Saints Row in der Vorschau: Raus aus dem Schatten von GTA?!

Mit “Saints Row” verbinden die meisten Spieler abgedrehte Open-World-Action und die wohl wichtigste Alternative zu “GTA”. Nach mehrstündigem Hands-on klären wir in unserer Preview, ob das Serienreboot auf eure Vorbesteller-Liste gehört.

Saints Row in der Vorschau: Raus aus dem Schatten von GTA?!

Mit ihrem letzten Actionspiel “Agents of Mayhem” tat sich Entwickler Volition selbst keinen Gefallen. Am Ende kassierte das Studio für den 2017 veröffentlichten Titel den schlechtesten Metascore all ihrer bisherigen Games. Mit dem Reboot zu “Saints Row” will das US-Studio nun auf den Erfolgsweg zurückkehren, alles neu und vieles besser machen. Auf einem Event in London konnten wir uns rund vier Stunden in Kampagne und Open World für euch austoben.

Saints Row mit Abstrichen

Bereits die ersten Screenshots und Videos zu “Saints Row” deuteten an, dass das Reboot in vielerlei Hinsicht anders sein wird als die Vorgänger. Ein Eindruck, den wir nach unserem Hands-on nur bestätigen können. Stilistisch wirkt das Third-Person-Spiel bodenständiger, der fiktive Wüsten-Schauplatz Santo Ileso im Südwesten der USA weniger bunt. Außerhalb der Missionen treffen wir vergleichsweise selten auf schräge Gestalten wie die Angehörigen der Idols, eine der feindlichen Fraktionen im Spiel, die oft in Neonfarben angepinselt sind, Helme mit Laufschrift oder in Form einer Kobra tragen.

Auf Realismus und Ernsthaftigkeit getrimmt ist “Saints Row” deshalb aber keineswegs. Noch können wir die Rückkehr des berühmten Dildo-Schlägers zwar weder bestätigen noch dementieren. An Verrücktheiten wie der später freischaltbaren Piñata-Kanone oder der Möglichkeit, vom Beifahrersitz aufs Dach eines Autos zu klettern und liegend mit MG oder Raketenwerfer auf die Verfolger zu ballern, mangelt es jedenfalls nicht. Auch die völlig unrealistischen Drifts durch Kurven oder die seitliche Rammattacke, die nach ein zwei Treffern Polizeifahrzeuge und Co. zur Explosion bringt, sind typisch “Saints Row”.

Woran es allerdings in den ersten Stunden noch mangelt, ist der aus der Reihe bekannte Humor. Es ist nicht so, dass es ihn in den Dialogen oder in Form von popkulturellen Referenzen gar nicht gäbe. Ins Schmunzeln gebracht hat uns das Spiel aber bislang allenfalls in Ansätzen, obwohl unsere selbsterstellte Hauptfigur und dessen Verbündete für unseren Geschmack sogar etwas zu viel reden.

Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden. Immerhin wird Volition sein gesamtes Pulver kaum bereits im Prolog verballern wollen. Die letzte spielbare Hauptmission in unserer Version endet jedenfalls quasi mit der Gründung der Saints und dem Einzug in eine ehemaligen Kirche, die uns fortan als Hauptquartier dient.

Wir haben also sehr wahrscheinlich nur einen kleinen Teil der Kampagne hinter uns. Obgleich wir uns ein paar witzige Sprüche mehr gewünscht hätten, können wir dennoch schon jetzt bestätigen, dass das Reboot ein echtes “Saints Row” wird, aber in mancherlei Hinsicht wohl eins mit Abstrichen.

Vom Söldner zum “Heiligen”

Einer der Bereiche, auf die Volition im Reboot deutlich mehr Wert legt, ist die Story. Konkret beginnt das Abenteuer mit einer Sequenz, in der euer selbsterstellter Held bereits mit seinen Saints über die Stadt herrscht, von seinen Gegnern jedoch überwältigt und offenbar lebendig begraben wird. Was danach kommt, ist also praktisch alles eine große, spielbare Rückblende.

