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TEST: Rainbow Moon - Ein Paradies für Retro-Fans?

play3 Review: TEST: Rainbow Moon – Ein Paradies für Retro-Fans?

7.5

Während sich der Sommer hinsichtlich der Witterung noch nicht so ganz entscheiden kann, ob der denn nun bleiben soll oder doch lieber wieder verschwinden möchte, hat uns das alljährliche Sommerloch bereits fest im Griff. Neue Blockbuster? Pustekuchen. Eine Jahr für Jahr ärgerliche Begebenheit, die die Jungs der SideQuest Studios in diesen Tagen mit „Rainbow Moon“ (Gewinnspiel) aushebeln möchten.

Ein Strategie-Rollenspiel, das für günstige 12,99 Euro heruntergeladen werden kann, mehr als 100 Stunden Spielzeit bietet und sich gleichzeitig als eine Hommage an die seligen 16bit-Tage versteht? Ob die Entwickler hier zu viel versprochen haben, entnehmt ihr den folgenden Zeilen.

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Was wir cool finden

Content, wohin das Auge reicht:
In den Wochen und Monaten vor dem Release versicherte man uns immer wieder, dass man uns mit „Rainbow Moon“ ein Strategie-Rollenspiel kredenzen wird, dessen Kampagne ohne weiteres mit 40 Stunden und mehr zu Buche schlagen kann. Nimmt man sich die diversen Sidequests vor und geht sämtlichen Geheimnissen des Titels auf den Grund, soll sich die Spielzeit auf mehr als 100 Stunden belaufen. Und siehe da: Man hat hier keineswegs übertrieben. Selbst mit dem Vorsatz, gezielt an „Rainbow Moon“ heranzugehen und sich erst einmal nicht um die diversen Nebenaufgaben zu kümmern, im Hinterkopf lässt man sich nur zu gerne von den zahlreichen Quests abseits der Handlung ablenken.

Diese stellen euch in neun von zehn Fällen zwar lediglich vor die Aufgabe, entweder einen bestimmten Gegenstand zu beschaffen oder eine vorgegebene Anzahl an Monstern zu vertrimmen, da hin und wieder jedoch eine besonders wertvolle Belohnung wartet, solltet ihr euch stets die Zeit nehmen und den Bewohnern der Spielwelt euer Ohr leihen. Und dann warten da auch noch die zahlreichen Bonusgegenstände, die überall in der Spielwelt verstreut sind, es wollen entsprechende Materialien für das Aufwerten der eigenen Waffen gefunden werden, ein bis zwei Level-Ups könnte man ja auch noch mitnehmen, während man einen eben entdeckten Dungeon erforscht, und ehe man sich versieht, sind wieder zwei bis drei Stunden ins Land gegangen, die man eigentlich anders investieren wollte.

Habt ihr euch einmal an „Rainbow Moon“ festgebissen, dann werdet ihr den Controller so schnell nicht wieder zur Seite legen.

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Ein Paradies für Taktikfüchse:
Zu den größten Stärken von „Rainbow Moon“ gehört sicherlich das ungemein taktische Kampfsystem, das euch die Möglichkeit bietet, eure Züge beziehungsweise euer weiteres Vorgehen akribisch im Voraus zu planen. Abwechselnd bewegen sich eure Recken und deren Widersacher über die Karte, führen Angriffe aus und versuchen so, den Sieg davonzutragen. Wie es sich für ein Taktik-Rollenspiel der alten Schule gehört, punktet „Rainbow Moon“ hier vor allem durch die Tatsache, dass man euch langsam an das Geschehen heranführt und euch nach und nach mit den zahlreichen Möglichkeiten des zugrunde liegenden Kampfsystems vertraut macht.

Während ihr Stunde um Stunde mit dem Abenteuer verbringt, schaltet ihr regelmäßig neue Charaktere frei, die zwar fest an eine bestimmte Job-Klasse wie den Bogenschützen oder den Ritter gekoppelt sind, das Geschehen an sich jedoch durch weitere Skills und Fähigkeiten bereichern. Von den erweiterten taktischen Möglichkeiten, die ein komplett neuer Recke mit sich bringt, einmal ganz zu schweigen. Zum größten Zeitfresser avanciert hier die Tatsache, dass ihr eure Streiter fast nach eigenem Gusto entwickeln könnt. Zwar ist die grundlegende Job-Klasse wie bereits angesprochen fest vorgegeben, abseits dessen habt ihr aber vollkommen frei Hand. So sammelt ihr mit erfolgreich bestrittenen Scharmützeln so genannte Regenbogenperlen, die ihr in Werte wie die Stärke, die Verteidigung oder die maximalen Lebenspunkte investieren könnt.

