Review

Far Cry New Dawn im Test: Ubisofts bunter Endzeit-Shooter auf dem Prüfstand

Ein wunderschönes Utopia, verrückte Zwillinge und der Kampf ums Überleben: Ubisofts Open-World-Shooter „Far Cry: New Dawn“ setzt auf die bewährte Serienrezeptur. Begeistert „New Dawn“ auch Neulinge oder lediglich „Far Cry“-Kenner?

play3 Review: Far Cry New Dawn im Test: Ubisofts bunter Endzeit-Shooter auf dem Prüfstand

7.5

Die Endzeit bleibt ein Publikumsmagnet: Egal, ob „Fallout 76“, „Metro: Exodus“ oder eben „Far Cry: New Dawn“ – Der Atomkrieg beschert uns immer wieder spannende, virtuelle Abenteuer. Noch nicht mal ein Jahr nach „Far Cry 5“ erscheint mit „New Dawn“ ein Beinahe-Nachfolger, der spielerisch und technisch an den 2018 veröffentlichten Open-World-Shooter anknüpft, aber Hope County in ein gänzlich anderes Licht taucht. Im Test stellt sich die Frage: Guter Fanservice für Freunde der „Far Cry“-Spielmechanik oder doch eine vertane Chance?

Was wir gut finden

Schöne, neue Welt

„Far Cry: New Dawn“ spielt 17 Jahre nach dem fünften Teil der beliebten Shooter-Serie. Anders als beispielsweise „Metro: Exodus“ oder „Fallout“, welche eine düsteres Szenario der Endzeit vermitteln, erstrahlt die Welt 17 Jahre nach der Atomkatastrophe in neuem Licht und tausend Farbe. Zugleich wirkt Hope County längst nicht so überzeichnet wie beispielsweise das Ödland von „Rage 2“. Hope County wirkt in sich nicht nur schlüssig, sondern auch interessanter als man es im Vorfeld erwarten konnte.

Ein gutes „Far Cry“, aber spielerisch zu uninspiriert.

Im Spiel wechseln sich weite Landschaften mit reichlich Wäldern und sogar verstrahlten Gebieten ab. Sehr schön: Die Welt erscheint dank vieler Tiergattungen sehr lebendig und so kommt es immer wieder zu herrlich chaotischen Augenblicken. Im Test beispielsweise mischte sich plötzlich ein gewaltiger Bär ein und attackierte die Highwaymen für uns. Er schleuderte deren Jeep durch die Luft und erledigte unseren Job.

„Far Cry: New Dawn“ folgt optisch natürlich den Qualitäten des Hauptprogramms und spielt daher in der Oberklasse mit: Hübsche Feuereffekte, dynamische Tag- und Nachtwechsel sorgen immer wieder für neue Eindrücke, die auch die Kämpfe leicht verändern.

Arbeit an jeder Straßenecke

Wie schon der Quasi-Vorgänger öffnet sich auch „New Dawn“ sehr schnell. Nach der ersten Konfrontation mit den Highwaymen steht das Aufrüsten eurer Basis – der Prosperity – an oberster Steller. Zum Freischalten neuer Funktionen wie beispielsweise der Sanitätsstation, dem Sprengmeister oder auch dem Kartografen müsst ihr zunächst fünf Spezialisten rekrutieren.

Für Kräuterbraut Selene müsst ihr beispielsweise erst ihre Reiseapotheke aus einer überschwemmten Anlage fischen. Wollt ihr danach die einzelnen Stationen verbessern, benötigt ihr wiederum Ethanol. Das erhaltet ihr, indem ihr Versorgungstrucks stoppt oder Außenposten der Highwaymen erobert. Ihr entscheidet dann, ob ihr die Anlagen plündert und so wieder frei gebt oder sie behaltet und etwa als Schnellreisepunkt nutzt.

Dazu kommen dynamische Zwischenmissionen in denen ihr Geiselnahmen beendet oder Unschuldige aus den Fänge der Highwaymen befreit. Diese Aufgaben und zusätzliche Herausforderungen bringen euch Vorteilspunkte mit denen ihr eure Spielfigur aufrüstet und ihr so neue Fertigkeiten – wie beispielsweise das Knacken von Tresoren – oder Inventarerweiterungen beschert. Dazu dreht sich alles um das Beschaffen und Sammeln von Ressourcen, die ihr eigentlich an jedem Schlüsselpunkt der Map findet. Die Jagd spielt eine längst nicht mehr so dominante Rolle: Rolle und fleisch verhökert ihr für weitere Bauteile.

Als große Neuerung präsentiert „Far Cry: New Dawn“ die so genannten Expeditionen. Sie führen euch aus Hope County heraus. In den Missionen müsst ihr Rohstoff-Pakete sichern und ausfliegen. Das Problem: Nach einem kurzen Zeitlimit schreckt ihr die eigentlichen Besitzer auf und müsst dann deren Truppen abwehren, bis der Helikopter eintrifft.

Kurzum: In Sachen Umfang kann sich „Far Cry: New Dawn“ durchaus sehen lassen. Mit gut über 20 Spielstunden seid ihr gut beschäftigt – auch wenn es natürlich nicht an die ganz dicken Brocken heran reicht.

Motivierender Mix aus Kämpfen, Erkunden und Aufbauen

Wie schon der fünfte Teil schafft auch „New Dawn“ einen angenehm flotten Spielfluss und ein gutes Gefühl für Fortschritt. Ständig gibt es neue Aufgaben, immer wieder schaltet ihr neue Funktionen oder Waffen frei. Der Aufbau der eigenen Basis dient – trotz belangloser Bewohner – als Indikator für die eigene Entwicklung.

