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Scarlet Nexus im Test: Wenn du ein Anderer wirst

Der Release von “Scarlet Nexus” steht kurz bevor. Grund genug, dass wir uns das futuristische JRPG aus dem Hause Bandai Namco etwas genauer ansehen. Was uns gefällt und ob sich der Kauf lohnt, erfahrt ihr in unserem Test.

play3 Review: Scarlet Nexus im Test: Wenn du ein Anderer wirst

8.0

Der Release von “Scarlet Nexus” steht kurz bevor. Grund genug, dass wir uns das futuristische JRPG aus dem Hause Bandai Namco etwas genauer ansehen. Was uns gefällt und ob sich der Kauf lohnt, erfahrt ihr in unserem Test.

“Scarlet Nexus” möchte anders sein und zeigt in seinen Trailern eben nicht die kunterbunte JRPG-Welt mit knuffigen Maskottchen und einem großen Drachen, der vom Helden der Geschichte besiegt werden muss. Stattdessen entführt euch “Scarlet Nexus” in eine ferne Zukunft, in der die Erforschung des Gehirns weit fortgeschritten ist.

Ein darin entdecktes Hormon verleiht einigen Menschen ganz besondere Kräfte. Kein Wunder, dass diese Auserwählten rekrutiert werden, um als eine Art Abwehrstreitkraft die Stadt zu beschützen. Doch nicht alle Menschen mit einem solchen Psioniker-Hormon schaffen den Belastungstest – bereits in den ersten Minuten des Spiels werdet ihr einige potentielle Kameraden fallen sehen.

Wenn ihr das Spiel startet, könnt ihr zwischen Yuito Sumeragi und Kasane Randall auswählen. Obwohl die grundlegende Geschichte natürlich gleich abläuft, werdet ihr andere Story-Stränge mit den beiden Charakteren erleben, die sich mit der Zeit immer weiter verknoten. Die Verbindung der beiden Charaktere wird mit fortschreitender Spielzeit immer deutlicher und zieht sich bis ins Gameplay hinein. Generell ist uns bei “Scarlet Nexus” die Verknüpfung von den Fähigkeiten der Charaktere mit der erzählten Geschichte besonders ins Auge gefallen. Kaum ein Spiel schafft es so gut, Inhalte bis in das Gameplay zu verweben.

Wenn der Mensch ein Anderer wird

Für den Test haben wir Kasane ausgesucht, die auch als Fernkämpferin eine gute Figur macht. Für sie steht ihre Schwester Naomi an erster Stelle – kein Wunder, dass sie ein Auge auf den Rekruten eines anderen Teams hat, der Interesse an Naomi zeigt. In den ersten Stunden dreht sich viel um Teenager-Themen wie Liebe, Vertrauen und Freundschaft, was die Story schon fast kitschig wirken lässt. Doch lasst euch davon nicht täuschen, das Blatt wendet sich schnell!

Schon bald werdet ihr Zeuge von Naomis Tod! Oder etwa doch nicht? Die Gruppe wird von der außerirdischen Bedrohung, genannt “Andere”, attackiert, die plötzlich in großer Zahl vom Himmel fallen. Im Kampf versunken, wird Naomi plötzlich von der Seite angeschossen und geht zu Boden. Nur wenige Augenblicke später verwandelt sie sich in einen Anderen von unfassbarer Größe. Bitte was?!

So ganz begreifen könnt ihr das Geschehene an dieser Stelle noch lange nicht. Einige Stunden später, scheint vieles etwas klarer – bis plötzlich noch weitere verrückte Themen (wie Zeitreisen) ins Spiel kommen. Die Geschichte von “Scarlet Nexus” bringt einige Wendungen mit sich, die sich fantastisch mit den Fähigkeiten von Kasane und Yuito verbinden. Zudem ist sie nichts für schwache Nerven, denn die Angriffe der Anderen ist erst der Anfang und einige müssen ihr Leben lassen. Im Laufe des Spiels wird sich zudem die Vernichtung der Welt ankündigen. Es gibt glücklicherweise eine ganz einfache Lösung, um alles aufzuhalten und den Planeten zu retten. Jedoch müsst ihr dafür einen hohen Preis zahlen..!

So viel Gerede!

Bis ihr zum potentiellen Untergang der Welt gelangt, vergeht einiges an Spielzeit. Die verbringt ihr Hauptsächlich mit den Kämpfen gegen fantastisch designte Monster und unzähligen Gesprächen. Bevor wir zum Kämpfen kommen, wollen wir kurzt über die zahlreichen Dislogzeilen in “Scarlet Nexus” sprechen. Neben wunderschön animierten Sequenzen, erwarten euch zahllose Dialoge – voll vertont, aber leider optisch nur im Visual Novel-Look. Sie sind zwar ganz nett anzusehen, im Vergleich zu den Sequenzen aber ziemlich langweilig. Dazu kommen hunderte Hirnnachrichten, die sich die Mitglieder der Abwehrstreitkräfte zu schicken. An dieser Stelle haben die Entwickler ein cleveres Feature eingebaut:

Statt die Gespräche pausenlos über den Bildschirmrand flimmern zu lassen, bekommt ihr bei einer neuen Hirnnachricht einfach einen Popup-Hinweis. Danach lässt sich das Gespräch jederzeit im Menü nachlesen. Es wirkt wie einfache SMS-Nachrichten, etwa wie bei einem Persona-Spiel. Allerdings ist der Name Hirnnachrichten nicht grundlos gewählt: Aufgrund ihrer Fähigkeiten sind sie alle verbunden und kommunizieren telepathisch miteinander. Wir hätten uns gewünscht, wenn dieses Thema noch mehr in den vordergrund gerückt wäre. Diese Gespräche sind keine Gamechanger, verraten euch aber interessante Informationen zur Welt. Zum Beispiel, dass es wirkungsvolle Pillen gegen den Alterungsprozess geben soll!

