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TEST: Final Fantasy XIII

play3 Review: TEST: Final Fantasy XIII

9.0

Das meist erwartete Rollenspiel der letzten Jahre ist da und es wird die Fans garantiert spalten. Wir erklären euch, warum das so ist.

Kein Teil der Serie war dermaßen umstritten (auch bei uns in der Redaktion): Ist „FFXIII „einfach nur glattgebügeltes Eye Candy für Gehirnamputierte, Einsteiger und Casual-Gamer? Ist es doch eine konsequente Fortsetzung im stattlichen NextGen-Gewand?

Wir dachten uns bei jeder neuen „Final Fantasy“-Episode der letzten 13 Jahre: „Ui, das ist ja irgendwie ganz anders, als der letzte Teil!“ Wir sind aber nicht die Ersten, die der Serie bescheinigen, sich mit jedem Kapitel neu zu erfinden. Da die Kernelemente immer wieder zurückkehren, fühlt sich dennoch alles vertraut an. Im Gegensatz zu anderen Entwicklern kann man den „FF“-Machern also nicht vorwerfen, immer wieder das gleiche Spiel aufzuwärmen. Dass Square Enix die Marke bis zum Gehtnichtmehr mit Merchandise und Spin-Offs ausquetscht, steht auf einem ganz anderen Blatt…

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Lange Spieldauer – relativ gesehen.„FFXIII“ ist ein großes Spiel und das dürft ihr wörtlich nehmen. Als wir anfingen den Test zu tippen, stand der Zähler bei ca. 30 Stunden. Bis zum Finale hatten wir über 65 Stündchen auf dem Konto. Da wir zwischendurch regelmäßig im Pause-Menü verweilten um Notizen zu machen, dürften 50 – 60 Stunden durchschnittliche Spieldauer hinkommen. Für heutige Maßstäbe ist das viel, aber für „Final Fantasy VII“ benötigten wir beispielsweise über 100 Stunden. Darin gab es nämlich auch viel mehr zu entdecken und nebenbei zu erledigen. Der 13. Teil entspricht da eher der „casualisierten“ zehnten Episode der Reihe.

Vereinfacht oder verblödet?„FFXIII“ ist das vielleicht linearste und oberflächlichste „Final Fantasy“ aller Zeiten. Ein wenig wie James Camerons Blockbuster „Avatar“, um ehrlich zu sein. Der bot auch nicht viel Tiefgang, doch in Sachen Präsentation wischt er mit so ziemlich jedem Streifen den Boden auf. Auch „FFXIII“ betört eure Sinne nonstop und lässt euch vergessen, dass ihr all den Bombast mit dem Verlust spielerischer Freiheit bezahlt.

Dieses Spiel in „Cool“- und „Doof“-Aspekte aufzuteilen ist WIRKLICH schwer. Viele Punkte sind ganz einfach Geschmacksache. Es gibt wenig wirklich „Greifbares“ zu bemängeln. Handwerklich ist das Spiel topp, Steuerung, Grafik, Sound, Interface und so weiter sind super. Wieder kann man „Avatar“ zum Vergleich heranziehen. Absolut geil gemacht, technisch tadellos und äußerst polarisierend, weil es so wenig allgemeingültige Kritik-Punkte gibt. Ist der Film schlecht, weil uns die Thematik bereits in „Pocahontas“ und „Der mit dem Wolf tanzt“ zu Tode langweilte? Ist der Film schlecht, weil manche Kritiker die blauen Viecher und den USB-Anschluss im Navi-Zopf lächerlich finden?

Letztlich läuft das gesamte Spiel nach folgendem Muster ab: Ihr rennt durch die Gegend und trefft auf Monster, denen Ihr euch im Kampf stellt. Dafür gibts Punkte, die in neue Skills investiert werden und dazwischen erfreut ihr euch an Zwischensequenzen. An bestimmten Stellen trefft ihr auf dicke Boss-Gegner und dann gibt‘s noch mehr feine Zwischensequenzen. Das genretypische Erkunden einer großen Welt entfällt bei „FFXIII“ fast völlig und wichtige Teile der Spielmechanik werden erst nach vielen Stunden Spielzeit enthüllt.

