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Far Cry 3 im Test – Der Schrei nach Freiheit:

play3 Review: Far Cry 3 im Test – Der Schrei nach Freiheit

9.0

Ist „Far Cry 3“ der letzte große Titel 2012? „Far Cry“ sorgte 2004 – damals noch aus der Feder von Crytek – für einen Aufschrei in der Branche. Selten wurde ein Inselszenario derart schön und zugleich komplex umgesetzt. Eine kleine Krise hatte die Shooter-Serie dann bei „Far Cry 2“ (2008): Der Ausflug nach Afrika tat dem Spiel nicht gut. Viele Fans waren enttäuscht über zu viel Back-Tracking und eine undurchsichtige Handlung. Und was ist mit „Far Cry 3“? Nun, dies entführt euch wieder in Südseegefilde und schließt an frühere Hochzeiten an.

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Was wir cool finden

Ein beinharter Inseltrip
Die Reise auf die Rook Islands ist nichts für Schattenparker. Ubisoft präsentiert eine erwachsene Geschichte voll von Gewalt, Drogen und Sex. Jason Brody ist zunächst lediglich auf der Suche nach seinen entführten Freunden, entwickelt sich aber in den 38 Missionen zum gnadenlosen und nach Rache dürstenden Krieger. Sein Gegenspieler ist zunächst der charismatische Psychopath Vaas. Erst in der zweiten Hälfte erfahrt ihr, dass der Pirat lediglich ein kleiner Fisch unter dem Big Boss Hoyt Volker ist.

„Far Cry 3“ erzählt seine Geschichte – bis auf wenige Ausnahmen – schnell und spannend. Jasons Drogenträume und die Begegnungen mit Vaas sind dabei zweifellos die Höhepunkte der rund zehnstündigen Story, führen sie euch doch tief hinab in die menschliche Psyche. Natürlich spart auch der Insel-Shooter nicht mit Blut und Brutalität. Allerdings wird diese eingesetzt, um die Charaktere und die Geschichte weiter zu entwickeln. Sie erfüllt also einen Zweck und Ubisoft schießt eigentlich in der Darstellung nie über das Ziel hinaus. Stattdessen ist „Far Cry 3“ über die gesamte Spielzeit hinweg spannend und intensiv geschrieben.

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Das Gefühl von Freiheit
Die Rook Islands bestehen nicht aus einer, sondern aus gleich zwei Inseln, die ihr im Spielverlauf frei erkundet. Ganz ähnlich wie in „Assassin’s Creed 3“ gibt es auch in „Far Cry 3“ viel zu entdecken: Kaum aus Vaas‘ Fängen entkommen, gibt euch Rebellenanführer Dennis Rogers die ersten Jobs. Zunächst klettert ihr Funktürme empor. Sind sie deaktiviert, erhaltet ihr die Karte zu den jeweiligen Sektoren, sowie kostenlose Waffen und Extras in Läden und an Automaten. Anschließend kümmert ihr euch am besten um die Piratenlager. Habt ihr diese eingenommen, übernehmen die Rebellen die Kontrolle. Anders als in „Assassin’s Creed: Revelations“ greifen die Piraten nicht an und erobern auch keine verlorenen Bereiche zurück. Das kommt dem Spielfluss zugute.

So öffnet sich bereits nach etwa einer Stunde Spielzeit die Karte und ihr habt die freie Auswahl, wie es weitergehen soll: Folgt ihr der Geschichte? Oder vertreibt ihr euch lieber die Zeit mit Nebenjobs und erhaltet so Erfahrungspunkte? Hier geht ihr beispielsweise in verschiedenen Jagdherausforderungen auf die Pirsch, probiert euch bei Medikamententransporten in Quad-Rennen oder versucht euch als Kopfgeldjäger. Die Qualität der Nebenquests ist gut, auch wenn gerade die Rennpassagen etwas unübersichtlich daher kommen. Trotzdem ist es schön, mal wieder in einer offenen und dabei auch noch wunderschönen Spielwelt zu agieren und nicht auf Schlauch-Level angewiesen zu sein.

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Immer etwas Neues!
Die Missionen von „Far Cry 3“ gestalten sich sehr abwechslungsreich. Klassischerweise gibt es „Überfalle die Piratenstellung“-Aufträge, an einigen Stellen allerdings klettert ihr auch in Tempel oder Höhlenanlagen hinab, düst mit Fahrzeugen wie Jeeps oder Booten durch die Gegend oder schleicht gar hinter Zielpersonen her. Das Missionsdesign hat uns richtig gut gefallen, weil es trotz ähnlichen Ansätzen nur wenige Wiederholungen gab. Die absurdeste Nummer war zweifellos ein Einsatz auf Hoyt Volkers Drogenfeldern. Hier verbrennt Jason die gesamte Haschernte und ist dabei … sichtlich beschwingt und erfreut sich an der Feuerbrunst, die sein Flammenwerfer anrichtet.

