Review

TEST: Tales of Xillia - Rasantes Rollenspiel, das einiges an Potential verschenkt

play3 Review: TEST: Tales of Xillia – Rasantes Rollenspiel, das einiges an Potential verschenkt

8.0

Schon kurz nach dem japanischen Launch von „Tales of Xillia“ warfen die Spieler aus Nippon mit verschiedenen Superlativen nur so um sich. Immer wieder war dabei vom bisher besten Ableger der beliebten Rollenspielserie die Rede. Für uns Grund genug, vor dem europäischen Launch am 9. August einen genaueren Blick zu riskieren und der Frage, ob die japanischen Spieler Recht behalten sollen, auf den Grund zu gehen.

Nur so viel vorweg: An meinen bisherigen Favoriten „Tales of Symphonia“ sowie „Tales of Vesperia“ führt für „Tales of Xillia“ kein Weg vorbei. Woran es genau scheitert, verdeutlichen euch die folgenden Zeilen.

Was wir cool finden:

Eine Geschichte aus zwei verschiedenen Perspektiven:

„Tales of Xillia“ verfrachtet euch in die fantastische Welt Rise Maxia, die sich in einer Art kaltem Krieg befindet, der die Menschheit ins Verderben zu reißen droht. So stehen sich die beiden führenden Mächte Rashugal und Auj Oule in ständigem Argwohn gegenüber und unterstellen der gegnerischen Partei, eine Invasion vorzubereiten und die Macht in Rise Maxia an sich reißen zu wollen.

Inmitten dieses trügerischen Friedens leben die Menschen in Einklang mit der Natur und den Geistern von Rise Maxia. Eines Tages bemerkt Maxwell, der Herr der Geister allerdings, dass die magischen Wesen auf rätselhafte Art und Weise sterben und spurlos zu verschwinden scheinen. Um dem mysteriösen Geschehen auf den Grund zu gehen, nimmt Maxwell die Gestalt der attraktiven Milla, die als erster spielbarer Hauptcharakter fungiert, an. Es dauert nicht lange und Milla stößt auf eine geheimnisvolle Maschine, mit der die Menschen in der Lage sind, die Energie der Geister absorbieren und diese für ihre Zwecke einzusetzen. Es versteht sich wohl von selbst, dass sich bei Milla schnell die Vermutung breit macht, dass hier vor allem militärische Überlegungen im Mittelpunkt stehen.

Doch ehe Milla weiß, wie ihr geschieht, fällt sie der geheimnisvollen Waffe bereits zum Opfer und muss hilflos mit ansehen, wie ihr diese ihre Kräfte raubt und auch die vier großen Geister, die ihr stets mit Rat und Tat zur Seite standen, absorbiert. Lediglich dem Eingreifen des jungen Medizistudenten Jude Mathis, dem zweiten spielbaren Charakter, ist es zu verdanken, dass Milla diese Attacke mehr schlecht als recht überlebt. Zu Beginn des Abenteuers habt ihr die Möglichkeit, euch zu entscheiden, ob ihr die Kontrolle über Milla übernehmt oder mit Jude in die Schlacht ziehen wollt. Egal für welchen der beiden Helden ihr euch auch entscheiden mögt, die grundlegende und unserer Meinung nach gelungen inszenierte Rahmenhandlung, die nach den ersten recht gemächlichen Spielstunden gehörig an Fahrt aufnimmt, bleibt im Großen und Ganzen die gleiche.

Lediglich eine Hand voll exklusiver Events wartet in der Kampagne, die es je nachdem, in wie weit ihr euch auf die diversen Nebenaufgaben einlasst, auf eine Länge von etwa 20 bis 25 Stunden bringt, hier und da auf euch.

tales-of-xillia-1

Rasant, taktisch und niemals langweilig: Das Kampfsystem:

Jedem, der schon einmal mit der „Tales of“-Serie in Verbindung kam, wird zu Beginn sicherlich ein ganz bestimmtes Feature der Reihe ins Auge gestochen sein: Das rasante und in Echtzeit gehaltene Kampfsystem, das erwartungsgemäß auch in „Tales of Xillia“ Einzug erhielt. Beim internen Brainstorming entschlossen sich die kreativen Köpfe von Bandai Namco offenbar dazu, die beliebtesten Features der vergangenen Kampfsysteme aufzugreifen, diese in einen Topf zu werfen und einmal kräftig umzurühren.