Als Shooter funktioniert „New Dawn“ gewohnt gut. Ihr entscheidet, ob ihr lieber mit einem Computer-Begleiter oder einem Online-Kameraden unterwegs seid und auch ob ihr lieber leise oder laut vorgeht. Die Gegner-KI erweist sich als durchwachsen. Zumeist werden die Burschen nur in Überzahl gefährlich. Trotzdem: Spielwelt und Missionen sind abwechslungsreich und interessant genug, um auch langfristig zu motivieren.

Was wir schlecht finden

Irgendwie doch „nur“ ein weiteres „Far Cry“

Wer bahnbrechende Veränderungen erwartet, der ist bei „New Dawn“ an der falschen Adresse. Im Großen und Ganzen bietet Ubisofts Open-World-Shooter mehr von dem, was bereits „Far Cry 5“ auszeichnete. Gerade in Sachen Open-World-Design fühlt sich „New Dawn“ gelegentlich zu gewöhnlich an und scheut neue Ideen wie der Teufel das Weihwasser. Die meisten Spielelemente sind alt bekannt. Gleiches gilt natürlich auch für die daraus entstehende Motivation, das Spiel zu beenden. Wer also mit „Far Cry“ nichts anfangen konnte, der wird auch mit „New Dawn“ nicht warm werden.

Emotionslose Kampagne

„Far Cry 5“ faszinierte viele mit seinem ungewöhnlichen Setting und den kruden Charakteren. „New Dawn“ gelingt dieses Kunststück leider – trotz vieler Rückbezüge und Anspielungen – zu selten. Besonders in der ersten Hälfte des Spiels mangelt es an emotionalen Ankerpunkten. Das Spiel führt Hauptcharaktere viel zu schnell ein und gibt einem kaum eine Chance, sich mit ihnen zu identifizieren.

Selbst die Helfer sind, nicht zuletzt aufgrund der sich wiederholenden Sprachausgabe, nicht mehr als Statisten. Die Geschichte ist letztlich nur ein Mittel, um das Gameplay voran zu treiben, kommt aber nie über gesundes Mittelmaß hinaus. Sowohl bösen Highwaymen-Zwillinge als auch das gesamte Szenario des belagerten Utopias versprühen nicht den erhofften Charme.

Kleinere Macken im Open-World-Design

Zudem trüben kleinere Macken im Spiel-Design den Gesamtspielspaß. So ist die Welt inzwischen fast schon überbevölkert. Im Verlauf müsst ihr mit Auto, Boot oder Flugzeug weite Strecken zurück legen und könnt kaum ein paar hundert Meter weit fahren, ohne dass euch jemand angreift oder um Hilfe anbettelt. Die Masse an Aufgaben und Interaktionsmöglichkeiten erschlägt einen förmlich. Dazu kommt es innerhalb der Welt gelegentlich auch zu kleineren Aussetzern. Beispielsweise tauchen Highwaymen nur allzu gerne nach der Eroberung eines Vorpostens direkt wieder dort auf.

Und wo wir gerade bei den Computer-Gegnern sind: Deren Verhalten ist mitunter geradezu selbstzerstörerisch. Wirklich taktisch gehen sie eigentlich nie vor. Schade: Dem rudimentären Rollenspielsystem mangelt es an Individualsierungsoptionen wie etwa dem Aus- und Umbau der eigenen Waffen. Die ebenfalls integrierten Mikrotransaktionen – etwa für Nachschubpakete – wirken sich übrigens nicht auf das Spiel selbst aus und sind daher zu vernachlässigen. Nur ganz Ungeduldige greifen zum Geldbeutel und verschaffen sich so einen Vorteil.

7.5

Wertung und Fazit

PRO
  • frisches Endzeit-Szenario
  • großer Umfang ...
  • guter Spielfluss und konstante Motivation durch Vorteilspunkte und Ausbauoptionen
CONTRA
  • Kampagne und Charaktere bleiben hinter den Erwartungen zurück
  • … der einen aber fast schon überfordert
  • keine Waffen-Upgrades

Far Cry New Dawn im Test: Ubisofts bunter Endzeit-Shooter auf dem Prüfstand

„Far Cry – New Dawn“ entpuppt sich als gelungener Fanservice – mit gutem Umfang, starker Technik und einer souveränen Technik. Natürlich werdet ihr die handfesten Innovationen mit der Lupe suchen, doch schlecht ist der Open-World-Shooter deshalb noch lange nicht.

Wie schon „Far Cry 5“ kreiert auch „New Dawn“ sehr schnell einen motivierenden Kreislauf aus Erkunden, Kämpfen und Belohnungen. Der Aufbau der Basis macht ebenso viel Laune wie das Abarbeiten der verschiedenen Aufgaben. Die Shooter-Mechanik dahinter überzeugt – trotz starkem Autoaim – und die vielen Möglichkeiten halten einen langfristig bei der Stange.

Schwächen gibt es aber auch: Die Gegner-KI tritt weiterhin auf der Stelle, viele Strukturen sind altbekannt und in der Open-World finden sich immer noch der eine oder andere Bug. Wer „Far Cry 5“ mochte, wird aber – trotz schwächeren Story und Charaktere – auch an „New Dawn“ seine Freude haben!

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Ace-of-Bornheim

Ace-of-Bornheim

14. Februar 2019 um 12:48 Uhr