Auf die Szene mit eurem Begräbnis kommt das Spiel womöglich erst ganz am Ende wieder zurück. Im ersten spielbaren Teil verdingt ihr euch als Söldner für die Organisation Marshall, die von einem “alten weißen Mann” mit Cowboy-Hut und Revolver angeführt wird. Natürlich werdet ihr später nach einem bestimmten Ereignis gefeuert, in das auch die beiden anderen Fraktionen, die bereits erwähnten Idols und die Los Panderos, verstrickt sind. Daraus resultiert schließlich die Gründung der Saints und der Kampf um die Vorherrschaft in Santo Ileso.

Es wäre zu viel gesagt, dass uns die Geschichte von den Socken haut. Die Erzählstruktur ist aber schon mal vielversprechend. Zudem werden auch die anderen respektive ersten Mitglieder der Saints, mit denen ihr zu Beginn eine gemeinsame WG bewohnt, gut eingeführt, sodass sich früh eine Bindung zu ihnen aufbaut. Die teils an Hipster erinnernden Verbündeten begleiten euch übrigens nicht nur innerhalb einiger Missionen, sondern können später auch in der Open World als Verstärkung herbeigerufen werden.

Allein loslegen müsst ihr aber sowieso nicht unbedingt. Einen kompetitiven Multiplayer gibt es zwar nicht, dafür aber einen Online-Koop-Modus, in dem ihr alles inklusive der Kampagnenmissionen gemeinsam mit einem Freund angehen könnt.

Vielseitige Missionen, motivierender Fortschritt

Ein weitere zentraler Schwerpunkt in “Saints Row” sind die üppigen Individualisierungsoptionen. Das fängt mit dem mächtigen Charaktereditor an, in dem ihr euren Helden oder eure Heldin wirklich in jeder Hinsicht an eure eigenen Vorstellungen anpasst. Aber auch die Waffen könnt ihr später ähnlich umfangreich nach eurem Gusto gestalten wie die Fahrzeuge in eurer Garage. Das gilt neben umfangreichem optischem Tuning auch technisch etwa durch den Einbau einer Nitro-Einspritzung oder einer Art Abschleppkabel, mit dem wir in einer der Missionen einen großen Metallcontainer ankoppeln und damit durch ein Zeltlager wüten.

Die ersten Storymissionen bieten recht viel Abwechslung und einige Over-the-Top-Momente. Zum Auftakt liegt ihr beispielsweise auf den Flügeln eines Düsenjets, mit dem eure Zielperson zu entkommen versucht. In einem Museum gilt es ein wertvolles Artefakt in Sicherheit zu bringen, wobei sich das Behältnis drumherum automatisch fortbewegt, so lange wir uns in dessen Nähe aufhalten – also praktisch eine stinknormale Beschützermission.

Erlebt haben wir auch einen “Mad Max”-Moment, genauer gesagt einen Auftrag, bei dem wir einem Konvoi im Sandsturm folgen, dabei mehrfach von Autodach zu Autodach springen und natürlich jede Menge Feinde wegrotzen müssen. Diese Mission könnte man mit der LKW-Verfolgungsjagd aus “Uncharted 3” vergleichen. Die Konvoi-Sequnz in “Saints Row” läuft allerdings nicht ansatzweise so flüssig beziehungsweise dynamisch ab. Nicht der einzige Punkt, an dem Volition Potenzial liegen lässt.

Die Nebenmissionen bieten ebenfalls eine recht große Bandbreite, wenngleich deren Design eher Abwandlungen von Standard-Kost entsprechen. In den “Pony Express”-Missionen müsst ihr entsprechend innerhalb einer begrenzten Zeit einen Zielpunkt auf der Karte erreichen, wobei ihr kaum umhin kommt, durch eine der Polizeisperren zu fahren, woraufhin mehrere Cop-Fahrzeuge euch verfolgen. Bei den “Riding Shotgun”-Aufträgen liegt ihr ballernd auf dem Dach eurer Karre.

Hinter den sogenannten “@TCHA”-Missionen, bei denen ihr über euer spielinternes Smartphone eine negative Wertung für ein Restaurant oder Ähnliches einer verfeindeten Fraktion abgebt, stecken schlicht längere Abwehrschlachten. In weiteren Nebenmissions-Typen gilt es, per Helikopter Geldtransporter mit einem Elektromagnet zu klauen oder mit dem Wingsuit auf hohen Gebäuden zu landen und dort etwa Antennen der Gegner zu zerstören.

