Review

TEST: Call of Juarez

play3 Review: TEST: Call of Juarez: Gunslinger – Eine Wild-West-Hommage. Spaßig, aber stumpf.

6.5

Genie und Wahnsinn liegt bei dem polnischen Entwicklerstudio Techland dicht beieinander. Waren die frühen „Call of Juarez“-Spiele noch rassige Western-Shooter, zerstörte Techland die eigene Marke mit dem modernen und gleichermaßen schlechten „Call of Juarez: The Cartel“. Erst vor Kurzem lieferten die Polen zudem das uninspirierte „Dead Island: Riptide“ aus, welches lediglich im Koop seine Stärken zeigt.

Der PSN-Titel „Call of Juarez: Gunslinger“ kommt dagegen wie eine Spiel gewordene Entschuldigung daher. Mit vielen Anspielungen auf Westernfilme und einem herrlich ironischen Unterton. Ob aber unter der hübschen Comic-Fassade auch ein rassiger Shooter steckt?

Was wir cool finden

Ein Lügenmärchen!
Silas Greaves, der verbissene Kopfgeldjäger und Protagonist von „Call of Juaerez: Gunslinger“, erzählt seine (Rache-)Geschichte wie einst Baron Münchhausen. Mit finsterer Stimme erklärt er den Weg durch die Level und lügt, dass sich die Balken biegen. In diesen Momenten verändert sich plötzlich die gesamte Spielwelt. Dann wachsen aus dem kargen Winterboden plötzlich rote Ahornbäume. Scheunen ragen hervor und gelegentlich verschwinden sogar die Gegner vor euren Augen. So ist „Call of Juarez: Gunslinger“ ein ungeheuer lustiges Spiel, da es sich und seine Geschichte nicht zu ernst nimmt.

An einer Stelle beispielsweise schläft Steve, einer von Greaves Zuhörern ein, weil der Marsch durch einen Sumpf so furchtbar langweilig ist. Dann dröhnt plötzlich ein lautes Schnarchen aus den Boxen und Silas baut seine Geschichte kurzerhand in Sekunden um. Plötzlich tritt euch ein ganzes Heer von Apachen entgegen. Steve wacht auf und fragt, wo denn die Indianer herkommen und Greaves meint nur trocken, dass er ihn nur wach machen wollte. Dieser Humor steht „Call of Juarez: Gunslinger“ ausgesprochen gut und bildet einen schönen Kontrast zu dem insgesamt eintönigen Geballer, das die Missionen bestimmt. Dazu passt übrigens auch die hübsch Cel-Shading-Optik, die den Comiccharakter des Spiels unterstreicht. „Gunslinger“ ist kein optische Highlight, wirkt aber in sich stimmig.

Die Geschichte selbst ist unterdessen sehr episodenhaft. Einen echten roten Faden gibt es hier nicht. Stattdessen springt ihr von einem Abenteuer zum nächsten. Unterbrochen wird die Kampagne durch gezeichnete Standbilder, die Silas Greaves in geselliger Runde zeigen. „Call of Juarez: Gunslinger“ wurde zudem nicht synchronisiert. Alle Dialoge laufen in sehr gelungener englischer Sprachausgabe ab.

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Stumpf ist Trumpf!
„Call of Juarez: Gunslinger“ ist ein geradliniger Shooter. Die Areale besitzen zwar oftmals mehrere Wege zum Ziel, sind aber nicht so groß wie beispielsweise in „Crysis 3“. Verlaufen ist nahezu unmöglich. Einige Wege offenbaren hingegen versteckte Geheimnisse oder erleichtern durch bessere Positionen auf dem Schlachtfeld das nachfolgende Gefecht. Rätsel oder dergleichen gibt es allerdings nicht. Vielmehr scheucht euch das Spiel von einer Schießerei zur nächsten. Die Steuerung erweist sich dabei als erfreulich direkt, sodass die flotten Kämpfe einen Heidenspaß machen. Durch Zeitlupeneffekte verdeutlicht „Call of Juarez: Gunslinger“, dass Silas ein rassiger Revolverheld ist, den niemand stoppen und der sogar Kugeln ausweichen kann.

