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TEST: South Park – Der Stab der Wahrheit

play3 Review: TEST: South Park – Der Stab der Wahrheit

8.0

In den vergangenen Wochen wurde viel über „South Park – Der Stab der Wahrheit“ geschrieben. Erst über eine ausführliche Hands-On-Session und die positiven Eindrücke des Comic-Rollenspiels. Später dann über die angekündigten Schnitte und die ärgerliche Zensur.

Nach mehr als drei Jahren Entwicklungszeit und etlichen Release-Verschiebungen erscheint „South Park – Der Stab der Wahrheit“ nun am 06. März 2014 für die Playstation 3. Und damit enden auch die Spekulationen über die Qualitäten des RPGs. Erfahrt in unserem Test, ob sich ein Trip nach „South Park“ lohnt oder ob ihr doch lieber Zuhause bleiben solltet.

Anmerkung zu den Schnitten in „South Park – Der Stab der Wahrheit“: Die europäische Playstation 3-Version wurde an einigen Stellen geschnitten. Dabei handelt es sich im Einzelnen um zwei Mini-Spiele zum Thema „Abtreibung“ und um einige Szenen, in denen Randy per Anal-Sonde „bearbeitet“ wird. Außerdem fehlen in der deutschen Version im Speziellen alle Zeichen und Gesten, die verfassungswidrig sind und mit dem Dritten Reich zu tun haben. Der Hitlergruß der Nazi-Zombies wird dann mit einem schwarzen Balken verdeckt! All diese Schnitte hinterlassen einen faden Beigeschmack und erzeugen (wieder einmal) das Gefühl, als erwachsener Spieler bevormundet zu werden.

Was wir cool finden

Furze niemandem auf die Eier!
„South Park – Der Stab der Wahrheit“ ist wie eine Spiel gewordene Folge der TV-Serie. Es beginnt alles ganz idyllisch: Als neues Kind in der Stadt macht ihr Bekanntschaft mit Butters. Dieser führt euch zu Cartman, der euch sogleich als Soldaten für den Konflikt zwischen Elfen und Menschen rekrutiert. Hier wählt ihr auch aus, ob ihr Kämpfer, Dieb, Zauberer oder Jude sein möchtet. Was allerdings Anfangs noch wie ein Spiel anmutet, wird spätestens nach drei Spielstunden bitterböser Ernst. Denn dann endet der erste Tag und damit eskaliert „Der Stab der Wahrheit“ immer weiter, ehe es vollends ins Absurde abdriftet.

Plötzlich gibt es Nazi-Zombies, fremde Sprachen (französisch) und eine Regierung, die alles vertuschen will. Plötzlich kann sich eure Spielfigur per Wichtelstaub auf Miniaturgröße schrumpfen und kämpft mit Wichteln auf dem Bett der eigenen Eltern, während es diese wie wahnsinnig treiben. „South Park – Der Stab der Wahrheit“ ist eine einzige Ansammlung an Absurditäten, schlechten Witzen und Geschmacklosigkeiten. Und genau deshalb fühlen sich Serien-Fans hier auch sofort sauwohl.

Fast alle aus der Serie bekannten Figuren kommen in der einen oder anderen Haupt- oder Nebenrolle zum Einsatz. Für Mister Slave müsst ihr beispielsweise ein vibrierendes „Päckchen“ von der Post holen, ehe er euch als Beschwörungszauber zur Verfügung steht. Mit Al Gore geht ihr auf die Suche nach dem Schweinebärmann. „South Park – Der Stab der Wahrheit“ hat zwar seine spielerischen Schwächen, ist aber erzählerisch – trotz aller wirren Twists und Ideen – absolut brillant inszeniert und ein Ebenbild der Serie.

Wichtig: Das Spiel verfügt über keinerlei deutsche Sprachausgabe! Stattdessen gibt es englische Dialoge mit deutschen Untertiteln. Wer alle Gags wirklich verstehen möchte, sollte über ein gutes „Gossenenglisch“ verfügen. Ansonsten gehen viele Späße nämlich in den deutschen Bildschirmeinblendungen unter.

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Neben- und Sammelaufgaben
So lag für mich zunächst der Hauptanreiz darin, „South Park“ auf eigene Faust zu erkunden. Kann meine Spielfigur zu Beginn nur mit golden markierten Objekten interagieren, öffnet sich mit neuen Fähigkeiten und zunehmender Spielzeit die gesamte Stadt. Mit Hilfe des Wichtelstaubs macht sich mein Held winzig klein und kann so durch Spalten oder Öffnungen klettern. Mit Pfeil und Bogen interagiere ich mit blitzenden Objekten und schieße beispielsweise Plattformen oder gar eine der 30 versteckten Chinepokemon-Figuren herunter. Mit der Anal-Sonde kann ich mich an bestimmten Empfängern sogar teleportieren lassen und erreiche so zuvor unzugängliche Bereiche. Und gelegentlich dürfen Kameraden wie Kenny oder Butters ran, um Türen zu öffnen.

