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Packend und wunderschön: Horizon Zero Dawn im Test!

play3 Review: Packend und wunderschön: Horizon Zero Dawn im Test!

9.0

Insgesamt sechs Jahren bastelte der holländische Entwickler Guerilla Games laut eigener Aussage an „Horizon: Zero Dawn“. Jetzt ist das Open-World-Abenteuer endlich fertig. Doch ist es auch der erhoffte Hit geworden? Wie schlägt sich das Spiel im Vergleich zu anderen Open-World-Konkurrenten wie „The Witcher 3“ und „Far Cry Primal“? PLAY3.DE erkundete mit einer angenehm früh verfügbaren Testversion tagelang die von Roboter-Dinosauriern beherrschte Postapokalypse, um genau das herauszufinden.

Was wir gut finden

Die in der Zukunft angesiedelte Hintergrundgeschichte von „Horizon: Zero Dawn“ klingt zunächst etwas an der Haaren herbeigezogen, übt aber schon in den ersten Spielstunden eine unglaubliche Sogwirkung aus. Die Ausgangssituation: Bedingt durch ein zunächst nicht näher skizziertes Ereignis haben tierähnliche Maschinen die Menschheit vom ersten Platz in der Nahrungskette verdrängt. Die Überlebenden der Katastrophe rotteten sich seither in archaisch organisierten Stämmen zusammen und versuchen das Beste aus ihrer Situation zu machen. Man jagt Wildtiere, sammelt Rohstoffe, wohnt in vorrangig aus Holz und Stein konstruierten Siedlungen und setzt sich mit Bogen, Speeren, Fallen und anderen, eher primitiven Gerätschaften gegen die immer aggressiver werdenden Maschinen zur Wehr.

Sympathische Heldin

Gleich zu Spielbeginn schlüpft ihr in die Rolle des orange-haarigen Waisenkinds Aloy. Zusammen mit ihrem Mentor Rost gehört die mutterlose Aloy zur Gruppe der Ausgestoßenen, hat also nicht die Erlaubnis, am gemeinschaftlichen Leben ihres Stammes teilzunehmen. Doch die agile Bogenschützin gibt – allen Anfeindungen und Hänselein zum Trotz – nicht auf und findet eines Tages heraus, dass sie durch die Teilnahme an der sogenannten „Erprobung“ sehr wohl die Chance hat, wieder in den Stamm der Nara integriert zu werden.

Als der große Tag – nach jahrelangem Training – dann endlich gekommen ist, passiert etwas Unerwartetes, das Aloys Schicksal in eine ganz neue Richtung lenkt und euch mit unzähligen Fragen konfrontiert. Woher genau kommen die Maschinen? Wer oder was hat sie erschaffen? Was führt dazu, dass sie sich in letzter Zeit immer aggressiver verhalten? Wieso machen sogar einige Menschen Jagd auf Aloy? Und ganz wichtig: Wer waren eigentlich ihre Eltern und warum haben sie Aloy  im Stich gelassen?

Packend erzählt

All das mündet in einer knapp 30-stündigen Open-World-Odyssee, deren Plot nicht nur unglaublich neugierig macht, sondern immer wieder mit spannenden Wendungen überrascht, die man so streckenweise nicht erwartet hätte. Um die Geschichte voll auszukosten, empfehlen wir euch dennoch dringend, die überall auffindbaren Sprachnotizen anzuhören und auch mal einen ausführlichen Blick auf die sogenannten „Panoramen“ zu werfen – holographische Projektionen, die die eigentliche Spielgrafik mit Bildern aus der Zeit vor der Apokalypse überlagern und auf diese Weise einen kleinen Blick in der Welt der Vergangenheit ermöglichen.

Nebst den eben skizzierten Informationshappen und sehr aufwändig choreografischen Zwischensequenzen treiben darüber hinaus zahlreiche gut geschriebene Multi-Choice-Dialoge die Handlung voran. Die deutsche Sprachausgabe zeigt zwar immer wieder Schwächen bei der Lippensynchronität, weiß sonst aber zu überzeugen. Insbesondere die Synchronsprecher von Aloy, Rost, Teersa und anderen wichtigen Hauptfiguren sind mit viel Herzblut bei der Sache. Prima: Der englische Originalton ist ebenfalls Teil des Pakets und kann jederzeit im Spielmenü ausgewählt werden – wahlweise auch mit deutschen Untertiteln.