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Messer oder Knarre
Die angesprochene Freiheit macht sich auch beim Bewältigen der Missionen bemerkbar. Zumeist habt ihr die Wahl, ob ihr aggressiv oder leise agieren möchtet. Dabei wird das Schleichen durch das Hintertürchen allerdings mit deutlich mehr Erfahrungspunkten belohnt. Daher ist das Ausspionieren und Markieren der Gegner eine Pflichtübung. Die Stealth-Mechanik von „Far Cry 3“ ist simpel: Kopf unten halten. Im Gras verstecken. Keine lauten Geräusche machen. Greift ihr ein Lager an, solltet ihr zudem den Alarm deaktivieren, damit die Piraten keine Verstärkung rufen können. Die Variante „Leisetreter“ funktioniert ordentlich, auch wenn sich die KI-Wachen kleinere Ausrutscher (siehe unten) leisten.

Dadurch spielt sich „Far Cry 3“ auch deutlich langsamer, als etwa ein „Call of Duty: Black Ops 2“. Selbst wenn ihr offensiv vorgeht, habt ihr immer noch kleine Verschnaufpausen zum Nachdenken. Die eigentliche Shooter-Steuerung ist ebenfalls gelungen, allerdings ist die Masse an Tastenbefehlen für Waffen, Ausrüstung und Spritzen gewöhnungsbedürftig. Beinahe jeder Button auf dem Gamepad ist belegt. Das ändert allerdings nichts daran, dass das Handling angenehm direkt ausfällt und man Jason Brody jederzeit gut unter Kontrolle hat.

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Jäger und Sammler
„Far Cry 3“ bietet mit dem Crafting von Inventar-Erweiterungen und Power-Up-Spritzen Elemente, wie man sie sonst nur aus Rollenspielen kennt. Allerdings ist dafür keine Werkstatt nötig. Sobald ihr die notwendigen Zutaten gefunden oder gejagt habt, wechselt ihr in das Optionsmenü und stellt die gewünschten Güter her. Für das Inventar bastelt ihr euch etwa einen neuen Rucksack oder einen erweiterten Waffengurt, mit dem ihr zusätzliche Knarren tragen könnt. Das System ist einfach, aber in sich schlüssig und effektiv. Jeder Gegenstand besitzt vier Ausbaustufen. Für die letzte wiederum müsst ihr eine bestimmte Jagdherausforderung freischalten.

Spritzen dienen zum einen als Erste-Hilfe-Kasten. Denn Jason regeneriert sich nur begrenzt von selbst. Außerdem verleihen ihm die Injektionen – mit den entsprechenden Kräutersäften – auch spezielle Fähigkeiten wie etwa eine Nachtsicht oder Vorteile bei der Jagd. Das klingt zunächst albern, ist aber im Kampf eine taktisches Mittel, um sich einen Vorteil gegenüber größeren Truppen zu verschaffen.

Zudem erweitert ihr Jasons Fähigkeiten auf dem Pfad des Kriegers anhand von drei Talentbäumen. Hier verbessert ihr Bereiche wie die Nachladegeschwindigkeit mit bestimmten Waffen, die Lebensenergie oder fügt eurem Arsenal neue Takedowns hinzu. Auch hier gilt: Das System ist – im Vergleich zu manchem Rollenspiel – arg herunter gedampft, aber dennoch gut in das Spiel eingebunden.

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Der Multiplayer
Überraschung: Die Mehrspieler-Optionen von „Far Cry 3“ sind richtig gut gelungen. So bietet das Spiel einen sechs Missionen umfassenden Koop-Modus, den ihr entweder zu zweit im Splitscreen oder zu viert im Online-Betrieb angeht. Hier ist die Ausrichtung deutlich anders als im Singleplayer: Geradliniger, aber nicht minder unterhaltsam. Der Koop besticht durch nette Feuergefechte und geklungenes Teamwork, sowie durch kleinere Herausforderungen, in denen die Spieler miteinander konkurrieren.

An puren Online-Optionen gibt es neben einem etwas fummeligen Map-Editor auch vier Versus-Varianten, in denen es mit bis zu 14 Spielern herrlich zur Sache geht. Hier ist „Far Cry 3“ plötzlich deutlich schneller als im Singleplayer. Schleichen spielt kaum mehr eine Rolle. Stattdessen geht es hier um passives Teamwork, indem ihr etwa Gegner für eure Mannschaft markiert oder eure umstehenden Kollegen mit Gesundheits- oder Schadens-Buffs aufwertet. Dieses System funktioniert ebenfalls mehr als ordentlich und sorgt dafür, dass man als Gruppe dichter zusammenbleibt, um zusätzliche XP abzusahnen. Die Spielvarianten wie etwa Firestorm – eine Mischung aus Domination und King of the Hill – sind abwechslungsreich und schnell. Gefällt uns gut!

