TEST: Marvel vs. Capcom Origins - Gefangen zwischen Frust und Nostalgie

Mit „Marvel vs. Capcom Origins“ bietet euch der japanische Publisher Capcom die Möglichkeit, gleich zwei legendäre Prügel-Klassiker der Neunziger im Paket für 14,99 Euro aus dem PlayStation Store herunterzuladen. Leider wird schon nach wenigen Stunden deutlich, dass uns unsere Erinnerung gerne einmal einen Streich spielt.

Denn wo sich in unserem Kopf noch selige und ausschließlich positive Eindrücke tummeln, verlieren wir uns in der Gegenwart schnell zwischen nostalgischen Gefühlen und unschönen Frustmomenten. Woran die HD-Versionen der Kult-Titel im Endeffekt scheitern, entnehmt ihr den folgenden Zeilen.

https://www.youtube.com/watch?v=zM8Ga–dcAI

Was wir cool finden

Massig Content für kleines Geld:

Der „Marvel vs. Capcom Origins“ genannte und rund 233 Megabyte schwere Download liefert euch die beiden Prügel-Klassiker „Marvel Super Heroes“ und „Marvel vs. Capcom: Clash of Super Heroes“, die im Jahre 1995 beziehungsweise 1998 dern Weg in die weltweiten Arcade-Spielhallen fanden und im Prinzip ohne große Änderungen auf die PlayStation 3 geschaufelt wurden. Somit werden euch hier die gleichen Charaktere angeboten, wie schon in den Originalen aus den Neunzigern.

Um Solisten dennoch über einen längeren Zeitraum bei Laune halten zu können, integrierten die zuständigen Entwickler von Iron Galaxy ein motivierendes Challenge- und Levelsystem, das schnell an sein Pendant aus Street Fighter III: 3rd Strike“ erinnert. Indem ihr Herausforderungen vom Schlage eines „Vollführe 300 Combos mit mehr als drei Schlägen“ oder „Schließe drei Runden mit einem Perfect ab“ meistert, sammelt ihr Bonuspunkte, die in zahlreiche Bonus-Inhalte investiert werden können. So schaltet ihr hier neue Charaktere, Artworks, Videos und vieles mehr frei.

Wer sämtliche Inhalte sein Eigen nennen will, dürfte eine ganze Weile beschäftigt sein. Hinzukommen abseits des klassischen Arcade-Modus die gewohnt unterhaltsame Mehrspieler-Komponente, die sowohl in einer lokalen als auch einer onlinefähigen Variante zur Verfügung steht. Auf moderne Modi wie „Time Attack“ oder „Survival“ werdet ihr allerdings verzichten müssen.

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Ein Netcode, der seinesgleichen sucht:

Da man nicht immer einen Kumpel zur Hand hat, der sich virtuell seine Nase richten lässt, gehört ein onlinefähiger Mehrspieler-Modus mittlerweile zur Grundausstattung eines jeden Beat’em Ups. „Marvel vs. Capcom Origins“ bildet da natürlich keine Ausnahme und ermöglicht es euch, in beiden enthaltenen Klassiker gegen User aus aller Welt anzutreten. Und nachdem „Marvel vs. Capcom 3“ bereits durch seinen beeindruckenden Netcode bestach, gelang es Capcom, hier noch einmal eine Schippe nachzulegen.

Egal ob ihr gegen Spieler aus dem deutschsprachigen Umland, Europa oder aus Übersee antretet, störende Lags und nervige Verbindungsabbrüche gehören dank dem überragenden Netcode der Vergangenheit an. Vor allem bei innereuropäischen Duellen wird euch regelmäßig das Gefühl vermittelt, dass ihr euch im lokalen Mehrspieler-Modus mit eurem Widersacher messt, da eure Befehle ohne Verzögerung umgesetzt werden. Somit haben sich auch die mitunter reichlich nervigen Ausreden schlechter Verlierer, die ihre Niederlage gerne einmal auf einen vermeintlichen Lag schieben, erübrigt.

Dank der Replay-Funktion, Ranglisten-Spielen und Freundschaftsduellen ist die Online-Komponente auch in Sachen Modi über jeden Zweifel erhaben.

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Eine liebevolle Hommage an die Neunziger:

Über das audiovisuelle Erscheinungsbild von „Marvel Super Heroes“ und „Marvel vs. Capcom: Clash of Super Heroes“ kann man sicherlich geteilter Meinung sein. Schließlich kann sich nicht jeder mit dem altbackenen Look der Arcade-Originale und den mitunter recht penetranten Endlosschleifen des Soundtracks anfreunden. Aber man muss den zuständigen Entwicklern hier zugute halten, dass man alles in allem um eine liebevolle Hommage an die neunziger Jahre bemüht war und euch hier verschiedene Darstellungs-Optionen zur Seite stellt.

Soll das Bild geglättet und etwas weicher gezeichnet werden? Soll es sich über den ganzen Bildschirm erstrecken oder im klassischen 4/3-Bildformat angezeigt werden? Habt ihr Lust auf die vereinzelten Streifen/Scan Lines, die sich auf damaligen Monitoren teilweise durch das komplette Bild zogen? Oder darf es vielleicht doch der klassische Arcade-Bildschirm beziehungsweise der Blick über die Schulter sein?

Die Darstellungsmöglichkeiten sind zahl- wie abwechslungsreich und lassen schnell Spielhallen-Feeling aufkommen.

