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TEST: Thief – Reboot mit Schwächen!

play3 Review: TEST: Thief – Reboot mit Schwächen!

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2014 ist das Jahr der Reboots. In Hollywood jagt eine Neuauflage die nächste. „Teenage Mutant Ninja Turtles“, „Godzilla“ oder „RoboCop“ sind nur einige prominente Beispiele für diese Trend der Ideenlosigkeit.

Aber grundsätzlich muss ein Reboot ja nichts Schlechtes sein. Eidos Montreal machte mit „Deus Ex: Human Revolution“ oder „Tomb Raider“ eindrucksvoll vor, wie man scheinbar ausgelutschten Marken wieder neues Leben einhaucht.

Aber ob dieses Kunststück auch noch ein weiteres Mal mit „Thief“ funktioniert, einem Spiel, dessen Vorväter als „Dark Project: Der Meisterdieb“ (1998) und „Dark Project 2: The Metal Age“ (2000) das Stealth-Genre revolutionierten?

Was wir cool finden

Stimmungsvolle Kulisse
„Thief“ spielt in einer finsteren Stadt, regiert von dem erbarmungslosen Baron Northcrest und gebeutelt von einer schweren Seuche. Die Menschen leiden. Die Stadt versinkt langsam im Chaos. Dem Action-Adventure gelingt es dank seiner hübschen Kulisse und dem gelungenen Spiel aus Licht und Schatten sehr gut, eine finstere Atmosphäre zu erzeugen.

„Thief“ erinnert in seinem Steampunk-Artstyle leicht an „Dishonored – Die Maske des Zorns“, allerdings sind die Areale hier häufig enger und verschachtelter. Trotzdem sind mittelalterlichen Bauten in Kombination mit moderner wirkenden Technologien und einer gehörigen Prise Mystik interessant genug, um einen zum längeren Hinschauen zu ermutigen.

Aber: „Thief“ bietet farblich wenig Abwechslung. Es ist ein ausgesprochen finsteres Spiel, das nur selten auf kräftige Farben setzt. Dafür wird wiederum das Spiel von Licht und Schatten sehr gut in den Verlauf eingebunden. So lange Garrett im Dunkeln bleibt, ist er nämlich nahezu unsichtbar und kann unbemerkt von einer Deckung in die nächste zischen.

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Einstellungssache
Vor dem Starten des Spiels gibt euch „Thief“ jede Menge Einstellungsmöglichkeiten. So gibt es zunächst die drei Standard-Schwierigkeitsgrade Schurke, Dieb und Meister. Diese unterscheiden sich grundlegend in Bereichen wie der Wachen-KI, den Ressourcen- und Upgrade-Preisen voneinander. Daneben könnt ihr euch aber auch einen eigenen Schwierigkeitsgrad zusammenstellen und dabei auf eine ganze Fülle von Faktoren Einfluss nehmen: „Keine Upgrades zulassen“, „Werkzeuge sind teurer“ oder „Nur Stealth-Knockouts zulassen“ sind nur einige der möglichen Variablen. Daher kann hier auch niemand über den Fokus-Modus jammern. Wer ihn nicht benutzen möchte, soll ihn einfach abstellen oder gleich im höchsten Schwierigkeitsgrad anfangen.

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Schleichen, stehlen, erkunden
„Thief“ entführt euch in eine riesige Stadt, in der ihr entweder linear der Geschichte folgt oder euch beim Hehler Basso Nebenmissionen abholt. Diese beschränken sich meist auf einfache Diebestouren. Mal müsst ihr einen besonders wertvollen Stift entwenden, mal ein Gemälde – die Aufträge sind stets sehr ähnlich, variieren aber im Schauplatz. Im Anschluss landen seltene Fundsütkce dann in Garretts Glockenturm. Überhaupt macht „Thief“ aber dann am meisten Spaß, wenn man frei bzw. innerhalb der spielerischen Grenzen durch die Straßen streunt und alles einsackt, was nicht niet- und nagelfest ist. Zwar fühlt man sich in diesen Momenten eher wie die diebische Elster als wie ein Meisterdieb, aber Spaß macht das Rauben dennoch.

Wirklich gut gelungen sind dabei die Mini-Spiele. So sucht Garrett etwa durch Abtasten von Bilderrahmen nach versteckten Schaltern. Sobald dann das Gamepad vibriert, wisst ihr, dass ihr die Aktionstaste drücken müsst und somit den Schalter gefunden habt. Diese Art der Interaktion mit der Umgebung ist wirklich toll und macht die Spielfigur Garrett körperlicher und greifbarer.

