Review

PS4-TEST: Alien Isolation

play3 Review: PS4-TEST: Alien Isolation

8.0

Auch Xenomorphen haben ihre Probleme. Seit gefühlten Urzeiten gibt es kein vernünftiges Spiel mehr zur „Alien“-Filmlizenz. „Aliens: Colonial Marines“ von Gearbox Software floppte erst im vergangenen Jahr auf ganzer Linie. „Alien Isolation“ allerdings wird von den Strategieexperten von Creative Assembly entwickelt. Das Team will nicht nur die Xenomorphs wiederbeleben, es will euch auch mächtig Angst machen. „Alien Isolation“ ist altmodischer Survival-Horror mit modernen Schwachstellen. Aber ob es wirklich taugt, das erfahrt ihr im Test!

Was wir cool finden

H.R. Giger wäre stolz
Selten wurde eine Filmlizenz mit derart viel Liebe und Detailtreue umgesetzt wie in „Alien Isolation“. Das Spiel verströmt „Alien“ wirklich in jeder Sekunde und mit jedem Pixel. Amanda Ripley ist auf der Suche nach ihrer Mutter Ellen (alias Sigourney Weaver) und erhofft sich auf der Sevastopol Antworten. Schließlich wurde hier unlängst der Flugschreiber der Nostromo gefunden. Doch schnell stellt sich heraus, dass die Sevastopol das gleiche Schicksal ereilte. Die Stimmung der von einem Xenomorph infizierten Station wird nahezu perfekt eingefangen. Die Level-Architekturen sind kühl, metallisch und steril. Aber durch die Zerstörung wird die Sevastopol zum Leben erweckt. Sie verwandelt sich in einen kranken Organismus, der um sein Leben kämpft und diesen Streit zu verlieren droht. Wechselnde Lichtverhältnisse, aufgerissene Wände und Verwüstung sind allerorten und machen die Angst der wenigen Überlebenden greif- und spürbar.

Dann sind da noch die vielen Kleinigkeiten, die einfach direkt aus dem ersten „Alien“ aus dem Jahr 1979 stammen könnten. Alle Gerätschaften wirken mit ihren pixeligen Anzeigen und Piepssounds herrlich antiquiert und wie aus einer fernen Welt. Mini-Spiele – etwa beim Knacken von Türschlössern – sind wunderschön umgesetzt und zehren an den Nerven, laufen sie doch in Echtzeit ab. Bedeutet: Seid ihr zu langsam, überrascht euch vielleicht das Alien. Auch Ripleys Arsenal an Hilfsmitteln passt zum Szenario: Im Crafting-Menü schraubt ihr mit kryptischen Symbolen Technik-Schrott zu Geräuschmachern, Medikits, verschiedenen Granaten oder Leuchtfackeln zusammen. Entsprechend sehen diese Objekte dann auch aus. Ein Geräuschmacher ist nicht viel mehr als ein Lautsprecher mit einer Batterie und jeder Menge Klebeband. „Alien Isolation“ erschafft ein optisch und akustisches Abbild der „Alien“-Filme. Wer genau drauf achtet, wird sogar Soundeffekte wieder erkennen. Auf diese Weise kreiert das Spiel einen hohen Wiedererkennungswert und schnell lassen sich zischende Rohrleitungen kaum mehr vom Ausatmen des Aliens unterscheiden. „Alien Isolation“ erschafft auf einfache Weise Panik und Paranoia, bleibt dabei aber stets dicht an der Vorlage!

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Im Schrank hört dich niemand schreien
Der wichtigste Tipp für „Alien Isolation“: Nur weil ihr es aus der Ego-Perspektive spielt, ist es noch lange kein Shooter! Lasst den Revolver stecken. „Alien Isolation“ ist ein story-basiertes Schleichspiel. Letztlich geht es darum, in den jeweiligen Arealen Aufgaben zu lösen, ohne dabei von dem Alien oder anderen feindlichen Subjekten – also etwa anderen Überlebenden oder gar Syntheten – entdeckt zu werden. Zwar könnt ihr theoretisch mit der Pistole oder später auch dem Flammenwerfer Schaden anrichten, in der Praxis bewährte sich diese Taktik aber nicht. Vielmehr führte allzu offensives Vorgehen schnell zum Bildschirmtod.

