Review

TEST: The Last of Us – Das beste Spiel des Jahres?!

play3 Review: TEST: The Last of Us – Das beste Spiel des Jahres?!

9.5

Das Genre des Survival-Horror ist tot. „Resident Evil 6“ war ein Flop. „Dead Space 3“ nur noch ein Action-Reißer. Und ein „The Walking Dead: Survival Instinct“ so schlecht, dass es niemand auch nur mit der Kneifzange anfassen sollte.

Aber auf die Jungs von Naughty Dog ist Verlass. Nach der „Uncharted“-Serie wagt sich das Team nun mit „The Last of Us“ an ein brutales und gleichermaßen Nerven aufreibendes Endzeit-Spektakel. Und es ist ein Meisterwerk geworden. Mit viel Herz, Blut und Emotionen.

ANMERKUNG: Der Mehrspieler-Modus war zum Zeitpunkt des Test noch nicht spielbar. Wir beziehen uns hier also ausschließlich auf den Singleplayer!

Was wir cool finden

Ein Spiel der Emotionen
„The Last of Us“ beginnt tragisch. Mit dem Ausbruch der Seuche. Mit Tod. Mit Einsamkeit und Trauer. (Mehr dürfen wir nicht verraten, da Sony die ersten zwanzig Minuten des Spiels unter strengstes Embargo gesetzt hat.) So trefft ihr Joel zwanzig Jahre nach den Geschehnissen jener Nacht an. Er ist ein gebrochener Mann: Müde, ausgezehrt und verbittert. Er trinkt, um seinen Kummer zu unterdrücken. Er tötet, um selbst irgendwie zu überleben. Gemeinsam mit seiner Partnerin Tess übernimmt er Auftragsjobs. Die Menschen sind inzwischen in Auffanglagern eingepfercht worden. Nahrungsmittelmarken sind das Zahlungsmittel. Hinter dem Rücken der Militärs schmuggeln Gruppierungen aber Waffen und anderes Zeugs.

Die militanteste Partei sind allerdings die Fireflies. Sie stemmen sich gegen das Regime der Regierung. Fordern endlich Konsequenzen und wollen Köpfe rollen sehen. Zu diesem Zweck schrecken sie auch nicht vor Attentaten zurück. Aber genau diese wilde Rebellion macht sie für viele Menschen während der Pilzepidemie so attraktiv. Joel und Tess kommen bei einem ihrer Jobs ebenfalls in Kontakt mit der Anführerin der Fireflies. Sie fordert die beiden auf, das 14-jährige Mädchen Ellie aus der Stadt zu bringen. Klingt nach einem leichten Auftrag, wird aber zu einem der wildesten Abenteuer der Playstation-Geschichte.

Warum ich an dieser Stelle so lang und breit über die Geschichte schreibe? Damit ihr eine kleine Idee davon bekommt, was euch erwartet. „The Last of Us“ ist keine leichte Kost. Es ist in seiner Darstellung und Erzählweise drastisch, schroff und gnadenlos. Ganz ähnlich wie in der TV-Serie „The Walking Dead“ werdet ihr hier Zeuge, wie eine Gesellschaft an einer Katastrophe zerbricht. Wie aus Menschen Tiere werden. Und wie gnadenlose Kreaturen der Zivilisation beinahe ein Ende setzen. „The Last of Us“ ist anspruchsvolle Erwachsenenunterhaltung. Ohne Klischees, ohne zu viel Hollywood. Dafür mit ganz viel Emotionen.

Damit diese richtig gut rüberkommen, empfehle ich einmal mehr die englische Sprachausgabe. Diese ist zum einen nahezu lippensynchron, zum anderen aber auch besser abgemischt und ärgerliche Übersetzungsfehler entfallen. Mir kräuseln sich die Fußnägel hoch, wenn Joel zu Ellie „Kommt ihr jetzt“ ruft. So etwas darf bei einer Produktion wie „The Last of Us“ eigentlich nicht passieren!

20575joel_ellie_close_up

Momente. Augenblicke. Gesichter.
Bei der Inszenierung setzt Naughty Dog mit „The Last of Us“ neue Maßstäbe. Zunächst einmal gibt es nahezu keine Ladebildschirme. Selbst zwischen neuen Kapiteln wird der Screen lediglich für wenige Sekunden schwarz, ehe euch das Spiel wieder an das Gamepad lässt.