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Was wir cool finden

OPTIK
Fett, fetter, „FFXIII“. Die Rendervideos sind dank BluRay der Wahnsinn und alleine deshalb sollten Multikonsoleros unbedingt zur PS3-Version greifen. Dagegen sehen die Sequenzen auf der Xbox360 im wahrsten Sinne des Wortes alt aus. Aber auch sonst hat die Sony-Variante optisch mehr zu bieten. Schärfere Texturen und etwas weniger Geruckel, zum Beispiel. Soll aber nicht bedeuten, dass euch ein unflüssiges Erlebnis erwartet. Nur hier und da bemerkt man minimale Slowdowns. Insgesamt ist „FFXIII“ sicherlich eines der grafisch eindrucksvollsten Spiele – und zwar Plattform übergreifend.

Das Design selbst ist wie immer nicht jedermans Sache. Knapp berockte Schulmädchen-Fantasien und jede Menge Typen, die einer Gay-Boygroup entprungen zu sein scheinen. In der Hinsicht ist das Ganze mindesens so penetrant, wie „FFX“. Der eine mag‘s, der andere nicht.

SOUND
Deutsche Sprachausgabe gibt‘s wieder nicht, dafür sind die englischen Sprecher wirklich gut. Gäbe es deutschen Ton, hätten sich wahrscheinlich sowieso alle über die Synchro beschwert. Soundtechnisch ist „FFXIII“ ebenfalls ein absolutes Brett. Nicht nur, weil die Sprecher gut sind, die Soundeffekte knallen und die musikalische Begleitung kinoreif ist. Als alte Surround-Jünger freuen wir uns über jedes Spiel, dass die Satelliten dermaßen akzentuiert beansprucht. Krass: wenn euch euer Team in den Dungeons hinterher rennt, könnt ihr anhand der Schrittgeräusche sogar genau ausmachen, wer sich wo befindet. Eigentlich ein unwichtiges Detail, aber ideales Beispiel für Squares Detailverliebtheit. Komischerweise wird der Sound von der Zeitschrift „GamePro“ als frontlastig bezeichnet. Ob das am Equipment liegt?

ERZÄHLUNG
Ein ungeschriebenes Japan-RPG-Gesetz lautet, dass Nippons Rollenspiele immer nur die gleiche Story verwenden und diese auch nicht zu sehr modifizieren dürfen. Bei „Final Fantasy“ war das immer besonders extrem. Deshalb gibt es auch hier Waisenkinder und gebrochene Helden, die von Schuldgefühlen geplagt werden. Auch den unerfahrenen Jüngling, der nicht an sich glaubt und im Laufe des Abenteuers seine Ängste überwindet. Dann natürlich die kecke Teenie-Göre, die mit entwaffnender Naivität punktet. Nicht zu vergessen: der übermütige Heißsporn, der mit seinen Erfahrungen wächst. Es findet sich außerdem jede Menge Pseudo-Esoterik, Spiritualitäts-Gedöns und Philosophie für Arme im Spiel.

Somit gewinnt die Story von „FFXIII“ keinen Originalitätspreis. Die starken Bösen unterjochen die Schwachen und euer Team geht dagegen an. So 08/15 das Grundgerüst der Geschichte und die beteiligen Personen auch sein mögen – die Erzählweise ist tadellos. Es gibt jede Menge unterhaltsamer und informativer Rückblenden und in all den Spielstunden fühlten wir uns nie dazu verleitet, eine Story-Sequenz zu „skippen“. Kurz: Ganz großes Kino!

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SIMPLIFIZIERT
Alles wurde vereinfacht. Wenn ihr im Kampf den Löffel abgebt, könnt ihr auf Wunsch wieder direkt davor einsteigen. Nix Spielstand neu laden und minutenlange Wiederholungen ertragen. Es gibt auch kein echtes „XP-Aufleveln“ mehr im klassischen Sinn. Man erhält lediglich Punkte, mit denen man Fähigkeiten freischalten kann. Quasi wie in „FFX“, wo man die Skills auf dem „Sphärobrett“ aktivieren musste.