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Was wir weniger cool finden

Links, rechts, Punch und immer mitten ins Gesicht:

Egal ob ihr euch selbst als Profi oder Anfänger versteht, in „Marvel Super Heroes“ und „Marvel vs. Capcom: Clash of Super Heroes“ werdet ihr schnell merken, dass die Trauben deutlich höher hängen, als es in aktuellen Prüglern der Fall ist. Schließlich zielten die Arcade-Originale seinerzeit darauf ab, den Spielern auch das letzte Kleingeld aus der Tasche zu ziehen und boten dementsprechend einen teilweise fast schon unmenschlichen Schwierigkeitsgrad, der mit der Konsolen-Neuauflage 1:1 übernommen wurde.

Versteht mich nicht falsch. Ich bin niemand, der die Schuld im Falle des eigenen Versagens auf ein Spiel schiebt. Egal ob Shao-Khan, Alpha-152, Orochi oder Seth; gelegt wurden sie von mir alle. Was in „Marvel vs. Capcom Origins“ spätestens in den fortgeschrittenen Kämpfen auf dem normalen Schwierigkeitsgrad abgeht, spottet zum Teil aber jeglicher Beschreibung. Streicht die Worte Balancing und Fairness am besten komplett aus eurem Gedächtnis und stellt euch auf knüppelharte Duelle gegen die KI ein, die mit allen Wassern gewaschen ist und euch das Leben verdammt schwer macht.

Teilweise deckt euch diese im Sekundentakt mit Combos ein, pfeffert euch wie eine Puppe durch die Arena und ehe man sich versieht, wartet auch schon der „Game Over“-Bildschirm. Dafür ist die Freude natürlich umso größer, wenn ein knüppelharter Endboss wie Onslaught – der sich umgehend einen Platz in meinen persönlichen „Top 10 der nervigsten Videospiel-Arschgeigen aller Zeiten“ sicherte – endlich im Staub liegt. Ob ihr die Geduld, die für dieses Unterfangen definitiv vonnöten ist, mitbringt, müsst ihr jedoch selbst entscheiden.

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Die Sache mit den Viertelkreisen und dem Controller:

Wie bereits angesprochen, lassen die beiden Prügler keine Gelegenheit aus, wenn es darum geht, euch mit dem beinharten Schwierigkeitsgrad unter Druck zu setzen. Da versteht es sich wohl von selbst, dass eine saubere und direkt Steuerung unverzichtbar ist. Doch genau hier stößt der Dual Shock 3 leider an seine Grenzen.

Vor allem im Turbo-Modus werden ihr euch regelmäßig mit der Situation konfrontiert sehen, dass zum Beispiel Viertelkreise vom Spiel nicht richtig erfasst werden. Die Folge: Eine Hypercombo, die eigentlich den sicheren Sieg bringen sollte, wird nicht ausgeführt. Stattdessen fangt ihr euch einen schmerzhaften Konter ein und verliert ohne eigene Schuld einen nicht zu unterschätzenden Teil eurer Lebensenergie. Sofern ihr nicht nur mit Freunden vor dem heimischen TV spielt, sondern auch gegen die künstliche Intelligenz oder Widersacher im Online-Modus bestehen wollt, kommt ihr um die Anschaffung beziehungsweise Nutzung eines Arcade-Sticks nicht herum.

Denn egal, ob ihr dem linken Analog-Stick oder dem Steuerkreuz des Dual Shock 3 den Vorzug gebt, im Endeffekt mangelt es einfach an der nötigen Präzision, um die unterschiedlichen Manöver, bei es denen zum Teil auf Sekundenbruchteile ankommt, wie gewünscht auf den Bildschirm zu zaubern.

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Die Community macht das Spiel:

In Zeiten des mittlerweile obligatorischen Online-Multiplayers entscheidet eine lebendige Community über den Erfolg beziehungsweise den Misserfolg eines Titels. Und genau hier dürfte hinter „Marvel vs. Capcom Origins“ ein großes Fragzeichen stehen, da man bei der Veröffentlichung des Titels ein denkbar ungünstiges Timing an den Tag legte.

Schließlich buhlen mit „Tekken Tag Tournament 2“ und „Dead or Alive 5“ aktuell zwei Schwergewichte um die Gunst der Kunden, die sowohl technisch als auch spielerisch deutlich mehr zu bieten haben. Die Folgen liegen auf der Hand: Nur wenige Tage nach dem offiziellen Release fällt es sowohl in „Marvel Super Heroes“ als auch in „Marvel vs. Capcom: Clash of Super Heroes“ schwer Gegenspieler zu finden. Mitunter vergingen während unseres Tests zwei bis drei Minuten, ehe sich ein Widersacher zu uns gesellte.

Als ein weiteres Problem dürfte sich hier das quasi nicht existente Balancing erweisen, das vielen Gelegenheitsspielern sicherlich den Spaß raubt. Uns ging es nach einer Weile jedenfalls gehörig auf die Nerven, uns regelmäßig mit den gleichen Top Tier-Charakteren und dem Spamming der immer gleichen Combos auseinanderzusetzen.

System: Playstation 3
Vertrieb: Capcom
Entwickler: Iron Galaxy
Releasedatum: erhältlich
USK: ab 12

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Heart_Warrior

Heart_Warrior

16. Oktober 2012 um 17:12 Uhr
NeoDarkLink

NeoDarkLink

16. Oktober 2012 um 21:24 Uhr