Setzt man beispielsweise auf einen Ritter mit einer kräftigen Verteidigung beziehungsweise einem wuchtigen Angriff und nimmt Defizite bei der Geschwindigkeit in Kauf? Oder vernachlässigt man eines dieser Attribute zugunsten einer höheren Geschwindigkeit, die einem vor allem gegenüber behäbigen Widersachern einen taktischen Vorteil verschafft? Die Wahl liegt ganz bei euch.

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Der Charme der Neunziger ist zurück:
Optisch wie akustisch setzt „Rainbow Moon“ auf die gleiche Aufmachung, die bereits zahlreiche Klassiker der SNES- und Mega Drive-Ära berühmt machte und dafür sorgte, dass man diese auch heute noch ohne Probleme genießen kann – technische Standards hin oder her. Hier trifft eine charmant und farbenfroh gestaltete Welt, in der ihr die Liebe zum Detail an allen Ecken und Enden fast schon greifen könnt, auf ein abwechslungsreiches Charakter- und Gegner-Design. Ihr streift durch saftig grüne Wälder, erforscht düstere Höhlen und beklemmende Dungeons oder zieht euren Widersachern an atmosphärischen Ständen das virtuelle Fell über die Ohren. Auch bei euren Gegnern wird Abwechslung groß geschrieben.

Egal ob aggressive Wespen, kleine fliegende Dämonen, Skelette oder ganz klassische Banditen, optische Langeweile kommt in den Scharmützel niemals auf. Zumal auch ein flüssiger Tag- und Nachtwechsel mit von der Partie ist, der nicht nur für optische Abwechslung sorgt, sondern überdies andere Monster und weitere Geheimnisse, auf die wir an dieser Stelle nicht näher eingehen wollen, mit sich bringt. Abgerundet wird das Retro-Erlebnis vom malerischen Soundtrack, der selbst damaligen Klassikern wie „Final Fantasy IV“ oder „Chrono Trigger“ gut zu Gesicht gestanden hätte.

Neben diversen verträumten und ruhigen Melodien, die Retro-Zockern definitiv ein Lächeln ins Gesicht zaubern werden, wartet hier das eine oder Stück, dem wir ohne zu zögern den Stempel „Ohrwurm-Gefahr“ aufdrücken können.

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Was wir weniger cool finden

Eine Geschichte? Lass das mal den Praktikanten machen:

Nennt mich ruhig unflexibel oder verwöhnt, aber für mich gehört zu einem Rollenspiel immer eine ansprechend präsentierte Geschichte. Diese muss nicht einmal die epischen Ausmaße eines „Final Fantasy VII“ annehmen, aber ist es wirklich zu viel verlangt, ein bisschen was über die Spielwelt, die Hauptcharakere und ihre Beweggründe in Erfahrung bringen zu wollen? In „Rainbow Moon“ verzichtete man quasi komplett auf eine Rahmenhandlung. Ihr schlüpft in die Rolle des unfreiwilligen Helden Baldren, der von seinem ärgsten Feind verflucht und in die namensgebende Welt „Rainbow Moon“ verfrachtet wird.

Dabei wurde ein Dimensionstor geöffnet, das zahlreichen Monstern die Möglichkeit bot, sich auf dem einst friedlichen Planeten niederzulassen und die dortigen Bewohner zu terrorisieren. Eure Aufgabe: Beseitigt die Monsterplage und kehrt nach Hause zurück. Das war es. Verschiedene Handlungsstränge? Spannende Wendungen? Fehlanzeige. Dieses Manko hat zur Folge, dass die Identifikation mit den Hauptcharakteren im Prinzip komplett auf der Strecke bleibt. Wie soll mir auch ein Protagonist ans Herz wachsen, der im Endeffekt keine Ecken und Kanten aufweist und bei dem es mir abgesehen von der Optik nicht einmal auffallen würde, wenn man ihn durch einen anderen Charakter ersetzt?

So sehr „Rainbow Moon“durch seinen optischen Abwechslungsreichtum zu gefallen weiß, so sehr enttäuscht es im Bereich der Geschichte und der Charakterzeichnung. Zumal auch die Art und Weise, wie die Handlung vorangetrieben wird, zu wünschen übrig lässt. Schon nach relativ kurzer Spielzeit wird man keinerlei Interesse mehr daran haben, sich durch die trocken präsentierten und meist belanglosen Textboxen zu kämpfen.

