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TEST: Kingdom of Amalur – Reckoning (inkl. hausgemachtem Gameplay-Video)

play3 Review: TEST: Kingdom of Amalur – Reckoning (inkl. hausgemachtem Gameplay-Video)

8.0

Die ersten Monate des Jahres lassen sich für Rollenspieler gut an: „Final Fantasy X-III 2“ ist kürzlich erschienen. „Mass Effect 3“ kommt im März. Und mit „Kingdom of Amalur: Reckoning“ taucht ein Action-RPG auf, das bereits vorab einiges an Lob und Vorschusslorbeeren erhalten hat. Können sich Big Huge Games mit ihrer neuen Marke etablieren? Oder scheitern sie bereits beim ersten Versuch?

Was wir cool finden

Die Welt liegt uns zu Füßen
Die ganze Welt folgt einem vorgegebenen Schicksal. Nur ihr seid frei. Als wiedergeborener Auserwählter müsst ihr Amalur vor einer nahenden Bedrohung retten. Die Geschichte hinter „Reckoning“ stammt von Bestseller-Autor R.A. Salvatore und beginnt eher langsam. Daher ist der Einstieg in das Spiel auch ein wenig zäh, doch glücklicherweise wird das Thema des schicksalslosen und damit alles verändernden Helden sinnvoll und spannend weitergeführt.

Die Spielwelt erinnert optisch leicht an „World of Warcraft“ und gibt sich abwechslungsreich, ohne die Fantasy-Grenzen neu zu definieren. Wir schlagen uns durch finstere Dungeons, marschieren durch Sümpfe, Wälder oder Canyons. Das alles kennen wir und mögen wir. Gelegentlich stören uns allerdings einige Textur-Pop-Ups, sowie Ruckeleinlagen bei Schlachten.

Insgesamt aber läuft „Reckoning“ flüssig und bietet mit seiner Mischung aus „World of Warcraft“ trifft „Fable“ eine solide Mischung für die Augen. Es ist sicherlich nicht das schönste Spiel aller Zeit, aber die Welt ist in sich stimmig. Lediglich die Charaktere wirken gerade während der Dialoge ausgesprochen emotionslos, da sie eigentlich über keinerlei Mimik verfügen und nur die Lippen bewegen.

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Hammer, Dolch und Zauber
Bereits seit der ersten Ankündigung von „Kingdom of Amalur: Reckoning“ brüstet sich Chef-Designer und Entwicklerurgestein Ken Rolsten damit, dass sein Rollenspiel das wahrscheinlich beste Kampfsystem im RPG-Sektor hat.

Und er hat damit sogar Recht. „Reckoning“ spielt sich wie ein rassiger Action-Slasher – flott, direkt und fast immer kontrollierbar. Für Primär- und Sekundärwaffe gibt es jeweils einen separaten Button, ebenso für Ausweichen und für die Schildabwehr. Dadurch könnt ihr nahezu problemlos zwischen den unterschiedlichen Aktionen wechseln und müsst nicht etwa in einem separaten Menü die Waffen verändern.

Zaubersprüche führt ihr durch das Halten des R2-Buttons und das Drücken einer der Aktionstasten aus. Das System funktioniert ebenfalls gut, allerdings benötigen die Sprüche teilweise etwas länger, um abgefeuert zu werden. Tränke zieht ihr entweder schnell über das Digitalkreuz oder pausiert das Spiel zum Aufrufen des Gegenstandsrads.

Alles in allem klappt die Steuerung ausgezeichnet, allerdings ist es nicht möglich, die normale Kombo abzubrechen. So führt ihr – sofern ihr nicht super-koordiniert spielt – bei einer größeren Attacke drei Schläge in Folge aus. Egal, ob euer Gegner vielleicht beim zweiten Schlag drauf geht oder zwischendurch ausgewichen ist. Dadurch seid ihr häufig sehr angreifbar für Attacken in den Rücken.

Selbst das spontane Blocken innerhalb der Kombo ist leider nicht möglich. Aber im Großen und Ganzen spielen sich die Kämpfe wirklich toll und fordern selbst geübte Spieler. Jede Kreatur auf Amalur besitzt andere Angriffstechniken und Taktiken, sodass ihr euch immer wieder umstellen müsst. Plumpes drauflos prügeln funktioniert nämlich nur in den seltensten Fälle. Gut so!

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Ein Held mit vielen Talenten
Wie in beinahe jedem Rollenspiel erntet ihr für das Erledigen von Quests und Gegner Erfahrungspunkte, mit denen ihr alsbald im Level aufsteigt. Dabei landet ihr zunächst im Talentmenü. Hier verteilt ihr einen Punkt auf grundlegende Eigenschaften wie Schlösser knacken, Verhandlungsgeschick oder Schleichen. Dieser Baum splittet sich schließlich noch einmal in die Bereiche Novize, Adept und Meister.

