ANGESPIELT: Child of Light

Jeder Mensch träumt. Jede Nacht. Wenn wir 75 Jahre alt werden, haben wir durchschnittlich mehr als 100.000 Träume hinter uns. An manche erinnern wir uns, an manche nicht. Doch wissen wir: Wir wachen immer wieder in der Realität auf!

Als Aurora in der Märchenwelt von Lemuria zu sich kommt, will sie nur eins. Zurück nach Hause zu ihrem Vater. Doch das geht leider nicht. Sie ist gefangen und muss zunächst Sonne, Mond und Sterne zurückbringen, die von der dunklen Königin gestohlen wurden.

„Child of Light“ ist eine fantastische Rollenspiel-Reise in finstere, bunte und wunderschöne Traumreiche. Es basiert technisch auf der UbiArt Framework-Engine, die bereits Titel wie „Rayman Origins“ und „Rayman Legends“ zum Leben erweckte. Kaum vorstellbar, dass große Teile des Teams hinter dem malerischen Rollenspiel zuvor an „Far Cry 3“ mitarbeiteten. „Child of Light“ ist wie eine Spiel gewordene Gute-Nacht-Geschichte und wandelt stilistisch auf den Pfad von „Final Fantasy VI“ und „Chrono Trigger“.

Springen, fliegen, entdecken
Als Aurora in Lemuria erwacht, ist sie allein in einem finsteren Wald. Doch glücklicherweise bekommt sie bereits nach wenigen Spielminuten Unterstützung. Das Glühwürmchen Igniculus ist ihr Licht in der Dunkelheit und obendrein Ratgeber, wenn sie einmal nicht weiter weiß. So erinnert „Child of Light“ zunächst ein wenig an „Brothers – A Tale of two Sons“. Denn obwohl das Rollenspiel aussieht wie ein typischer Sidescroller, kontrolliert ihr im Einzelspielermodus beide Charaktere gleichzeitig. Mit linken Stick rennt ihr mit Aurora über Plattformen, hüpft Hindernisse empor oder verschiebt Kisten. Mit dem rechten Stick fliegt ihr aber gleichzeitig mit Igniculus durch die Luft, sammelt an leuchtenden Blumen Orbs auf oder öffnet magische Kisten durch das Halten der L2-Taste.

Ähnlich wie Murphy in „Rayman Legends“ kann aber auch ein zweiter Spieler den kleinen Igniculus übernehmen. Denn das Glühwürmchen ist das erste Mitglied eurer Abenteuer-Party und spielt auch in Kämpfen eine entscheidende Rolle.

Anfangs kann Aurora lediglich laufen und springen. Dadurch sind ihr einige Bereiche verwehrt. Erst wenn wenn sie das Kloster erreicht, öffnet sich das gesamte Spiel. Hier löst ihr zunächst ein simples Lichträtsel. Mit Hilfe von Igniculus müsst ihr farbige Lichtstrahlen auf die passenden Kristalle werfen. Das befreit die Frau aus den Wäldern, eine mystische alte Dame mit verdecktem Gesicht.

Sie verleiht Aurora Libellenflügel und aktiviert das Schnellreisesystem, mit dem ihr künftig problemlos von einem bekannten Punkt zum nächsten Reisen könnt. Mit Hilfe der Libellenflügel wiederum erkundet ihr den hoch gelegenen Dornenwald oder entdeckt einen Altar hoch in den Wolken. „Child of Light“ ist ein grafisch absolut zauberhaftes Spiel, in dem Konzeptzeichnungen aus Tusche mit den hübsch animierten Comic-Charakteren im Vordergrund kombiniert werden. Sprachausgabe gibt es in dem Rollenspiel dagegen selten, dafür aber – im englischen Original – wunderschön gereimte Dialoge mit viel Wortwitz. Die deutsche Übersetzung versucht diesen Ansatz mit Mundarten und anderen Wortspielereien aufzugreifen. Allerdings wirkt das noch ein wenig bemüht!

