Review

Yakuza 6 im Test: Der krönende Abschluss?

Endlich aus dem Knast: „Yakuza 6“ bringt der Serie neben einer neuen Grafik-Engine auch einen sichtlich gealterten Kazuma Kiryu. Stellt Segas Fortsetzung den versöhnlichen Abschluss der Saga dar?

play3 Review: Yakuza 6 im Test: Der krönende Abschluss?

8.0

„Yakuza 6“ steht auf den ersten Blick im Konkurrenzkampf mit Open-World-Spielen wie „GTA 5“ oder „Mafia 3“. Also Actiontiteln, in denen sich alles darum dreht, sich wahlweise seinen Platz in der Unterwelt zu sichern oder sich an den Schergen zu rächen. Kazuma Kiryu hat das alles längst hinter sich und möchte eigentlich nur ein ganz normales Leben führen. Das funktioniert wenig überraschend natürlich nicht und so präsentiert sich „Yakuza 6“ als fokussiertes, aber nicht minder spannendes Finale der bekannten Sega-Serie.

Was wir gut finden

Der Zahn der Zeit

Nach drei Jahren hinter schwedischen Gardinen kehrt ein inzwischen 48-jähriger Kazuma Kiryu zurück ins Leben. Doch zur Freude bleibt wenig Zeit, denn ihn überrollt die Vergangenheit förmlich. Seine Ziehtochter Haruka ist inzwischen erwachsen und Mutter, wird aber bei einem Unfall schwer verletzt. Kiryu muss sich nun um ihren kleinen Sohn Haruto kümmern, sondern auch dessen Vater finden. Und obwohl Kiryu nichts mehr mit dem organisierten Verbrechen zu tun haben wollte, zieht es ihn doch wieder genau dorthin.

Emotionales, aber spielerisch nicht perfektes Finale

„Yakuza 6“ rollt seine Geschichte langsam auf und stellt dabei einen sichtlich gealterten Kazuma Kiryu in den Mittelpunkt. Seine Konflikte mit einer sich rasch verändernden Welt und den plötzlichen Umwälzungen stehen sinnbildlich für den Gegensatz von Tradition und Fortschritt. Die Story nimmt eine eher vorsichtige Entwicklung, wird aber mit zunehmender Spielzeit immer komplexer und besitzt letztlich auch viele, teils überraschende Wendungen.

Yakuza 6 The Song of Life (2)

Es menschelt …

„Yakuza 6“ spielt in lediglich zwei Regionen: Der Großstadt Kamurocho und dem Küstendörfchen Onomichi. Die „Dragon“-Engine leistet hier – trotz fehlender 30 Bilder pro Sekunde – ganze Arbeit und gerade Kamurocho überflutet einen mit seinen tausenden von Neonreklamen mit Reizen. Zugleich fallen hier aber auch Schwächen wie Kantenflimmern auf, aber insgesamt macht „Yakuza“ technisch einen Schritt nach vorne.

Die große Stärke des Spiels liegt zweifellos in der Darstellung seiner Spielwelt in Verbindung mit den Quests. Manchmal fühlt sich „Yakuza 6“ fast wie ein Walking-Simulator an. Wir jedenfalls ignorierten immer wieder Hauptaufgaben und Troublr-Missionen und schlenderten einfach nur durch die Straßen. Das Spiel zieht einen unweigerlich hinein in eine fremde Welt und unterstreicht diesen Anspruch auch in seinem Missionsdesign.

Ganz egal, ob wir uns einige Minuten am „Virtua Fighter“-Automaten vertreiben oder gar Kätzchen für ein Katzen-Café retten – es menschelt in „Yakuza 6“ einfach und auch wenn spielerisch längst nicht alles Gold ist, was da glänzt, so wirkt das Spiel ungemein persönlich und nah. Wenn dann noch ein ausgewachsener Ex-Ganove wie Kiryu sein Herz an den kleinen Haruto verliert, dann ist es sicherlich auch um uns geschehen. „Yakuza 6“ berührt auf seine ganz eigene Art und trumpft zugleich mit einer Fülle kurioser und teils auch humorvoller Quests auf.

yakuza-6-18

Elefant im Porzellanladen

Auch wenn vieles auf den ersten Blick darauf hindeutet: „Yakuza“ wollte nie ein „GTA“-Klon oder etwas in dieser Richtung sein. Entsprechend fehlen beispielsweise Fahrzeuge oder andere Elemente. An Action mangelt es aber trotzdem nicht und die in saftigen Schlägereien ausgetragenen Auseinandersetzungen lassen keinen Stein auf dem anderen.

