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Days Gone im Test: So hebt sich die Freaker-Apokalypse von anderen Open-World-Spielen ab

Wenig Benzin und viele Freaker: Bend Studio und Sony lassen im exklusiv für Playstation 4 entwickelten „Days Gone“ die Untoten los. Überzeugt „Days Gone“ auch nach etlichen Release-Verschiebungen oder scheitert das Open-World-Abenteuer an den eigenen Ansprüchen?

play3 Review: Days Gone im Test: So hebt sich die Freaker-Apokalypse von anderen Open-World-Spielen ab

8.0

„Days Gone“ blickt auf eine bewegte Vergangenheit zurück: Eigentlich hätte das Open-World-Abenteuer bereits 2018 in die Läden kommen sollen, doch Entwickler Bend Studio benötigte mehr Zeit zum Feintuning. Es folgten gleich mehrere Release-Verschiebungen. Am 26. April 2019 erscheint das exklusiv für Playstation 4 erhältliche Endzeit-Drama nun endlich. Wir ziehen bereits seit mehr als einer Woche unsere Kreise durch die Farewell-Wildnis, jagen Freaker und machen Plünderer dingfest. Eins ist klar: „Days Gone“ ist keine Open-World-Revolution, aber für Zombie-Fans definitiv eine Reise wert.

Was wir gut finden

Echte Emotionen – trotz Zombies und Open-World

„Days Gone“ gelingt ein Kunststück: Trotz wilden Zombie-Schlachten und Open-World-Setting gehen weder Geschichte noch Gefühle vollkommen flöten. Stattdessen verknüpft Entwickler Bend Studio seinen Plot geschickt mit Haupt- und Nebenaufgaben. Abseits von klassischen „To Do“-Jobs wie dem Ausräuchern von Freaker-Nestern und dem Erobern von Stützpunkten besitzt beinahe jede Mission einen emotionalen Bezugspunkt.

Keine Revolution, aber ein spannendes Zombie-Abenteuer.

Die Hauptrolle übernimmt Biker Deacon St. John. Gemeinsam mit seinem Kumpel Boozer kämpft er sich – gut zwei Jahre nach der Pandemie – durch die Farewell-Wildnis Oregons. Auch wenn Deacon zunächst wie ein typisches Raubein daher kommt, so wächst sein Charakter langsam zum Sympathieträger heran. Ihr bewältigt mit ihm das Verschwinden seiner geliebten Frau Sarah sowie die schwere Verwundung Boozers und arbeitet euch durch die Zombie-Apokalypse.

Die Spielwelt strotzt zudem vor Fraktionen: Vom Arbeitslager Hot Springs bis hin zu den verrückten Rippern. Mit jeder Stunde lernt ihr die Figuren besser kennen und einige davon wie beispielsweise die patente Rikki oder eben auch Boozer wachsen einem mehr und mehr ans Herz. Das liegt nicht zuletzt an der starken deutschen Synchronisation und der insgesamt sehr gelungenen Technik: „Days Gone“ sieht in Aktion ausgezeichnet aus und speziell Wetterwechsel und Horden sorgen immer wieder für beeindruckende Bilder.

Die Tücken des Kampfes

In Sachen Gameplay entpuppt sich „Days Gone“ dagegen als typisches Open-World-Spiel und verbindet Action mit Stealth und Erkundung – also wie „Assassin‘s Creed: Odyssey“. Die Erkundung erfolgt wahlweise zu Fuß oder im Sattel eures aufrüstbaren Motorrads. Bei den Missionen selbst lohnt sich zumeist leises Vorgehen: Wie in „Assassin‘s Creed“ schleicht ihr euch durch das hohe Gras oder lenkt eure Widersacher mit Steinen, Rauchgranaten oder anderen Objekten ab.

Freaker und menschliche Gegner agieren sehr unterschiedlich: Einmal alarmiert sprinten sie euch hinterher, ehe ihr das Weite sucht. Menschen dagegen verschanzen sich und greifen zunächst die letzte Position an, wo sie euch entdeckt haben. Die Gegner-KI – egal, ob Freaker oder Soldaten – hat ihre Macken. Fest steht aber: Ihr benötigt verschiedene Strategien abhängig davon, wer euch gegenüber steht. Bei Horden dagegen hilft meist nur rohe Feuerkraft in Form von Maschinengewehren oder Brandbomben.

