Dirt Rally 2.0 angespielt: Eine würdige Fortsetzung?

"Dirt Rally“ zählt nicht zuletzt dank seines famosen VR-Modus’ zu den Top-Rennspielen auf PlayStation 4. Auf einer Hands-On-Veranstaltung konnte PLAY3.DE kürzlich erstmals mit der Fortsetzung auf Tuchfühlung gehen. Zurück kehrten wir mit vielen positiven Eindrücken – aber auch einigen dringenden Wünschen, die die Entwickler zum Start hoffentlich noch in die Tat umsetzen.

Rennspieler erinnern sich: Nach dem sehr Simulations-lastigen „Colin McRae Rallye“ in den späten 90ern trimmte Codemasters seine beliebte Offroad-Serie spätestens seit „Colin McRae Dirt“ mehr und mehr in Richtung Trendsport-Spektakel. Die Evolution kam schleichend, erreichte dann aber mit „Dirt Showdown“ ihren vorläufigen Höhepunkt – ein Spiel, das klassischen Punkt-zu-Punkt-Rennen kreuz und quer durch die Pampa eine klare Absage erteilte und vor allem deswegen bei langjährigen Rallye-Puristen großen Unmut schürte.

Auch an Codemasters gingen diese Sorgen der Kern-Klientel natürlich nicht spurlos vorbei, weshalb man bereits kurz nach der Veröffentlichung von „Dirt Showdown“ die Notbremse zog, um sich auf die Ursprünge der Serie zurückzubesinnen. Was folgt ist die Entwicklung einer knallharten, von jedweden Trendsport-Elementen befreiten Offroad-Simulation, die schon bald auf den Namen „Dirt Rally“ hört und in vielerlei Hinsicht für Aufsehen sorgt.

Das über Jahre hinweg verfeinerte Physik-Modell zum Beispiel wird kurzerhand über den Haufen geworfen und durch ein komplett Neues ersetzt, welches nun auch Faktoren wie das Zusammenspiel von Reifentyp und Oberflächenbeschaffenheit in die Simulation mit einfließen lässt. Um die Gnadenlosigkeit des Rallye-Sports hinreichend zu betonen, streichen die Briten außerdem die bei Genre-Einsteigern beliebte Rückspul-Funktion.

Ebenfalls ein Novum im Hause Codemasters: Statt „Dirt Rally“ im stillen Kämmerlein zu entwickeln, entschließt sich das im britischen Southam ansässige Studio zum Start am 7. April 2015 zunächst für einen Early-Access-Release. Ein cleverer Schachzug, denn auf diesem Weg fließen das Feedback und die Ideen einer hochmotivierten Community knapp neun Monate lang in die Entwicklung des Spiels mit ein.

Ergebnis: Als „Dirt Rally“ am 7. Dezember 2015 den Sprung hin zu Version 1.0 schafft, zeigen sich Fans als auch Fachpresse hochauf begeistert und überhäufen die Codies (so der Spitzname des Studios) mit Lobeshymnen. Und das auch in den Folgemonaten, denn die Briten verwenden viel Zeit darauf, das Spielerlebnis immer weiter zu verfeinern. Im Juli 2016 etwa folgt die Implementierung eines gelungenen VR-Modus auf PC. Am 17. Februar 2017 dürfen dann auch PlayStation-Piloten in VR durchstarten.

Rallye-Erlebnis 2.0?

Mit „Dirt Rally 2.0“ soll die Evolution der Marke nun am 26. Februar 2019 fortgesetzt werden. Die wichtigste Neuerung gleich vorweg: Das Spiel berücksichtigt nun erstmals, wie sehr die Strecke durch andere, vorausfahrende Fahrer bereits abgenutzt wurde.

Im Gespräch mit PLAY3.DE führt Ross Gowing, hauptverantwortlicher Game Designer, die Idee weiter aus: „Diejenigen Fahrer, die ganz vorne durchstarten, werden vorrangig mit lockerem Untergrund konfrontiert. Im Normalfall verdrängen die ersten fünf Fahrer dieses Material dann. Wer also auf Position fünf bis zehn startet, wird nahezu ideale Oberflächen-Bedingungen vorfinden. Nicht ganz so einfach haben es Fahrer weiter hinten in der Startaufstellung. Sie werden sogenannte Spurrillen vorfinden. Material wird also auf die Außenseiten der Renn-Linie bewegt, wodurch sich die Bodenbeschaffenheit der Strecke teils spürbar verändert“, so Gowing.