Die technische Brillanz von „The Last of Us“ zeigt sich besonders in den Zwischensequenzen und speziell bei der Darstellung der Gesichter. Bei Joel erkennt ihr jede einzelne Falte. Bei Ellie jede kleinste Sommersprosse. Streiten sich die beiden, verziehen sie ihre Mundwinkel, senken den Blick oder vergießen in traurigen Momenten sogar Tränen. Die Darstellung von Gefühlen ist nicht so maskenhaft wie in „L.A. Noire“. Vielmehr wirken die Gesichter echt und geradezu lebendig. Das trägt nicht zuletzt zu der tiefen Bindung bei, die man nach kürzester Zeit zu den beiden Figuren entwickelt.

Als Ellie beispielsweise an einer Stelle von einem Hunter, also einem gesetzlosen Räuber, geschlagen wird, spüre ich, wie Wut in mir aufsteigt. Wie kann jemand so etwas machen? Es ist ein Kind. Ein Mädchen. „The Last of Us“ jongliert mit unseren Emotionen und bezieht uns immer wieder in tiefe Entscheidungen mit ein. Der erste Schuss in „The Last of Us“ erfolgt nicht etwa auf einen der Pilzzombies oder gar einen Soldaten. Joel erschießt einen Infizierten, der unter einem Querbalken eingeklemmt ist. Er will sich nicht verwandeln und bitte Joel um den Gnadenstoß.

Dieses Stilmittel der „emotionalen Brutalität“ zieht sich durch das gesamte Spiel und wird in immer bombastischeren Momente gefördert. „The Last of Us“ ist bildgewaltig wie manches Drama aus dem Kino und ebenso gefühlvoll. Die Levels selbst sind herrlich abwechslungsreich, begleiten wir Ellie und Joel nicht nur auf einem Roadtrip quer durch die USA, sondern auch durch die Jahreszeiten. Wir klettern mit ihnen durch Schnee bedeckte Hügel, krauchen durch Kanalisationen oder liefern uns Schießereien auf der Countryside der USA. Die Umgebung ist dabei angenehm natürlich.

So entdeckt ihr beispielsweise versteckte Geheimnisse auf dem typisch amerikanischen Dachboden. Keine der Kulissen erscheint hier überzeichnet. Vielmehr erfreuen sie einen mit vielen kleinen Details wie Nachrichten der einstigen Bewohner. „The Last of Us“ ist trotz der brillanten Grafik greifbar und voller Feinheiten. Die Lichteffekte beispielsweise sind besonders in dunklen Passagen einfach hervorragend gelungen. Und die Kampfanimationen sind wuchtiger und brutaler, als ich sie mir jemals vorgestellt hätte. Bis auf einige Matschtexturen und seltene Clipping-Fehler gibt es an dem grafischen Grundgerüst von „The Last of Us“ nichts auszusetzen.

20579joel_pinned

Zombies in der Achterbahn
Im Gegensatz zu anderen Actionspielen jagt euch „The Last of Us“ nicht von einem Adrenalinkick zum nächsten. Vielmehr kontrolliert Naughty Dog die Spielgeschwindigkeit und wechselt dabei meisterlich zwischen ruhigeren Phasen, hektischer Action und sogar Survival-Horror. Die Entwickler geben euch Zeit, um die Atmosphäre aufzusaugen, machen aber immer wieder deutlich, dass „The Last of Us“ kein Spaziergang im Park ist.

In den ruhigen Momenten durchsuche ich mit Joel die Gebiete nach Vorräten. Denn Kugeln, Medi-Packs und andere Hilfsmittel sind knapp. Wer hier durch die Level spurtet, bekommt beim nächsten Gefecht echte Probleme. Diese leisen Passagen werden oftmals noch durch die Zwischensequenzen oder kleinere Rätsel unterstützt. Da drückt ihr Schalter, zieht Hebel oder schiebt Nichtschwimmerin Ellie auf Planken über Flüsse. Einen Bruch gibt es dann aber spätestens, wenn die ersten Soldaten oder Hunter auftauchen.