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Kampf mit der Zeit!
So spielt sich „Child of Light“ in der ersten Stunde noch sehr geradlinig. Neben dem Entdecken von Lemuria rücken aber auch die ungewöhnlichen Kämpfe in den Vordergrund. Ähnlich wie in „South Park – Der Stab der Wahrheit“ stehen sich hier zwei Helden und bis zu drei Monster in einem Rundenkampf gegenüber.

Allerdings wird hier nicht streng abwechselnd gezogen. Vielmehr entscheidet die Zeit über Aktionen und Angriffe. Am unteren Bildschirmrand befindet sich eine Zeitleiste, die in die Bereiche „wait“ (abwarten bzw. in diesem Fall abkühlen) und dem rot markierten„cast“ (also beschwören bzw. agieren) unterteilt ist. Auf diesem Balken laufen die Gesichter der maximal fünf Parteien hoch. Sobald eine Figur den „cast“-Bereich erreicht, friert das Spiel ein und ihr könnt in aller Seelenruhe eure nächste Aktion planen. Zur Auswahl stehen wie in jedem Rollenspiel die verschiedenen Angriffe, Tränke oder eben auch Zaubersprüche.

Allerdings führt ihr diese Aktion erst aus, wenn eure Figur das Ende der Leiste erreicht hat. Und hier kommt der Faktor Zeit ins Spiel: Je mächtiger eine Aktion ist, desto länger dauert die Durchführung. Der Wechsel in die Defensivhaltung oder das Wiederbeleben eines Kameraden funktioniert sofort. Auroras wuchtiger Lichtzauber frisst aber einige Sekunden. Wird sie in diesem Zeitraum angegriffen, unterbricht dies den Angriffsversuch und Aurora wird wieder an den Anfang der Zeitleiste zurückgeworfen.

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Taktische Fingerakrobatik
So ist das Taktieren mit Angriffs- und Abkühlzeiten ein großer Bestandteil von „Child of Light“. Als strategisches Hilfsmittel greift Igniculus in die Gefechte ein. Schiebt ihr ihn über einen der Feinde und haltet die L2-Taste, wird der Gegner von dem Glühwürmchen geblendet. Dadurch verlängert sich dessen Abkühlphase. Allerdings ist Igniculus‘ Leuchtkraft nur begrenzt einsetzbar. Geht dem Insekt der Saft aus, müsst ihr an leuchtenden Sträuchern für Nachschub sorgen. Gleichzeitig fungiert der kleine Helfer auch als Sanitäter. Leuchtet er einen der Helden an, regeneriert sich dessen Lebensenergie.

So zieht „Child of Light“ bereits nach etwa einer Stunde den Schwierigkeitsgrad mächtig an. Das Koordinieren von Angriffen, die Steuerung von Igniculus und das Herausfinden von Resistenzen und Schwächen der Gegner erfordert taktisches Geschick und ein waches Auge. So treffen Aurora, Igniculus und die Hofnärrin Rubella im Spielverlauf auf ein Dorf voller verzauberter Raben. Als sie schließlich gemeinsam mit dem Magier Finn in den vergifteten Brunnen hinabsteigen, sehen sie den Schuldigen für das Übel: Eine dreiköpfige Hydra. Jeder Schlangenschädel ist mit speziellen Angriffen und Schwächen ausgestattet. Beim Feuerkopf etwa richtet Finns Monsun-Zauber Extra-Schaden an. Die Blitzschlange dagegen hat etwas gegen Erdzauber. Abseits der normalen Angriffe und Zauber gibt es natürlich auch Aktionen, die die Zustände und Fertigkeiten verändern. Besagte Hydra friert die Helden beispielsweise ein, sodass die Abkühlphasen noch länger dauern. Giftige Spinnen lähmen Figuren für einige Zeit, sodass sie gar nicht agieren können, sofern sie kein Gegenmittel verabreicht bekommen.

Die eigenen Party-Mitglieder könnt ihr während des laufenden Kampfes immer wieder wechseln, um euch auf die Fähigkeiten der Gegner einzustellen. Geht eine Figur im Gefecht drauf, wird diese nach überstandener Schlacht automatisch wiederbelebt. Trotzdem ist „Child of Light“ entgegen seiner kindlichen Aufmachung ein tiefes und taktisch forderndes Rollenspiel, bei dem die Zeit eine innovative und gleichermaßen entscheidende Rolle spielt.

