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Stranger of Paradise Final Fantasy Origin im Test: Ein düster-blutiges Abenteuer

Mit "Stranger of Paradise Final Fantasy Origin" wagt sich die legendäre Rollenspiel-Serie erstmals auf Souls-like-Territorium. Ob die "Nioh"-Macher mit dem Titel einen weiteren Hit abgeliefert haben, erfahrt ihr hier.

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8.0

Im Laufe ihrer langen Geschichte hat die altehrwürdige „Final Fantasy“-Reihe aus dem Hause Square Enix bereits diverse Spin-offs hervorgebracht, die bekannte Charaktere in ungewohnte Settings oder Genres verfrachteten. Einen Ableger wie „Stranger of Paradise Final Fantasy Origin“ gab es bisher jedoch noch nicht, denn erstmals wagt sich das Franchise an einen Souls-like-Titel heran, der mit schnellen und knackigen Kämpfen überzeugen will. Ob dieses Vorhaben gelingt, das verraten wir euch in den nachfolgenden Zeilen.

Wir müssen Chaos ausschalten!

Wie der Titel des Action-Rollenspiels bereits andeutet, entführt uns dessen Geschichte erneut in das Universum des JRPG-Klassikers „Final Fantasy I“ von 1987. Diesmal schlüpfen wir in die virtuelle Haut von Jack, einem der legendären Krieger des Lichts. Immer wenn die Welt am Abgrund steht, sollen diese Helden erscheinen, um das Schlimmste zu verhindern. Ihre und somit unsere Mission ist es, ein mächtiges Wesen namens Chaos auszulöschen.

Uns erwartet hier allerdings keine simple Nacherzählung der Handlung des Originals, sondern eher eine „Was wäre, wenn…“-Story. Die „Final Fantasy I“-Welt ist in einer Zeitschleife gefangen, die alle 2000 Jahre neu startet und wir erleben in der Rolle von Jack nun eine mögliche Variante. Fans des Kultspiels dürfen sich entsprechend auf einige bekannte Gesichter wie beispielsweise Dunkelelf Astos oder auch Prinzessin Sela und vertraute Melodien freuen.

Die Geschichte von „Stranger of Paradise“ lebt jedoch in erster Linie von einem Mysterium, das um Jack und seine insgesamt vier Mitstreiter – Ash, Jed, Neon, Sophia – aufgebaut wird. Wie sich nämlich im Laufe der Zeit herausstellt, kann sich niemand von ihnen wirklich an seine Vergangenheit erinnern. Sie wissen nur, dass sie von einem starken Verlangen angetrieben werden, Chaos zu erledigen.

Was beziehungsweise wer sich hinter unseren Hauptfiguren verbirgt, möchten wir euch an dieser Stelle nicht verraten, denn gerade „Final Fantasy“-Neulinge dürfte die Handlung dazu animieren, beständig am Ball zu bleiben und weiterzuspielen.

Ihr solltet euch aber darüber im Klaren sein, dass die Charaktere nicht ähnlich gut geschrieben sind und entwickelt werden wie in den Hauptteilen der Reihe. Jack und seine Freunde bleiben über den Verlauf der Story ziemlich eindimensional und entwickeln sich eher marginal weiter. Auch die Inszenierung ist, abgesehen von wenigen Ausnahmen, etwa des opulenten Openings, nicht ähnlich mitreißend gelungen wie in den Hauptspielen. Dafür ist die Motivation der Figuren nachvollziehbar und zu sehen, wie sich ihr Plan entfaltet, ist wirklich spannend. Zudem gelingt dem Ende des düsteren Abenteuers ein gelungener Brückenschlag zu „Final Fantasy I“.

Ein einzigartiges, komplexes Kampfsystem

Auch wenn Charakterentwicklung und Story nun nicht die ganz großen Stärken von „Stranger of Paradise“ sein mögen, kann der Titel mit anderen Qualitäten glänzen. Hier sei an allererster Stelle das Kampfsystem erwähnt, das ganz klar das Herzstück sowie größte Highlight des Spiels ist. Dieses präsentiert sich wunderbar vielseitig und herrlich komplex.