Herauskam die bisher beste Version der Echtzeitscharmützel. Je nachdem, für welchen der beiden Helden ihr euch zu Beginn entschieden habt, übernehmt ihr in den Kämpfen die Kontrolle über Milla beziehungsweise Jude, scheucht diese mit dem linken Stick durch das Geschehen und lasst verschiedene physische Attacken, Spezialmanöver oder wuchtige Zauber vom Stapel. Unterstützt werdet ihr dabei von der künstlichen Intelligenz, die die ihr zugewiesenen Befehle akkurat umsetzt und euch stets hilfreich zur Seite steht. Mitunter sogar etwas zu hilfreich, müssen wir anmerken. Aufgrund der clever agierenden KI-Partner und des auch ansonsten recht niedrig angesetzten Schwierigkeitsgrades werden sich erfahrene Rollenspiel-Ritter auch auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad gelegentlich unterfordert fühlen.

Zu den neuen Features gehört das sogenannte Link-System, mit dem ihr während der Kämpfe eine Verbindung mit einem eurer Begleiter eingehen könnt, um auf diesem Wege eure Widersacher gezielt ins Visier nehmen zu können. Hinzukommt, dass ihr so auf die individuellen Stärken und Schwächen eurer Gegner eingehen und diese beispielsweise lähmen oder in Zusammenarbeit mit eurem Partner deren Deckung durchbrechen dürft. Habt ihr mit eurem Partner eine bestimmte Anzahl an Treffern gelandet, seid ihr in der Lage, eine bildschirmfüllende Spezialattacke aus dem Ärmel schütteln, die nicht nur ungemein spektakulär aussieht, sondern darüber hinaus auch mächtig Schaden verursacht und ganze neue Combos ermöglicht.

Unter dem Strich besticht das Kampfsystem durch seine zahlreichen taktischen Facetten, die dafür sorgen, dass die Scharmützel selbst auf lange Sicht nicht langweilig werden. Stets wird man auf neue Mittel und Wege, den Widersachern die Hölle heiß zu machen, stoßen und zufrieden feststellen, dass man drauf an dran ist, sämtliche Eigenheiten des komplexen Kampfsystems verinnerlicht zu haben. Wer sich angesichts der zahlreichen Möglichkeiten überfordert fühlen sollte, darf beruhigt sein: Die entsprechenden Tutorials sind jederzeit einsehbar und gewährleisten so, dass auch Neulinge auf ihre Kosten kommen.

tales-of-xillia-2

Der Sprung in die Moderne:

Der „Tales of“-Reihe wird ja gerne einmal vorgeworfen, dass wir es hier mit klassischer Massenware zu tun haben, die in typischer Fließbandmanier produziert und bei der konsequent auf Neuerungen verzichtet wird. Vorwürfe, mit denen man „Tales of Xillia“ definitiv Unrecht tun würde. Neben dem bisher besten Kampfsystem der langlebigen Serien, erhielten zudem kleinere Neuerungen Einzug.

Vorbei sind beispielsweise die Zeiten, in denen ihr eure Party in der starren Vogelperspektive über eine Weltkarte gescheucht habt. Beide Features fielen in „Tales of Xillia“ dem Rotstift zum Opfer. Während viele der Vorgänger noch auf eine klassische Weltkarte setzten, sind die Städte im Abenteuer von Milla und Jude mit mehr oder weniger ausufernden Arealen miteinander verbunden. Auch wenn euer Forscherdrang meist nur wenig gefordert wird, da abgesehen von den stets sichtbaren Monstern und diversen Gegenständen und Schatzkisten nur wenig Geheimnisse in den Gebieten warten, muss man den Designern zumindest attestierten, dass man um die nötige Abwechslung bemüht war. Mal verschlägt es euch in dunkle Wälder, ein anderes Mal erkundet ihr einen malerischen Strand oder macht orientalisch angehauchte Dörfer unsicher. Erfreulich: Sollte euch nicht der Sinn danach stehen, lange Fußmärsche in Kauf zu nehmen, dürft ihr dank des Schnellreise-Systems auf Knopfdruck zwischen bereits betretenen Orten hin- und herspringen – komplett ohne Ladezeiten.