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Geduld ist eine Tugend:
Als ein weiteres Problem erweist sich die Tatsache, dass sich „Rainbow Moon“ mitunter etwas störrisch gibt und mit der einen oder anderen Eigenheit aufwartet, an denen vor allem jüngere und ungeduldige Zeitgenossen zu knabbern haben werden. Nicht selten kommt es vor, dass man sich in einem Gebiet übernimmt, einen stärkeren Gegner beziehungsweise einen Boss angreift und fast schon hilflos mitansehen muss, wie die eigene Party in wenig Minuten in Grund und Boden gestampft wird. Momente, in denen fleißiges Aufleveln auf dem Programm steht.

Und genau hier kann „Rainbow Moon“ hin und wieder an der eigenen Motivation knabbern, da das Kampfsystem an sich zwar angenehm taktisch gestaltet wurde und euch bei der Charakterentwicklung nahezu freie Hand lässt, beim Aufleveln und Farmen mitunter aber die nötige Abwechslung vermissen lässt. Ein Manko, das in erster Linie auf die festgelegten Job-Klassen und die eingeschränkte Anzahl an Skills pro Charakter zurückzuführen ist. Vom Abwechslungsreichtum und Suchtfaktor großer Namen wie „Disgaea“ ist „Rainbow Moon“doch ein ganzes Stück entfernt.

Auch wenn man dem Spiel sicherlich zugute halten muss, dass die Motivationskurve wieder strack nach oben zeigt, sobald ein zunächst noch übermächtig wirkender Boss das Zeitliche gesegnet hat.

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Kleine Ecken und Kanten:
Neben den bereits angesprochenen Mankos, hat „Rainbow Moon“ mit weiteren kleinen Macken zu kämpfen, die in dieser Form definitiv vermeidbar gewesen wären. Ein hervorragendes Beispiel für die oft zitierte Phrase „Das Gegenteil von gut ist gut gemeint“ ist die so genannte Food-Leiste. Um das Geschehen durch eine weitere taktische Komponente zu bereichern, stellt man euch vor die Aufgabe, stets für das leibliche Wohl eurer Party zu sorgen. Dummerweise entwickelt sich dieses an für sich interessante Feature vor allem in Momenten, in denen sich Kämpfe über einen längeren Zeitraum erstrecken, zu einem Ärgernis, da die Food-Leiste in diesem Momenten schneller auf ihren Mindestwert sinkt, als euch lieb ist.

Vom wertvollen Platz im begrenzten Inventar, der von den Lebensmitteln blockiert wird, mal ganz zu schweigen. Ein weiteres Element, das immer für einen kleinen Aufreger zwischendurch zu haben war: Die Steuerung beziehungsweise die Tatsache, dass man euch in den Kämpfen nicht die Möglichkeit bietet, einen irrtümlich gewählten Schritt zu revidieren. Da die Steuerung nicht immer flüssig von der Hand geht, kommt es immer wieder mal vor, dass man seinen Charakter in die falsche Richtung bewegt, wieder einen Schritt zurück machen muss und so eine komplette Runde verliert. Vor allem in den anspruchsvollen Bosskämpfen knabbert dieses Manko gerne einmal an eurer Lebensleiste.

Zu guter Letzt stellt sich noch die Frage, warum ein Spiel, das in der rheinhessischen Metropole Mainz entsteht, lediglich englische Bildschirmtexte bietet. Nicht dass die Texte sonderlich schwer zu verstehen wären – ein solides Schulenglisch reicht vollkommen aus.

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System: Playstation 3
Vertrieb: Eastasiasoft
Entwickler: SideQuest Studios
Releasedatum: erhältlich
Offizielle Homepage: http://www.rainbowmoongame.com

7.5

Wertung und Fazit

TEST: Rainbow Moon – Ein Paradies für Retro-Fans?

Unter dem Strich lässt sich sagen, dass es den Jungs der SideQuest Studios mit „Rainbow Moon“ gelang, einen Titel ins Rennen zu schicken, mit dem sich das Sommerloch problemlos überbrücken lässt. Das Kampfsystem gibt sich taktisch und anspruchsvoll, in Sachen Content lässt man selbst 90 Prozent der Retail-Titel im Regen stehen und angesichts der audiovisuellen Aufmachung werden vor allem Retro-Zocker ins Schwärmen geraten. Leider fehlte im Endeffekt die letzte Konsequenz. Warum verzichtete man nahezu komplett auf eine Hintergrundgeschichte? Was haben austauschbare und seelenlose Charaktere in einem Rollenspiel zu suchen? Das sind die Fragen, die sich abschließend stellen. Könnt ihr über diese Mankos hinwegsehen und seid gewillt, mitunter eintönige Grinding-Phasen in Kauf zu nehmen, dürft ihr einen genaueren Blick riskieren. Anhänger des Strategie-Rollenspiel-Genres addieren zur Wertung einen Punkt hinzu und dürfen ohne zu zögern zugreifen.

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Kommentare

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