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Crafting mit Kristallen
Abseits der Kämpfe werdet ihr euch häufig mit dem Charakter- und Inventarsystem beschäftigen. Obwohl es wie etwa in „Dark Souls 2“ keine Möglichkeit gibt, Aurora und ihre Vasallen selbst auszurüsten, bietet „Child of Light“ eine Menge Optionen, die Fähigkeiten der kleinen Prinzessin und ihrer Freunde anzupassen.

So sammelt ihr im Spielverlauf immer wieder farbige Oculi – einfache Edelstein – auf. Diese könnt ihr im Inventar miteinander kombinieren und erhaltet so mächtige Steine, die in den Slots „Angriff“, „Abwehr“ und „Magie“ untergebracht werden können und somit Auroras Kampfeigenschaften verbessern. So verschmelzt ihr beispielsweise drei rote Rubine zu einem dicken Edelstein, der im Angriff eingesetzt Feuerschaden verursacht oder in der Defensive zusätzliche Energiepunkte bringt. Laut Ubisoft soll es bis zu 600 verschiedene Kombinationsmöglichkeiten geben, sodass also Experimenten nichts im Wege stehen dürfte.

Zudem verfügt jede Spielfigur über einen riesigen Skill-Tree voller aktiver und passiver Perks. Mit jedem Level-Aufstieg erhaltet ihr einen Skill-Punkt und könnt damit eine neue Fähigkeit dazukaufen. Einfache Charakter-Perks verstärken etwa permanent Grundwerte wie die Gesundheit, Magie oder physische Angriffe. Aber natürlich verbessert ihr auch die Spezial-Manöver der Figuren und schaltet in der Anfangsphase bei Rubella beispielsweise Fähigkeiten wie das Heilen von Kameraden oder das Wiederbeleben frei. Zumindest in den ersten knapp drei Spielstunden geht das Charaktersystem sehr flott von den Fingern. Aurora war in Windeseile auf Level 17 und besaß somit eine ganze Fülle von Fähigkeiten, was wiederum ein gutes Gefühl für den Fortschritt vermittelt. Allerdings ist das Charaktersystem bei weitem nicht so komplex wie in anderen Rollenspielen.

System: Playstation 3, Playstation 4
Vertrieb: Ubisoft
Entwickler: Ubisoft Montreal
Releasedatum: 30. April 2014
USK: ab 6
Offizielle Homepage: http://www.ubi.com/DE/Games/Info.aspx?pId=12024

Einschätzung: sehr gut

„Child of Light“ ist eines dieser Spiele, die ich nur einige Sekunden anschauen muss und sofort in sie verliebt bin. Allein der Artstyle und die Liebe, mit denen die englischen Dialoge geschrieben sind, machen „Child of Light“ zu einem echten Geheimtipp für mich. Dazu kommen herrlich sympathische und auch ein wenig schräge Figuren, die für die Märchenwelt Lemuria geradezu maßgeschneidert erscheinen. „Child of Light“ besitzt einen malerischen und dennoch etwas traurigen Unterton, der perfekt zu der Zeichen-Grafik passt. Lemuria lädt förmlich zu ausufernden Entdeckungstouren ein. Spielerisch ist das Rollenspiel überraschend dicht und besonders die Kämpfe mausern sich nach einigen Spielstunden zu taktischen Herausforderungen. Die Mischung aus Zeitspiel und klassischen Runden funktioniert klasse und erfordert eine Menge Koordination und Übersicht. Da kann auch ein Boss-Kampf mal locker fünf oder zehn Minuten dauern und einige meiner kleiner Helden das virtuelle Leben kosten. „Child of Light“ ging bislang ein wenig unter. Allerdings vollkommen zu Unrecht. Für mich ist das Rollenspiel ein echter PSN-Geheimtipp und für 20 Euro ein absolutes Schnäppchen!

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Twisted M_fan

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03. April 2014 um 18:58 Uhr
Dr.Manhattan

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03. April 2014 um 19:01 Uhr
maxmontezuma

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golgarta2905

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tiffanyblews

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nonConform

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04. April 2014 um 08:15 Uhr