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TEST: AMY

play3 Review: TEST: AMY

5.0

Bereits seit Monaten wird das Grusel-Adventure „AMY“ (Vorschau) als potenzielle PSN-Perle angepriesen. Kein Wunder, schließlich arbeitet Entwickler-Legende Paul Cuisset – der Schöpfer von „Flashback“ – an dem Projekt mit. Dass zwischen Anspruch und tatsächlichem Ergebnis aber leider ein großer Unterschied besteht, mussten wir leider im Test von „AMY“ feststellen. Hier gruselte es uns gewaltig, aber nicht immer nur wegen der Zombies!

Was wir cool finden

Atmosphäre mit Aussetzern
Die Geschichte hinter „AMY“ reicht aus, um uns anfangs in das Spiel hinein zu ziehen. Wir befinden uns im Jahr 2034 in einem Zug auf dem Weg nach Silver City. Plötzlich schlägt ein Meteor in der Nähe der Stadt ein, die Eisenbahn entgleist und wenig später haben sich die Menschen bis auf Lana und Amy in aggressive Zombies verwandelt. Was genau passiert ist, erfahren wir erst im Verlauf. Und auch die Hintergrund der kleinen Amy und ihrer übersinnlichen Fähigkeiten werden ebenfalls nur langsam aufgedeckt.

Die Atmosphäre von „AMY“ gefällt uns gut. Die Levels sind herrlich finster … auf manchem Fernseher schon fast zu dunkel, um den richtigen Weg zu finden. Das Kampfsystem ist bestimmt durch die Schwäche von Spielfigur Lana. Sie verträgt nur wenige Treffer und somit ist jede körperliche Auseinandersetzung eine wirkliche Bewährungsprobe. Obwohl Lexis Numérique über weite Strecken auf subtilen Grusel setzt, bleiben plumpe Schockeffekte nicht aus. Ständig fällt irgend etwas runter, zischt oder knackt und lässt die nervenschwache Lana laut aufschreien. Uns kratzen diese müden Effekte allerdings nicht im Geringsten.

Die Dunkelheit der Levels sind der Atmosphäre tatsächlich zuträglich, denn sie kaschieren ein wenig die technischen Schwierigkeiten, die „AMY“ vielerorts hat. Die Umgebungstexturen sind eintönig und matschig, auch die Animationen wie etwa beim Heruntersteigen von Treppen wiederholen sich oft und sind alles andere als spannend. Die Charaktere sind dabei zwar nett gezeichnet, wirken aber hüftsteif – gerade während der Kämpfe.

Uns nervte zudem die etwas wackelige Framerate. Immer wieder musste das Spiel nachladen, was zu kleineren Rucklern führte. Das sollte bei einem technisch eher durchschnittlichen PSN-Spiel wie „AMY“ eigentlich nicht passieren.

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Zwei Frauen, ein Leben
Lana und Amy sind ihren Gegner – Zombies und Soldaten – nahezu hilflos ausgeliefert. Lana kann sich nur mit einem Stock erwehren oder eben auf hohen Hacken an ihren Widersachern vorbei schleichen. Trotzdem sind es die an „ICO“ erinnernden Koop-Elemente, die „AMY“ einzigartig machen. Nimmt Lana ihren Schützling an die Hand, wird sie von Amys Psi-Fähigkeiten geheilt. Andererseits kann das kleine Medium dann auch nicht den Raum untersuchen. An vielen Stellen schickt ihr Amy zudem in für Lana unzugängliche Räume und lasst sie dort Schalter drücken oder Gegenstände aufheben. Obwohl sich diese Passagen ständig wiederholen, motivieren sie gerade in der Anfangsphase zum Weiterspielen.

Was wir weniger cool finden

Immer wieder und wieder und wieder
„AMY“ leistet sich einige schwere Gameplay-Macken, die dem Spielspaß gewaltig schaden. Die Grundidee eines voneinander abhängigen Protagonistenduos gefällt uns gut, allerdings bringt das schwache und repetitive Leveldesign das fragile Spielkonstrukt immer wieder ins Wanken. Einige Elemente wiederholen sich stark und wirken dadurch einfach nur noch aufgesetzt. So schicken wir Amy ständig in einen leeren Raum und lassen sie dort Schalter drücken oder Gegenstände aufheben. Dabei sind die Lüftungsschächte groß genug, dass auch Lana hindurch krauchen könnte.