Sehr schön: Das Verhalten aller Kreaturen richtet sich nach der Tageszeit und dem Wetter. Bei Nacht sind Freaker stärker und aggressiver. Zugleich schränken Dunkelheit, Schnee, Regen und Rauch die Sicht- und Hörweite der Gegner ein. So ist es beispielsweise leichter Ganoven-Camps Nachts zu überfallen. Kommt es dann wirklich hart auf hart, mangelt es „Days Gone“ an einem vernünftigen Deckungssystem.

Das Gunplay enttäuscht – trotz ordentlichen Treffer-Feedback. Die Steuerung ist insgesamt etwas zu unpräzise und erfordert daher ein wenig Eingewöhnung. Das Arsenal koppelt „Days Gone“ stark an euren Spielfortschritt und euren Ruf in den verschiedenen Camps. Je mehr Aufgaben ihr für sie erfüllt, desto mehr Gegenstände schaltet ihr frei.

So trägt Deacon bis zu drei Feuerwaffen (Primär, sekundär und Spezial) sowie eine Schlagwaffe mit sich herum. Dazu gibt es Granaten, Molotow-Cocktails und Rohrbomben. Besonders trickreiche Spieler setzen im Kampf übrigens auch auf Fallen.

Obwohl „Days Gone“ letztlich nur eine Art Best-Of verschiedener Spielelemente darstellt, machen gerade die Gefechte ordentlich Laune. Speziell die Nahkämpfe überzeugen mit ihren satten Effekten. Zugleich ist „Days Gone“ aber teils auch sehr brutal und ist daher nur für Erwachsene geeignet.

Es gibt immer was zu tun

Bend Studio verzichtet auf übermäßig viele Sammelobjekte und integriert dennoch ein für ein Endzeitspiel geradezu typische Crafting-System: Ihr sammelt im Verlauf Bandagen, Kräuter, Schrott und viele andere Objekte. Daraus bastelt ihr unterwegs Medi-Kits, Adrenalinpillen, Sprengsätze und andere Hilfsmittel. Die Navigation erfolgt über das Inventarrad während des laufenden Spiels.

Clever: „Days Gone“ läuft in Zeitlupe, wenn ihr in eurem Inventarrad wühlt. Andere Sammelobjekte wie bei der Jagd erbeutetes Fleisch oder Freaker-Ohren tauscht ihr dagegen in den Camps gegen Credits und Ruf-Punkte ein.

Die Missionen selbst gestalten sich nicht zuletzt dank der engen Verzahnung mit der Geschichte angenehm abwechslungsreich. So gibt es „Standardaufgaben“ wie Kopfgeldjagden, das Ausräuchern von Nestern oder das Erobern feindlicher Lager. In einem separaten Aufgabenstrang belauscht ihr Wissenschaftler und dürft euch dabei nicht erwischen lassen. Immer wieder müsst ihr zunächst mit Hilfe von Deacons Spürsinn Informationen sammeln und Spuren lesen.

Mit Hilfe von Fertigkeitenpunkte verbessert ihr zwischendurch auch eure Eigenschaften und erhöht so etwa die Konzentrationsphase zum präziseren Zielen oder den Nahkampfschaden.

Dazu setzt „Days Gone“ dramatische Spitzen – wie beispielsweise den Angriff auf das Lager von Lost Lake durch die Ripper oder Verfolgungsjagden mit dem Motorrad. Bend Studio erschafft einen guten Spielfluss und speziell im letzten Drittel der Kampagne nimmt das Spiel nochmal ordentlich Fahrt auf, um die Story-Fäden zusammen zu führen.

Was wir schlecht finden

Noch immer nicht fehlerfrei

Wenige Tage vor Erscheinen des Spiel veröffentlichten Bend Studio und Sony das Update auf die Version 1.03. Dieser Patch misst 21 GigaByte und beinhaltet zahlreiche Verbesserungen und Anpassungen. Allerdings ist „Days Gone“ noch immer nicht fehlerfrei. Im Test erlebten wir weiterhin kleinere Einbrüche der Bildrate und gelegentliche Clipping-Probleme.

Ein Mal schwebte sogar ein Schädel vor uns in der Luft. So richtig ärgerlich war hingegen ein waschechter Plot-Blocker, den wir nur durch das Neuladen eines älteren Spielstands bewältigten. „Days Gone“ ist zwar problemlos spielbar, allerdings hat Entwickler Bend Studio auch noch ein wenig Arbeit vor sich.

