Review

Deus Ex: Mankind Divided – Der Test zum Science-Fiction-Thriller

Augmentierungen, Unterdrückung und die mechanische Apartheid: „Deus Ex: Mankind Divided“ entführt euch in die finstere Zukunft des Jahres 2029. Werdet ihr die Menschheit mit Superagent Adam Jensen wieder vereinen können?

play3 Review: Deus Ex: Mankind Divided – Der Test zum Science-Fiction-Thriller

8.5

„Deus Ex“ wurde im Jahr 2000 unter der Federführung von Entwicklerlegende Warren Spector bei Ion Storm begründet. Fortgesetzt durch „Human Revolution“ und den Mobile-Ableger „The Fall“ erwuchs ein Science-Fiction-Rollenspiel, welche Einflüsse verschiedener Genres miteinander gekonnt verband. Doch wer „Deus Ex“ spielt, der tut dies vor allem ob der Freiheiten. Denn hier gibt es keinen ausgelatschten Weg durch die Missionen und Dialoge. Vielmehr werdet ihr selbst zum Schmied von Adam Jensens Zukunft. „Deus Ex: Mankind Divided“ setzt die Serie fort und hat uns im Test mehr als ein Mal mit seinen gnadenlosen Konsequenzen überrascht.

Was wir gut finden

Nehmt euch Zeit!

„Deus Ex: Mankind Divided“ stellt euch schnell vor vollendete Tatsachen: Der Opti-Zwischenfall, die Isolation von Augmentierten, ein Bombenanschlag in Prag. Doch so rasant das Action-Rollenspiel auch loslegt, so viel Zeit solltet ihr euch danach zum Erforschen der Spielwelt nehmen. Rennt ihr einfach nur durch durch die Hauptmissionen, verpasst ihr nicht nur tolle Nebenaufträge, sondern versteht nur die Hälfte.

Trotz kleiner Macken: Ein tolles Science-Fiction-Abenteuer.

Wie schon die Vorgänger baut auch „Mankind Divided“ seine Spielwelt mit ausgiebigen Gesprächen, aber auch durch Informationsquellen wie PDAs, Zeitungen, E-Mails oder eBooks auf. Schon in Adam Jensen Wohnung entdeckt ihr unzählige Objekte, die euch in die Geschichte hineinführen. Gerade die vielen verschiedenen Fraktionen im Spiel bedürfen zusätzlicher Erklärungen. Wer fundierte Entscheidungen treffen möchte, sollte sich also häufig links und rechts des Hauptstrangs umschauen.

Taten und Konsequenzen

Basierend auf den umfangreichen Dialogen und dem opulenten Universum beeindruckt „Deus Ex: Mankind Divided“ mit einem schonungslosen Konsequenzensystem. Eure Aktionen haben teils unmittelbaren Einfluss auf die Geschichte und ihre Figuren. Beispielsweise müsst ihr für den Technikzauberer Koller einen Kalibrator besorgen, um Jensens Augmentierungen einzustellen. Beim Gangster-Boss Otar angekommen, folgt eine der umfangreichen Dialogsequenzen, in denen eure Antworten für verschiedene Ergebnisse sorgen. Beleidigt ihr den stolzen Osteuropäer, hetzt er euch seine Schergen auf den Hals. Verbündet ihr euch gar mit ihm, steht ihr in seiner Schuld.

Im späteren Verlauf werden die Entscheidungsmöglichkeiten noch viel krasser und unmittelbarer. Manchmal genügt schon ein Fehler in den Missionen, um eine neue Handlungskette anzustoßen. Diese Unwägbarkeiten machen „Deus Ex: Mankind Divided“ besonders spannend. Schließlich weiß man nie so genau, wie eure Gegenüber reagieren und nach welchen Plänen sie handeln.

Die vollkommene Freiheit

Spielerisch baut das Action-Rollenspiel auf dem Fundament seines Vorgängers auf, heizt die alten Tugenden aber durch einige neue Ideen und die Technik der Dawn-Engine an. In jeder der Missionen gönnt euch das Programm mehrere Lösungsansätze. Hacken, Gewalt oder Schleichen sind immer eine Alternative. Kommt ihr auf dem einen Weg nicht weiter, nehmt ihr eben den anderen. Auch hier fordert „Deus Ex“ Geduld von euch ein und lässt euch zuweilen munter nach anderen Wegen suchen.

