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Crash Bandicoot 4 im Test: Hüpf-Revival des Playstation-Originals

Das Playstation-Original findet zurück zu alter Stärke: „Crash Bandicoot 4: It's About Time“ verbindet Jump'n'Run-Nostalgie mit neuen Gameplay-Ideen und liebevoller Technik

play3 Review: Crash Bandicoot 4 im Test: Hüpf-Revival des Playstation-Originals

9.0

Wer hätte gedacht, dass ein frecher und leicht dämlicher Beuteldachs einmal dem Star-Entwicklerstudio Naughty Dog zum großen Durchbruch verhelfen würde? „Crash Bandicoot“ galt zum Start der Serie im Jahr 1996 noch als Maskottchen für die Marke Sony PlayStation. Heute kümmert sich Naughty Dog lieber um „The Last of Us“ oder „Uncharted“, während sich Toys For Bob („Skylanders“) an der Umsetzung des vierten Teils „Crash Bandicoot 4 – It’s about Time“ versucht.

Im Gegensatz zum aktuellen Trend handelt es sich dabei nicht um einen Reboot, sondern um die Fortsetzung des Geschicklichkeitsspiels und schließt zeitlich an „Crash Bandicoot 3: Warped“ an.

Auch spielerisch wagt man keine unnötigen Experimente: „Crash Bandicoot 4“ bringt alle Stärken und die wenigen Schwächen der frühen Ableger ins Jahr 2020.

Alte Schurken, alte Probleme

Natürlich solltet ihr im Fall von „Crash Bandicoot 4: It’s about Time“ keine tiefschürfende Geschichte oder gar eine emotionale Achterbahnfahrt erwarten. Grafisch wie erzählerisch erinnert das Spiel stark an die Looney-Tunes-Cartoons. Entsprechend simpel, aber humorvoll präsentiert sich das Abenteuer auch in den Zwischensequenzen.

Es wurde Zeit für diese Fortsetzung!

Und so beobachtet ihr zu Beginn, wie es den Schurken N. Tropy, Dr. Neo Cortex N, N. Gin, Uka-Uka und N. Brio gelingt, aus ihrem interstellaren Gefängnis auszubrechen. Blöderweise nimmt dadurch das Raum-Zeit-Kontinuum Schäden und so öffnen sich überall Dimensionsrisse. Damit also das gesamte Universum nicht ins Chaos stürzt, müsst ihr diese Portale schließen und zu diesem Zweck benötigt ihr die vier Quantum-Masken.

Ihr startet euer Spiel mit Crash und seiner Schwester Coco. In jedem Level entscheidet ihr selbst, mit welcher der Figuren ihr spielen möchtet. Im weiteren Verlauf schaltet ihr aber weitere Figuren aus dem „Crash Bandicoot“-Turnus frei und übernehmt etwa Dingodile, Tawna oder Dr. Neo Cortex höchstpersönlich.

Eine Reise durch Zeit und Raum

„Crash Bandicoot 4: It’s about Time“ bleibt der Linie treu und ist über einen Großteil der Spielzeit ein klassisches 2.5D-Geschicklichkeitsspiel. Bevor ihr ins Abenteuer aufbrecht, stellt euch das Spiel vor die Wahl: Modern und retro. Auf „Modern“ schenkt es euch fair gesetzte Checkpunkte und spendiert euch, sofern ihr zu oft hintereinander drauf geht, sogar eine Aku-Aku-Maske als Schutz. Zudem besitzt ihr unendlich viele Leben, auch wenn „Crash Bandicoot“ bestimmte Erfolge an die Anzahl der Neustarts koppelt. „Retro“ hingegen verbindet den Spielfortschritt mit einer begrenzte Anzahl von Leben. Habt ihr keine mehr und geht drauf, startet ihr wieder ganz von vorne.

Die große Stärke das Abenteuers liegt allerdings in seinem Ideen- und Abwechslungsreichtum. Dank umgekehrter Abschnitte im „N.Verted“-Modus kommt „Crash Bandicoot 4“ auf 100+ Missionen. Keines der Levels ist wie das andere. Ständig wechseln sich die Szenarien, Figuren und Fertigkeiten ab. „Crash Bandicoot 4“ jongliert gekonnt mit dem Raum- und Zeitreise-Setting und man merkt dem Spiel förmlich an, wie sehr die Entwickler ihre kreativen Freiheiten genossen haben.