Habt ihr eure Wahl getroffen gelangt ihr zu den Fähigkeiten. Diese sind in Zauber, Macht und Finesse unterteilt und repräsentieren somit die traditionellen Klassen des Magiers, des Kriegers und des Schurken. In jedem Diagramm habt ihr 25 aktive und passive Perks zur Auswahl. Das reicht von Spezial-Attacken wie dem Beben im Machtsektor bis hinzu zum Boosts für bestimmte Waffenklassen. So könnt ihr drei Punkte auf diese Fähigkeiten verteilen und habt dabei die Wahl, ob ihr euch stoisch einen Magier oder einen Barbaren baut. Oder ob ihr euch möglicherweise einen schurkischen Krieger mit Hang zur Zauberei bastelt.

Die Möglichkeiten sind umfangreich und dank der übersichtlichen Menüführung auch ausgesprochen handlich. Praktisch: Bei den Schicksalswebern könnt ihr eure Talente und Eigenschaften mit einem Klick und ein wenig Gold wieder rückgängig machen. Gefällt euch also euer Charakter nicht mehr oder wollt ihr eine neue Ausrichtung, müsst ihr nicht ein neues Spiel starten, sondern könnt dies an Ort und Stelle tun.

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Herr seines Schicksals
Das eigene Schicksal spielt in „Reckoning“ ohnehin eine übergeordnete Rolle. Es gibt in der Geschichte thematisch den Ton an und hat ebenfalls Einfluss auf die Entwicklung eures Charakters. Über Spielkarten könnt ihr eurer Figur noch einmal einen zusätzlichen kleinen Boost verpassen und ihr Schicksal bzw. ihre Charakterklasse in ein greifbares Licht rücken. Diese zusätzliche Option gefällt uns klasse, da sie die Geschichte aufgreift und im Gameplay logisch integriert.

Auch im Kampfsystem spielt das Schicksal eine nicht unerhebliche Rolle: Über Kills füllt ihr nämlich einen violetten Balken auf und könnt durch das Halten von R1 und L1 den Schicksalsmodus aktivieren. Ihr versetzt dann das Spiel in Zeitlupe, richtet mehr Schaden an und könnt zum Abschuss einen besonders blutigen Finishing-Move zeigen. Eine sehr coole Funktion, die uns gerade in Bosskämpfe immer wieder den Allerwertesten gerettet hat.

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Guter Umfang
Mit der Hauptgeschichte von „Kingdom of Amalur: Reckoning“ seid ihr – je nach Spielweise – rund 25 Stunden beschäftigt. Allerdings werden die meisten ja nicht stur nach Vorschrift vorgehen, sondern sich auch abseits der Story ein wenig umschauen. Tatsächlich bietet „Reckoning“ weitaus mehr. Das Niveau der Nebenquests ist über den Spielverlauf solide, aber nicht grandios. Dafür gibt es aber noch zusätzliche Dungeons, die ihr nach Schätzen und Items durchforsten könnt.

„Kingdom of Amalur“ ist sehr großzügig, was Belohnungen angeht: So könnt ihr auch nach versteckten Extras Ausschau halten und diese mit dem Talent „Sinnesschärfe“ erspähen. Auch Gemmen – also Kristalle – und Kräuter sammelt ihr ein und verarbeitet sie. Sogar das Erstellen eigener Waffen mit speziellen Gemmen ist möglich. Sammler freuen sich dagegen über Unique Items und ganze Sets, die euch nochmal einen zusätzlichen Boost verschaffen. Wer „Amalur“ wirklich abgrasen möchte, ist damit sicherlich 50 oder 100 Stunden beschäftigt. Vielleicht sogar noch mehr!

Was wir weniger cool finden

Bitte reden sie englisch!
Das Artdesgin hinter „Reckoning“ wirkt trotz einiger Kleinigkeiten in sich stimmig. Aber unsere Ohren haben leider schon Besseres vernommen. Die deutsche Sprachausgabe ist zwar dank vieler unterschiedlicher Sprecher abwechslungsreich, aber wirkt zuweilen seltsam abgemischt. Zudem wiederholen sich NPCs und Begleiter sehr häufig, was auf Dauer ins Gewicht fällt. Die ebenfalls auf der Blu-Ray enthaltene englische Sprachausgabe gefällt uns dagegen deutlich besser.

Die Soundeffekte selbst sind ein wenig dünn und hätten mehr Tiefe verdient gehabt. Und auch das klassische Thema untermalt „Reckoning“ eher seicht wie Fahrstuhlmusik, als dass es uns Lust auf Meucheln und Brandschatzen macht.