Was wir weniger cool finden

Zu oberflächlich
In Puncto Spielfunktionen ist „Far Cry 3“ einem „Assassin’s Creed 3“ nicht unähnlich: Jagen, Gegenstände craften, dazu noch ein Erfahrungssystem mit gleich drei Talentbäumen. Allerdings versanden viele Features zu schnell in der Belanglosigkeit: Für das Erstellen von Inventarerweiterungen – also für Waffengurte, Brieftaschen oder einen größeren Rucksack – benötigt ihr bestimmte Tierhäute. Jede Gattung taucht in Revieren auf. Diese sind auf der Karte vermerkt. So besteht das Craften von Gegenständen eigentlich nur vom rigorosen Absuchen eines Gebiets und dem Niedermetzeln und Häuten der Tiere. Echte Optionen für die Jagd gibt es im Gegensatz zu „Assassin’s Creed 3“ nicht.

Das Sammeln von Kräutern und das darauf folgende Brauen von Spritzen für Power-Ups ist gelungen. Allerdings gibt es auf den Inseln zu viel Kräuter, sodass man auf mittlerer Schwierigkeitsstufe stets das halbe Inventar voller Spritzen und Gräser hat. Auch das Erfahrungssystem mit seinen drei Talentbäumen ist ein zweischneidiges Schwert. Die Funktionen sind nett, aber wer brav alle Haupt- und Nebenquests meistert, hat auf drei Viertel der Spielzeit beinahe alle Aktionen aktiviert und ist ein bisschen übermächtig.

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Schleichen? Nein, danke!
Die Stealth-Mechanik funktioniert in freien Missionen – also beim Eindringen in ein Lager – gut. Allerdings streut „Far Cry 3“ ab und an Aufträge ein, in denen ihr eine Zielperson unentdeckt verfolgen oder leise in eine Basis schleichen müsst. Diese Abschnitte sind verhältnismäßig selten, aber leider auch recht nervig. Bei der Verfolgung von Agent Willis hüpft ihr etwa nur von einer Deckung zur nächsten und bekommt einen „Bleiben Sie dicht beim Ziel“-Meldung, sobald ihr ihn nicht mehr seht. Aufregend ist anders!

In einer späteren Mission kraucht ihr in ein Söldnerlager und folgt dabei einem vorgefertigten Pfad aus Deckungsmöglichkeiten. Taktik Fehlanzeige! Kurzum: So lange ihr schleichen könnt, ist „Far Cry 3“ sehr unterhaltsam. Sobald ihr schleichen müsst, geht Spielspaß verloren.

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Kleine Bugs
„Far Cry 3“ ist ein komplexes Spiel. Da liegt es in der Natur der Sache, dass immer wieder kleinere Fehler auftreten. In unserer Testversion zeigten sich die KI-Gegner über weite Strecken von ihrer starken Seite. Sie griffen nicht Hals über Kopf an, sondern warteten ab. Versuchten, uns aus einer sicheren Deckung heraus auszuschalten. Allerdings hätten wir uns mehr Konsequenz beim Alarmierungsgrad gewünscht. Entdecken die Burschen etwa einen defekten Alarm, gehen sie nach kurzer Zeit wieder zum normalen Wachenalltag über. Gelegentlich blieben sie zudem an Objekten hängen oder liefen einfach an einem geduckten Jason Brody vorbei. Zudem ist das Ablenken mit dem Werfen von Steinen auf Dauer ein wenig albern. Die Wachen reagieren hier zu berechenbar.

Auch die Fahrzeugphysik – wenn auch gut kontrollierbar – treibt einige Male wilde Kapriolen. Bei einem Absturz mit einem Quad nahmen wir etwa keinerlei Schaden. Ein anderes Male überschlägt sich der Wagen nur wegen kleiner Felsen. Allerdings sind diese Auswüchse recht selten und daher eher belustigend, als störend.

System: Playstation 3
Vertrieb: Ubisoft
Entwickler: Ubisoft Montreal
Releasedatum: 29. November 2012
USK: ab 18
Offizielle Homepage: http://www.farcrygame.com/

9.0

Wertung und Fazit

Far Cry 3 im Test – Der Schrei nach Freiheit

Auf den Rook Islands verfliegt die Zeit. „Far Cry 3“ ist ein wirklich herausragender Open-World-Shooter geworden: Spannend, abwechslungsreich und technisch sehr gelungen. Gerade die Geschichte motivierte uns immer wieder zum Weiterspielen. Vaas als Feindbild ist ein wirklich toller Gegenspieler für Jason Brody geworden, der sich wiederum etwas arg schnell zum blutrünstigen Superkrieger entwickelt. Aber das ändert nichts daran, dass wir in „Far Cry 3“ über die gesamte Spielzeit über ausgezeichnet unterhalten wurden. Für den nächsten Teil wünschen wir uns allerdings etwas mehr Konsequenz und Komplexität bei den Rollenspielelementen: Das RPG-System wirkt doch arg simpel und fordert zu Fließbandarbeit heraus. Hier fehlt noch das letzte Fünkchen Genialität, welches viele Missionen bereits auszeichnet. „Far Cry 3“ ist in seiner Kombination aus Single- und Multiplayer der angesprochene letzte große Hit 2012 und definitiv ein Kandidat für das Spiel des Jahres.

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