Die Dimensionskarte dient als HUB-Level auf der ihr die Szenarien auswählt. Unser Favorit war übrigens ein an New Orleans angelehntes Straßenfest, bei dem Geister für die notwendige Akustik sorgten, während im Hintergrund eine gewaltige Parade abgehalten wurde. Aber auch die anderen Levels, egal ob dystopische Zukunft oder Dinozeit, überzeugen mit viel Liebe zum Detail. Manchmal ertappten wir uns dabei, wie wir kurz inne hielten und die Umgebung, die liebevoll gestalteten Figuren oder gar die Animationen bestaunten.

Allein wenn Crash mit seinen Turnschuhen über Eis oder Schleim schlittert, sieht das absolut zum Totlachen aus. Hinzu kommen kleinere Cameo-Auftritte wie beispielsweise von „Spyro“. Der neue, überarbeitete Comic-Look steht dem Spiel ausgezeichnet und die vielen extrem liebenswerten Kleinigkeiten machen „Crash Bandicoot 4“ absolut besonders.

Vier Masken, vier neue Fähigkeiten

Die hier bereits hervorgehobene Abwechslung zeigt sich auch im Gameplay. Klar, in seinem gern ist „Crash Bandicoot 4“ ein 2.5D-Geschicklichkeitsspiel. Trotzdem wartet es mit vielen Tricks und Kniffen auf, die dafür sorgen, dass keine Langeweile aufkommt. Wallruns, Walljumps, kurze Fahrzeugs- und Rutschsequenquenzen geben sich mit dem bewährten Hüpf-Gameplay die Klinke in die Hand.

Absolut entscheidend sind die vier Quantum-Masken, die ihr im Verlauf des Spiels aktiviert und an markierten Positionen einsetzt. Mit Lani-Loli etwa aktiviert ihr die Phasenverschiebung. Dadurch tauchen blau schimmernde Objekte auf oder verschwinden wieder. Mit Kupuna-Wa dagegen verlangsamt ihr die Zeit, sodass ihr beispielsweise über herabstürzende Objekte springen könnt. Mit Ika Ika dreht ihr die Schwerkraft um. Das sorgt für allerlei Gehirnverdrehungen, da ihr plötzlich an der Decke entlang lauft und so Hindernissen ausweichen könnt. Mit Akona führt ihr dagegen einen endlosen Wirbelangriff aus und könnt so auch über weit entfernt Abgründe fliegen.

Ganz wichtig: Ihr greift nie gleichzeitig auf alle vier Fertigkeiten zu. Stattdessen helfen euch die Masken an speziell dafür vorgesehenen Punkten. Das wiederum bringt Struktur in die verschiedenen Parkours, hält aber auch die Kontrollen vergleichsweise simpel. Oftmals ist es eher das Tempo des Spiels und nicht etwa die Aufgaben selbst, das hier die Hürde darstellt.

Laut flucht der Beuteldachs!

Allerdings ist „Crash Bandicoot 4: It’s about time“ auch kein leichtes Spiel. Es erfordert sehr oft viel Perfektion bei den Bewegungen und nicht selten sekundengenaues Timing bei den Sprüngen. Im finalen Bosskampf bissen wir geschlagene 60 Mal ins virtuelle Gras. Auch in anderen Missionen sind 30 bis 40 Neustarts keine Seltenheit.

„Crash Bandicoot“ erfordert teils viel Präzision und manchmal wird auch erst beim zweiten Hinschauen klar, wo der richtige Weg ist. Die Perspektive spielt einem nicht selten einen Streich. Dank des 2.5D-Leveldesigns wechselt ihr in Echtzeit die Perspektive. Das kostet gelegentlich Nerven, wenn ihr beispielsweise im vertikalen Sidescroller-Gameplay seitlich an einer Kiste vorbei springt.