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Und er läuft und läuft
Spieler sind verwöhnt und mögen Komfortfunktionen. Insgesamt hat „Kingdom of Amalur: Reckoning“ seine Hausaufgaben mit einem Plunder-Beutel im Inventar und allerlei anderen Helferlein auch gemacht. Allerdings vermissen wir die so genannten Mounts. Als Reittiere zum Bewältigen langer Strecken. Wir kundschaften gerne Fantasy-Welten aus, aber wir möchten nicht minutenlang von einem Ort zum anderen rennen. Gut, wir können uns die Zeit mit Kräutern pflücken oder Schätze suchen vertreiben. Aber wir hätten wenigstens gerne die Möglichkeit gehabt, Mounts zu kaufen oder eine Kutsche zu nehmen.

Die in „Reckoning“ integrierte Quick-Travel-Funktion setzt nämlich voraus, dass wir die Orte zunächst ein Mal besucht haben, ehe wir sie anreisen können. Und selbst dann wirken die Reisen mit einem simplen Klick und dem folgenden Ladebildschirm doch eher lieblos. Da wäre uns ein Kutschensystem wie in „Skyrim“ doch lieber gewesen. Das passt besser zu Spielwelt und erfüllt den gleichen Zweck.

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Zu wenig Konsequenzen
Gerade Rollenspiele leben von einer in sich schlüssigen und logisch aufgebauten Welt. In dieser Beziehung müssen wir bei „Reckoning“ einige Abstriche machen. Unsere Taten – obwohl wir ja den Retter und Auserwählten spielen – haben nur wenig direkten Einfluss auf Amalur. Ein Beispiel: Wir retten ein Dorf Canneroc vor der Auslöschung durch die Witwe und ihre Spinnenarmee. Zwar lauschen wir nach der Mission wieder der Musik in der zuvor leeren und verstummten Taverne. Aber die NPCs begrüßen uns vielerorts noch als Fremder.

In Dialogen haben wir dagegen mehrere Auswahlmöglichkeiten. So dürfen wir mal nett und mal betont frech und respektlos oder gar böse daher plaudern. Aber langfristige Konsequenzen hat das eigentlich nicht. Selbst nach Missetaten wie einem spontanen Mord oder Diebstahl kommen wir im schlimmsten Fall in den Knast und bezahlen diese mit EXP. Ein echtes Rufsystem hätte hier wohl natürlicher gewirkt.

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Geh doch mal weg!
„Kingdom of Amalur: Reckoning“ ist zwar ein Open-World-Rollenspiel, dabei aber doch linearer als etwa sein großer Bruder „Skyrim“. Die Hauptgeschichte scheucht euch stringent von einer Grafschaft in die nächste und auch die Nebenquests erweisen sich als geradlinig. Das wäre ja noch nicht mal schlimm, wenn nicht einige Aufträge derart uninspiriert wirken würden. Da müssen wir etwa Seelensteine finden und immer wieder gegen Gegnerwellen antreten. Natürlich werden wir für unseren Einsatz mit EXP und Goodies belohnt, aber zuweilen hätten wir uns dann doch mehr Originalität gewünscht.

System: Playstation 3
Vertrieb: Electronic Arts
Entwickler: Big Huge Games
Releasedatum: 09. Februar 2012
USK: ab 18 Jahre
Offizielle Homepage: http://reckoning.amalur.com/

8.0

Wertung und Fazit

TEST: Kingdom of Amalur – Reckoning (inkl. hausgemachtem Gameplay-Video)

„Kingdom of Amalur: Reckoning“ ist ein Rollenspiel mit Ecken und Kanten. Vieles gefällt, aber einiges leider auch nicht. Gerade die fehlende Konstanz, mit der teilweise die Spielwelt umgesetzt wurde, stört. Viele unserer Taten haben einfach zu wenig Einfluss und insgesamt wirkt Amalur ein wenig leer. Das raubt viel Atmosphäre. Weiterhin gibt es durch die langen Wege zu viel Leerlauf, welcher durch die teils müden Sidequests noch verstärkt wird. Doch sieht man einmal von den Schwachstellen ab, ist Big Huge Game mit „Kingdom of Amalur: Reckoning“ wirklich Beachtliches gelungen. Gerade das Kampf- und das Talentsystem sind bis auf Kleinigkeiten absolut tadellos und toll spielbar. In keinem Rollenspiel kommen die Schlachten so gut spielbar daher. Und selten waren RPG-Elemente derart frei und doch nachvollziehbar wie in „Reckoning“. Auch wenn es nicht für die absolute Top-Wertung gereicht hat, so verdient sich das Rollenspiel von unserer Seite eine Kaufempfehlung. Gerade wer auf eine tolle Mischung aus Kämpfen und freischaltbaren Fähigkeiten steht, der wird hier lange seine Freude dran haben.

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Kommentare

Twisted M_fan

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07. Februar 2012 um 14:30 Uhr
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07. Februar 2012 um 14:35 Uhr
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