Im Fokus stehen drei Mechaniken, die miteinander verzahnt sind: Die Willensleiste, der Seelenschild sowie die MP-Wiederherstellung. Bei der Willensleiste handelt es sich um eine gelbe Anzeige, die sich unterhalb der Lebensenergie eurer Gegner befindet. Wenn ihr diese mit genügend Angriffen schwächt, könnt ihr sie brechen und eure Feinde für einige Augenblicke wehrlos machen.

Sobald dieser Zustand erreicht ist, taumeln eure Widersacher kurzzeitig und mittels eines Drucks auf die Kreis-Taste könnt ihr einen Finisher anbringen, der Standardgegner sofort erledigt. Hierbei verwandelt ihr die Gegner in blutrote Kristalle, die ihr dann wuchtig zerschmettert. Gerade die Finisher in Bosskämpfen sind toll inszeniert und schön anzuschauen.

Doch Achtung, auch Jacks Wille kann gebrochen werden! MP benötigt ihr derweil für Spezialaktionen, mit denen ihr dem Willen eurer Kontrahenten großen Schaden zufügen könnt. Diese Leiste befindet sich unterhalb eurer Lebensenergie und wird durch den Einsatz eures Seelenschilds wieder aufgefüllt. Mit der Kreis-Taste könnt ihr diesen aktivieren und beim richtigen Timing ist, blockt ihr den Angriff eines Gegners ab und werft diesen zurück.

Auf dem niedrigsten der anfangs verfügbaren drei Schwierigkeitsgrade (Story, Action, Schwer), nach Abschluss der Hauptstory wird ein vierter freigeschaltet, könnt ihr euch weitestgehend noch mit simplem Button-Mashing durchschlagen. Ab dem zweiten Schwierigkeitsgrad ändert sich dies jedoch merklich, denn dann gibt es eine spürbare Lernkurve und „Final Fantasy Origin“ drängt euch dazu, die drei Mechaniken zu meistern und zu verinnerlichen.

Der Titel richtet sich somit primär an Core-Gamer und weniger an Gelegenheitsspieler, die im Story-Modus allerdings recht gut durchkommen sollten. Insgesamt hinterließ das Balancing mit den verschiedenen Schwierigkeitsgraden einen guten Eindruck bei uns. Die drei Mechaniken machen das Kampfsystem des Spiels einzigartig und motivieren dazu, die eigenen Fähigkeiten beständig zu verbessern.

Habt ihr den Dreh nämlich erst einmal raus, befinden sich eure MP quasi immer am Anschlag und ihr wirbelt wie ein Derwisch auch größere Gegnergruppen ordentlich durcheinander. Wie ihr die Monster erledigt, etwa im Nahkampf oder doch auf weitere Entfernung mit mächtigen Zaubern, ist übrigens ganz euch überlassen.

Das Job-System erlaubt es euch, Jack einen von insgesamt 27 verschiedene Jobs erlernen zu lassen, um ihn so ganz an euren Spielstil anzupassen. Ihr startet als Schwertkämpfer, Magier und Faustkämpfer  ins Abenteuer, könnt aus Jack im weiteren Verlauf allerdings auch einen Paladin oder Berserker machen. Jede Klasse besitzt einen eigenen Talentbaum, über den ihr neue Fähigkeiten freischalten dürft, was zusätzlich motiviert. Zudem sind die Jobs in drei Kategorien (Anfänger, Fortgeschritten, Experte) unterteilt. Einige Klassen erfordern also etwas mehr Einarbeitungszeit.

Zudem möchte jede Charakterklasse etwas anders gespielt werden. Einige eignen sich mehr für offensive, andere eher für defensive Spielstile, was zum munteren Experimentieren einlädt. Das macht wirklich sehr viel Spaß, nicht nur wegen der großen Auswahl, sondern auch wegen der Vielzahl an Ausrüstungsgegenständen, die ihr von besiegten Gegnern erhaltet und in den Levels findet. Mit diesen könnt ihr Jack und seine Freunde einkleiden und durch Job-Affinitäten bestimmter Kleidungsstücke sogar noch kleine Boni für eine Klasse erhalten.

