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Branche am Wendepunkt: KI und Netzwerke verändern die Kräfte, nicht der Game Pass - Klassische Spiele vor dem Aus?

Die jüngsten Umbrüche bei Microsoft sorgen für Diskussionen über die wahren Gründe hinter Entlassungen und Strategieanpassungen. Ex-Square-Enix-Manager Jacob Navok sieht die Ursache nicht im Game Pass, sondern im wachsenden Einfluss von Netzwerken und künstlicher Intelligenz auf die Videospielbranche.

Branche am Wendepunkt: KI und Netzwerke verändern die Kräfte, nicht der Game Pass – Klassische Spiele vor dem Aus?

Jacob Navok, ehemaliger Director of Business bei Square Enix und heutiger CEO von Genvid, sieht die Videospielindustrie an einem Wendepunkt. Laut seiner Einschätzung stehe sie vor einer „grundlegenden Neuausrichtung“, nachdem es zu einer „Veränderung der Kräfte, die die Branche zusammengehalten“ haben, gekommen sei. 

„Die Branche war einst durch den Mangel an Inhalten gekennzeichnet. Man konsumierte also ein Spiel (beendete Super Mario Bros) und ging dann zum nächsten über (fing mit Legend of Zelda an)“, erläuterte Novak zunächst. Auch als sich die Branche in Richtung komplexerer Medien und sogar MMOs bewegte, galt es als Grundprinzip, dass Spiele Inhalte seien: „Die Verbraucher würden neue Spiele kaufen, wodurch die Entwicklung guter Inhalte und deren Vermarktung zu einem profitablen Ergebnis führen würde.“

Netzwerke sind die neue Gelddruckmaschine

Es folgte ein Wechsel von einer Ära, die stark von Inhalten geprägt war, hin zu einer Netzwerk-Logik, in der Plattformen wie „Roblox“, „Fortnite“ oder „GTA Online“ das Verhalten der Spieler stärker bestimmen als einzelne Blockbuster-Titel.

Und derartige Netzwerkspiele beanspruchen einen großen Teil der verfügbaren Zeit: „Da der Zeitwettbewerb zunimmt und die größten Spiele zu Plattformen werden, bleibt uns nur das traditionelle, verpackte Geschäft, das weiterhin als Inhalt fungiert. Die Anzahl der Stunden eines Tages hat sich jedoch nicht geändert, ebenso wenig wie die Menge an frei verfügbarer Zeit zur Ablenkung.“



Navok erinnert daran, dass der frühere Square-Enix-CEO Yoichi Wada die Netzwerk-Orientierung der Branche bereits 2004 vorhergesehen habe. Viele hätten damals geglaubt, es gehe lediglich um MMOs. Erst heute werde laut Navok deutlich, dass damit „soziale Netzwerke der Spiele oder vielmehr Plattformen, über die Spieler auf Spiele zugreifen“ gemeint gewesen seien.

Allerdings: „Das bedeutet nicht, dass Spiele verschwinden, genauso wie Filme oder Fernsehen mit dem Aufkommen von YouTube nicht verschwunden sind. Aber wir kämpfen um Zeit; die Zeit nimmt nicht zu. Tiktok nimmt zunehmend Zeit in Anspruch, die einst eher dem gelegentlichen Spielen vorbehalten war. Hardcore-Spieler altern“, erklärte er weiter. 

Gleichzeitig werden die Publisher bemüht sein, Risiken zu vermeiden. Novak erinnerte an „Concord“, das 2024 gerade einmal zwei Wochen auf dem Markt war, bevor Sony den Stecker zog. „400 Millionen Dollar und acht Lebensjahre waren innerhalb von zwei Wochen für immer verloren. Kein Umsatz, jeder Verkauf wurde zurückerstattet. Das ist erstaunlich.“ Vor 2024 habe es laut Novak nie eine solche Situation gegeben.



Game Pass kein Auslöser für Entlassungen

Im weiteren Verlauf widmete er sich den Redmondern. Für Navok liegt der Grund für die aktuellen Entlassungen bei Microsoft nicht im Game Pass. Zwar stehe der Dienst seit Jahren unter Beobachtung, jedoch sei dessen Einfluss auf die finanzielle Schieflage überschätzt. 