Horizon Zero Dawn

Überwältigend vielfältiger Blechbüchsen-Zoo

„Horizon: Zero Dawn“ hat viele Stärken. Die wichtigste ist zweifelsohne die Konfrontation und Interaktion mit den zahlreichen Maschinenwesen. Insgesamt 25 verschiedene Spezies laufen euch im Spielverlauf über den Weg und jede davon weist ganz unterschiedliche Verhaltensweisen auf. Graser und Breitköpfe zum Beispiel sind eher friedfertige Herdentiere. Will Aloy ihnen ans mechanische Leder, ergreifen sie in der Regel zunächst einmal die Flucht in andere Bereiche der Spielwelt. Ganz anders die klassischen Robo-Raubtiere. Hat Aloy einmal ihre Aufmerksamkeit geweckt, lassen sie so schnell nicht locker und attackieren mit allem was ihre Schöpfer ihnen einprogrammiert haben.

Horizon Zero Dawn - PS4 Sreenshot 10

Das beginnt schon bei den einfachen Wächtern, die euch mit gezielten Sprungattacken zu Fall bringen wollen und grelle Lichtblitze aussenden, wenn sie sich in die Enge gedrängt fühlen. Oder nehmen wir die an Raubkatzen erinnernden Sägezähne. Sie übertreffen Aloys Statur um ein Vielfaches, verfolgen ihre Beute mit kraftvollen Sprüngen und reißen mit ihren riesigen Pranken klaffende Wunden.

Im Spielverlauf steigert Guerilla Games die Größe und Gefährlichkeit der Bestien dann kontinuierlich. Wir wollen nicht zu viel verraten, aber freut euch auf T-Rex-ähnliche „Donnermäuler“, Skorpion-inspirierte „Verderber“, Greifvogel-artige „Stormbirds“ oder katzenhafte „Stalker“ mit der Fähigkeit sich unsichtbar zu machen. Toll: In vielen Kämpfen sind eure Widersacher sogar in der Lage, Teile der Umgebung niederzureißen, was den ohnehin packenden Kämpfen weitere Adrenalinkicks beschert. Umgekehrt kann aber auch Aloy die Umgebung zu ihrem Vorteil nutzen – etwa, indem sie gezielt Holzstapelfallen auslöst.

Horizon Zero Dawn

Gut gescannt ist halb gewonnen

Aloys wichtigstes Hilfsmittel im Kampf gegen die Bestien ist der Fokus – ein dreieckiges Gerät aus der sagenumwobenen Metallwelt, das Aloy kurz nach Spielbeginn findet und fortan wie ein Bluetooth-Headset an Ohr trägt. Mit seiner Hilfe könnt ihr Gegner nicht nur auf dem HUD markieren, sondern auch auf Schwachstellen scannen und euch dann einen entsprechenden Schlachtplan zurechtlegen. Die Treibstoffcontainer eines Grasers etwa sind besonders anfällig gegen Feuerpfeile. Richtig platziert, reicht ein Volltreffer und die Hirsch-ähnliche Kreatur quittiert ihren Dienst mit einer flächendeckenden Explosion, die nicht selten auch andere Blechbüchsen ins Verderben reißt.

Apropos ins Verderben reißen: Einige Zeit nach dem aufwühlenden Einstieg erlernt Aloy die Fähigkeit, Maschinen zu überbrücken, wodurch diese dann unter anderem auf eurer Seite kämpfen, automatisch Artgenossen angreifen oder sich als Reittiere anbieten. Ziemlich praktisch! Genau wie einige der coolen Gagdets, die euch Spieldirektor Mathijs de Jonge und sein über 200-köpfiges Entwicklerteam schon bald an die Hand geben. Wir sagen nur: Seilwerfer und Schleuder.