Wenn ihr keine Lust auf diese kleinteilige Arbeit haben solltet, immerhin erhaltet ihr so viel Loot, dass es schnell unübersichtlich wird, könnt ihr die besten Objekte auf Knopfdruck auch automatisch ausrüsten lassen, um direkt weiterzukämpfen. Wahlweise dürft ihr eure Ausrüstung bei einem Schmied sogar aufrüsten, um noch stärker zu werden.

Apropos weiterkämpfen: Ihr dürft jederzeit mittels der Dreieck-Taste zwischen zwei ausgerüsteten Jobs von Jack wechseln. Das funktioniert, wenn ihr den Dreh raushabt, auch während einer Kombo und animiert zusätzlich dazu, die Möglichkeiten des Kampfsystems auszureizen. Ähnlich wie Dante in „Devil May Cry 5“ dürft ihr quasi eure Spielstile durchwechseln, was mit etwas Übung sehr gut funktioniert. Hinsichtlich der Angriffsvielfalt hat der Halbdämon am Ende jedoch die Nase vorn und schnetzelt sich noch vielseitiger durch Gegnerhorden.

Eine nicht ganz unwichtige Rolle in den Kämpfen spielen zudem eure KI-Begleiter. Insgesamt schließen sich zwar vier Charaktere eurer Reise an, von diesen können jedoch immer nur zwei gleichzeitig an eurer Seite kämpfen. An den Speicherpunkten des Spiels dürft ihr euer Team bearbeiten und eure gewünschten Begleiter auswählen sowie ihre Ausrüstung und Jobs optimieren. In den Kämpfen könnt ihr sie über die linke und rechte Pfeiltaste dazu auffordern, einen anvisierten Gegner aufs Korn zu nehmen, was während unseres Tests ordentlich funktionierte.

Ash, Jed & Co. verrichteten ihre Arbeit zuverlässig und standen uns nie im Weg. Einzig seltene Momente, in denen die Kamera die Kämpfe aus ungünstigen Winkeln anzeigte, fielen uns hier wirklich negativ auf.

Des Weiteren fühlen sich die Kämpfe dank schön wuchtiger Animationen stets wunderbar befriedigend an. Wenn ihr eure monströsen Gegner in den für „Final Fantasy“-Verhältnisse sehr blutigen Kämpfen Stück für Stück weichklopft und dann mit einem Finisher erledigt, macht das großen Spaß. Nicht zuletzt deshalb, da jeder Gegner nach einer etwas anderen Vorgehensweise verlangt und ihr es mit einem bestimmten Job gegen gewisse Feinde etwas leichter habt. Auf PlayStation 5 profitieren die Kämpfe zusätzlich vom schön eingebundenen haptischen Feedback des DualSense-Controllers, das sie Konfrontationen noch greifbarer macht.

Mäßiges Leveldesign trifft mäßige Technik

Am Kampfsystem und der blutigen Action von „Stranger of Paradise“ haben wir somit nichts auszusetzen. Anders sieht es allerdings mit dem Leveldesign aus. Als Jack erkunden wir diverse linear aufgebaute Abschnitte, von denen viele mit einem ganz eigenen Kniff aufwarten. In einer verschneiten Umgebung konnte beispielsweise das Eis unter unseren Füßen einbrechen, in einem alten Tempel warteten allerlei fiese Fallen auf uns und in einem verwunschenen Wald durften wir an geheimnisvollen Sphären das Wetter ändern, was die Umgebung beeinflusste. Hinzu gesellen sich kleine simple Rätsel, die für etwas Abwechslung sorgen und niemanden überfordern dürften.

Im Laufe der gut elf bis fünfzehn Stunden langen Hauptstory besuchen wir somit abwechslungsreiche Umgebungen, von denen am Ende jedoch nur wenige wirklich lange im Gedächtnis bleiben. Diese Missionen wählen wir dabei über eine Weltkarte aus. Es wird nach jedem Auftrag automatisch die nächste Story-relevante Aufgabe ausgewählt, doch ihr könnt auch immer wieder optionale Nebenmissionen annehmen, um Jack und seine Freunde aufzuleveln. Damit steigt der Umfang nochmal ordentlich an und für einen kompletten Durchlauf solltet ihr, abhängig von eurem gewählten Schwierigkeitsgrad und euren spielerischen Fähigkeiten, rund 30 Stunden einplanen.