Dann ist „The Last of Us“ plötzlich ein Third-Person-Shooter mit solidem Deckungssystem. Sobald ihr euch in die Hocke geht, drückt sich Joel automatisch an Wände und nimmt den Kopf runter. Das funktioniert ausgesprochen gut und ist ein wichtiges taktisches Mittel zum Überleben. Das Arsenal besteht aus den üblichen Verdächtigen: Schrotflinte, Pistolen, Revolver, ein Bogen für leise Abschüsse und ein Flammenwerfer, dazu gibt es Rauch- Nagel und Brandgranaten. Das Waffenmenü bedient ihr über das Digitalkreuz. Die Steuerung der Waffen erinnert an die „Uncharted“-Serie und ist tadellos.

Zu guter Letzt gibt es dann noch die Survival-Horror-Passagen, in denen Joel und Ellie nicht selten heillos unterlegen sind und vor Clickern und Infizierten flüchten müssen. „The Last of Us“ gönnt euch im Spielverlauf zwar Verschnaufpausen, pusht euch aber gleichzeitig mit gnadenloser Action.

_bmuploads_2013-02-03_1295_infected_runners

Survival-Action trifft Moderne
In der Pilz-Apokalypse sind die Vorräte rar, Waffen und Munition wertvoll. In „The Last of Us“ müsst ihr kräftig haushalten. Schießt ihr daneben, ist das doppelt ärgerlich. Denn man weiß nie, wann das nächste Waffenlager auftaucht. Besonders nach großen Gefechten herrscht schnell Ebbe im Arsenal. Aber das trägt sehr gut zur Atmosphäre von „The Last of Us“ bei. Ihr überlegt euch zwei Mal, ob ihr einen Schuss abfeuert. Nahkampfangriffe sind gerade gegen Runnern oder (ein Messer vorausgesetzt) Clickern oftmals die bessere Alternative.

Aber Vorsicht: Laute Kloppereien locken allzu häufig Verstärkung an, was nicht selten zum baldigen Neustart führt. So ist in den Kämpfen durchaus Taktik gefragt: Wie locke ich Feinde mit Steinen oder Flaschen ab? Wann nutze ich Granaten? Wie viele tödliche Schläge hält meine aktuelle Nahkampfwaffe noch aus, ehe sie kaputt geht? Das Inventarmanagement und die Planung der eigenen Attacken sind enorm wichtig und heben „The Last of Us“ von der übrigen Action- und Haudrauf-Konkurrenz ab.

Da ihr Medi-Packs, Messer oder Granaten nur selten findet, bastelt sie Joel kurzentschlossen selbst. Das Crafting-Menü ist übersichtlich, wenn auch nicht besonders opulent. Die Möglichkeiten sind eingeschränkt. So ist beispielsweise das Auseinandernehmen bereits bestehender Gegenstände nicht möglich. Aber für den Anfang ist diese Funktion absolut ausreichend, wenn auch ausbaufähig. Gleiches gilt für die Waffen-Upgrades, mit denen ihr standardmäßig Aspekte wie die Reichweite oder Ladegeschwindigkeit beeinflusst. Das passt alles gut zum Szenario, ist aber noch ein wenig oberflächlich.

Und dennoch wirkt „The Last of Us“ wie aus einem Guss. Klassisches Survival-Horror-Elemente wie Munitionsknappheit, Dunkelheit oder durch Pilzsporen vernebelte S treffen hier auf kleinere Rätsel und Arenakämpfe mit Zeitlimit. Wenn das Actionspiel ein Mal gruselig sein möchte, dann solltet ihr allerdings lieber die Beine, statt die Waffen in die Hand nehmen. An einigen Stellen ist die Flucht durch die Monster klüger als die direkte Konfrontation.

Aber genau diese Wahlmöglichkeiten sollte es auch in einem modernen Survival-Horrorspiel geben. Wem der normale Schwierigkeitsgrad zu locker ist, der kann übrigens auch auf der „Überlebender“-Stufe mit noch höherem Anspruch zocken.

Was wir weniger cool finden

Kleine KI-Aussetzer
Meine Kritikpunkte bei „The Last of Us“ sind durchweg Jammern auf hohem Niveau. Es gab keine Gameplay-Elemente, die mich exorbitant störten. Allerdings verhielten sich die computergesteuerten Charaktere im Spiel immer wieder sehr merkwürdig. An bestimmten Stellen wirkte es fast so, als wären Ellie und auch Tess Fremdkörper in der Umgebung. Sie konnten an Mutanten und Soldaten vorbei laufen und wurden nicht gesehen. An anderer Stelle musste ich sie immer wieder beiseite schieben, damit sie nicht im Weg stehen.