Im Vergleich zu „Human Revolution“ geht es diesmal weit weniger in Lüftungsschächten zur Sache. Stattdessen setzt „Mankind Divided“ vermehrt auf Vertikalität und lässt euch über Regale und Ebenen kraxeln. Ganz ohne Schächte geht es natürlich nicht, insgesamt aber sind die Areale weitaus abwechslungsreicher. Wie schon bereits vermutet, ist „Mankind Divided“ kein typisches Open-World-Spiel. Statt einer großen Welt präsentiert Eidos Montreal sein Setting in verschiedenen Einzel-Hubs wie beispielsweise den verschiedenen Bezirken Prags, einer Forschungsstation in den Alpen oder einem Kongressgebäude in London. Für kurze Distanz steigt Jensen in die Bahn. Für längere nutzt er den Interpol-Jet. Ein Gefühl von Größe entsteht dadurch natürlich nicht, trotzdem ist gerade Prag ein interessantes Pflaster, bei dem Vergangenheit und Science-Fiction gekonnt aufeinandertreffen.

Rollenspiel, Shooter und ein bisschen Adventure

In eine Schublade lässt sich „Deus Ex“ aber weiterhin nicht stecken. Es nutzt Rollenspielelemente und lässt euch Adam Jensens 28 Augmentierungen mit Hilfe von Praxispunkten in meist mehreren Stufen erweitern. Als sinnvolle Ergänzung zum Standard-Repertoire kommen die experimentellen Augmentierungen wie der Tesla-Schocker oder das Distanz-Hacken dazu. Die verschiedenen Verbesserungen erlauben das Anpassen des Spezialagenten an die eigene Spielweise. Schleicher setzen auf Tarn-Funktionen und leise Sohlen, Kämpfer dagegen greifen zu Schutzschilden und kybernetischen Waffen. Das System ist vergleichsweise simpel, aber durchaus motivierend.

In seiner Spielmechanik mixt es gekonnt Third-Person- und Ego-Shooter-Bestandteile. Im Feld kontrolliert ihr Adam Jensen aus der Ich-Perspektive wie bei einem Shooter. Sobald ihr in Deckung geht, wechselt das Spiel in die Verfolgeransicht. Das garantiert gute Übersicht, gerade wenn ihr an Türrahmen in Deckung geht. Etwas störend fallen dagegen die eingestreuten Cutscenes bei Nahkampfattacken auf. Nichtsdestotrotz funktioniert die Mischung ordentlich. Ihr habt die Wahl, ob ihr schleichen oder ballern wollt. Gleichzeitig aber drängt euch das Spiel dann doch Richtung Stealth-Gameplay. Leisetreter bekommen mehr Erfahrungspunkte und haben es grundsätzlich leichter. Das Gunplay rangiert nämlich leicht dahinter und ist zumeist eher der letzte Ausweg.

Interessanterweise bietet „Deus Ex“ auch wieder Einsätze, die komplett ohne Gewalt auskommen und auf Adventure-Momente setzen. Beispielsweise muss Jensen einen Mord aufklären und dazu auf Spurensuche gehen. In bestimmten Situationen kommt es immer wieder zum Kampf der Worte. Hier entscheiden eure Antworten über die Reaktionen eures Gegenübers. Ihr müsst anhand der hübsch dargestellten Mimik deren Gemütszustand deuten – fast wie in „L.A. Noire“. Wir haben im Test auch dank dazu passender Augmentierungen manch gefährliche Situation abgewendet. Eine schöne Ergänzung zum mindestens 20-stündigen Story-Modus bildet der schnellere Breach-Modus, in dem ihr in einer VR-Umgebung auf Datenjagd geht. Hier geht es eher um Umgebungsrätsel und Geschicklichkeitspassagen.

