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Mirror's Edge Catalyst im Test: Schafft Faith den Durchbruch?

Freerunner Faith Connors feiert nach acht Jahren ihr Comeback in „Mirror's Edge Catalyst“. Schafft sie in der neuen, offenen Spielwelt endlich den großen Durchbruch?

play3 Review: Mirror’s Edge Catalyst im Test: Schafft Faith den Durchbruch?

7.0

Auch wenn das 2008 für Playstation 3 und Xbox 360 erschienene „Mirror’s Edge“ kein finanzieller Erfolg für Digital Illusions war, es beeinflusste Videospiele nachhaltig. Denn Faiths Abenteuer in der Stadt Glass zeigten, dass Parkour-Running und Ego-Perspektive zusammenpassen können. Genau deshalb blieb „Mirror’s Edge“ auch immer im Gespräch. Fans forderten einen Nachfolger und sollten ihn nun endlich auch bekommen. Doch statt eines linearen Action-Erlebnisses probiert sich DICE erstmals an einem Open-World-Szenario. Das mag zwar zu Faiths Freiheitsliebe passen, doch macht in der Umsetzung nur Probleme.

Was wir gut finden

Zurück auf den Dächern

Bevor ihr über die Unzulänglichkeiten von „Mirror’s Edge Catalyst“ stolpert, zieht euch das Spiel zunächst tief in seine Welt hinein. Erneut ist die Stadt Glass Schauplatz für das First-Person-Action-Adventure. Turmhoch ragen die gleißend weißen Wolkenkratzer in den Himmel. Die Metropole wirkt kalt und wunderschön zugleich. Doch unter dieser polierten Fassade brodelt es gewaltig, denn das Konglomerat angeführt von Gabriel Kruger regiert mit eiserner Hand. Die K-Sec-Truppen kontrollieren alles.

Stärker als sein Vorgänger erzählt „Mirror’s Edge Catalyst“ die Geschichte der Heldin Faith Connors. Sie entwickelt sich von der widerspenstigen Kleinkriminellen zur starken Kämpferin. Der Grundgedanke einer Revolution gegen das übermächtige Konglomerat bleibt spannend und erzeugt mit der stimmig umgesetzten Spielwelt vor allem in den ersten Stunden eine solide Atmosphäre.

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Der Spaß am Freerunning

„Mirror’s Edge Catalyst“ setzt über weite Strecken auf das Gameplay des ersten Teils, verfeinert es aber an vielen Stellen. So ist gerade die Navigation in der Spielwelt weitaus intuitiver und handlicher als beim Original. Wichtigstes und zugleich optionales Instrument ist die Runner’s Vision: Sie markiert den kürzesten Weg zum nächsten Ziel. Faith auf der anderen Seite hat nichts von ihrer Athletik eingebüßt. Sie sprintet pausenlos und vollführt auf Tastendruck waghalsige Manöver. So taucht sie etwa unter Objekten hindurch, springt darüber hinweg oder hangelt sich daran entlang. Natürlich gibt es auch Wallruns in allen Variationen.

Weniger ist manchmal mehr: DICE stolpert über die eigenen Ansprüche.

Neu dabei sind die elektronischen Hilfsmittel: Mit dem Seilwerfer schwingt sich Faith an Ankerpunkten entlang – fast wie die Geschwister Frye in „Assassin’s Creed Syndicate“. Und mit dem Hacking-Gerät setzt sie Ventilatoren und andere Hindernisse außer Kraft. DICE ist es gelungen, die komplexe Steuerung in einer ansprechendes und intuitives Button-Layout zu stopfen. „Mirror’s Edge Catalyst“ spielt sich nahezu selbsterklärend und überfordert so zu keinem Zeitpunkt.

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Eins nach dem anderen

Deshalb entsteht bei DICEs Action-Adventure auch binnen weniger Minuten ein ausgezeichneter Spielfluss. Behände turnt Faith über Dächer, überwindet mühelos Abgründe und reiht eine Aktion an die nächste. In seinen besten Momenten erzeugt „Mirror’s Edge Catalyst“ einen erstklassigen Spielfluss inklusive solidem Geschwindigkeitsgefühl und gelegentlichem Nervenkitzel bei Balanceakten in luftiger Höhe. Das Geturne über die Dächer hat daher sein eigenes Flair und besonders bei einer erfolgreichen Abfolge an Aktionen entsteht durchaus ordentlicher Spielspaß.