Wie zu erwarten sammelt sich in diesen Bodenfurchen bei Regenschauern Wasser, was die Herausforderung nochmals steigert. Gowling mahnt: „Wenn man sich weiter hinten im Fahrerfeld befindet, ein Schauer einsetzt und es dann auch noch dunkel wird, steigt der Schwierigkeitsgrad immens. In dieser Hinsicht sind wir wirklich unverschämt nachtragend und herausfordernd.“

Feedback von echten Cracks

Das erste „Dirt Rally“ punktete mit einem famosen Fahrgefühl. Geht’s nach unserer Hands-on-Session, dann steht „Dirt Rally 2“ dem in nichts nach und setzt sogar noch einen drauf. Das Ausbrechen der Fahrzeuge auf lockeren Oberflächen etwa fühlte sich diesmal noch nachvollziehbarer an – insbesondere in Kombination mit einem richtig konfigurierten Force-Feedback-Lenkrad.

Um möglichst hohe Authentizität in Sachen Fahrgefühl sicherzustellen, engagierte Codemasters außerdem einen echten Rallye-Piloten, der dem Team mit Rat und Tat zur Seite steht. Gowing schwärmt: „Jon Armstrong arbeitet tagtäglich bei uns im Büro und hat sich in der britischen Rallye-Szene bereits bei verschiedenen Veranstaltungen einen Namen gemacht und diverse Meisterschaften gewonnen, darunter einige WRC2-Events. Jon validiert wirklich jede Gameplay-Anpassung und ist der unangefochtene Bestzeiten-Halter in unserem Team.“

Jon ist allerdings nicht der einzige, der regelmäßig fachkundiges Feedback liefert. Auch Rallye-Profi Ryan Champion, Rallye-Newcomer Oliver Solberg (der Sohn von Petter Solberg) sowie ausgewählte Mitglieder der „Dirt Rally“-Community werfen immer wieder einen Blick auf die jeweils aktuellste Version und machen Verbesserungsvorschläge.

Ab in die Ferne

Fragt man langjährige „Dirt Rally“-Fans, welcher Schauplatz ganz oben auf ihrer Most-Wanted-Liste steht, dann ist die Antwort meist eindeutig: Argentinien. In „Dirt Rally 2.0“ wird dieser Wunsch von den Entwicklern nun endlich erhört und in die Tat umgesetzt. Mit anderen Worten: Freut euch auf gnadenlose Offroad-Action auf zahlreichen Hochgebirgs-Etappen, bei denen sich fiese Serpentinen, tiefe Abhänge und scharfkantige Felsformation praktisch im Minutentakt abwechseln.

Doch auch das bereits präsentierte Neuseeland-Szenario sorgt dafür, dass sich das Strecken-Line-up von „Dirt Rally 2.0“ deutlich exotischer anfühlt als noch im Vorgängerspiel. Wir jedenfalls hatten einen Heidenspaß, den rassigen Golf GTI Mark 2 mit Vollgas über kurvige Küstenstraßen zu peitschen und gefühlvoll durch enge Schafgatter zu lotsen.

Wichtig: Im Gegensatz zu „Dirt 4“ sind alle Etappen in „Dirt Rally 2.0“ von Hand designt und kein Produkt eines Streckenbau-Algorithmus, der zwar gut funktioniert, rückblickend betrachtet jedoch häufig auch für eine gewisse optische Gleichförmigkeit sorgte, die vielen Spielern missviel.

Nebst Argentinien und Neuseeland entführt euch „Dirt Rally 2.0“ im Rahmen der Kampagne außerdem nach Australien, Polen, Spanien und die USA. Tatsächlich präsentiert hat Codemasters allerdings noch keines dieser vier Szenarien. Man darf also gespannt sein, welche geografischen Regionen dieser Länder letztendlich den Weg ins Spiel finden.

Die volle Breitseite Rallye-Cross

Eine beliebte Renndisziplin in „Dirt Rally“ sind die sogenannten Rallye-Cross Rennen auf Rundkursen in England, Norwegen und Schweden. Mit „Dirt Rally 2.0“ setzen die Macher diese Tradition nun fort, diesmal allerdings mit einer deutlich größeren Streckenauswahl. Genauer gesagt den ersten acht Tracks der diesjährigen WRX Rallye-Cross-Saison.

Auf dem Rundkurs Trois Rivières im kanadischen Quebec etwa durften wir unser fahrerisches Können bereits an Bord eines VW Polo RX unter Beweis stellen – und fühlten uns angenehm herausgefordert. Zum einen weil die Staubwolken vorausfahrender Piloten an einigen Streckenabschnitten immer wieder die Sicht versperrten und wohldosierte Bremsmanöver unabdinglich waren.

Zum anderen, weil die KI ordentlich Druck machte und auf diese Weise hitzige Kopf-an-Kopf-Rennen provozierte. Manchmal schlugen die bis zu vier Gegner allerdings über die Stränge und rempelten so rabiat von hinten, dass es zu fiesen Unfällen kam. Wohlgemerkt: Dies sind Rallye-Cross-Eindrücke aus einer Handvoll Rennen mit einer frühen Vorab-Version. Gut möglich also, dass Codemasters diese Balancing-Ungereimtheiten bereits auf dem Schirm hat und hier noch nachbessert.