Schuld daran ist die mit „Yakuza 6“ eingeführte „Dragon“-Engine. Fanden in früheren Ablegern Gefechte noch in eingegrenzten Bereichen statt, gibt es diesmal keine Ladezeiten oder andere Unterbrechungen mehr. Stattdessen prügelt ihr euch in Geschäfte hinein, schnappt euch Gegenstände wie Schilder oder Pylonen und drescht damit auf eure Kontrahenten ein.

Besonders das zerstörbare Inventar trägt maßgeblich zur Stimmung eines typischen Asia-Movies bei. Spielerisch gibt sich „Yakuza 6“ eher genügsam und verzichtet auf zusätzliche Stile. Immerhin gibt es mit den Heat-Moves – also Finishern – ordentlich was auf die Ohren. Nicht selten donnert Kazuma seine Kontrahenten in Autos oder in andere Objekte innerhalb der Umgebung.

Was wir schlecht finden

Die Schwächen des Kampfsystems

Wie ja bereits erwähnt, bereiten die zünftigen Schlägereien eine Menge Freude und dennoch sind wir nicht absolut zufrieden damit. Denn insgesamt wirkt Kazuma Kiryu zwar weiterhin stark, jedoch in seinen Fähigkeiten doch arg eingeschränkt. Die fehlende Varianz wiederum führt mit der Zeit dazu, dass wir Routinen entwickeln und gerade schwächere Widersacher stets nach dem gleichen Muster abfrühstücken. Erst klopfen wir einen Kameraden weich, dann schleudern wir ihn durch die Gegend und schalten so seine Kameraden aus. Im Anschluss schnappen wir uns dann irgend einen der unzähligen Gegenstände und erledigen den Rest. Das System spielt sich zwar spaßig, hätte aber gerade für Langzeitspieler mehr Tiefe vertragen können.

Yakuza 6 The Song of Life (5)

Kein leichter Einstieg

Machen wir uns nichts vor, „Yakuza 6 – The Song of Life“ stellt einen Abschluss für die Geschichte dar und entsprechend bietet das Spiel – trotz runderneuerter Engine und Spielmechanik – längst nicht den idealen Einstieg in das „Yakuza“-Universum. Sega gelingt es nur bedingt, Neulinge ins Boot zu holen. Der Start wirkt in sich einen Hauch zu lang gezogen und allein das kostet schon Motivation.

Dazu aber wäre ein ausführlicher Rückblick auf die Kernpunkte der Serie spannend gewesen. Diese Informationen finden wir in „Yakuza 6“ aber lediglich in Textform. Dass dann (wie gehabt) die Sprachausgabe nur auf Japanisch und die Untertitel lediglich auf Englisch verfügbar sind, wird interessierten Neulingen endgültig den Start verhageln. Kenner der Serie ärgern sich dagegen darüber, dass aus den Vorgängern bekannte Nebendarsteller oftmals nur wenig Zeit bekommen und nur noch Randfiguren zu sein scheinen.

8.0

Wertung und Fazit

PRO
  • schön erzähltes Finale
  • kurioses Setting
  • unterhaltsame Schlägereien mit reichlich Umgebungsinteraktion
CONTRA
  • kleinere technische Probleme
  • Kampfsystem zu seicht
  • kniffeliger Einstieg

Yakuza 6 im Test: Der krönende Abschluss?

„Yakuza 6 – The Song of Life“ mag nicht der beste oder spielerisch gelungenste Teil der Serie sein, trotzdem sind wir mehr als zufrieden mit diesem Finale. Denn während uns die Kämpfe trotz Schwächen bei Laune halten, so sind es vor allem die Geschichte und die Spielwelt, die einen in das Mini-Universum hinein ziehen. So verlieren wir uns förmlich in Nebenaufgaben und retten Katzen oder erfreuen uns an unzähligen Nebenbeschäftigungen wie dem Zocken von „Space Harrier“ oder „Virtua Fighter“ oder kümmern uns gerne um die Sorgen und Nöte der besorgten Bürger. Diese Menschlichkeit und die Illusion eines eigenen Öko-Systems machen „Yakuza 6“ letztlich aus und motivieren zum Weiterspielen. Die „Dragon“-Engine hat zwar noch einige Baustellen, sorgt aber trotzdem für ein deutlich reibungsloseren Spielfluss als noch in den Vorgängern. So mag zwar der Zahn der Zahn an Kazuma Kiryu nagen, „Yakuza“ dagegen erstrahlt in neuem Glanz. Wer also einen ungewöhnlichen Ausflug nach Japan sucht und sich auch vor einem möglichen Kulturschock nicht scheut, der ist bei „Yakuza 6“ bestens aufgehoben.

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Kommentare

Leitwolf01

Leitwolf01

22. April 2018 um 18:51 Uhr