Schnellreise oder „Ich tanke also bin ich“

Bend Studio traf zudem einige merkwürdige Design-Entscheidungen, um das Endzeit-Setting zu unterstreichen. Als bestes Beispiel dient an dieser Stelle das Schnellreisesystem, welches „Days Gone“ an Deacons Motorrad koppelt. Nach einem Unfall frisst die Maschine ohnehin Unmengen von Sprit. Dadurch müsst ihr selbst nach wenigen gefahrenen Kilometern die nächste Tankstelle anfahren oder bei Abschleppwagen und Siedlungen auf die Suche nach Benzin gehen.

Der Mangel an Treibstoff ist das einzig echte Survival-Element im Spiel und wirkt arg aufgesetzt. Selbst Schnellreisen zu besuchten Orten verbrauchen Benzin, sodass wir immer wieder Zwischenstopps einlegen und eure Route planen müsst.

Ähnlich problematisch erscheinen die ständig neu spawnenden Plündererbanden. So gibt es einige Schlüsselstellen, an denen ihr garantiert auf Gegner treffen werdet. Besonders die immer wiederkehrenden Scharfschützen gingen uns gehörig auf die Nerven. Selbst wenn wir deren Banditenlager ausschalten, suchen sie sich immer wieder die selben Plätze aus, um uns vom Bike zu schießen. Das erschwert den flotten Spielfortschritt und sorgt immer wieder für Frustmomente.

Steuerungsprobleme

In Sachen Navigation wirkt „Days Gone“ ebenfalls nicht ganz fehlerfrei. Deacon als Biker ist per se nicht längst nicht so behände wie ein Assassine, jedoch erschwert etwa das durchwachsene Deckungssysteme die gelegentlichen Schusswechsel. Hinter Mauern seid ihr längst nicht absolut sicher und nicht immer ist klar, ob ihr in Deckung seid oder nicht. Im Vergleich zu anderen Third-Person-Shootern hinken das Waffen-Feedback und die Steuerung in Sachen Genauigkeit und Kontrollierbarkeit leicht hinterher.

Zugleich wirken die Menüs und das Inventarrad überladen und speziell Waffenwechsel sowie Crafting im Feld arg unpräzise. So dauert es zu lange, ehe Deacon von seiner Haupt- zu seiner Nebenwaffe wechselt. Auch das angesprochene Inventarrad erweist sich trotz Zeitlupenfunktion immer wieder als Hindernis.

Nicht selten wählten wir beispielsweise versehentlich die falsche Granate aus, weil die Symbole nicht klar ersichtlich sind. Auch die Menüführung wirkt mit allerlei Abkürzungen, teils mäßig übersetzten Erklärtexten und vielen Optionen überladen.

8.0

Wertung und Fazit

PRO
  • gelungene Technik und interessante Geschichte
  • gut umgesetzter Open-World-Gameplay-Mix
  • starke Verknüpfung von Aufgaben und Missionsdesign
CONTRA
  • absurder Benzinverbrauch wirkt sich auch auf Schnellreisen aus
  • teils umständliche Bedienung
  • auch in Version 1.03 noch Bugs und Fehler

Days Gone im Test: So hebt sich die Freaker-Apokalypse von anderen Open-World-Spielen ab

Nach der holprigen Entwicklung hatten wir weitaus weniger von „Days Gone“ erwartet. Auch nach Patch 1.03 läuft das Spiel zwar längst noch nicht rund, überzeugt allerdings über weite Strecken mit seinem gelungenen Missionsdesign, dem vergleichsweise geradlinigen Gameplay und dem interessanten Setting.

Das Open-World-Abenteuer spielt meisterlich auf der Endzeit-Klaviatur und auch wenn wir selbst keine moralischen Entscheidungen treffen dürfen, so saugt uns „Days Gone“ doch mit seinen emotionalen Momenten und den spannenden Charakteren mitten hinein in die Zombie-Apokalypse.

Die Kombination aus Schleichen, Ballern, Prügeln und Rätseln funktioniert dank der dichten Atmosphäre und den abwechslungsreichen Missionen gut. Allerdings hat man auch immer wieder das Gefühl, als hätte man das meiste davon schon einmal gesehen bzw. gespielt.

Dazu stören die teils umständliche Bedienung, das schwammige Deckungssystem und etliche andere Ungereimtheiten während des laufenden Spiels. „Days Gone“ mag kein neues Open-World-Aushängeschild sein, aber setzt sich speziell mit seinem Setting von Titel wie „Red Dead Redemption 2“ oder „Assassin's Creed: Odyssey“ ab.

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Kommentare

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