Deshalb ist Schleichen das Mittel der Wahl. Selbst Sprints enden oft tödlich. So huscht ihr auf euren Streifzügen durch die Sevastopol von einem Schrank zum nächsten, versteckt euch unter Schreibtischen oder in Spinden. Wertvolles Hilfsmittel ist dabei der Bewegungsmelder. Dieser zeigt nicht nur die ungefähre Position anderer Lebewesen, sondern auch den Weg zum nächsten Ziel an. Sehr schön: Das Piepsen dröhnt zunächst aus dem Lautsprecher im Controller und wirkt dadurch unmittelbarer. Auch die Unschärfefilter – abhängig davon, ob ihr auf das Display oder in die Spielwelt blickt – ist eine schöne Ergänzung. Wer übrigens eine Kamera an seine PS4 anschließt, wird sein blaues Wunder erleben. Denn das Spiel hört mit und das Alien reagiert dann auf Geräusche, die in eurer Wohnung stattfinden.

„Alien Isolation“ spielt mit der Verwundbarkeit der Hauptdarstellerin. Sie übersteht nur eine Attacke des Aliens und auch nur wenige Angriffe anderer Feinde. Der Nervenkitzel entsteht also aus einer Mischung aus der starken Atmosphäre und dem puren Überlebenswillen heraus. Das Alien agiert vollkommen zufällig, reagiert aber auf Geräusche – etwa beim Rennen, Schießen oder sogar dem Öffnen von Türen. Diese Unberechenbarkeit passt hervorragend zum Motiv des „Wilden Jägers“ und unterstützt die emotionale Stimmung. Leider ist diese Unberechenbarkeit Segen und Fluch zugleich. Aber dazu weiter unten mehr!

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Eine Oldschool-Herausforderung
Ganz böse formuliert würde man sagen: „Alien Isolation“ ist ein Arschloch! Denn es bestraft einen für Fehler und gibt sich selbst auf den niedrigeren Schwierigkeitsstufen absolut gnadenlos. Aber genau diese Härte machen es in der heutigen Zeit so außergewöhnlich und anders. Gespeichert wird nur an vorgegebenen Stellen. Auto-Save gibt es nicht. Geht ihr zwischen zwei dieser „Telefonzellen“ drauf, müsst ihr den absolvierten Missionsverlauf neu spielen. Das kann mitunter frustrieren – gerade dank der unberechenbaren Alien-KI.

Ganz ähnlich läuft es bei der Erkundung der Sevastopol. Zu Beginn sind viele Türen noch verriegelt und somit nicht zugänglich. Ihr werdet daher viele bereits bekannte Areale mehrfach durchforsten und Stück für Stück neue Gebiete freischalten. „Alien Isolation“ lässt sich Zeit beim Spielfortschritt. Es gibt sich linear, belohnt aber gleichzeitig Ausflüge und Entdeckungstouren. An Computern erfahrt ihr mehr über die Vergangenheit der Station und über die habgierigen Machenschaften, die dahinter stecken. „Alien Isolation“ erzählt seine Geschichte auf allen Ebenen und kaut sich euch nicht vor. Es ist in vielerlei Hinsicht altmodisch und genau dadurch macht es sich interessant. Es ist eine ganz andere Art von Herausforderung als man sie heute von Videospielen kennt. „Alien Isolation“ ist schwierig, unbequem und manchmal sogar fies. Trotzdem hat es mehr Charakter als viele andere Spiele auf dem Markt!

Was wir weniger cool finden

Der Schrecken geht vorbei …
Die ersten Spielstunden von „Alien Isolation“ sind absolut fantastisch. Man fühlt mit Amanda Ripley, zittert und leidet mit ihr. Das Alien ist eine gruselige Bedrohung – unterstützt von der heruntergekommenen Sevastopol. Doch Menschen sind Gewohnheitstiere und wir fürchten am meisten das Unbekannte. Nach einiger Zeit verliert sich allerdings die Angst vor dem Alien und damit auch ein Teil der Gruselatmosphäre. Der Xenomorph ist dann kein furchteinflößendes Monster mehr, sondern ein Schreckgespenst oder im schlimmsten Fall ein Hindernis. Soll heißen: „Alien Isolation“ fehlt auf lange Sicht die dramatische Wendung und eine Entwicklung seines Hauptcharakters – dem Alien. Natürlich agiert das Biest unberechenbar. Natürlich ist es tödlich und natürlich jagt es einen Schrecken ein, wenn es plötzlich zuschlägt. Aber der Nervenkitzel der ersten Spielstunden geht nach einiger Zeit verloren. Darunter leidet die Atmosphäre spürbar und damit auch der Nervenkitzel.

