Zum Glück (?) gab es in meiner Familie "nur" zwei Todesfälle und einen Todesfall eines Mannes, den ich ein paar Tage zuvor kennengelernt habe.
Mein Opa väterlicherseits starb 2011 an Krebs und sonstigen Krankheiten. Ich war sehr erstaund, als er noch zu Hause gewohnt hat und morgens seine Tabletten nehmen musste. Er sagte manchmal zu mir, dass er jetzt frühstückt (damals war ich maximal 15) und nahm acht Tabletten. Nur morgens (!). Er und Oma wohnten auf einem Camping-Platz circa 30 - 45 Minuten entfernt von uns. Mindestens einmal im Monat hat man sich gesehen und gerade ich als Kind kann mich nicht so gut an Ihn erinnern aber einige Szenen habe ich behalten. Mit meinem Opa habe ich nie richtig gesprochen. Dieser erste Todesfall öffnet einem die Augen, dass die eigene Familie nicht immun gegen den Tod ist. Speziell dieser Tod hat mehrere Seiten. Erfahren hat es zuerst eine Freundin meiner Mutter, die eine Todesanzeige in der Zeitung gelesen hatte. Mein Vater erfuhr es dann von meiner Mutter (meine Eltern waren geschieden) und nicht von seiner Mutter, sprich meiner Oma. Meine Oma hat daraufhin fast allen Vorwürfen gemacht, warum ihn niemand besucht hat etc., als man mit ihr telefoniert hat. Auf jeden Fall brach dann jeglicher Kontakt zu meiner Oma ab. Niemand weiß auch, ob Sie überhaupt noch lebt. Ihr müsst wissen, meine Familie ist extrem sturrköpfig und nachtragend. Gerade für mich extrem verstörend, weil ich immer eine gute Beziehung zu meinen Großeltern hatte und ich es meiner Oma auch nicht böse nehmen würde. Immerhin ist ihr Mann gestorben, mit dem sie fast 50 Jahre lang verheiratet war. Nunja, nun scherrt sich niemand um Sie. Viele Sachen um den Tod kamen erst nach ein paar Jahren heraus. Ich habe irgendwann erfahren, dass mein Opa im Sterben gesagt hat, dass er seine Enkelkinder noch sehen möchte. Dieser Gedanke und nicht der Tod an sich (der war abzusehen) schwebt mir bis heute im Kopf und ich fühle mich so extrem schlecht.
Der Tod meines anderen Opas war auch abzusehen. Er hatte Leukämie und andere Krankheiten. Genau wie bei meinem anderen Opa habe ich nie wirklich mit Ihm gesprochen. Makaber war nur die Beerdigung, auf die ich auch gehen wollte. In einem Stadtteil gibt es nämlich zwei Friedhöfe, die sich lediglich in der Bezeichnung darin unterscheiden, dass bei einem ein 'Alt" davor steht. Als Familie wollten wir dorthin gehen und haben erfahren, dass wir am falschen Friedhof waren. Als man am richtigen Friedhof war, war er schon längst beerdigt.
Ich habe letztes Jahr einen Mann kennengelernt. Einen Arbeitskollegen von dem Freund meiner Mutter. Er hat uns einmal besucht und als es immer später wurde, waren wir fast alleine und haben geredet. Er erzählte von sich und das er nicht mehr mit seiner Frau zusammen ist und anderen Problemen. Im Kopf ist er mir nur geblieben, weil er wirklich ein guter Kerl war. Mit dem man sich sozusagen spontan angefreundet hat. Zwei oder drei Tage später habe ich mitbekommen, wie er circa 300 m von uns entfernt Abends eine Straße überquert hat, nachdem er seine Stammkneipe verlassen hatte. Es handelte sich dabei um eine rechtskurve und er hatte fast die andere Straßenseite erreicht als ein Mann, später stellte sich heraus unter Drogeneinfluss, mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit ihn erfasst hatte und er so weit geflogen ist, dass er wieder zurück auf die andere Straßenseite landete. Andere Stammkneipenbesucher haben dies mitbekommen und wollten helfen. Er muss so entstellt gewesen sein, dass seine Freunde Ihn vor Ort nicht erkannt haben. Er überlebte es, lag jedoch im Koma mit schweren Kopfverletzungen. Vor ein paar Wochen habe ich erfahren, dass er gestorben ist. Auch hier makaber: auf seiner Beerdigung erzählte man von seinen Trinkgelagen und Missetaten. Unglaublich.
Dazu noch ein Nahtod von meinem Vater. Ich habe mich letztes Jahr einmal bei Ihm gemeldet, jedoch hatte er seit circa drei Tagen nicht geantwortet. Für meinen Vater sehr unüblich. Ich habe meine Schwester kontaktiert. Sie hatte einen Zweitschlüssel für seine Wohnung und ging hinein. Er lag auf seinem Sofa und konnte sich nicht mehr bewegen und die Augen öffnen. Überall lag Erbrochenes. Laut meiner Schwester selbst an Türen und Wänden. Mein Vater hatte sich eine Infektion zugezogen, weshalb er so heftig erbracht und seine Medikamente für das Herz nicht mehr nehmen konnte. Irgendwann ging es Ihm so schlecht, dass er auch sein Insulin nicht mehr spritzen konnte. Notaufnahme und drei bis vier Tage laut Ärzten in lebensgefahr. Aktuell geht es ihm wieder gut.
Gelernt habe ich, dass der Tod immer kommen kann. Man muss nicht zu alt sein, man muss nicht 67 sein und Krebs haben. Es reicht auch, wenn man 49 ist. Unabhängig vom Alter kann man auch einfach überfahren werden etc.
Darüber muss man mit seinem Partner definitiv reden, damit man selbst auf solche von mir aus auch unwahrscheinlichen Fällen vorbereitet ist.