Allerdings wird „Thief“ in Sachen Missiondesign seinen Vorgängern nicht gerecht. Zwar besitzen Orte wie eine verlassene Gießerei mehrere Eingänge. Trotzdem sind diese aber sehr offensichtlich. Die Gebiete sind meist nicht sonderlich groß, sodass das aus den Originalen bekannte Planen nahezu wegfällt. Nichtsdestotrotz ist die Schleichmechanik gemeinsam mit den vielen verschiedenen Pfeilen durchdacht und in sich stimmig. So lange Garrett sich im Dunkeln aufhält, ist er nahezu unsichtbar. Kommt er ins Licht, werden Wachleute auf ihn aufmerksam. Einziger Haken: So flott und aggressiv die Gegner-KI auch zumeist ist, sie untersuchen höhere gelegene Ebenen kaum. Dadurch ist ein kurzer Sprint eine Leiter oder mit dem Haken die Wand empor oftmals die sichere Rettung.

Denn Garrett ist kein Krieger. Gegen einen Wachmann habt ihr mit der Keule dank handlicher Ausweichbewegungen noch eine Chance. Sobald zwei oder mehr Gegner auftauchen, ist aber Flucht oder Neustart angesagt. Bestes Hilfsmittel ist dabei die „X“-Taste. Sobald Garrett in der Hocke ist, sprintet ihr damit von einer Deckung zur nächsten und seid dabei nahezu unsichtbar. Ähnlich wie der „Teleport“ in „Dishonored“ ist diese Funktion etwas übermächtig, passt aber gut zum Motiv des Meisterdiebs.

Was wir weniger cool finden

Hindernisse, Ladezeiten, Grenzen
Mein größtes Problem mit „Thief“ sind die vielen Inkonsequenzen in der Gestaltung der Stadt. Die Bewohner tapsen marionettenhaft durch die Straßen, wiederholen häufig immer gleiche Dialogzeilen. Sie beklagen sich darüber, dass es ihnen so schlecht geht und das Geld fehlt, dabei liegen überall Goldmünzen, Kerzenständer und andere Kostbarkeiten herum. Ich bin ja bereit, kleinere Logikzugeständnisse zu Gunsten des Spieldesigns zu machen. Aber bei „Thief“ fühle ich mich wirklich veräppelt.

Anders als in „Assassin’s Creed 4: Black Flag“ kann ich mich zudem nicht frei innerhalb der einzelnen Areale bewegen. So ist es nicht möglich, auf der Flucht über Kisten zu springen oder schnell auf Fässern zur nächsten höheren Ebene zu hopsen. Stattdessen renne ich in „Thief“ immer wieder vor unsichtbare Wände und darf wirklich nur dort klettern, springen oder einen Seilpfeil einsetzen, wo es die Entwickler auch so vorgesehen haben. Immerhin gibt es Markierungen, die mich auf diese Stellen hinweisen, aber auch diese Art der künstlichen Grenzen sorgen dafür, dass „Thief“ sich nicht wie eine lebendige Spielwelt, sondern wie eine hübsche Theaterkulisse anfühlt.

Dazu kommt der eigentliche Architektur der Innenräume. Immer wieder breche ich in Gebäude ein, die nur aus einem Raum bestehen. Die Türen sind nicht benutzbar. Alle Wege sind versperrt. Ständig treffe ich auf Sackgassen. Und obendrein wird mein Spielfluss durch kleine oder etwas längere Ladezeiten zwischen den einzelnen Level-HUBs unterbrochen. „Thief“ versäumt es eine glaubwürdige Stadtatmosphäre zu kreieren, was „Dark Project: Der Meisterdieb“ seiner Zeit trotz aller technischen Limitierungen gelang.

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WER spricht da?
Umgebungsgeräuschen und Sprache spielten in der „Thief“-Serie stets eine besonders wichtige Rolle. Speziell die Untergründe beeinflussten den Spielablauf stark und sorgten dafür, dass Garrett in den Originalen noch Moospfeile auspackte, um seine Schritte auf hartem Steinboden zu dämpfen. In „Thief“ spielen diese Aspekte nahezu keine Rolle mehr. Zwar gibt es weiterhin verschiedene Bodenbeläge. So tauchen sogar Wasser oder zerbrochenes Glas im Spiel auf. Allerdings haben sie nahezu keinen Effekt auf den Spielbetrieb oder auf das Gegnerverhalten. Wer sich hier nicht wie die Axt im Walde benimmt, kommt problemlos durch.