Horizon Zero Dawn - PS4 Screenshot 13

Schattenkrieger an die Front

Leisetreter profitieren ebenfalls von regelmäßigem Fokus-Einsatz, denn einmal gescannt, könnt ihr umgehend den Patrouillepfad eines Gegners anzeigen – und ihm dann zum Beispiel Schockfallen oder andere Nettigkeiten in den Weg legen. Alternativ einfach im hohen Gras nahe der vorgegebenen Route warten, den Widersacher mit einem Pfiff oder Steinwurf anlocken und ihm dann mit dem Speer den Todesstoß (Stiller Schlag) verpassen – eine schon sehr früh im Spielverlauf erlernbare Fähigkeit, die in der Tat sehr effizient funktioniert.

Horizon Zero Dawn - PS4 Screenshot 08

Überhaupt ist „Horizon: Zero Dawn“ auf dem normalen Schwierigkeitsgrad eine ausgewogene, allerdings zu keiner Zeit schweißtreibende Herausforderung. Genre-Einsteiger mag das freuen, Profis hingegen sei – auch um die packenden Bosskämpfe voll auszukosten – der direkte Start auf dem nächsthöheren der insgesamt vier Schwierigkeitsgrade angeraten. Nicht zuletzt weil Aloy ohnehin unbegrenzt lange sprinten kann und in praktisch jeder Lebenslage auf Knopfdruck Munition für ihr recht abwechslungsreiches Arsenal craftet – nicht sonderlich realistisch, dem Gameplay-Flow aber durchaus zuträglich.

Erwähnen möchten wir an dieser Stelle darüber hinaus die sehr vielseitig konfigurierbaren Bildschirmanzeigen. Angefangen bei Kompass und Erfahrungspunkte-Anzeige über Zielmarker und Questlogs bis hin zu Inventarprotokoll und Konzentrationsindikator lassen sich alle 15 Elemente des HUDs nach beliebten ein- und ausschalten bzw. auf den Anzeigemodus „dynamisch“ umschalten. Etwas, das wir uns fortan für jeden Open-World-Spiel wünschen!

Horizon Zero Dawn - PS4 Screenshot 12

Grafischer Leckerbissen

Optisch präsentiert sich „Horizon: Zero Dawn“ als ein echter Augenöffner. Filigran modellierte Grasbüschel wiegen sich im Wind, sprudelnde Wildbäche reißen erlegte Wildtiere physikalische korrekt mit sich, das grelle Licht des Mondes bricht sich majestätisch in den Gipfeln der Baumkronen und wenn dann auch noch eine Gruppe Feuer-Brüllrücken perfekt animiert vorbeimarschiert, dauert es meist nicht lange, bis man die imposante Szenerie mal wieder pausiert und das Gebotene mit dem integrierten Foto-Modus für die Nachwelt als Screenshot verewigt.

Das gilt vor allem auf PlayStation 4 Pro, wo Guerillas hauseigene, seit „Killzone: Shadow Fall“ massiv weiterentwickelte Decima-Engine ihre Leistungsfähigkeit auch in 4K (2160p-Schachbrett-Auflösung) voll entfalten kann. Wer mag schaltet alternativ in den „Leistung bevorzugen“-Modus und profitiert von einer noch flüssigeren Bildrate und verbesserten Grafikeigenschaften. Aber auch der Standard-PS4 kann sich „Horizon: Zero Dawn“ – einige kaum spürbare Framedrops mal außen vor  – mehr als sehen lassen.

Horizon Zero Dawn - PS4 Screenshot 03

Was wir schlecht finden

Die künstliche Intelligenz menschlicher Gegner lässt insgesamt leider zu wünschen übrig. Besonders auffällig wird dieses Problem bei der Erstürmung der zahlreichen Banditenlager. Hier wimmelt es zwar von Feinden, die jedoch sind in der Regel kaum in der Lage, Aloy effektiv zur Strecke zu bringen. Statt die Heldin zum Beispiel zu flankieren oder gemeinsam in kleinen Trupps zu jagen, verlieren sie bei fehlendem Sichtkontakt schnell das Interesse und ziehen sich an ihre ursprünglichen Positionen zurück. Aloy im Gegenzug kann sie dann wieder ganz problemlos aus der Distanz mit Pfeilen eindecken – vorzugsweise bei zugeschaltetem Slow-Motion-Modus, der kritische Kopftreffer spürbar erleichtert.

