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PS4-Test: Far Cry 4

play3 Review: PS4-Test: Far Cry 4

8.0

Es ist ein schwarzes Jahr für Ubisoft. „Watch Dogs“ blieb hinter den Erwartungen zurück. Die vielen Fehler in „Assassin’s Creed Unity“ sorgten sogar für einen Einbruch des Aktienkurses. Nun ist „Far Cry 4“ die letzte Hoffnung auf einen versöhnlichen Jahresabschluss.

Und, das sei vorweg gesagt, der Ego-Shooter ist keine Enttäuschung. „Far Cry 4“ ist eine ziemlich konservative Fortsetzung, aber trumpft immerhin mit großem Spielumfang und starker Technik auf. Aber wie es sich tatsächlich spielt, das verraten wir euch im großen Test!

Was wir cool finden

Schöne neue Bergwelt
Nach den Südseeinseln aus „Far Cry 3“ entführt euch der Nachfolger nach Kyrat, einem durch einen Bürgerkrieg danieder liegenden Zwergstaat irgendwo im Himalaya. Ajay Ghale kehrt an die Stätte seiner Geburt zurück, um dort die Asche seiner kürzlich verstorbenen Mutter zu verstreuen. Sie und Ajays Vater waren damals maßgeblich am Widerstand gegen den Despoten Pagan Min beteiligt. Und so holt auch die Vergangenheit Ajay ein. Als er nämlich die Grenze überschreitet, wird er von Min abgefangen, der offensichtlich große Pläne mit ihm hat.

Das neue Setting steht der „Far Cry“-Serie gut zu Gesicht. Die weiten Berglandschaften sind sehr stimmig in Szene gesetzt und so beeindruckt das Spiel mit seiner enormen Sichtweite und den teils ungewöhnlichen Bauten. Die später auftauchenden Tempelanlagen sehen wirklich grandios aus. So kreiert „Far Cry 4“ ein gutes Gefühl für die Größe der Landschaft und Tiefe von Abgründen. Besonders bei Kletterpartien entsteht so echter Nervenkitzel.

Die wichtigste Nachricht dieser Tage ist aber, dass „Far Cry 4“ absolut stabil und frei von Rucklern läuft. Ganz egal, wie viele Gegner, Fahrzeuge und Helikopter auch auftauchen, hier ruckelt nichts. Spätere Schlachten werden zu waren Kleinkriegen, in denen ihr euch mit ganzen Heerscharen von Pagan Mins Männern anlegt.

Grundsätzlich lässt euch das Spiel aber die Wahl, ob ihr schleichen oder ballern wollt. Die Spielmechanik hat sich dabei im Vergleich zum Vorgänger nicht geändert: Erst kundschaftet ihr das vor euch liegende Gebiet mit der Kamera aus und markiert so Feinde. Anschließend kraucht ihr entweder geduckt durchs Gras oder fallt eben mit der Tür ins Haus.

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Eine Fülle an Aufgaben
„Far Cry 4“ ist riesig. Die Hauptkampagne alleine umfasst 32 Missionen. Mit der Geschichte seid ihr gut 15 bis 20 Stunden beschäftigt. Schließlich könnt ihr in „Far Cry 4“ traditionsgemäß nicht einfach durch die Kapitel hetzen. Vielmehr kümmert ihr euch auf dem Weg zu den Missionen meist noch um allerlei Nebenaufgaben. So erobert ihr Lager oder Glockentürme, nehmt vier mächtige Forts ein oder erledigt Aufgaben wie Stunt-Rennen, Geiselnahmen und Attentate oder geht für Waffenhändler Longinus auf Expedition.

Einige der Aufträge entführen euch sogar in die Höhen des Himalayas. Hier verändert sich das Gameplay leicht. Aufgrund der dünnen Luft benötigt Ajay ein Sauerstoffgerät. Doch die Atemluft geht gerade bei Sprints und Kämpfen rapide in den Keller, sodass ihr immer neue Flaschen finden müsst. Dazu heizt ihr mit Schneemobilen durch die Gegend und nehmt euch vor Lawinen oder Schneestürmen in Acht. Neu dabei sind die so genannten Kharma-Punkte. Sie sichert ihr euch, indem ihr der Bevölkerung einen Gefallen erweist und möglichst keine Unschuldigen umbringt. Durch Aufstiege im Kharma-Level erhaltet ihr Verstärkung von Rebellensoldaten.