Angetan hat es uns zudem das ‚Liliumkugel‘ genannte Level-Up-System. Optisch erinnert dieses ein wenig an ein Spinnennetz, in das ihr nach einem Levelaufstieg entsprechende Kugeln investierten und so neue Fertigkeiten, Verbesserungen der Statuswerte oder exklusive Skills freischalten könnt. Da euch selbst überlassen ist, in welche Richtung ihr eure Helden entwickelt, kommen vor allem Forscher auf ihre Kosten. Zudem dürft ihr eure Fortschritte nach dem Abschluss der Kampagne in den zweiten Durchlauf übernehmen – dem ‚New Game+‘-Feature sei Dank.

tales-of-xillia-3

Was wir weniger cool finden:

Kleinere Design-Patzer:

Versteht mich nicht falsch: Ich bin sicherlich niemand, der auf der klassischen „Früher war alles besser“-Schiene unterwegs ist. Rückblickend erreichte die langlebige Serie mit „Tales of Symphonia“ meiner Meinung nach jedoch ihren Höhepunkt und versucht seitdem in vielen Bereichen vergeblich, zum gefeierten GameCube-Abenteuer aufzuschließen.

„Tales of Xillia“ bildet da leider keine Ausnahme und enttäuscht vor allem im Bereich des Charakter-Designs. Es ist nicht so, dass man sich mit dem Cast nicht identifizieren würde oder dass euch die Geschichte rund um das Schicksal von Rise Maxia gänzlich kalt lässt, irgendwie mangelt es „Tales of Xillia“ jedoch an ikonischen Recken wie beispielsweise Lloyd Irving aus „Tales of Symphonia“, der sich nach und nach von einem störrischen ignoranten Teenager in einen verantwortungsvollen Erwachsenen verwandelt. „Tales of Xillia“ hingegen lässt leider immer wieder die nötige Magie bei der Interaktion der Helden untereinander vermissen. Während die beiden Haupthelden Milla und Jude regelmäßig euer Interesse wecken, bleiben die restlichen vier Recken leider meist blass und spulen lediglich die 0815-Japano-Rollenspiel-Klischees ab – ein junges Mädchen mit einer sprechenden Puppe und ein zunächst kaltherziger Söldner, der mit der Zeit gewillt ist, zwischenmenschliche Gefühle zuzulassen, dürfen da natürlich nicht fehlen.

Ebenfalls geteilter Meinung kann man über die Entscheidung sein, auf das bekannte und beliebte Synthese-System zu verzichten. Anstatt eigene Rüstungen, Gegenstände und Waffen erschaffen zu können, stoßt ihr in der Welt von „Tales of Xillia“ an allen Ecken und Enden auf verschiedene Ressourcen, mit denen ihr das Level der einzelnen Händler erhöhen und deren Angebote erweitern könnt. Dem einen oder anderen wird dieses neue System sicherlich zusagen, einen vollwertigen Ersatz für das Synthese-Feature sehen wir in diesem allerdings nicht. Und dann wäre da noch die kleinen technischen Mankos, die in dieser Form definitiv vermeidbar gewesen wären.