Die Sichtkegel der Mutanten und Soldaten sind ebenfalls nicht immer klar ersichtlich. Pilz-Zombies reagieren nicht auf Licht, was auch erklärt wird. Gelegentlich ignorieren aber auch Wachleute Joels eingeschaltete Taschenlampe. So waren manche Nahkampf-Kills zu einfach, manchmal wurde ich aber auch vorschnell entdeckt, obwohl ich leise in Deckung lag. Diese kleinen Schwankungen zerstören nicht den Spielspaß, sorgen aber immer wieder für Verwunderung. Vielleicht schiebt Naughty Dog ja hier alsbald einen Patch nach.

_bmuploads_2013-02-03_1287_basement_ellie_running

Unnötiges und aufgesetztes Fähigkeitensystem
„The Last of Us“ präsentiert sich als realistisch angehauchtes Actionspiel in einer apokalyptischen Welt. Es gibt keine Superhelden. Nur normale Menschen. Wieso kann dann bitteschön Joel mit dem Lauschmodus seine Gegner durch Wände sehen? Dieses Werkzeug ist zwar praktisch, passt aber nicht so wirklich in das Szenario von „The Last of Us“, noch wird es in irgend einer Weise erklärt.

Ähnlich unpassend erscheint das Charakterentwicklungssystem. Hier schmeißt sich Joel einfach eine handvoll Pillen ein und kann plötzlich Clicker auch mit dem Messer abwehren oder besser hören. Für mich sind diese Art der Upgrades ein Bruch mit dem Setting. Aber auch hier gilt: Die Funktionen stören nicht! Die Mechanik ist ordentlich, aber die Art der Aufbereitung eben ein wenig zweifelhaft.

System: PlayStation 3
Vertrieb: Sony
Entwickler: Naughty Dog
Releasedatum: 14. Juni 2013
USK: noch nicht bekannt
Offizielle Homepage:http://www.thelastofus.com/

9.5

Wertung und Fazit

TEST: The Last of Us – Das beste Spiel des Jahres?!

„The Last of Us“ ist das bislang beste Spiel des Jahres für die Playstation 3. Und obendrein ein echter Kracher zum Ende des aktuellen Konsolenzyklus. Es zeigt eindrucksvoll, wie Kreativität, Inszenierung und Gameplay in einander greifen. Selten wurde derart offen mit Erwachsenenthemen gearbeitet und noch viel seltener passten die Motive derart gut in einen Plot und zur Charakterzeichnung wie in „The Last of Us“. Auch wenn ich immer wieder „Uncharted“ durchscheinen sehe, hat das der Indiana-Jones-Verschnitt herzlich wenig mit „The Last of Us“ zu tun. Die Odyssee von Joel und Ellie berührt mit großen Gefühlen und tollen Momenten. Dazu gibt es eine moderne Spielmechanik, die gekonnt den Mittelweg aus Action-, Grusel- und Ruhephasen findet. Naughty Dog kontrollieren das Tempo und spielen dabei auf der Klaviatur der Emotionen. Mal laut, mal leise. Mal schnell, mal langsam. Aber „The Last of Us“ ist immer wunderschön, spannend und motivierend. Ich für meinen Teil werde mich auch nach dem Test noch einmal mit Joel und Ellie auf die Pirsch begeben. Und genau das solltet ihr auch tun!

Hotlist

Kommentare

spider2000

spider2000

06. Juni 2013 um 15:14 Uhr
Plastik Gitarre

Plastik Gitarre

06. Juni 2013 um 15:38 Uhr
CrazyZokker360

CrazyZokker360

06. Juni 2013 um 15:46 Uhr
DarkRyuHayabusa

DarkRyuHayabusa

06. Juni 2013 um 15:47 Uhr
Sackboy305

Sackboy305

06. Juni 2013 um 16:21 Uhr
Sackboy305

Sackboy305

06. Juni 2013 um 16:38 Uhr
schleckstengel

schleckstengel

06. Juni 2013 um 17:01 Uhr
Roronoa Zoro

Roronoa Zoro

06. Juni 2013 um 17:02 Uhr
Twisted M_fan

Twisted M_fan

06. Juni 2013 um 17:16 Uhr
ManmanSion

ManmanSion

06. Juni 2013 um 18:28 Uhr
Twisted M_fan

Twisted M_fan

06. Juni 2013 um 20:39 Uhr