Bei Nebenmissionen ruft ihr euch per Tastendruck einfach einen Kompagnon zur Seite. Alternativ funktioniert das natürlich auch mit einem menschlichen Koop-Partner. Über das Matchmaking und die Server-Leistung können wir noch keine Aussagen treffen. Beides funktionierte noch nicht in der Testversion. Beim Multiplayer-Test-Event hinterließen die Missionen aber einen soliden Eindruck, auch wenn sie eine Spur zu leicht waren. Der Versus-Modus dagegen ist mit drei Spielmodi und dürftig ausbalancierten Waffen- und Kampfsystemen eher eine Füllung für den hohlen Zahn.

Zudem könnt ihr erstmals auch – wie in „Assassin’s Creed: Unity“ – das Haus der Ghales aufrüsten oder euch einfach nur in der freien Spielwelt vergnügen. Wer „Far Cry 4“ in all seinen Facetten durchspielen möchte, wird damit sicherlich 50 bis 60 Stunden verbringen können.

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Leveln, ballern, jagen
Spielerisch macht der Shooter nicht viel anders als sein Vorgänger. Die Steuerung ist nahezu identisch. „Far Cry 4“ steuert sich etwas schwerfälliger und langsamer als beispielsweise „Call of Duty: Advanced Warfare“, liegt aber gut in der Hand und gibt einem eine gute Kontrolle über Spielfigur und Kanone. Das Fahrzeugmodell ist simpel, aber ebenfalls handlich. Nur der neue Wingsuit erfordert Einarbeitung. Rast ihr nämlich ein Mal gegen einen Baum, ist Ajay reif für die Kiste.

Ansonsten aber öffnet sich die Karte von Kyrat bereits nach wenigen Stunden und es entspinnt sich der gewohnte Ubisoft-Spielfluss. Wie schon im dritten Teil jagt ihr Tiere und fertigt in einem simplen Crafting-Menü Inventarerweiterungen. Die Jagd mit Pfeil und Bogen ist launig, da ihr nun Köder einsetzen könnt und bei perfekten Blattschüssen doppelte Beute erhaltet.

Mit Kräutern mixt ihr euch Spritzen zusammen und weckt so euren Jagdinstinkt oder füllt eure Gesundheitsanzeige wieder auf. Praktisch: Heilspritzen werden nun automatisch hergestellt. Die grundlegenden Systeme kennt man aus „Far Cry 3“, funktionieren aber gut und motivieren zu kleineren Streifzügen in die üppigen Wälder. Eine weitere Motivation zum Erforschen ist das Erfahrungssystem. So schaltet ihr bis zu 48 Fertigkeiten in den zwei Talentbäumen frei. Darunter befindet sich u.a. die Fähigkeit zum Reiten auf Elefanten oder auch bestimmte Take-Downs. Auch hier gilt: Das System ist nicht neu, aber bewährt. In den Nebenaufträgen verdiente Rupien investiert ihr wiederum in Waffen, Schutzwesten, Karten, Visiere und Aufsätze. Waffen könnt ihr erstmals auch farblich verändern.

Was wir weniger cool finden

Physik-Patzer und Balancing-Schwächen
Ganz fehlerfrei ist „Far Cry 4“ auch nicht. Aber das ist ja Tradition in dieser Wintersaison. In unserer Testversion hatten wir besonders mit der Schwerkraft zu kämpfen. So rollten am Berg erlegte Tiere stellenweise bis ins Tal zurück. Sie ließen sich weder durch Gewalt, noch durch einfaches Dazwischenstellen aufhalten. Das Häuten war meistens unmöglich.

So macht besonders die Tierwelt „Far Cry 4“ zu schaffen. Befreiten wir einen Tiger aus seinem Gefängnis, griff er – egal, wie weit weg wir uns positionierten – ausschließlich Ajay Ghale an. Erst mit einem Köder brachten wir das Biest unter Kontrolle. Dazu sind die Kämpfe mit Elefanten immer wieder geprägt durch unfreiwillige Komik. Agieren die Dickhäuter eigenständig, bleiben sie häufig zwischen Objekten stecken. Steuert ihr sie dagegen, kann es vorkommen, dass gerammte oder mit dem Rüssel geschlagene Gegner arg spektakulär durch die Gegend fliegen.

Dazu sind die Tiere auch noch geradezu kugelsicher. Selbst ein kleiner Hönigdachs frisst problemlos mehrere Kugeln aus einer AK-47. Nur Pfeile direkt in den Kopf stoppen die meisten Biester mit einem Treffer. Was sich marginal anhört, kann beim Stürmen eines Lagers fatal sein. Rauscht plötzlich ein Nebelparda oder gar ein Tiger ins Kampfgeschehen, bedeutet das nicht selten den Neustart der Mission.