Der Einsatz von Amys speziellen Fähigkeiten bringt zwar ein wenig Varianz in den Spielablauf, allerdings stört uns die frustrierende Trial & Error-Mechanik bei den Rätseln. Bevor ihr einen Raum betreten, wissen wir meist nicht, was uns erwartet. In einem kurzen Kameraschwenk sehen wir die Grundstruktur des Levels, sowie potenzielle Gegner. In kaum einem Videospiel lösen wir derartige Aufgaben beim ersten Mal. Hier heißt es: Ausprobieren und grübeln. Wenn die erste Idee nicht funktioniert hat, dann vielleicht die zweite oder dritte.

Das Problem bei „AMY“ ist sein schlechtes Speichersystem. Immer wieder müssen wie 15- oder 20-minütige Abschnitte neu starten und von vorne aufrollen. Das kostet gerade in späteren Abschnitten unglaublich viel Nerven. Denn nicht nur, dass die Speicherfunktion aus dem Jahr 1999 stammt, auch die Steuerung stellt uns immer wieder vor Herausforderungen, die uns beinahe den Controller in den Fernseher hätten werfen lassen.

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Arbeitsverweigerung
Wir haben ja schon einige störrische Videospiele erlebt, aber „AMY“ gehört sicherlich in die Top Ten der unkontrollierbarsten Games der letzten fünf Jahre. Die gute Lana bewegt sich in etwa so agil wie ein angeschossenes Rhinozeros. Während die Kampfsequenzen mit nur zwei Funktionen für Ausweichen und Zuschlagen noch sehr simpel gehalten wurden, stellt das Verwenden oder Aufheben von Gegenständen ein wahre Geduldsprobe dar. Stellenweise müssen wir wirklich pixelgenau über den Objekten stehen, um sie auch aufheben zu können.

Das Benutzen von Amys Kräften unter Zeitdruck artet oftmals in pure Hektik aus, da sich das Programm immer wieder stoisch weigert, unsere Befehle entgegen zu nehmen. Selbst das einfache Laufen durch Gänge wirkt aufgrund der ruckeligen und wild schwankenden Kamera wie das Bewältigen eines Hindernisparcours. Wäre das insgesamt recht eindimensionale Gameplay nicht schon schlimm genug, verstärkt die hakelige und stellenweise unhandliche Steuerung den Frust noch.

System: PlayStation 3
Vertrieb: Lexis Numérique
Entwickler: Vectorcell
Releasedatum: erhältlich als Download im PSN-Store
USK: ab 16 Jahre
Offizielle Homepage:http://www.amy-thegame.com/

5.0

Wertung und Fazit

TEST: AMY

Es ist doch wirklich zum Heulen! „AMY“ hatte unglaubliches Potenzial. Das Horror-Adventure hätte so eine geniale Spielerfahrung werden können. Denn die Zutaten sind alles andere als schlecht: Die Story ist mysteriös und gerade das Erforschen von Amys Vergangenheit und den außergewöhnlichen Fähigkeiten bietet viel Spielraum für kreative Ideen. Auch die Koop-Funktionen wie etwa das Heilen beim an die Hand nehmen gefallen uns richtig gut, da so eine emotionale Bindung zu der kleinen Heldin entsteht. Doch blöderweise verlieren sich all diese genialen Momente in einem Sumpf aus Designfehlern und Frust. Die Steuerung ist ein einziger Krampf und sorgte bei uns immer wieder für Wutausbrüche vor der Konsole. Hinzu kommt ein Leveldesign, dass nicht nur von seinem insgesamt zu uninspirierten Rätseln, sondern auch von einem miserablen Speichersystem geprägt wird. Einen echten Spielfluss gibt es hier nicht, stattdessen arbeiten wir uns eigentlich nur von einem kleinen Ärgernis zum nächst größeren vor. Daher können wir „AMY“ leider keine bessere Wertung oder gar eine Kaufempfehlung aussprechen. Horrorfans mit einer hohen Schmerz- und Frustgrenze können einen vorsichtigen Blick riskieren. Denn mit 9,99 Euro bei rund zehn bis zwölf Stunden Spielzeit gehört „AMY“ zumindest in Sachen Spielumfang zu den größeren Fischen im PSN-Teich.