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TEST: Dead Space 3

play3 Review: TEST: Dead Space 3: Kompromisslose Daueraction statt Survival-Horror?

8.0

Es gab in den vergangenen Monaten wohl kaum einen Titel, der schon vor dem offiziellen Release so sehr polarisiert hat, wie „Dead Space 3“. Zunächst sorgte die Meldung, dass man das Geschehen durch einen kooperativen Mehrspieler-Modus aufpeppen möchte, für Wirbel, anschließend warf man EA eine fragwürdige DLC-Politik vor und dann wären da ja auch noch die Mikrotransaktionen, bei denen sich die Frage stellen dürfte, ob diese überhaupt etwas in einem Retail-Titel, der zum Vollpreis angeboten wird, zu suchen haben.

Diesen Fragen sind wir in unserem ausführlichen Test nachgegangen und verraten euch, warum „Dead Space 3“ trotz seiner neuen Ausrichtung und diverser Macken einen Blick wert ist.

Was wir cool finden:

Atmosphärisch nach wie vor ein Highlight:

Ich gebe gerne zu, dass auch ich zu denen gehöre, denen die angekündigte Neuausrichtung der „Dead Space“-Reihe sauer aufstieß. Weniger Horror? Dafür mehr Action? Es ist ja nicht so, dass dieses Konzept nicht schon anderen bekannten Serien das sprichwörtliche Genick gebrochen hat. Ja „Resident Evil“, genau du bist gemeint. Aber ganz so schlimm ist es hier zum Glück nicht. Zumal man sich in den ersten drei bis vier Spielstunden ohnehin fragt, was der ganze Wirbel im Vorfeld eigentlich sollte.

Nach diversen kleinen Action-Einlagen auf der Erde ballern wir uns im Orbit des Planeten Tau Volantis durch ein verlassenes Raumschiff und fühlen uns aufgrund des vertrauten Konzepts und der wieder einmal schaurig schönen Kulisse fast schon heimisch. Nach und nach dezimieren wir die die Population der Nekromorphs, springen bei den gezielt eingesetzten Schockeffekten aus unserem Zockersessel, lösen kleinere Rätsel und wagen uns an atmosphärisch ungemein dichte Weltraumausflüge. Das ist „Dead Space“, wie es leibt und lebt. Und auch wenn es nicht lange so bleibt und das Spiel nach wenigen Stunden den Kniefall vor dem „Call of Duty“-Publikum zu praktizieren scheint, täten wir den Jungs von Visceral Unrecht, wenn wir „Dead Space 3“ an dieser Stelle seine Atmosphäre und technischen Stärken absprechen würden.

So punktet auch der Eisplanet Tau Volantis durch seine dichte Atmosphäre, die vor allem auf das gekonnte Zusammenspiel zwischen der filmreifen Soundkulisse, den witterungstechnischen Eigenheiten, die der neue Schauplatz mit sich bringt, und der spielerischen Neuausrichtung zurückzuführen ist. Da ihr euch hier quasi im Minutentakt mit neuen Widersachern konfrontiert seht, kommt zu keinem Zeitpunkt Langeweile auf – auch wenn man „Dead Space 3“ sicherlich vorwerfen kann, dass es den bisherigen subtilen Horror über Bord wirft und stattdessen auf Hektik und Daueraction setzt.

Ob man gewillt ist, sich damit anzufreunden, dass aus dem subtilen Horror-Erlebnis von einst ein hektischer und rasanter Action-Titel mit einer beeindruckenden audiovisuellen Aufmachung wurde, ist im Endeffekt dem subjektiven Empfinden unterworfen.

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Intensive Coop-Erfahrung:

Manchmal hat das Leben schon einen eigenwilligen Sinn für Ironie. Schon nach kurzer Spielzeit kristallisiert sich nämlich heraus, dass mit der kooperativen Mehrspieler-Komponente genau das Element zu punkten vermag, das kritische Stimmen im Vorfeld der Veröffentlichung noch als tragendes Argument für den Abgesang auf die „Dead Space“-Reihe heranziehen wollten.