Zudem ist die Tonabmischung stellenweise absolut katastrophal. An einigen Stellen ist die Sprachausgabe viel zu laut und verändert sich auch nicht, wenn sich Garrett entfernt. Diese lustige Situation ergab sich beispielsweise im Test: Garrett späht durch einige Löcher in der Wand in die Schlafzimmer eines Bordells. Erst als er durchschaut, wird die Sprachausgabe lauter. Doch als er wieder weggeht, bleiben die Dialoge. Die Folge: Das peinliche Gestöhne eines Domina-Studios verfolgte mich, bis ich den kompletten Bereich endlich verließ. Die deutsche Synchronisation ist ohnehin sehr dürftig. Während die Hauptfiguren insgesamt solide bis gut eingesprochen wurden, wirken viele Nebendarsteller in ihrer Sprache sehr gestelzt.

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Blasser Held, müdes Erfahrungssystem
Garrett kommt in „Thief“ leider nicht so stark zur Geltung, wie es sich Fans vielleicht wünschen würden. Stattdessen rückt das Spiel sein Protegé Erin und ihr Verhältnis zueinander in den Mittelpunkt. Starke Charaktere wie Garrett, Northcrest und der Diebesfänger-General leiden unter dieser veränderten Gewichtung und es gelingt „Thief“ bis zum Ende hin nicht, eine wirklich emotional berührende Geschichte zu erzählen. Stattdessen plätschert der Plot dahin, ehe er zum Schluss mit einem etwas unbefriedigenden Finale endet.

Passend zu diesem Aspekt kommt auch noch ein Erfahrungssystem, welches man als Meisterdieb thematisch nicht unbedingt benötigt und obendrein auch noch zu flach ausfällt. Speziell die Fokus-Upgrades bei der Königin der Bettler sind eher eine nette Spielerei als eine wirklich notwendige Anschaffung. Schuld daran ist Garretts Überlegenheit den Wachen gegenüber.

Über den Autor:Olaf ist bereits seit dem Jahr 2000 als freier Redakteur im Bereich der Video- und Computerspiele tätig. So schrieb er u.a. von 2005 bis 2007 für die Printmagazine „play THE PLAYSTATION“ und die Schwestermagazin „Playstation – Das offizielle Magazin“ und „Games Aktuell“. Heute arbeitet er u.a. für „COMPUTER BILD Spiele“ und „www.spieletipps.de“ oder schreibt Specials und Tests für „playBlu“ von Computec.

System: PlayStation 4, PlayStation 3
Vertrieb: Square Enix
Entwickler: Eidos Montreal
Releasedatum: erhältlich
USK: ab 16
Offizielle Homepage:http://thiefgame.com/

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Wertung und Fazit

TEST: Thief – Reboot mit Schwächen!

„Thief“ kommt einfach nicht in Fahrt! Ist das Action-Adventure anfangs noch ungemein atmosphärisch, verliert sich diese Faszination sehr schnell und die Geschichte tröpfelt nur so dahin. Zwar gibt es in den acht Kapiteln immer wieder einige kleine Höhepunkte, aber weder spielerisch noch erzählerisch erreicht „Thief“ die Tiefe des Originals. Was bleibt ist ein solides Stealth-Game mit in sich zu linearen Missionen und vielen Einschränkungen und künstlichen Grenzen. Das Ausrauben von Häusern und das vorsichtige Durchsuchen von Gebieten mit Hilfe von Pfeilen und Fokus-Kräften bietet dabei einen schönen Anreiz zum Weiterspielen. Die Geschichte rückt dabei leider in den Hintergrund und schafft es nicht, wirklich zu fesseln. Größte Schwäche bleibt allerdings die inkonsequente Spielwelt mit vielen Elementen, die die eigene Spielmaxime auf den Kopf stellen. Wer diesen Kompromiss allerdings akzeptieren kann, wird mit „Thief“ dennoch einige unterhaltsame Stunden verleben.

Hotlist

Kommentare

play drei fan

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07. März 2014 um 14:07 Uhr
Immernoch_Pole

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07. März 2014 um 14:09 Uhr
Dragonfighter

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ResiEvil90

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Das_Krokodil

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skywalker1980

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attitude2011

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xjohndoex86

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Professor_D

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07. März 2014 um 18:06 Uhr
Krawallier

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Twisted M_fan

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Napoleon87

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