltet ihr – sofern ihr aktiv gewesen seid – eine Belohnung für eure Mühen. Der Fraktionskrieg gibt den Kämpfen einen Sinn und wirft obendrein Extras ab. Zwar bleibt bis heute abzuwarten, ob „For Honor“ langfristig ausreichend viele Spieler bei Laune halten kann. Der Ansatz jedenfalls ist durchaus lobenswert.

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Durchdachtes Kampfsystem

Grundlage für „For Honor“ ist allerdings das robuste Kampfsystem. Grob formuliert handelt es sich dabei um das erweiterte Schere-Stein-Papier-Prinzip. Ihr attackiert bzw. blockt also in die drei Richtungen oben, rechts und links. Dazu kommen Guard-Breaks, Finishing-Moves und Schlagkombinationen. Das System ist vergleichsweise schnell erlernt, erfordert aber ordentlich Koordination. Wer kopflos in die Schlacht hinein stürzt, ist seinen Kopf ganz fix los. Letztlich entscheidet die bessere Defensive nämlich über Sieg oder Niederlage. Angriffe kosten Ausdauerpunkte. Geht ihr zu hektisch vor, gerät euer Kämpe aus der Puste und ist im schlimmsten Fall für einige Momente schutzlos.

Der Wettstreit macht den Reiz von „For Honor“ aus. Das Kampfsystem ist gerade in den ersten Stunden mehr als tief genug, um zu begeistern. Die Kämpfe haben es in sich und sind obendrein dank der tollen Animationen hübsch anzuschauen. Am Ende vom Tag legt ihr euch langfristig auf einen oder zwei Helden fest und werdet diese aufmotzen. Da das Matchmaking nicht immer perfekt funktioniert, kommt es gerade aktuell immer wieder zu unfairen Duellen.

Was wir schlecht finden

Kampagne oder erweitertes Tutorial?

„For Honor“ bietet neben dem gelungenen Mehrspielermodus auch eine Kampagne. In 18 Missionen kämpft ihr auf Seiten der Samurai, Ritter und Wikinger gegen die intrigante Dispotin Apollyon. Im Verlauf der drei Feldzüge schlüpft ihr in Rüstungen der zwölf Soldatenklassen. Und genau diese Prämisse wird dem Story-Modus zum Verhängnis. Irgendwann weiß man gar nicht mehr, welchen gesichtslosen Krieger man überhaupt kontrolliert. Es fehlt an klaren Identifikationsfiguren und die Geschichte rückt trotz teils netter Zwischensequenzen in den Hintergrund.

Darüber hinaus fehlt es vielen Missionen einfach an Tiefe und Abwechslung. Viel zu oft schlagt ihr euch lediglich durch Heerscharen stumpfer Computer-Gegner. Im Vergleich zum Multiplayer mangelt es hier spürbar am Duellcharakter. Letztlich kommt nur im Kampf mit den gelegentlich auftauchenden Boss-Gegnern so etwas wie Atmosphäre auf. Stattdessen erinnert die Kampagne über weite Strecken an ein erweitertes Tutorial, das euch auf den Mehrspielermodus vorbereiten soll.

Eine komplette Katastrophe ist der Story-Modus trotzdem nicht: Gerade in der zweiten Hälfte finden sich einige ordentliche Einsätze. Die Präsentation ist gelungen und im Zwei-Spieler-Online-Modus macht das gemeinsame Schnetzeln durchaus Laune. Ein Kaufgrund für „For Honor“ stellt aber die Kampagne nicht dar.

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Das fehlende Gefühl für Größe

Über eins solltet ihr euch im Klaren sein: „For Honor“ konzentriert sich im Wesentlichen auf Duelle mit nur wenigen Spielern. Mal von den KI-Vasallen im Herrschaftsmodus abgesehen, fühlen sich die Gefechte zwar persönlich, aber doch sehr klein an. „For Honor“ ist also trotz der starken Präsentation kein mittelalterliches „Call of Duty“ und auch längst nicht so hektisch wuselig wie beispielsweise ein „Dynasty Warriors“. Ubisoft Schwertkampfsimulation mangelt es an dem Gefühl von Größe. Speziell in der Kampagne fehlt es so an einem klaren Feedback für die Bedeutung der eigenen Unternehmungen.

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Zur Kasse, Schätzchen!

Wie ja bereits erwähnt, setzt „For Honor“ auf die Premium-Währung Stahl. Diese erhaltet ihr nicht nur für bestrittene Matches, sondern könnt sie auch im Ingame-Shop einkaufen. So sind zwar alle Objekte an eure aktuelle Spielstufe gebunden, trotzdem erleichtert der Echtgeldeinsatz den Spielfortschritt leicht. Viel störender als die Einbindung ist allerdings die Tatsache, dass einem das Spiel immer wieder den Laden unter die Nase reibt. Und bei Paketpreisen von bis zu 100 Euro bekommt man nicht gerade einen besseren Eindruck vom Spiel.

8.0

Wertung und Fazit

PRO
  • gelungenes und durchdachtes Kampfsystem
  • starke Präsentation
  • ausreichend viele Modi und Individualisierungsobjekte
CONTRA
  • müde Einzelspielerkampagne
  • Mikrotransaktionen
  • extrem verschachtelte Menüführung

For Honor: Der Test zu Ubisofts feudaler Schachtplatte

„For Honor“ ist zweifellos ein Wagnis für Ubisoft. Denn es ist längst nicht so massenkompatibel wie andere Produkte und wird allein aufgrund der dominanten Mehrspielerkomponente nicht jedermann gefallen. Trotzdem überzeugt die Schwertkampfsimulation. Die Lernkurve ist ungemein steil und mitunter geradezu schmerzhaft. Es dauert, ehe man sich in das Kampfsystem eingearbeitet hat und ehe man erste Erfolge feiert. Doch dann setzt die Motivation so richtig ein: Erfolgreiche Schlachten sind nicht zuletzt dank der blutigen Inszenierung und den satten Finishing-Moves eine wahre Freude. Das Fortschrittssystem erweist sich als langsam, aber durchaus praktikabel. Das stete Aufrüsten motiviert ebenso. Trotzdem leidet „For Honor“ unter dem „Evolve“-Problem: Wie hält Ubisoft das Projekt langfristig am Leben? Bieten die Schwertkämpfe genug Tiefe, um selbst erfahrenste Spieler bei der Stange zu halten? Diese Fragen beantwortet nur die Zeit. Für den Augenblick ist „For Honor“ auch dank des Fraktionskriegs ein ungewöhnliches und gut gelöstes Mittelaltervergnügen.

Hotlist

Kommentare

Michael Knight

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