Die zur Auswahl stehenden Skills werden vom Spiel erst nach und nach freigeschaltet. Kommt also immer wieder vor, dass ihr Punkte auf dem Konto habt, aber diese nicht verbraten könnt. Was daran gut ist? „FFXIII“ verlangt von euch kein stundenlanges „Grinden“, um mit den stärkeren Gegnern mitzuhalten. Spieler A findet das super, weil zeitsparend. Spieler B schimpft, weil es ein System für Pussys ist. Wer hat recht? Eigentlich beide. Wir finden es gut, weil wir heuzutage gar nicht mehr die Zeit haben, dauernd die selben Passagen zu wiederholen.

EINSTIEG EASY
Im Nachhinein betrachtet, muten die ersten zehn Stunden des Spiels wie ein großes Tutorial an. Die ersten drei Spielstunden könnt ihr quasi komplett mit dem Drücken der X-Taste lösen. Bis ihr Skills freischalten/einsetzen dürft, dauerts anfangs auch locker 120 Minuten. Erstaunlich: Das Spiel ist bereits halb vorbei, wenn Ihr endlich selber bestimmen könnt, welche Teammitglieder aktiv sind und wer die Party anführt. Eine sehr flache und einsteigerfreundliche Lernkurve, könnte man sagen.

TECHNIK & LADEZEITEN
Muss man auf jeden Fall erwähnen: Die Ladezeiten sind superkurz, obwohl das Spiel nicht mal eine Installation verlangt. Auch wenn wir keine Programmierer sind, behaupten wir mal, dass es sich dabei um eine ziemlich saubere Leistung handelt.

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INTERFACE
In all den Jahren hat Square Enix halt doch einiges an Erfahrung gesammelt. Die Menüs sind supereinfach gehalten, das Interface erklärt sich quasi von selbst. Items benutzen, Ausrüstung verwalten, Charakter-Stats einsehen – geht alles intuitiv und locker von der Hand.

KAMPFSYSTEM
Der ATB-Balken ist zurück und in mehrere Abschnitte aufgeteilt. Je stärker die von euch gewählte Aktion ist, desto mehr ATB-Abschnitte verbraucht sie. Mit der Zeit gewinnt ihr immer mehr Abschnitte hinzu, was längere Angriffsketten ermöglicht. Diese Ketten sind das A und O im Kampf, denn eure Feinde lassen sich durch Angriffsserien in einen Schockzustand versetzen, der sie verwundbarer macht. Der Schockbalken ist also mindestens so wichtig, wie die Lebenspunkte-Anzeige.

Mit der L-Taste führt ihr einen so genannten „Paradigmenwechsel“ durch. Was das ist? Im entsprechenden Menü könnt ihr verschiedene Sets von Verhaltensweisen und Kampftaktiken für eure Party anlegen. Je nach Set greifen eure Teammitglieder dann auf andere Moves zurück. Die Kampftaktik „Brecher“ veranlasst euren Kollegen zum Beispiel zu Frontalattacken, wenn „Heiler“ aktiviert ist, wird er zum aufmerksamen Sani und durch die richtige Kombinationen zur richtigen Zeit, lässt sich jeder Kampf problemlos überleben.

Sobald es beim Spieler „Klick“ macht und das System in Fleisch und Blut über geht, entfaltet die Kombination aus Paradigmenwechsel, ATB- und Schockbalken-Management sein taktisches Potential. Zwar handeln eure Kameraden völlig eingenmächtig, doch da ihr das Verhaltensmuster vorgebt, fühlt ihr euch trotzdem immer als „Boss“.

Das Kampfsystem gehört unserer Meinung nach zu den ganz großen Stärken des Spiels. Es enttäuscht zu Beginn völlig, da man ja nicht ahnen kann, dass es seine Finesse erst nach Stunden entfaltet. Wenn euch bei anderen Titeln bereits der Abspann entgegen flimmert, fängt „FFXIII“ eben erst richtig an.

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Was wir doof finden

SIMPLIFIZIERT
Stand diese Überschrift nicht auch im „Was wir cool finden“-Bereich? Ja, das stimmt. Die Vereinfachung hat nämlich gute und schlechte Seiten. FFXII ist zwar ein Fest für die Sinne und setzt noch stärker auf eine geradlinige Erzählstruktur, aber das geht auf Kosten der spielerischen Freiheit.