„Lasst euch nicht täuschen […] oder denkt daran, die Probleme der Branche seien auf Game Pass zurückzuführen, einen Dienst, der in den letzten Jahren kaum gewachsen ist“, stellt er klar. 

Vielmehr gehe es um ein grundsätzlicheres Problem: den Wandel der Branche hin zu Plattformen, die dauerhaft Spieler binden und damit höhere Netzwerkeffekte erzielen. Plattformen wie „Fortnite“ oder „Roblox“ ziehen die Aufmerksamkeit der jüngeren Spielergeneration stark auf sich, wodurch traditionelle Titel an Relevanz verlieren.

Navok nennt konkrete Beispiele: Während Publisher früher auf starke Inhalte gesetzt hätten, die möglichst im umsatzstarken Weihnachtsgeschäft veröffentlicht wurden, sei dieser Plan zunehmend unsicher geworden. Große Investments wie die in „MindsEye“, „Splitgate 2“, „FBC: Firebreak“ oder auch das kürzlich verschobene „Marathon“ hätten sich zuletzt nicht wie erhofft ausgezahlt. 

In die vier Spiele seien fast eine Milliarde US-Dollar geflossen, doch weder Releases noch Betas verliefen plangemäß. „Alle planen Fehlerbehebungen, aber wer glaubt wirklich, dass der Markt für diese vier Titel bestehen oder sogar wachsen kann?“, ergänzte der ehemalige Square-Enix-Manger. 

KI als treibende Kraft

Der tiefere Grund für Microsofts Strategiewandel liegt für Navok in der Entwicklung künstlicher Intelligenz. „Hier kommt KI ins Spiel. Was bei Microsoft passiert ist, war klar: KI ist ein Wandel, der die gesamte digitale Ordnung wie nur einmal pro Generation verändert.“ 

Er erwartet eine Zeit, in der PCs und Plattformen mit KI-Eingabeaufforderungen ausgestattet seien, die es Nutzern erlauben, „einfach die gewünschte Unterhaltungsart einzugeben“. In dieser Perspektive verschmilzt das Konzept von Spielen, Technologie und sozialen Netzwerken immer stärker.

Navok verweist darauf, dass die größten Werte künftig dort entstehen, wo die meisten Nutzer und Entwickler aufeinandertreffen. Diese Entwicklung stellt Unternehmen wie Microsoft vor die Entscheidung, entweder konsequent in KI-gestützte Plattformen zu investieren oder im klassischen Content-Geschäft zurückzufallen. Die zuerst genannte Option verspreche deutlich höhere Gewinne. 



Auch andere Branchengrößen wie Sony geraten laut Navok zunehmend unter Druck. Unternehmen müssten Plattformen aufbauen, die ähnlich wie „Fortnite“ dauerhaft Spieler an sich binden. Andernfalls blieben sie reine Content-Anbieter, was in der Netzwerkökonomie zunehmend ein Nachteil sei. 

Zwar glaubt Navok nicht, dass traditionelle Spiele verschwinden, doch der Wettbewerb um die Zeit der Spieler sei härter geworden. Titel wie „Death Stranding 2: On the Beach“ hätten gezeigt, dass auch aufwändig produzierte Spiele nicht automatisch ein großes Publikum finden.

Was haltet ihr von Navoks Sicht auf die Dinge? Teilt ihr seine Einschätzung?

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Kommentare

darkbeater

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13. Juli 2025 um 07:48 Uhr
ResiEvil90

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13. Juli 2025 um 08:17 Uhr
Christian1_9_7_8

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13. Juli 2025 um 08:30 Uhr
ResiEvil90

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13. Juli 2025 um 08:42 Uhr
OzeanSunny

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13. Juli 2025 um 09:03 Uhr
4everGaming

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13. Juli 2025 um 09:42 Uhr
StoneyWoney

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13. Juli 2025 um 09:48 Uhr
Squallus Leonardus

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13. Juli 2025 um 10:29 Uhr
Alistair73

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13. Juli 2025 um 11:24 Uhr
proevoirer

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13. Juli 2025 um 11:28 Uhr
XiscoBerlin

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13. Juli 2025 um 11:31 Uhr
KaIibri-96

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13. Juli 2025 um 11:35 Uhr