Wenn man mit zwei Revolvern eine Horde Pistoleros umlegt, kommt echte Wild-West-Atmosphäre auf. „Call of Juarez: Gunslinger“ bedient sich dabei wirklich aller Klischees und versucht erst gar nicht, Anspruch in das Gameplay zu bringen. Hier heißt es „schießen oder erschossen werden“ und genau deshalb ist „Gunslinger“ auch ein launiger, wie stumpfer Spaß.

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Spannende Ideen, gut umgesetzt
Besagte Griffe in die Wild-West-Mottenkisten offenbaren im Spielverlauf immer wieder schöne Momente. Etwa wenn Silas Greaves über die schmalen Planken einer Eisenbahnbrücke balanciert und sich dabei über seine Höhenangst auslässt. Durch die Episodenhaftigkeit der Erzählung ist „Gunslinger“ abwechslungsreich. Mal kämpft ihr euch durch Indianerhöhlen, dann wieder durch kleinere Städte, später sogar durch Sümpfe. In diesen Feuchtgebieten streicht „Gunslinger“ sogar das Wegpunktsystem, da sich Silas hier verläuft und sich nicht mehr an den Weg erinnern kann. Diese Art der Selbstreferenzialität ist erfrischend.

Außerdem tut das einfache, aber effektive Charaktersystem dem Spiel sehr gut. Über Abschüsse mausert ihr Erfahrungspunkte – inklusive Einblendungen auf dem Bildschirm – und verbessert so die Eigenschaften auf den Talentbäumen Revolverheld (beidhändiger Desperado), Ranger (Scharfschütze auf große Distanz) und Trapper (Nahkämpfer). So aktiviert ihr beispielsweise beidhändiges Feuern mit den Revolvern, sorgt für Zeitlupeneffekte beim Anvisieren oder für schnelleres Nachladen. Diese Funktionen geben dem Actionspiel zusätzliche Würze und die aufpoppenden Highscores bei Abschüssen motivieren ungemein.

Was wir weniger cool finden

Doofe Duelle
Jeder Western-Fan liebt sie: Die Duelle. Zwei Männer im Kampf um Leben und Tod. Zusammen gekniffene Augen. Lockere Hände. Und zwei Pistole, die beinahe gleichzeitig empor schnellen. Nicht selten sind die Shoot-Outs die Höhepunkte der Filme. In „Call of Juarez: Gunslinger“ tretet ihr auch immer wieder in Duellen an. Gegen wen, das wird aus Spoiler-Gründen an dieser Stelle nicht verraten.

Techland verwandelt diese tollen Momente aber leider in fummelige und nur schwer nachzuvollziehende Mini-Spiele. So steht ihr eurem Kontrahenten gegenüber. Mit dem rechten Stick zieht ihr ein Fadenkreuz auf ihn und erhöht somit euren Fokus, der als Prozentzahl am unteren Bildschirmrand hochläuft. Mit dem linken Stick kontrolliert ihr die Hand eures Helden und damit dessen Fingerfertigkeit beim Ziehen.
Auch hier läuft eine Prozentzahl hoch, so lange Hand korrekt über der Waffe ruht. Irgendwann beginnt dann euer Gamepad zu vibrieren. Euer Zeichen zum Angriff. Ihr entscheidet: Zieht ihr als erstes, gilt das Duell als unehrenhaft und ihr erhaltet keinen Bonus. Schießt ihr später, ist das Risiko eines Neustarts enorm groß.

Irgendwie verkommen die eigentlich so spannenden Duelle hier zu einer Mischung aus Matheaufgabe und doofem Reaktionstest. Weder aufregend, noch herausfordernd. Die Steuerung ist fummelig und das stupide Dirigieren des sich schwammig bewegenden Fadenkreuzes wirkt unnötig künstlich. Und die damit verbundenen vielen Neustarts – zumindest, wenn man ehrenhaft kämpfen will – stören den Spielablauf gewaltig. Schade drum!