Alles in allem besticht „Tales of Xillia“ zwar durch seinen farbenfrohen Grafikstil, die effektgeladenen Scharmützel und die abwechslungreichen Areale, gelegentlich kommt es allerdings vor, dass die Gebiete etwas karg und lieblos gestaltet wirken. Den Puristen unter euch sei gesagt, dass ihr euch zudem mit den englischen Synchronsprechern arrangieren müsst. Die japanische Original-Tonspur fand auch dieses Mal nicht den Weg in die europäische Version.

tales-of-xillia-4

Dr. DLC übernehmen sie?:

Angesichts meiner abschließenden Spielzeit von rund 33 Stunden mag man mir Jammern auf hohem Niveau unterstellen. Im Direktvergleich mit den Vorgängern zieht „Tales Xillia“ in Sachen Content aber leider deutlich den Kürzeren.

Und bedauerlicherweise macht es keinen Unterschied, ob man sich hier auf exzentrische Persönlichkeiten, die irgendwo in der Spielwelt zu finden sind, geheime Areale, optionale und mächtige Bosse, ansprechende Nebenmissionen oder Post Game-Dungeons bezieht: Spätestens nachdem das sicherlich nicht für alle zufriedenstellende Ende, bei dem schnell deutlich wird, dass uns mit „Tales of Xillia 2“ ein direktes Sequel zum Abenteuer von Milla und Jude ins Haus steht, erreicht ist, wird einem das Gefühl vermittelt, dass die Entwickler von Bandai Namco im Bereich des Contents lediglich das Nötigste Taten, um nicht die Vermutung aufkommen zu lassen, dass ein Teil der Inhalte aus dem fertigen Spiel entfernt wurde, um sie anschließend in Form von kostenpflichtigem Download-Content anzubieten.

Dummerweise lässt sich dieser Gedankengang zu keinem Zeitpunkt beiseite schieben und wird sich spätestens bei den Kostümen in den Vordergrund drängen. Ein Beispiel: Auch wenn eure Party aus sechs verschiedenen Charakteren besteht, lassen sich ohne Zusatzkosten lediglich vier zusätzliche Outfits freispielen. Wer nicht gewillt sein sollte, sich mit den verschiedenen Items, mit denen die Kostüme der Recken dezent modifiziert werden können, zu arrangieren, wird nach dem Launch also zusätzliches Geld in die Hand nehmen müssen. Zumal es sich leider von selbst versteht, dass es nicht gerade die optisch ansprechendsten Outfits sind, die im Spiel an sich auf euch warten.

Erschwerend kommt an dieser Stelle hinzu, dass es mit der Kreativität der Nebenmissionen ohnehin nicht allzu weit her ist. Meist läuft es auf das Einsammeln bestimmter Rezepte oder das Vertrimmen vorgegebener Monster hinaus. Die Belohnungen hingegen beschränken sich in der Regel auf Geld und Erfahrungspunkte. Wirklich wertvolle Belohnungen hingegen kredenzt man euch für eure Mühen nur selten.

System: Playstation 3

Vertrieb: Bandai Namco

Entwickler: Bandai Namco

Releasedatum: Erhältlich

USK: Ab 12

8.0

Wertung und Fazit

TEST: Tales of Xillia – Rasantes Rollenspiel, das einiges an Potential verschenkt

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass "Tales of Xillia" den hohen Erwartungen, die die ersten Eindrücke aus Japan schürten, nicht ganz gerecht wird. Denn während auf der einen Seite ein rundum solide inszeniertes Rollenspiel wartet, das vor allem mit seinem Kampfsystem, der freien Charakter-Entwicklung und der interessanten Rahmenhandlung an sich punktet, muss sich Bandai Namco auf der anderen Seite leider den Vorwurf gefallen lassen, dass man vor allem im Bereich der Charaktere patzte und eine Hand voll Helden auf die Reise schickte, die oftmals erschreckend blass bleiben und euch bei weitem nicht so lange in Erinnerung bleiben werden, wie ihre Pendants aus „Tales of Symphonia“ oder „Tales of Vesperia“. Aufgrund der spannenden Handlung, des soliden Umfangs und der weitestgehend runden technischen Umsetzung dürfen Rollenspiel-Fans und Anhänger der „Tales of“-Serie trotz allem einen genaueren Blick riskieren.