Denn im Gegensatz zum gescheiterten Experiment von „Resident Evil 6“ ist die Kampagne von „Dead Space 3“ nicht ausschließlich auf die kooperative Erfahrung ausgelegt. Möchtet ihr euch dem Horror beziehungsweise der Daueraction auf Tau Volantis alleine hingeben, ist auch das kein Problem. Einen KI-Partner, der euch ständig begleitet, wird euch von Visceral nicht zur Seite gestellt. Und ihr müsst auch nicht befürchten, dass euch wichtige Abschnitte des Spiels vorenthalten werden. Stattdessen haben Mitspieler – lediglich online – die Möglichkeit, eurem Spiel zu jedem Zeitpunkt beizutreten und in die Rolle des Protagonisten John Carver zu schlüpfen, der Isaac von nun an mit Rat, Tat und vor allem Waffengewalt zur Seite steht.

Natürlich geht dadurch ein nicht zu unterschätzender Anteil der schraurig schönen und subtilen Survival-Horror-Atmosphäre flöten, die in den ersten Spielstunden auch ein „Dead Space 3“ auszeichnet, auf der anderen Seite dürft ihr euch jedoch auf eine innovative Coop-Erfahrung einstellen, in der immer wieder Abschnitte warten, die ein Spieler ganz anders erlebt als sein Partner. Besonders stimmig: Momente, in denen Isaac und Carver von Halluzinationen heimgesucht werden. Da wir es hier mit einem der Highlights der kooperativen Mehrspieler-Erfahrung zu tun haben, wollen wir aus Spannungsgründen nicht weiter ins Detail gehen.

Natürlich wirkt es gelegentlich ein wenig kurios oder gar deplatziert, wenn ein zweiter Spieler beitritt und in den Zwischensequenzen plötzlich John Carver, der bisher gar nicht in Erscheinung trat, mit von der Partie ist, unter dem Strich gehört der Coop-Modus dank seiner mitunter dichten Atmospäre, der exklusiven Missionen und der kleineren Rätsel, die eine geschickte Zusammenarbeit voraussetzen, jedoch zu den Stärken von „Dead Space 3“.

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Ein Crafting-Paradies mit kleinen Einschränkungen:

Bereits im Vorgänger bot man euch die Möglichkeit, den Plasma-Cutter und andere Ballermänner eurer Wahl aufzumotzen und ihre Durchschlagskraft zu erhöhen. In „Dead Space 3“ legten die Jungs von Visceral Games noch eine Schippe nach und stellten euch einen umfangreichen Baukasten zur Verfügung, mit dem vor allem Sammler und Bastler unzählige Stunden verbringen können.

Auf seiner gefährlichen Reise stößt Isaac in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen auf Baupläne, die an der Werkbank eingesetzt werden können und neue Wummen freischalten. Die nötigen Ressourcen vorausgesetzt, sind eurer Kreativität eigentlich keinerlei Grenzen gesetzt. Im Prinzip besteht jede der selbst kreierten Waffen aus einem leichten oder schweren Rahmen sowie zwei Hauptwaffensystemen. Auf diesem Wege bastelt ihre euch beispielsweise einen Plasma-Cutter mit einem Granatwerfer-Unterbau und macht den Unitology-Soldaten beziehungsweise den Nekromorphs gleich im Dutzend die Hölle heiß. Überdies wartet jeder der verbauten Waffenkomponenten mit vier Erweiterungsslots auf, in denen ihr Platinen verstauen könnt, die die Wirkung eures Ballermanns im Bereich der Feuerrate, der Größe des Magazins oder der Durchschlagskraft noch einmal verbessern. Abgerundet wird der Baukasten von zahlreichen Extras wie Zielfernrohren, zahlreichen Kombinationen von Primär- und Sekundärfeuer und zahlreichen Platinen zur Steigerung der Leistung. Neben den Waffen lässt sich auch Isaacs Anzug nach und nach mit Verbesserungen ausstatten.

