PS4-Test: Saints Row 4

Der wohl schrägste Open-World-Spaß 2013 feiert seine PS4-Wiederauferstehung – höllisches Add-on inklusive! In etwa so lässt sich das zusammenfassen, was Publisher Deep Silver ab dem 23. Januar 2015 als „Saints Row 4: Re-Elected & Gat out of Hell“ als Diskversion für 49,99 Euro in die Läden stellt. „Re-Elected“ bezeichnet dabei die Full-HD-Frischzellenkur des durchgeknallten „GTA“-Konkurrenten samt aller Download-Inhalte, während „Gat out of Hell“ die auch ohne Hauptspiel laufende Erweiterung meint. Kann die Kombination in Zeiten aufwändig produzierter Remastered-Versionen einen Stich laden?

Was wir cool finden

Story und Gameplay von „Saints Row 4“ lässt die PS4-Umsetzung unangetastet. Gut so, denn der Plot um einen Gangsterboss, der zum Präsidenten der USA aufsteigt und kurz darauf in einer Art Matrix einem Alien-Imperium mal richtig die Leviten ließt, könnte abgedrehter kaum sein und hält Genre-Liebhaber gut und gerne mehrere Wochenenden bei Laune. Nicht zuletzt dank 2-Spieler-Koop-Modus für die komplette Kampagne.

Tuning-Schwerpunkt bleibt die Technik. Auf PS4 läuft „Saints Row 4“ in Full-HD mit Details auf Augenhöhe mit der PC-Fassung. Die Bildrate? Schnurrt im Vergleich zur PS3-Fassung endlich wie eine Raubkatze, was vor allem in einer spürbar präziseren Steuerung resultiert. Wer mag, nutzt außerdem PS Vita Remote Play, um den Titel übers WLAN auf seine PS Vita oder seinen PS Vita TV zu streamen.

In New Hades ist die Hölle los
Echtes Novum der Neuauflage? Logisch, die Standalone-Erweiterung „Gat out of Hell“. Darin dürft ihr Satan höchstpersönlich die Hölle heiß machen – „Saints Row“-Style! Hintergrund des Abstechers in der Unterwelt: Luzifer will Töchterlein Jezebel endlich unter die Haube bringen und kidnappt zu diesem Zweck den legendären Anführer der Saints. Allerdings hat der Teufel die Rechnung ohne Johnny Gat und Kenzie Kensington gemacht. Die folgen ihrem Boss durch ein magisches Portal nach New Hades – die wahlweise auch im Koop-Modus spielbare Rettungsaktion kann beginnen!

Zusammen mit Geschäftsmann und Waffendealer Dane Vogel hecken die Helden einen irrwitzigen Plan aus: Möglichst viel Chaos stiften, um Belzebub auf sich aufmerksam zu machen. Gelingt dies, lädt der sie hoffentlich in den eigenen Palast ein, wo ihr Boss gefangen gehalten wird. Vorher aber gilt es, sich durch das Erledigen von zahlreichen Aufgaben die Unterstützung von einigen besonders illustren Höllenbewohnern zu sichern, darunter Piratenlegende Black Beard, Schriftsteller-Koryphäe Shakespeare, Schreckensherrscher Vlad, der Pfähler sowie die zwei geschäftstüchtige Schwestern Kiki und Viola aus „Saints Row: The Third“. Klingt alles ziemlich wahnsinnig? In der Tat! Ist aber genau der Humor, den Fans der Serie lieben!

Tänzchen mit dem Teufel
Jede Persönlichkeit gewährt euch nach Erfüllen eines Erstauftrags Zugriff auf spezielle arkane Kräfte. Helft beispielsweise Black Beard eine Imp-Invasion auf seinem modrigen Piratenkahn zu stoppen, schon dürft ihr selbst einen Imp-Lakaien mittels „Beschwören“ herbeirufen. Weitere mächtige, stets mehrfach aufrüstbare Kräfte verteilen sich auf die Kategorien Blast, Stampfer und Aura. Macht unterm Strich zwölf höllisch praktische Fähigkeiten, die von Versteinern über Kaltfeuer (Gegner entzünden sich bei Berührung) bis hin zur Staubsauger-Attacke reichen (Widersacher wie ein Minitornado in die Luft wirbeln).

Nicht wegzudenkende Highlights im Kräfte-Spektrum von Johnny und Kenzie stellen ferner der Klassiker Sprint (pfeilschnell rennen) und die brandneuen, majestätischen Engelsschwingen dar. Letztere sind bereits recht früh im Spiel verfügbar und verlagern das Gameplay immer wieder geschickt in die Vertikale. Flugprüfungen bestehen, entlegene Plattformen in luftiger Höhe erreichen, Seelenschwärme einsammeln – schon bald möchte man seine mannigfaltig upgradbaren Flügel nicht mehr missen.

Feuer frei für die sieben Todbringer!
Den Vogel schießt Entwickler High Voltage jedoch mit dem exotischen Waffenarsenal ab. Egal ob Heuschrecken-Werfer, Shakespears Feuer speiender Schädel oder ein fahrender Wohnzimmersessel mit seitwärts montierten Gatling-Kanonen (siehe Screenshot oben) usw. – bei so vielen aufrüstbaren Argumentationsverstärkern hat das Gefolge des Gehörnten nichts zu lachen.

Apropos lachen: Seien es verruchte Werbetafeln, zweideutige Dialoge, schlüpfrige Animationen oder eine mit viel Elan vorgetragene Musical-Einlage zwischen Satan und seiner Filia – „Gat out of Hell“ sorgt regelmäßig für verschmitzte Schmunzler und ab und zu für einige wirklich herzhafte Lacher. Zumindest sofern man Schabernack der Marke „direkt unter die Gürtellinie“ mag!

Was wir weniger cool finden

Um die Geschichte voranzutreiben, nutzt „Gat out of Hell“ nicht selten das, was in anderen Spielen dieser Art als Nebenmission durchgeht. Gegnerwellen überleben, markierte Punkte einnehmen, Routen abfliegen – diese und weitere Aktivitäten machen allesamt Laune. Da sie jedoch praktisch für jeden der vier Haupt-Auftraggeber erledigt werden müssen und zudem oft ein individuelles Storykorsett für einzelne Missionen fehlt, stellt sich ein gewisser Abnutzungseffekt ein.

Schelte gibt’s darüber hinaus für die fehlende deutsche Audiospur (deutsche Bildschirmtexte sind vorhanden), die Tatsache, dass umherwandelnde Seelen (also die 08/15-Höllenbürger) praktisch alle gleich aussehen und sich die Helden optisch nicht individualisieren lassen. Überhaupt fehlt es der Grafik vielerorts an Details und Feinheiten. Wäre „GTA 5“ für PS4 die Champions League, spielt das hier höchstens in der dritten Bundesliga. Oder ums mit teuflischer Zunge noch krasser zu formulieren: Vielfach sieht „Gat of of Hell“ aus wie ein auf 1080p hochgerechnetes PS3-Spiel – immerhin ein sehr flüssiges! Dass die Spieldaten des Add-Ons nicht auf der Blu-ray vorliegen und zunächst einmal heruntergeladen werden müssen, sorgt ebenfalls für Unmut.

System: PlayStation 4, PlayStation 3 (bisher nicht getestet)
Vertrieb: Deep Silver / Koch Media
Entwickler: High Voltage Software / Volition
Releasedatum: 23. Januar 2015
USK: ab 18 Jahren
Offizielle Homepage: http://saintsrow.com/