Dass das Leveldesign nicht sonderlich lange im Gedächtnis bleibt, liegt unter anderem daran, dass in vielen Arealen dunkle Farbtöne vorherrschen und sich die schmalen Korridore, durch die ihr in einem Abschnitt lauft, allesamt doch sehr stark ähneln. Die matschig braune Farbpalette, die in den meisten Levels vorherrscht, passt zwar zur düsteren Grundstimmung und Atmosphäre des Titels mitsamt ihrer ernsten Geschichte, nutzt sich allerdings doch nach einigen Stunden recht deutlich ab. Des Weiteren sind viele Abschnitte lediglich aneinandergereihte Schläuche, weshalb das Leveldesign etwas uninspiriert daherkommt. Richtige Highlights sucht ihr vergebens.

Deshalb laden die Areale auch nur bedingt zum Erkunden ein, denn abgesehen von einem Trank hier, einem neuen Ausrüstungsgegenstand dort und kleinen Abkürzungen findet ihr wenig Nützliches. Doch darüber konnten wir während unserer Zeit mit dem Spiel zu einem gewissen Grad zumindest etwas hinwegsehen, denn sobald wir uns in einem der schnellen und blutigen Kämpfe gegen diverse gefährliche Monster wiederfanden, geriet das Drumherum schnell zur Nebensache. Ärgerlich ist es dennoch, denn hier wäre sicherlich mehr drin gewesen.

Ähnliches lässt sich zur Technik von „Stranger of Paradise Final Fantasy Origin“ sagen, denn diese ist lediglich bedingt zeitgemäß. Die Charaktermodelle der Hauptfiguren und Bossgegner sind gut gelungen, doch der Rest fällt merklich ab. Ihr solltet kein ähnlich hohes Level wie zuletzt beispielsweise noch in „Final Fantasy VII Remake“ erwarten. Darüber hinaus tauchten während unseres Tests immer wieder kleine technische Fehler auf. Hierzu zählten Clipping-Fehler, aufploppende Texturen sowie seltene Framerate-Einbrüche. Davon abgesehen machte die Performance jedoch einen guten Eindruck und die Kämpfe flimmerten angenehm geschmeidig über den Bildschirm.

8.0

Wertung und Fazit

PRO
  • Interessante Geschichte, gerade für "Final Fantasy"-Neulinge
  • Anspruchsvolles & komplexes Kampfsystem
  • Viele spielerische Möglichkeiten dank des Job-Systems
  • Gutes Balancing mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden
CONTRA
  • Eindimensionale Charaktere
  • Uninspiriertes Leveldesign
  • Seltene Kameraprobleme
  • Mäßige Technik mit diversen Fehlern

Stranger of Paradise Final Fantasy Origin im Test: Ein düster-blutiges Abenteuer

"Stranger of Paradise Final Fantasy Origin" bringt frischen Wind in die altehrwürdige JRPG-Reihe und dürfte mit ihren fordernden Kämpfen eine neue Spielergruppe für das Franchise erschließen. Core-Gamer freuen sich über knackige Konfrontationen mit zahlreichen Monstern und vor allem das ausgesprochen gut gelungene Kampfsystem. Mit seiner Kombination seiner drei zentralen Spielmechaniken, dem Job-System und den KI-Begleitern gibt es hier vieles, was zum Ausprobieren einlädt. Es dauert Stunden, alles wirklich zu meistern.

Sollte euch die Story des Action-Rollenspiels reizen, dann ist auch diese einen Blick wert, obgleich ihr hier verglichen mit den Hauptteilen der Reihe ein paar Abstriche in Kauf nehmen müsst. Des Weiteren bleiben die unterschiedliche Areale nie allzu lange im Gedächtnis und auch technisch solltet ihr hier kein Meisterwerk erwarten. Wenn euch der Sinn jedoch nach einem blutig-düsteren Abenteuer steht, könnt ihr hier guten Gewissens einen genaueren Blick riskieren und euch auf die Jagd nach Chaos begeben.

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Kommentare

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