Auch wenn „South Park“ sicherlich kein neues „Skyrim“ oder „Fallout 3“ ist, so ist das Gebiet – mit zusätzlichen Bereichen wie der Schule, der Kanalisation, einem UFO, unendlichen Wäldern und … KANADA – groß genug, um einen bei Laune zu halten.

Wirklich gut hat mir dabei einmal mehr die Interaktion mit den Bewohnern der Stadt gefallen. Diese brabbeln zum Teil zwar nur unwichtiges Zeug, haben aber dennoch zumeist eine Aufgabe im Spiel. Denn mein kleiner Held kann sich bei Facebook mit ihnen anfreunden und erhält so Vorteile – also passive Fähigkeiten im Kampf – dazu. Da diese wirklich spürbaren Einfluss auf die Kämpfe und den angerichteten Schaden oder die eigene Taktik haben, macht das Absuchen der Stadt und das Finden von Freunden gleich nochmal so viel Spaß.

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Beschwörungen, Macht- und Magiettacken
Aber nicht alle Figuren sind nur einfache Freunde, Charaktere wie Mr. Hanky, Jesus oder Mister Slave mischen als Beschwörungen und damit als Spezial-Kräfte in den Gefechten mit. Da „South Park – Der Stab der Wahrheit“ allerdings an verschiedenen Tagen spielt, kann man jede Beschwörung nur ein Mal täglich einsetzen und dann nicht gegen Bossgegner. Diese Einschränkung wirkt zwar aufgesetzt, macht aber durchaus Sinn. Denn letztlich sind die Bosskämpfe die einzigen wirklich herausfordernden Schlachten im Spiel.

Das Kampfsystem erweist sich im Test als solide bis gut gelungen. Die eingestreuten Reaktionstests werden nach einigen Stunden im Spiel zur Routine, was dazu führt, dass die anfängliche Anspannung abfällt und man sich mehr mit der Taktik und den Möglichkeiten beschäftigen kann. Denn obwohl „South Park“ sich immer wieder lauthals über Rollenspiele wie „Baldur’s Gate“ lustig macht, greift es dennoch einige Meriten der Klassiker auf. So verfallen Spielfiguren durch bestimmte Angriffe in Zustände wie „wütend“, „angewidert“ oder „blutend“. Ihr selbst könnt die Eigenschaften mit Tränken oder Zaubern beeinflussen und so Abwehr oder Verteidigung nach oben schrauben. Zudem gibt es Immunitäten gegen bestimmte Angriffe. So sind beispielsweise Zomies gegen Waffen mit der Zusatzfunktion „angewidert“ unverwundbar. Andere Figuren stellen sich auf „kontern“ oder „reflektieren“, sodass ihr bestimmte Aktionen nicht ansetzen könnt.

Auch wenn das Kampfsystem in sich kinderleicht ist, erfordert es eine gewisse Strategie und Kenntnisse über die jeweiligen Zustände. Zudem müsst ihr bei magischen Fürzen auf euren Mana-Haushalt und bei Spezial-Angriffen auf eure Machtanzeige achten. Notfalls werft ihr zwischen den Runden Heil- oder Regenerationstränke ein, um die Balken wieder aufzufüllen. So sind die Schlachten zwar nicht überkomplex und auf Dauer sogar ein bisschen monoton. Aber „South Park“ gelingt es immer wieder mit neuen Gegnertypen aufkeimende Langeweile zu durchbrechen und für Abwechslung zu sorgen.

Was wir weniger cool finden

Beute ohne Wert!
Das größte Problem von „South Park – Der Stab der Wahrheit“ ist allerdings das schwache Loot-System. Denn die Belohnungen passen sich nicht an die aktuelle Charakterstufe meiner Spielfigur an. So habe ich nach etwa zehn Stunden und bei Level 10 noch eine längere Nebenaufgabe innerhalb der Stadt erfüllt und bekam dafür eine Keule mit Level 2.

Da fragt man sich dann schon, warum man sich die Mühe gemacht hat. Noch dazu, weil die Beute in „South Park“ ohnehin meist nur aus Plunder und einigen Tränken besteht. Durch den vergleichsweise niedrigen Schwierigkeitsgrad stapeln sich im Inventar förmlich Heil-, Macht- und Manatränke. Sollte doch einmal Not am Mann sein, verkauft man einfach den ebenfalls zu Hauf verteilten Plunder und spült so ausreichend Dollars in die eigene Kasse.

„South Park“ gelingt es weder in den Haupt- noch in den Nebenaufgaben, ein Gefühl der Wertigkeit zu erzeugen. Die schönste Belohnung ist noch ein neuer Freund auf Facebook. Aber wirklich wertvolle Waffen oder Flicken zur Erweiterung der Fähigkeiten – etwa durch Frost-, Feuer- oder Schockschaden – gibt es oft nur nebenbei oder beim Händler. Im Gegensatz zu anderen RPGs sind bei diesem die Preise auch noch unverschämt niedrig, sodass ihr jederzeit die besten Waffen im Sortiment kaufen könnt und daher gar nicht auf Belohnungen angewiesen seid.