In den meisten dieser Missionen können Bonuschallenges erfüllt werden, also beim Pony Express etwa das Ausführen einer bestimmten Anzahl von Rammattacken auf Verfolgerfahrzeuge. Ob das alles auch auf Dauer Spaß macht? Aktuell können wir darüber nur spekulieren. Motivierend ist aber in jedem Fall der erzielte Fortschritt sowohl in den Haupt- als auch den Nebenmissionen. Denn XP, Kohle, Waffen- oder Fahrzeugbelohnungen gibt es in angemessenem Maße. Nie zu viel, aber vor allem auch nie zu wenig.

Mittelprächtige Technik, gute Steuerung

Das vielleicht dickste Manko von “Saints Row” besteht in unserer Version eindeutig in der Technik. Trotzdem wir das Spiel ausnahmslos auf ziemlich potenten PCs zocken konnten, lassen Texturqualität und Effekte insgesamt noch stark zu Wünschen übrig. Hinzu kommen eine Menge noch vorhandener Bugs, wobei es sich vornehmlich um Kleinigkeiten handelt. Hier und dort spinnt die Kamera, insbesondere bei den eigentlich recht coolen Nahkampf-Finishern. Selbige nutzt ihr übrigens, um eure Autoheal-Funktion kurzzeitig zu boosten, Munition müsst ihr hingegen manuell bei besiegten Gegnern aufsammeln.

Doch zurück zur Technik: Die Animation des Hechtsprungs beim Einsteigen in Fahrzeuge, wie ihr sie aus den Vorgängern kennt, oder auch das normale Einsteigen funktionieren sehr oft nicht, sodass unsere Spielfigur ständig einfach hinters Lenkrad “teleportiert” wird. Diese und andere kleinere Fehler für sich genommen sind nicht weiter schlimm.


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In der Summe ist es aber einfach zu viel, dass wir es nicht unerwähnt lassen können. Wir möchten dennoch darauf hinweisen, dass unsere Spielfassung sehr wahrscheinlich einige Wochen auf dem Buckel hatte, also nicht ganz dem aktuellen Entwicklungsstand entspricht. Gerade mit Blick auf die Last-Gen-Version auf PS4 bereiten uns unsere Eindrücke aus “Saints Row” aber definitiv Sorgen. Immerhin war die Performance trotz der zahlreichen Explosionen um uns herum durchweg stabil. Das sah in den Ur-Konsolenversionen von “Saints Row III” und “Saints Row IV” bekanntlich anders aus.

Ziemlich gut gefällt uns wiederum die Steuerung und auch die bisherige Spielbalance. Die Einstellungen auf der mittleren von fünf Schwierigkeitsstufen passt für uns jedenfalls nahezu optimal. Den Schaden, den die Gegner verursachen, die Höhe ihrer Trefferpunkte, Stärke der Zielhilfe und etliches mehr werdet ihr auf Wunsch aber sehr genau und jederzeit an eure Bedürfnisse anpassen können. Genauso so muss das sein!

Einschätzung: durchschnittlich

Die gute Nachricht vorweg: Das Reboot bleibt im Kern der Serientradition treu und trägt den Namen „Saints Row“ zurecht. Das Ballern macht genauso viel Laune wie die Verfolgungsjagden, zumal ständig irgendwas in die Luft fliegt. Das Fortschrittssystem ist motivierend und dürfte mit dem Aufbau der Basis und erst später freischaltbaren Skills im weiteren Verlauf noch zulegen.

Im mächtigen Charaktereditor und in den vielen Individualisierungsoptionen auch für die Fahrzeuge werden wir uns gewiss auch in der finalen Version gerne austoben. Der typische Serienhumor kommt allerdings in den ersten Stunden noch etwas zu kurz. Das Design von Haupt- und Nebenmissionen wirkt teils wie ein Open-World-Relikt aus dem vorletzten Jahrzehnt. Und technisch bereitet uns die gespielte Version rund einen Monat vor dem Release durchaus tiefe Sorgenfalten, besonders mit Blick auf die PS4-Fassung.

Kurzum: „Saints Row“ wird ein solides, actionreiches Open-World-Spiel. Ob es am Ende für mehr reicht, wird erst die finale Version klären können und hängt zudem vom noch nicht angetesteten Koop-Modus ab.

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