Weitere Ungereimtheiten betreffen die recht langen Ladezeiten bei Verwendung eines Schnellreisepunkts (teils bis zu 35 Sekunden) und die Tatsache, dass einige Talente im Fähigkeitenbaum „Sammler“ durch ein Überangebot an Ressourcen innerhalb der Umgebung etwas entwertet werden. Schade zudem, dass Aloy nicht richtig tauchen kann (sie bleibt nur knapp unter der Wasseroberfläche),  das Klettern kaum herausfordert und sich die unterschiedlichen Fraktionen auf Gameplay-Ebene nicht gegenseitig beeinflussen. Für einen möglichen zweiten Teil würde wir uns außerdem über ein Bestiarium mit frei drehbaren 3D-Modellen freuen.

Horizon Zero Dawn - PS4 Screenshot 05

Wachsfigurenkabinet?

Keine Frage, „Horizon: Zero Dawn“ sieht toll aus. Erbsenzähler werden dennoch kleinere Ungereimtheiten bemerken. Geht Aloys beispielsweise eine Runde schwimmen, saugt ihr Kleidung – anders als die von Vorzeige-Held Nathan Drake – keinerlei Nässe auf. Abnutzungen nach minutenlangen Kämpfen sind an ihren Outfits ebenfalls nicht vorgesehen. Beides ist allerdings Meckern auf sehr hohem Niveau. Deutlich störender sind die teils puppenhaft wirkenden Gesichter. In einigen Dialogen wirkt es fast so, als hätte man es mit toll modellierten, aber eben Wachsfigur-ähnlichen Persönlichkeiten zu tun. Hinzu kommen die etwas abrupten Tageszeitwechsel. Hier hätten wir uns noch etwas länger andauernde Übergänge gewünscht.

9.0

Wertung und Fazit

PRO
  • grandiose Grafik
  • beeindruckende Maschinenwesen
  • liebenswerte Heldin
  • spannend erzählte Geschichte
  • guter Umfang
  • abwechslungsreiche Kämpfe
CONTRA
  • KI mit Schwächen
  • Fertigkeitenbaum könnte komplexer…
  • … und Klettern befriedigender sein
  • lange Ladezeiten bei Schnellreise
  • Gesichter erinnern teils an Wachsfiguren

Packend und wunderschön: Horizon Zero Dawn im Test!

Zugegeben, „Horizon: Zero Dawn“ erfindet das Open-World-Rad zu keiner Zeit neu und kopiert eifrig bei der Konkurrenz. Die Fokus-Sicht zum Beispiel erinnert stark an den Hexersinn aus „The Wichter 3: Wild Hunt“, das Bogen-lastige Kampfsystem hat viel von „Tomb Raider“ und Crafting sowie Menüdesign zeigen eindeutige Anleihen bei „Far Cry Primal“. Doch sei’s drum, denn die Art und Weise wie hier unterschiedliche Ideen zu einem großen Ganzen verschmelzen, ist beeindruckend. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Guerilla Games mit „Horizon: Zero Dawn“ ihr allererstes Open-World-Spiel abliefern. Sei es nun die äußerst sympathische Heldin Aloy, die traumhafte schöne, postapokalyptische Welt mit all ihren fabelhaften Maschinenwesen, die dynamischen Kämpfe, der große Umfang, die mit überraschenden Wendungen gespickte Geschichte oder die zahlreichen, oft überaus unterhaltsamen Haupt- und Nebenmissionen - sehr viele Zahnräder greifen hier auf sehr harmonische Art und Weise ineinander. Die Betonung liegt dabei bewusst auf "sehr viele", denn Raum für Verbesserungen (etwa für einen möglichen zweiten Teil oder DLC-Inhalte) bleibt weiterhin - insbesondere im Hinblick auf die etwas unausgewogenen Talentbäume, die teils schwachbrünstige Feind-KI und die streckenweise puppenhafte Gesichtsdarstellung. Davon abgesehen aber eine echte Open-World-Überraschung, die ich jedem mit einem Faible für dieses Genre nur wärmstens ans Herz legen kann. Gleichzeitig hoffe ich inständig, das wir in den nächsten Jahren noch weitere Teile aus diesem beeindruckenden Universum bereisen dürfen.

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