Wenn ihr jetzt noch nicht genug Hintergrundwissen habt, dann beginnt doch einfach eine Bonusmission mit einem der Charakter ein eurem Unterschlupf. In recht regelmäßigen Abschnitten könnt ihr kleine Sequenzen auslösen, in denen ihr die Mitglieder der Anderen Abwehr Streitkraft, AAS, näher kennenlernt. Macht ihnen Geschenke, um euer Bindungslevel zu erhöhen und Vorteile im Kampf zu erzielen. Ein System, das bei “Persona 5” bereits ähnlich funktioniert hat.

Psionische Kräfte

Selbstverständlich kommt ein RPG nicht ohne Kämpfe aus. Ihr nutzt entweder eure Waffen oder die telekinetischen Kräfte eures Charakters, um Gegenstände in hohem Bogen auf Gegner zu werfen. Wie schon in der Preview erwähnt, liegen passende Trümmerteile und Co. überall in der Gegend herum und können frei verwendet werden. Habt ihr eine gute Bindung zu euren Teammitgliedern, unterstützen sie euch äußerst sinnvoll im Kampf und borgen euch ihre Fähigkeiten, damit ihr selbst eine große Auswahl an Elementarkräften nutzen könnt.

Die Teammitglieder könnt ihr selbstständig kämpfen lassen oder eine Strategie für sie auswählen – das klappt aber nur bedingt. Gebt ihr beispielsweise den Befehl, einen anderen Feind als der Protagonist zu attackieren, macht die KI bei nur einem Gegner einfach gar nichts. Flexibilität kennt man hier wohl eher nicht.

Ansonsten geht das Kampfsystem aber flüssig von der Hand und zusammen mit Zustandsveränderungen wie ölig, durchnässt und Co., entsteht ein dynamisches Kampfsystem, das gut von der Hand geht. Besonders spannend ist auch ein besonderer Kampfmodus, in dem ihr eine unfassbare Macht entfesseln könnt – allerdings ist sie lebensgefährlich. Bleibt ihr zu lange in diesem Stadium, wird es euch das Leben kosten.

Wie tot soll die Welt sein? – Ja.

Der leider allergrößte Kritikpunkt ist die Welt von “Scarlet Nexus”. Die tief verwobene Geschichte und das flüssige Kampfsystem stehen im absoluten Kontrast zur Umwelt. Wieso könnt ihr die Straße nicht überqueren? Warum lässt sich mit keinem einzigen Schaufenster interagieren? Oder ganz verrückt: Warum kann man kein Gebäude in der Stadt betreten? Wieso gibt es so viele künstliche Wände und Absperrungen? Warum ist alles grau und fad?

Wir könnten diese Liste an Fragen noch eine ganze Weile weiterführen. Wer genauer hinsieht, wird überraschenderweise feststellen: In “Scarlet Nexus” wurde trotzdem auf einige Kleinigkeiten Wert gelegt, große Baustellen konnten aber scheinbar nicht so umgesetzt werden, dass sie ins Jahr 2021 passen. Ein Beispiel: Ihr werdet mit der Zeit nach Seiran reisen. Nachdem das Anfangsgebiet völlig leblos und tot wirkte, scheint es dort auf den ersten Blick etwas besser zu sein. Straßenstände, umherstreifende Menschen und mehr. Doch schnell wird klar: Hier hat man einfach von allem ein einziges Modell erschaffen, das lediglich in anderen Farben kopiert und eingefügt wurde.

Herausgekommen sind mehrere gleich aussehende Streetfood-Stände, ein Lego-Stecksystem für Sitzplätze und unzählige Sonnenschirme, die wahllos in der Gegend herumliegen. Und kann uns bitte jemand erklären, wieso vor einer kahlen Mauer 6 Plastikhocker in einer Reihe aufgestellt wurden? Einfach so? Ein toller Sitzplatz ist es wohl eher nicht. Das sind Kleinigkeiten – in einer so leeren Welt fallen diese Dinge aber besonders auf, denn was anderes zu sehen gibt es nunmal außerhalb der Kämpfe nicht.

8.0

Wertung und Fazit

PRO
  • Spannende Geschichte mit unerwarteten Wendungen
  • Wundervolles Gegner-Design
  • Geschichte und Gameplay gut verwoben
  • Toll animierte Zwischensequenzen
CONTRA
  • Lieblos gestaltete und leere Welt
  • Sehr viel Text und Visual Novel-Abschnitte
  • KI der Mitstreiter sehr unflexibel

Scarlet Nexus im Test: Wenn du ein Anderer wirst

“Scarlet Nexus” überzeugt mit einer futuristischen Fantasy-Geschichte, die von einem Höhepunkt in den nächsten Übergeht. Kaum glaubt man, die Geschichte verstanden zu haben, werfen die kreativen Writer einfach ein neues Element ein und man sitzt wieder recht ratlos vor dem Bildschirm. Diese Wendungen, gepaart mit dem einfachen Gameplay, erzeugen eine Art Sog. Man möchte nur noch schnell den nächsten Gegner ausschalten und schon eröffnet sich etwas Neues.

“Scarlet Nexus” schafft es wie kaum ein anderes Spiel, die Fähigkeiten der Charaktere sinnvoll mit der Geschichte zu verknüpfen. Wären da bloß nicht die grauen und lieblos erstellten Hintergründe, die eher wie ein Bildschirmschoner wirken. Mehr als ganz passabel sind die leider nicht - gerade im Vergleich zu den detailreichen Gegnern und kreativen Ideen eine große Enttäuschung.

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Kommentare

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