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Ungereimtheiten
Ein Spiel sollte stets nachvollziehbar sein. Nur so kann der Benutzer aus Fehlern lernen und sein Scheitern akzeptieren. Die unberechenbare KI sorgt besonders in der höchsten Schwierigkeitsstufe für Frust. Nicht nur, dass sich der Xenomorph vom kleinsten Pups anlocken lässt. Es patrouilliert stellenweise auch enorm lange in einzelnen Arealen. Bedeutet für euch: Ihr hockt ewig lange im Schrank und wartet darauf, dass sich die Kreatur endlich verzieht. Ein klares Minus, weil das Alien in solchen Momenten eher lästig als gruselig ist. Seine Unberechenbarkeit äußert sich aber auch durch spontane Zwischensprints in die Aufzugsschächte oder quer über die aktuelle Karte.

Darüber hinaus passt Creative Assembly das Alien an seine Spielmechanik an. Das schwarze Monstrum ist immun gegen Kugeln und flüchtet auch vor einem Stoß mit dem Flammenwerfer nur für kurze Zeit. Während Spieler diesen Winkelzug problemlos akzeptieren können, müssen sich Filmfans fragen, ob sie diese Art der „Mutation“ mögen. Schließlich war gerade Feuer ein probates Mittel gegen die Xenomorphs.

Eine Kleinigkeit störte den Autor dieser Zeilen allerdings besonders: Die Spielwelt der Sevastopol ist zu leblos und inaktiv. Herumstehende Kisten sind nur Dekoration. Bereits kleinste Hindernisse stellen für Ellen Ripley Grenzen dar. Die Gute kann sich zwar ducken, aber nicht springen. Die Navigation innerhalb der Spielwelt wirkt dadurch hölzern und unflexibel. Passend dazu sind Interaktionspunkte oftmals fummelig klein, sodass man das Fadenkreuz extremst präzise ausrichten muss.

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Schwächen in der Präsentation
„Alien Isolation“ hätte noch einige Wochen mehr Feinschliff vertragen können. Deutlichstes Indiz dafür sind die ruckelnden Zwischensequenzen. So detailreich die Grafik gerade in den Einspielern auch sein mag, so dürfen solche Technikpatzer bei vorberechneten Sequenzen nicht passieren. Gerade die Anfangsphase mit den beeindruckenden Panoramabildern der Torren und der Sevastopol leidet massiv unter der springenden Bildrate. Hier verschenkt Creative Assembly viel Potenzial und so zerbricht die Illusion eines spielbaren „Alien“-Films jedes Mal, wenn die Geschichte in Form von Sequenzen weitergeführt wird.

Doch auch die Dialoge in Spielgrafik sind weiß Gott keine Offenbarung. Zwar ist die Sprachausgabe selbst ganz ausgezeichnet gelungen, doch sie ist absolut nicht lippensynchron. Immer wieder bewegen Figuren weiter ihre Lippen, obwohl sich die Dialoge in einer Gesprächspause befinden. Dazu mangelt es den Charakteren an Mimik. Man hat beinahe das Gefühl, als würden sich in den Plaudereien lediglich die Kiefer bewegen. Enttäuschend!

System: PlayStation 4
Vertrieb: Sega
Entwickler: Creative Assembly
Releasedatum: 07. Oktober 2014
USK: ab 16
Offizielle Homepage: http://www.alienisolation.com/

8.0

Wertung und Fazit

PS4-TEST: Alien Isolation

Mein bestes Alien, du machst es mir nicht leicht! Ich will dich lieben und ich will dich fürchten. Aber es gibt einige Probleme, die mir den Spielspaß und die Atmosphäre ganz gewaltig vermiesen. Das beginnt bei den ruckelnden Zwischensequenzen, geht weiter bei der leblosen Spielwelt und kulminiert schließlich bei der unberechenbaren Monster-KI. Bei „Alien Isolation“ türmen sich viele Kleinigkeiten zu einem Stapel an Schwachstellen auf, der eine höhere Wertung leider verhindert. Aber als Film-Fan und Freund von unkonventionellen Spielideen gefällt mir „Alien Isolation“ ganz ausgezeichnet. Weil es nicht dem Trend der Hauruck-Shooter folgt, sich in seiner Erzählweise Zeit und mich die Atmosphäre genießen lässt. Wie Creative Assembly die Stimmung und die Bauweise der „Alien“-Filme in Bits und Bytes einfängt, ist beeindruckend und macht für mich einen Großteil der Faszination des Spiels aus. Das Schleich-Gameplay wirkt dagegen sehr konventionell und lässt mich zu oft in Schränken versauern, was wiederum der Stimmung schadet. Sei es drum, „Alien Isolation“ ist vielleicht nicht das erhoffte Meisterwerk, aber allemal ein kleiner Hoffnungsschimmer am First-Person-Horizont. Spannend, authentisch, Nerven aufreibend – aber eben nicht perfekt!

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