Der Haken an der Sache: Bei der „Droprate“ der benötigen Ressourcen bekommt man nicht selten das Gefühl vermittelt, dass man die Spieler dazu animieren möchte, sich die mühselige Suche nach den seltenen Bauteilen zu schenken und stattdessen echtes Geld in die Hand zu nehmen, um die benötigen Ressourcen via Mikrotransaktion im InGame-Shop zu erwerben. Das mag bei Free2Play-Titeln vom Schlage eines „Farmville“ sicherlich noch vertretbar sein, auf einen Vollpreis-Titel wie „Dead Space 3“ wirft es unserer Meinung nach allerdings ein fragwürdiges Licht.

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Was wir weniger cool finden:

Als reinrassiger Shooter nur bedingt geeignet:

Bereits in „Dead Space 2“ sahen wir uns in besonders hektischen Momenten, in denen die Nekromorphs in Horden über uns herfielen, mit dem Problem konfrontiert, dass Isaac beziegungsweise die Steuerung an sich einfach zu träge reagieren, um den hektischen Auseinandersetzungen Herr zu werden. Wer nun davon ausgegangen sein sollte, dass man hier aufgrund der actionreicheren Ausrichtung von „Dead Space 3“ nachbesserte, befindet sich bedauerlicherweise auf dem Holzweg.

Sobald auf Tau Volantis regelmäßig Feuergefechte mit den Unitology-Soldaten anstehen, werdet ihr schnell bemerken, dass die Spielmechanik von „Dead Space 3“ in diesem Bereich nicht selten an ihre Grenzen stößt. Denn während Konkurrenten wie die „Gears of War“-Reihe oder Naughty Dogs „Uncharted“ die Cover-Mechaniken des modernen Third-Person-Shooter-Genres mit einem Gefühl von spielerischer Leichtigkeit zelebrieren, wirkt Isaac oftmals unnötig steif, reagiert teilweise erst verzögert auf eure Eingaben und lässt die Deckungsschießereien mitunter zu einer unnötigen Geduldsprobe verkommen. Doch es ist nicht nur die Steuerung des Protagonisten an sich, die für fragende Gesichter sorgt. Wenn man sich schon dazu entschließt, aus einem Horror-Schocker einen hektischen Action-Titel zu machen, dann sollte man das Ganze auch richtig anstellen. Doch vor allem bei der künstlichen Intelligenz der Unitology-Schergen habt ihr gehörig gepatzt liebe Jungs von Visceral.

Wenn KI-Gegner wie aufgescheuchte Hühner durch die Areale flitzen, mitunter nicht einmal den Sinn und Zweck einer Deckung erkennen, „Flankieren“ offenbar für einen Begriff aus einem Kochrezept zu halten scheinen und verblüffend oft ins offene Feuer rennen, dann sinkt der Spielspaß in diesen Momenten ähnlich schnell in tiefe Regionen wie die Temperaturen auf Tau Volantis.

Glücklicherweise springen immer wieder die dynamischen Auseinandersetzungen mit den Nekromporphs in die Bresche und bewahren die Action-Komponente von „Dead Space 3“ vor einem Totalausfall.

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Survival-Horror? Wer braucht denn sowas?

Wie eingangs erwähnt, erweckt „Dead Space 3“ zumindest in den ersten Stunden den Eindruck, dass die Mannen von Visceral Games darum bemüht waren, die vertrauten Stärken der „Dead Space“-Reihe nicht vollkommen über den Haufen zu werfen. Aber gewöhnt euch bloß nicht an die schaurig schöne Survival-Horror-Atmosphäre der frühen Kapitel. Von dieser bleibt mit zunehmender Spieldauer nämlich nur wenig übrig. Stattdessen rücken die Action und die regelmäßigen Feuergefechte fast gänzlich in den Mittelpunkt.