Was wir schlecht finden

Lieblose Open-World-Umsetzung

Doch mit zunehmender Spielzeit stellt man schnell fest, dass man lediglich eine Checkliste von Belanglosigkeiten abarbeitet. DICE gelingt es nicht, seiner Spielwelt mit tollen Schauplätzen oder liebenswerten Sidequests Leben einzuhauchen. Stattdessen fühlt sich „Mirror’s Edge Catalyst“ wie frühere Ubisoft-Abenteuer an: Hier eine Nachricht überbringen oder einen Turm erobern, dort ein Rennen bestreiten und dann natürlich jede Menge unnütze Sammelgegenstände aufklauben. Glass wirkt nicht nur steril, sondern auch leb- und emotionslos. Ein Gefühl der Bedrohung, der Unterdrückung oder der Notwendigkeit entsteht nicht. Stattdessen fliegt das Spiel irgendwie an einem vorbei.

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Schwaches Kampfdesign

Nicht nur die arg tote Spielwelt und das repetitive Missionsdesgin setzen „Mirror’s Edge Catalyst“ mächtig zu, auch die Kämpfe sind nicht das Gelbe vom Ei. Grundsätzlich verfügt Faith über ein breites Repertoire an Aktionen. Diese könnt ihr mit Hilfe eines überschaubaren Fähigkeitensystems in den Bereichen Kampf, Ausrüstung und Bewegung verbessern. Trotzdem leiden die Kämpfe mit den K-Sec-Wachen unter der allzu simplen Gegner-KI und den geradezu grotesk-witzigen Physik-Modellen. Tretet ihr Wachen in einander oder gegen Wände, taumeln diese unkoordiniert oder stolpern gar in einander. Wirklich dynamisch wirkt das nicht und spielt sich auch nicht sonderlich toll.

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Geschichte ohne Tiefe

Dazu mangelt „Mirror’s Edge Catalyst“ auch noch an einer wirklich ausgereiften Story. Der Konflikt mit dem Konglomerat wird noch halbwegs gut dargestellt, die Figuren allerdings bleiben weit hinter den Möglichkeiten zurück. Statt ambivalenter Helden und interessanter Schurken gibt es meist nur Abziehbilder, die sich kaum weiterentwickeln. Selbst die großen Überraschungen im Plot wittert man meilenweit gegen den Wind.

7.0

Wertung und Fazit

PRO
  • launiges Freerunning-System
  • technisch ordentlich
  • guter Spielfluss
CONTRA
  • tote Spielwelt
  • schwaches Kampfsystem
  • durchschaubare Geschichte

Mirror’s Edge Catalyst im Test: Schafft Faith den Durchbruch?

Die Open-World-Ambitionen werden „Mirror's Edge Catalyst“ zum Verhängnis. DICE schafft es nicht, seine Spielwelt auch zum Leben zu erwecken. Zwar sieht die Stadt erneut fantastisch aus und besitzt somit ihren ganz eigenen Charme, doch die darin implementierten Aufgaben wiederholen sich mit der Zeit stark und es gibt keinerlei nennenswerte Interaktion mit den Bewohnern der Stadt. Die wenigen Auftraggeber warten wie Schaufensterfiguren auf die junge Faith. Diese Schwäche ist doppelt ärgerlich, denn die Stadt Glass hätte eine fantastische Spielwiese für das Parkour-Abenteuer sein können. Die Navigation über Dächer, Vorsprünge und durch Gebäude funktioniert erstklassig und erzeugt zuweilen ein tolles Gefühl für die Geschwindigkeit der agilen Läuferin. Mit schönen Elementen wie dem Streckenbaukasten, den Online-Ranglisten oder dem Erfahrungssystem blitzen nette Details immer wieder auf, gehen aber in dem Einerlei der Großstadt unter. Denn selbst, wenn das Freerunning eine große Freude ist, so stockt der Spielfluss doch spätestens, wenn Faith in den nächsten Kampf gerät. „Mirror's Edge Catalyst“ ist keine Katastrophe, aber scheitert letztlich an den eigenen Ambitionen. Als Actionspiel macht es durchaus Spaß, als Open-World-Action-Adventure ist es leider nur unterer Durchschnitt.

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Kommentare

xjohndoex86

xjohndoex86

19. Juni 2016 um 11:12 Uhr
ADay2Silence

ADay2Silence

19. Juni 2016 um 14:25 Uhr
consolfreak1982

consolfreak1982

20. Juni 2016 um 06:52 Uhr