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Inventar- und Charaktersystem
Das nächste Problem von „South Park – Der Stab der Wahrheit“ ist das fummelige und hässliche Inventar- und Charaktersystem. Die Misere beginnt bereits, wenn ich nach einigen Quests und Diebestouren meinen „Kram“ beim Händler verkaufen möchte. Es gibt keine Möglichkeit, seinen Plunder in einem Rutsch loszuwerden. Stattdessen muss ich jedes Objekt per Dauerfeuer selbst verkaufen.

Dazu vermisse ich bei der Charaktergestaltung die Möglichkeiten. Die Entwicklung ist furchtbar linear. Nach einem Levelup erhalte ich einen Zusatzpunkt, den ich auf fünf Spezial-Attacken mit jeweils vier Entwicklungsstufen verteilen darf. Natürlich sind die Veränderungen spürbar, ein echtes Gefühl des Fortschritts oder der Weiterentwicklung gibt es allerdings nicht. Von einem Rollenspiel erwarte ich ein gewisses Maß an Komplexität, eine Möglichkeit meine Spielfigur zu etwas Besonderem innerhalb der Klassengrenzen zu machen. Diese Option ist in „South Park“ leider nicht gegeben.

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Party ohne Helden
In meiner Idealvorstellung von „South Park – Der Stab der Wahrheit“ hätte ich eine Party mit Cartman, Kyle, Stan und den anderen Figuren zusammengestellt und wäre dann auf großen Schlachtfeldern ins Gefecht gezogen. Aber das geht leider nicht! Stattdessen tritt neben dem Neuen lediglich ein weiterer Held an dessen Seite an – wahlweise Cartman, Kenny, Stan, Jimmy, Kyle oder Butters. Auch sind die übrigen Figuren nicht aufrüstbar. Sie steigen zwar in ihren Stärken gemeinsam mit dem eigenen Helden auf und erlernen neue Fertigkeiten dazu. Aber auf die eigentlichen Angriffe oder gar deren Inventar und Bewaffnung habt ihr keinen Einfluss. Dieser Mangel an Möglichkeiten verdirbt einem das Wir-Gefühl, das in den Zwischensequenzen durchaus aufkommt, aber mit den Wechseln innerhalb der Kämpfe einfach wieder kaputt gemacht wird.

Über den Autor:Olaf ist bereits seit dem Jahr 2000 als freier Redakteur im Bereich der Video- und Computerspiele tätig. So schrieb er u.a. von 2005 bis 2007 für die Printmagazine „play THE PLAYSTATION“ und die Schwestermagazin „Playstation – Das offizielle Magazin“ und „Games Aktuell“. Heute arbeitet er u.a. für „COMPUTER BILD Spiele“ und „www.spieletipps.de“ oder schreibt Specials und Tests für „playBlu“ von Computec.

System: PlayStation 3
Vertrieb: Ubisoft
Entwickler: Obsidian Entertainment
Releasedatum: 06. März 2014
USK: noch nicht bekannt
Offizielle Homepage:http://www.ubi.com/US/Games/Info.aspx?pId=11498

8.0

Wertung und Fazit

TEST: South Park – Der Stab der Wahrheit

„South Park – Der Stab der Wahrheit“ ist eines dieser Spiele, denen eine normale Wertungsskala nicht ausreicht. Betrachtet man es lediglich als rundenbasiertes Rollenspiel, dann hat „South Park“ einige gravierende Schwächen. Durch das schwache Loot-System fühlen sich viele Aufgaben unbefriedigend an. Das Fehlen von Party-Funktionen, kaum Möglichkeiten in der Charakterentwicklung und das hässliche Inventar stehen einem soliden Kampfsystem gegenüber. „South Park“ ist sicherlich kein Spiel für RPG-Puristen. Allerdings ziehen die geniale Präsentation und die verrückte Geschichte den Karren noch einmal aus dem Dreck. Mehr als ein Mal habe ich laut lachend oder mit aufgerissenem Mund vor dem Fernseher gesessen und konnte gar nicht fassen, was da gerade auf der Mattscheibe passiert. „South Park – Der Stab der Wahrheit“ ist als Rollenspiel nur gehobenes Mittelmaß, aber als spielbarer Comic einsame Spitzenklasse! Freunde und Kenner der Serie verbringen hier Stunden damit, das Bergdorf in Colorado zu erkunden und freuen sich über jedes Wiedersehen mit alten Bekannten. „South Park – Der Stab der Wahrheit“ steckt voll so viel Liebe zum Produkt, dass ich die negativen Aspekte zwischendurch einfach vergessen habe und mich stattdessen einfach nur an den Zwischensequenzen und den netten Kämpfen erfreut habe. „South Park – Der Stab der Wahrheit“ ist ein Muss für Fans des Anarcho-Cartoons.

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Kommentare

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