Hinzukommt bedauerlicherweise, dass sich die Entwickler hinsichtlich des Balancings offenbar nicht ganz einig waren. Es wäre sicherlich vermessen, die „Dead Space“-Reihe zu den besonders knackigen Spielerfahrungen zu zählen, aber sie bot immerhin die eine oder andere Herausforderung. Etwas, das „Dead Space 3“ zu fast keinem Zeitpunkt gelingt, wenn man einmal von den kleinen Trial & Error-Passagen beim Klettern absieht. Ansonsten bekommt man hier das Gefühl vermitteln, dass man die kompromisslose Daueraction der zweiten Spielhälfte zu keinem Zeitpunkt stören wollte.

Vor allem der normale Schwierigkeitsgrad überschüttet euch förmlich mit Heilpaketen und Stase-Modulen, was der Spannung natürlich alles Andere als zuträglich ist. Selbiges gilt im Prinzip für die neue universelle Munition, die schon fast eine Art Überversorgung nach sich zieht und dafür sorgt, dass gefundene Patronen vom Plasma-Cutter, Maschinengewehren oder der einer Schrotflinte gleichermaßen genutzt werden können. Dadurch geht ein weiterer nicht zu unterschätzender Teil der Survival-Horror-Stimmung verloren. Schließlich flößen einem die Widersacher nur wenig Respekt ein, wenn das eigene Inventar vor Heilpaketen und Munition fast überquillt. Und dann wären da ja noch die eigens entworfenen Waffen an sich.

Entwickelt ihr hier die richtigen Kombinationen und bringt ausreichend Geduld mit, die benötigten Ressourcen zu sammeln, erschafft ihr Waffen, mit denen sich selbst der „Hard“-Modus zu einem Kinderspiel entwickelt. Erst mit dem einmaligen Durchspielen lassen sich weitere Modi freischalten, in denen es weitaus anspruchsvoller zur Sache geht und die euch auch im kooperativen Mehrspieler-Modus endlich etwas abverlangen.

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System: PlayStation 3
Vertrieb: Electronic Arts
Entwickler: Visceral Games
Releasedatum: erhältlich

USK: Ab 18 Jahren

8.0

Wertung und Fazit

TEST: Dead Space 3: Kompromisslose Daueraction statt Survival-Horror?

Wie kaum ein anderer Titel der vergangenen Jahre führt uns „Dead Space 3“ vor Augen, dass auf Licht in der Regel auch Schatten folgt. Während Isaacs Abenteuer in der ersten Spielhälfte beziehungsweise in den Weiten des Weltraums noch zur Höchstform aufläuft, uns vor Augen führt, warum wir vor allem den ersten Teil so geliebt haben, und regelmäßig für Spannung sorgt, verliert sich der Titel vor allem auf Tau Volantis in oftmals belanglosen Feuergefechten, die aufgrund der teilweise fragwürdigen künstlichen Intelligenz der Widersacher für Frust sorgen und uns unmissverständlich klar machen, warum der bekannte Horror der Serie auf der Strecke bleibt. Wer sich mit der neuen Ausrichtung hin zu einem Action-Titel anfreunden kann, bekommt unter dem Strich allerdings ein Werk geboten, das mit seiner frischen Coop-Komponente und dem umfangreichen Waffen-Editor durchaus über rund 20 Stunden zu unterhalten weiß. Zumindest dann, wenn man gewillt ist, sich mit der nicht immer perfekten Steuerung und der Tatsache, dass der Survival-Horror spätestens in der zweiten Spielhälfte endgültig zu Grabe getragen wird, zu arrangieren.

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Kommentare

GalataSaray!

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12. Februar 2013 um 22:56 Uhr
RED-ILLUMINATI

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12. Februar 2013 um 23:28 Uhr
BoC-Dread-King

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13. Februar 2013 um 12:02 Uhr
BoC-Dread-King

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13. Februar 2013 um 12:40 Uhr
:Wumpscut:

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01. März 2013 um 08:19 Uhr