Auch die Gegnertypen könnten kaum gemeiner sein: Crash und seine Freunde legen sich mit gefräßigen Muränen, Kampfdrohnen oder auch Zombiepiraten an. Sie alle verfügen natürlich über spezifische Angriffsmuster, die ihr lernen und entsprechend kontern müsst. Dieser Prozess dauert aber und entsprechend gelingt euch in kaum einem Level der perfekte Durchlauf auf Anhieb.

Die eigentliche Story habt ihr nach zehn bis zwölf Stunden beendet. Doch „Crash Bandicoot 4“ ist ein Spiel für Perfektionisten: In den Levels tummeln sich tonnenweise versteckte Objekte. Wollt ihr die alle finden, müsst ihr in die Welten zurückkehren und wegen sowie Positionen der versteckten Objekte erlernen. Wer also alle Skins aktivieren möchte, muss viel Zeit und Schweiß investieren, um schnell und schadlos durch die Levels zu kommen. Mikrotransaktionen gibt es glücklicherweise nicht!

Uns erinnerte „Crash Bandicoot 4“ teil an das Motocross-Spiel „Trials“. Allerdings besitzt es einen entscheidenden Nachteil: Die Ladezeiten. Möchtet ihr etwa nach gescheiterten Versuchen eine Mission neu starten, dauert das allzu lange, ehe ihr wieder im Spiel seid.

Die Stärke liegt im Singleplayer

Keine Bange, Toys For Bob haben „Crash“ keinen umständlichen Versus-Modus oder dergleichen über gestülpt. Stattdessen besitzt das Spiel einige nette Hot-Seat-Varianten. Gerade „Weitergeben“ überzeugte uns im Test sehr. Ist dieser Modus aktiviert, bestimmt ihr, wann das Gamepad weitergegeben werden muss – nach einem Checkpunkt, dem Bildschirmtod oder nach beidem.

Auf diese Weise erlebt ihr die Missionen gemeinsam mit Freunden oder der Familie und könnt euch zusammen über die Erfolge freuen, mitfiebern oder auch Tipps geben. „Bandicoot-Kampf“ dagegen beschreibt Wettrennen, die ihr unter Zeitdruck bestreitet und dabei Kisten zerstören müsst. Das ist als Pausenfüller ganz nett, aber mehr auch nicht.

9.0

Wertung und Fazit

PRO
  • geniales Leveldesign mit viel Abwechslung
  • viele kleine und große Verbesserungen und Erweiterungen gegenüber den früheren Teilen
  • starke Präsentation und liebevolle Comic-Grafik
CONTRA
  • lange Ladezeiten
  • gelegentliche Kameraprobleme
  • kratzt teils hart an der Frustgrenze

Crash Bandicoot 4 im Test: Hüpf-Revival des Playstation-Originals

„Crash Bandicoot 4: It's About Time“ ist genau die Fortsetzung, die die Serie verdient und die wir Spieler gebraucht haben. Es greift die Quintessenz des Originals gekonnt auf und münzt es auf moderne Gameplay-Mechaniken um. Als Jump'n'Run ist es über jeden Zweifel erhaben: Die Kontrollen erweisen sich als direkt, die Levels sind extrem abwechslungsreich und strotzen vor kreativer Ideen und Liebe zum Detail.

Zugleich aber bleibt auch der Anspruch nicht auf der Strecke. „Crash Bandicoot 4: It's About Time“ fährt einige echt knifflige Stellen auf, an denen sich Profis in ihrem Wahn zur Perfektion die Zähne ausbeißen dürfen. Zugleich aber gönnt das Spiel einem auch Hilfe wie etwa die fair verteilten Checkpunkte und Aku-Aku-Masken als Power-Up.

Die integrierten Multiplayer-Optionen sind eine nette, aber sicher nicht kaufentscheidende Erweiterung – ganz im Gegensatz zur ausgezeichneten „Weitergeben“-Funktion. Kurzum: „Crash Bandicoot 4: It's About Time“ gehört zu den besten Spielen des verkorksten Gaming-Herbsts 2020 und wird Kenner des Originals wie Neueinsteiger gleichermaßen abholen. Glasklare Kaufempfehlung!

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Kommentare

Andreas_nby

Andreas_nby

04. Oktober 2020 um 10:16 Uhr