Ihr wollt durch eine offene Welt reisen, Siedlungen und Städte besuchen, Smalltalken und shoppen? Pech gehabt, denn das geht nicht. Na ja, shoppen könnt ihr schon, aber das wird nur noch über Ingame-Terminals abgewickelt. Quasi wie Online-Shopping auf reiner Textbasis.

Genau genommen hat man dieses Rollenspiel seiner klassischen RPG-Elemente beraubt und mehr „interakives Kino“ reingepackt. Schließlich wurde ja selbst die Charakter-Entwicklung auf ein Minimum reduziert. Keine Rüstungen oder Klamotten mehr, aber wenigstens kann man die Waffen modifizieren.

Es gibt zwar einen Haufen Spieler, die das bequem finden, aber der Fairness halber muss man einfach sagen, dass dies nicht jedem schmecken wird.

LINEAR & ERKUNDUNGSARM
Damit kommen wir gleich zur Linearität. Es gibt eigentlich nix zu tun, abseits der Story. Die paar existierenden Sidequests sind alles andere als abwechslungsreich. Da denkt man schon wehmütig an Chocobo-Zucht, Blitzball oder Sphere Break zurück. Ist man in „Dungeons“ unterwegs, gibt es einen Weg zum Ziel und ein paar kleine Abzweigungen, die in Sackgassen enden. Dort findet man in der Regel irgendwelche Items, damit der Weg nicht umsonst war. Bei uns in der Redaktion finden das ein paar Leute richtig doof, doch die anderen Kollegen freuen sich, weil man sich endlich dem Wesentlichen widmen kann.

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RÄTSEL?
Es gibt schon ab und an so etwas wie ein Rätsel, nur braucht man für die Lösung dieser selten auftretenden Hürden kein Gehirn. Zumindest ein paar kniffligere Schalterrätsel oder ähnliches hätten nicht geschadet.

KAMERA
Bewegt man die Kamera, während sich Objekte in der Nähe befinden, dann reagiert sie zuweilen etwas störrisch.

CHARAKTERE
Lightning ist eine klassische Heldin nach unserem Geschmack. Wortkarg, stark und immer scheiße drauf. Der Afro-Träger Sazh Katzroy mit seiner lockeren Art ist ebenfalls eine Bereicherung. Allerdings gibt es ein paar Charaktere, die uns wirklich auf die Nüsse gingen. Da wäre zum einen Hope Estheim – ein ständig vor sich hin flennender Junge. Gerne hätten wir ihn aus der Party gekickt, aber das ist nicht möglich und so erträgt man sein Gejammer zähneknirschend. Auch auf die naive Vanille hätten wir verzichten können. Herzensgut und immer gut drauf. Wir hätten sie gerne mit ihren eigenen Zöpfen erwürgt. (Manchmal machen Videospiele vielleicht doch aggressiv.)

System: Playstation 3
Vertrieb: Square Enix Europe/ Koch Media
Entwickler: Square Enix
Release: 9. März 2010
USK: ab 12
offizielle Homepage: www.finalfantasy13game.com

9.0

Wertung und Fazit

TEST: Final Fantasy XIII

Square Enix wollten es so vielen Gamern wie möglich recht machen und so wurde „Final Fantasy“ aufs Wesentliche reduziert: Dungeons, Kämpfe, Zwischensequenzen. Punkt. Eigenständig war bisher jeder Teil, aber dieses mal ist der Wandel gravierender. Zum ersten könnten selbst RPG-Hasser Gefallen an einer „Final Fantasy-Episode“ finden. Die Kehrseite der Medaille: Erfahrene Puristen werden vom simplifizierten Gameplay und der ewig langen Einleitung abgeschreckt. Geduld ist gefragt, denn wer den langsamen Einstieg erträgt, wird durch eine packende Spielerfahrung belohnt, die auch alte Hasen fesseln wird. Nicht schlechter, nicht besser, aber eben anders als seine Vorgänger

Hotlist

Kommentare

BruceWayne999

BruceWayne999

09. März 2010 um 22:17 Uhr
Pecman1982

Pecman1982

09. März 2010 um 23:35 Uhr
Mr.O-siris

Mr.O-siris

10. März 2010 um 10:41 Uhr
PleaseStandBy

PleaseStandBy

10. März 2010 um 22:03 Uhr