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Geklonte Cowboys
Eigentlich geht’s bei „Call of Juaerez: Gunslinger“ ausschließlich darum, böse Buben möglichst schnell und flink ins Jenseits zu schicken. Aber etwas mehr Mühe hätte sich Techland dann doch mit den Charaktermodellen geben können. Es gibt gefühlt zwei verschiedene Apachen, drei unterschiedliche Cowboys, einen Schrotflintenburschen und dazu natürlich die Endgegner. Ständig wiederholen sich die Gegnertypen und so wirklich clever agieren sie auch nicht.

Die Schildläufer strecken die Köpfe immer brav abwechselnd links und rechts aus ihrer Deckung. Und die normalen Ganoven denken häufig noch nicht mal dran, ihre Position zu wechseln und reagieren sehr verdutzt, wenn man sie plötzlich von der Seite angreift. Keine Frage, die Gegner sind nur Kanonenfutter. Das lassen wir bei einem Spiel wie „Gunslinger“ zwar gerade noch so durchgehen, ändert aber nichts daran, dass mehr Abwechslung und eine stärkere Gegner-KI dem Spiel gut getan hätten.

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Das kostet Nerven!
„Call of Juaerez: Gunslinger“ könnte so schön sein, hätte es nicht auch seine Macken. Einige Stellen übersteht ihr nur durch Ausprobieren. Die Daltons beispielsweise stellen euch eine Falle und lassen Baumstämme einen Abhang hinunter rollen. Die Versteckpositionen für diese Einlage sind leider kaum erkennbar und so hangelt man sich von einem Kontrollpunkt zum nächstes. Gleiches bei einem Endgegnerkampf mit einer Gatling-Gun. Hier springt ihr von einer Deckung zur nächsten und geht drauf, sobald ihr auch nur eine Sekunde die Nase rausstreckt. An einigen Stellen häufen sich die unnötigen Neustarts einfach, sodass einem schnell der Spaß vergeht.

Außerdem ist die Interaktivität mit der Umgebung teils mangelhaft. Selbst halbhohe Kisten könnt ihr nicht überspringen. Bei Stürzen aus zwei Metern Höhe färbt sich der Bildschirm bereits blutrot. Gelegentlich bleibt Silas am Inventar hängen oder eure Spielfigur ragt in Objekte hinein. Den Vogel schießen allerdings die Schildsoldaten ab, deren Holzplanken problemlos einem Bündel Dynamit standhalten. Diese kleinen Aussetzer und Fehler häufen sich in „Call of Juarez: Gunslinger“ leider und sorgen dafür, dass der zuweilen aufkommende Spielfluss immer wieder den Bach runtergeht.

System: PlayStation 3
Vertrieb: Ubisoft
Entwickler: Techland
Releasedatum: 22. Mai 2013
USK: ab 16 Jahren
Offizielle Homepage:http://www.ubi.com/DE/Games/Info.aspx?pId=11124

6.5

Wertung und Fazit

TEST: Call of Juarez: Gunslinger – Eine Wild-West-Hommage. Spaßig, aber stumpf.

Erwartet bei „Call of Juaerez: Gunslinger“ bloß keine großartigen Emotionen, Tiefgang oder andere raffinierte Facetten. Denn der Techland-Shooter ist pures Popcorn-Geballer. Es bezieht seinen Reiz fast vollends aus dem schön umgesetzten Wild-West-Szenario, seinem Humor und nicht zuletzt auch der Ballerei. Wie cool fühlt es sich an, wenn ich durch einen verwitterten Saloon ziehe, die Gitarren im Hintergrund schrammeln und ich einen Bösewicht nach dem anderen umniete. „Call of Juarez: Gunslinger“ ist stumpfer Spaß für zwischendurch. Spielerisch in sich vergleichsweise niveaulos und mit einigen Nerv-Passagen, kleine Macken und viel Bandwurm-Geballer. Aber über die sechs Stunden unterhält einen das Spiel ganz ordentlich. Es gibt bessere Shooter auf dem Markt, aber sicherlich auch bedeutend schlechtere. Und wer nach „Far Cry 3: Blood Dragon“ für kleines Geld noch ein wenig Entertainment sucht, wird hier sicherlich ordentlich bedient.

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Kommentare

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