Was wir schlecht finden

Ihr tappt im Dunkeln

Obwohl „Deus Ex: Mankind Divided“ zweifellos seine intensiven Momente besitzt, so zündet längst nicht jede Mission. Zwar gelingt es ausgezeichnet, jede Haupt- und Nebenaufgabe ins rechte Licht zu rücken, doch gerade in der Anfangsphase mangelt es an Höhepunkten und so zieht sich die Kampagne zunächst leicht. Besonders falls ihr „Human Revolution“ nicht gespielt habt, werden euch manche Infos fehlen. Zwar bietet das Spiel einen 12-minütigen Trailer mit allen Fakten. Doch so wirklich ausreichend ist das angesichts der Komplexität der Spielwelt nicht.

Probleme beim Deckungssystem

Überhaupt hat „Mankind Divided“ Schwiergikeiten, auf Hochtouren zu kommen. Das Tutorial ist zwar durchdacht, aber in sich zu kurz. Weiterführende Optionen wie beispielsweise die Aufsätze von Waffen oder auch das Gegenstands-Crafting werden nur in Texten beleuchtet. Andere Spiele dieses Kalibers rollen derartige Funktionen in kurzen Einsätzen auf.

Ein wenig mehr Einarbeitung wäre angesichts der komplexen Steuerung wünschenswert gewesen. Besonders störend fällt das wankelmütige Deckungssystem auf. Adam Jensen kann nur hinter statischen Objekten direkt Stellung beziehen. Bewegliche Hindernisse – also etwa Kisten oder Kühlschränke – können nicht mit Hilfe der Deckungstaste benutzt werden. Auch das Um-die-Ecke-Gehen ist unnötig kompliziert und kostet zu viel Zeit. Waffenwechsel über das mitunter proppenvolle Radialmenü sind arg umständlich.

Das Gunplay fällt somit deutlich hinter dem Stealth-Aspekt zurück. Das wiederum grenzt auch die Möglichkeiten leicht ein.

Kleinere technische Probleme

„Deus Ex: Mankind Divided“ ist zweifellos ein überaus gutaussehendes Spiel. Speziell die Außenbereiche erzeugen eine tolle Atmosphäre. Leider trüben kleinere Probleme den Gesamteindruck: So ist die Sprache allzu häufig leider nicht lippensynchron. Dazu entdeckten wir in den Texten einige Übersetzungsfehler. Beispielsweise wurde das Radio als Funkgerät bezeichnet.

Hinzu kam es im Test gelegentlich zu kleineren Rucklern. Kurioserweise liefen die Missionen fast immer flüssig, aber auf dem Weg dorthin brach die Bildrate gelegentlich ein. Darüber hinaus ragen erledigte Widersacher immer wieder in andere Objekte hinein oder zucken wild vor sich hin.

8.5

Wertung und Fazit

PRO
  • tolle, spannende Geschichte
  • viele spielerische Freiheiten
  • jede Menge Augmentierungen
CONTRA
  • gelegentliche Grafikprobleme
  • Probleme beim Deckungssystem
  • kleinere Längen

Deus Ex: Mankind Divided – Der Test zum Science-Fiction-Thriller

Was für ein spannendes Science-Fiction-Abenteuer! In den ersten Stunden überrollt uns „Deus Ex: Mankind Divided“ förmlich mit seiner Masse an Informationen, Charakteren und Hintergründen. Wir wissen sprichwörtlich nicht, wo uns der Kopf steht. Auch die spielerischen Möglichkeiten werden nicht langsam genug eingeführt. Stattdessen gibt einem das Action-RPG gleich von Beginn an ungeheuer viele Optionen. Das überfordert zunächst leicht. Doch mit der Zeit gewöhnt man sich an die Möglichkeiten und an die Eigenheiten wie das verkopfte Deckungssystem. Dann wiederum fordert „Deus Ex: Mankind Divided“ mit seinem Mix aus Action, Stealth und Dialogen. Die Gegner-KI und die unzähligen Sicherheitseinlagen haben es in sich. Unüberlegtes Vorgehen führt hier automatisch in den Untergang. Gewalt ist meist ebenfalls keine Alternative. Stattdessen müssen wir uns einen Schlachtplan zurecht legen und die Gebiete erkunden. Zu schade, dass etwa das Crafting oder das Inventarmanagement hinter den Möglichkeiten zurück bleiben. Alles in allem jedoch ist „Mankind Divided“ ein zeitgemäßer und absolut gelungener Nachfolger, der Science-Fiction-Fans sehr glücklich machen wird.

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Kommentare

Macchiavelli

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