Die anderen sieben Rallye-Cross-Strecken, sprich Barcelona (Spanien), Montalegre (Portugal), Mettet (Belgien), Silverstone (Großbritannien), Hell (Norwegen), Höljes (Schweden) und Loheac (Frankreich) waren in der Vorabfassung leider noch nicht anwählbar, dürften aber mindestens genauso viel Adrenalin freisetzen.

Mehr als 50 irre Rennsemmeln

„Dirt Rally“ bietet 46 verschiedene Offroad-Flitzer aus mehr als 50 Jahren Automobilgeschichte. Mit „Dirt Rally 2“ wollen die Entwickler natürlich auch in dieser Disziplin eine Schippe drauflegen. Heißt im Klartext: Zum Release Ende Februar 2019 versprechen Gowing und sein Team mehr als 50 verschiedene Vehikel, die als Ganzes betrachtet eine Art Vorzeige-Katalog all dessen darstellen, was in der Rallye-Historie (beginnend ab den 1960er Jahren) Rang und Namen hat. Aktuelle Dreckschleudern sind genau euer Ding?

Dann freut euch, denn nebst dem bereits erwähnten Audi RX, ist diesmal unter anderem auch der brandneue VW Polo GTI R5 an Bord – ein echtes Biest mit 570 Pferdestärken, die euch in gerade einmal 1,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h katapultieren. Nettes Gimmick für Vorbesteller, sprich Käufer der Day One Edition: Sie dürfen sich ins Cockpit des Porsche 911 RGT Rally Spec zwängen und zudem den Fiat 131 Abarth Rally sowie den Renault Alpine A110 1600 S frühzeitig freischalten.

Abschließend vielleicht noch ein paar Worte zur Deluxe Edition des Spiels, die kürzlich für etwas Verwirrung sorgte. Diese erscheint bereits vier Tage vor dem eigentlichen Release-Datum (sprich schon am 22. Februar 2019), gewährt schnelleren Zugang zu besonders begehrten PS-Schleudern, kredenzt Boni wie zusätzliche Ingame-Events und verbesserte Starter-Fahrzeuge und gewährt – sobald verfügbar – Zugriff auf die DLC-Seasons 1 und 2, welche laut Codemasters jeweils drei neue Szenarien bereithalten. Klingt okay, allerdings bleibt zu hoffen, dass Codemasters tatsächlich frische Inhalte liefert und nicht einfach nur Locations aus dem ersten Teil neu auflegt.

VR-Modus in der Schwebe

Wer „Dirt Rally“ schon einmal in VR gespielt hat, weiß wie viel intensiver sich das Spielerlebnis dadurch anfühlt. Die schlechte Nachricht: Zum Start im nächsten Jahr wird „Dirt Rally 2.0“ wohl vorerst keinen VR-Modus haben.

Gowing selbst äußerte sich PLAY3.DE gegenüber wie folgt: „Wir sind sehr stolz auf die VR-Komponente von Dirt Rally. Sie war jedoch mit extrem viel Aufwand verbunden. Aus diesem Grund wollen wir abwarten, wie sich unsere Fans dazu äußern. Wenn die Community Gameplay-Features und ähnliche Ergänzungen wünscht, dann werden wir diese Route einschlagen.

Wenn sie hingegen einen VR-Modus fordern, dann sind wir auch dahingehend offen.“ Was Gowing zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnte: In den Tagen nach der offiziellen Spielankündigung forderten Tausende Fans vor allem eines vehement: den VR-Modus. Es bleibt also abzuwarten, wie genau die Briten mit diesem Thema umgehen. Wir jedenfalls würden es sehr begrüßen, wenn das Feature bereits kurz nach Release nachgereicht wird.

 

Einschätzung: gut

Üppige Fahrzeug-Auswahl, nochmals verbessertes Handling, zusätzliche Simulations-Parameter, tolles Schadensmodell, exotische Rallye-Locations rund um den Globus, deutlich mehr Rallye-Cross-Strecken, prominentes Beraterteam, famose Lenkrad-Unterstützung – schon jetzt macht „Dirt Rally 2.0“ vieles richtig und schickt sich an, ein würdiger Nachfolger des Kult-Racers zu werden.

Dass Codemasters der Community zum Launch einen VR-Modus verwehrt, können viele Fans allerdings zu Recht nicht nachvollziehen. Insbesondere deshalb nicht, weil genau dieses Feature in Teil eins ja schon hervorragend funktioniert und den Simulations-Schwerpunkt des Spiels nochmals betont.

Was bleibt ist ein durchaus vielversprechendes Gesamtpaket mit einem faden Nachgeschmack, den die Briten hoffentlich noch vor dem Launch durch ein beherztes "VR wird kommen!“-Statement aus der Welt schaffen. Plus: Ein etwas komplexer gestalteter Karriere-Modus im Stil der F1-Teile sowie ein klassischer Splitscreen-Modus für die Rallye-Cross-Duelle wären ebenfalls wünschenswert.

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