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Zähes Ringen um Kontrolle
Der Einstieg ins Spiel ist anstrengend. Nach einem guten Start rücken sowohl Pagan Min, als auch die Spielfigur Ajay Ghale spürbar in den Hintergrund. Ajay erledigt künftig Aufträge für die Rebellen, steht dabei aber merkwürdig zwischen den Fronten. Amita und Sabal, die Anführer des Widerstands, boulen um die Gunst des Neuankömmlings und vertreten dabei andere Philosophien. Amita ist eher der aggressive, Sabal der vorsichtige Part.

Die Möglichkeit einer moralischen Zwickmühle und sich verzweigenden Missionen ist sicherlich nett. Allerdings greift das System überhaupt nicht. Stattdessen schicken einen die beiden zunächst auf eine Abfolge ziemlich belangloser Aufträge. Hier mal einen Tempel bewachen, dort ein Lager überfallen. Nichts, was im Gedächtnis bleibt. Der Konflikt zwischen Amita und Sabal wird dabei nicht deutlich genug thematisiert und die Konsequenzen daraus, sind zu gering und wenig spürbar.

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Alles nur geklaut …
Das größte Problem von „Far Cry 4“ ist aber, dass es sich einfach anfühlt wie sein Vorgänger. Ubisoft versäumt es, an vielen Stellen neue Akzente zu setzen. Die Himalaya-Missionen, die (mühsame) Kletterei oder auch die lebendigere Tierwelt sind alles gute Ansätze. Aber nichts davon verleiht „Far Cry 4“ einen eigenen Charakter. Einen Großteil der Spielzeit erledigt ihr Dinge, die ihr bereits im dritten Teil schon getan habt. Das alles ist handwerklich vollkommen solide gemacht und funktioniert in der Praxis prima. Doch auf der Gefühlsebene fehlt „Far Cry 4“ einfach eine eigene Identität.

Da wundert es auch nicht, dass Pagan Min und seine Royale Army gegenüber Vaas eindeutig den Kürzeren ziehen. Die Stärke des dritten Teils wird Ubisoft in diesem Fall zum Verhängnis. Die Erwartungen sind enorm und „Far Cry 4“ befriedigt sie nur teilweise. Viele Muster – etwa das Erobern von Türmen oder Lagern, die versteckten Kisten oder auch die Propaganda-Plakate – findet man inzwischen in jedem Ubisoft-Spiel. Was vor einigen Jahren noch frisch und unverbraucht wirkte, ist inzwischen dank unzähliger Wiederholungen alt und abgegriffen. Es wird Zeit, zu neuen Ufern aufzubrechen!

System: PlayStation 4, Playstation 3
Vertrieb: Ubisoft
Entwickler: Ubisoft
Releasedatum: 18. November 2014
USK: ab 18
Offizielle Homepage:http://www.far-cry.ubi.com/

8.0

Wertung und Fazit

PS4-Test: Far Cry 4

„Far Cry 4“ ist ein sehr guter Ego-Shooter, aber verliert den direkten Vergleich zu seinem Vorgänger. Ubisoft hat es versäumt, echte Neuerungen in die Spielwelt einzuführen. Die Koop-Funktion ist – ähnlich wie in „Assassin's Creed: Unity“ - eine schöne Ergänzung. Und der zusätzliche Fokus auf die Tiere inklusive Ritten auf Elefanten sorgt trotz Physik-Aussetzern für spaßige Momente. Und dennoch fehlt mir bei „Far Cry 4“ etwas fürs Glück. Dieses zusätzliche Quäntchen Genialität, das noch „Far Cry 3“ ausgemacht hat. Diese Frische, diese Unbekümmertheit. „Far Cry 4“ hat inhaltlich alles, was sein Vorgänger hat und bietet einen unglaublichen Spielumfang. Trotzdem ist das erneute Jagen für Ausrüstungsgegenstände, das Erobern von Lagern und Forts und etliche der kleineren Nebenmissionen so alt bekannt, dass man sie eben nur noch aus purem Pflichtgefühl erledigt. Ein ähnliches Problem habe ich mit der Geschichte. Nach dem wahnsinnigen Vaas wirkt Pagan Min als ruchloser Despot zu gewollt. Der Plot rund um den goldenen Pfad und Ajay Ghales Vergangenheit ist gerade in den ersten Stunden eher eine mühsame Wanderung. Erst nach gut 10 Stunden hatte ich das Gefühl, wirklich in Kyrat angekommen zu sein. „Far Cry 4“ ist größer und schöner als sein Vorgänger. Es spielt sich klasse und hat einige wirklich coole Spielideen, sodass die Mischung aus Kämpfen, Sammeln und Erkunden weiterhin aufgeht. Aber es besitzt nicht diese morbide Faszination von „Far Cry 3“.

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Kommentare

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16. November 2014 um 09:19 Uhr
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16. November 2014 um 09:21 Uhr