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Resident Evil Village im Test: Fängt stark an, stolpert gegen Ende

play3 Review: Resident Evil Village im Test: Fängt stark an, stolpert gegen Ende

8.0

Mit „Resident Evil 7“ führte Capcom seine langjährige Survival-Horror-Reihe im Januar 2017 zu alter Stärke zurück. Mehr als vier Jahre später steht nun das Sequel in den Startlöchern. Wir haben das von Morimasa Sato koordinierte „Resident Evil Village“ für euch auf PS5 durchgespielt und verraten, ob es in die Fußstapfen des viel gelobten Vorgängers treten kann.

Serienkenner erinnern sich: In „Resident Evil 7: Biohazard“ machte sich der bis dato unbekannte Zivilist Ethan Winters im US-Bundesstaat Louisiana auf die Suche nach seiner verschollenen Frau Mia und geriet dabei in die Fänge der kannibalistisch veranlagten Baker-Familie. „Resident Evil Village“ knüpft thematisch an die Ereignisse des Vorgängerspiels an, spielt jedoch chronologisch betrachtet drei Jahre danach.

Um Vergangenes besser verarbeiten zu können und ihr noch junges Kind Rose in einer sicheren Umgebung groß zu ziehen, sind Ethan und Mia nach Europa gezogen. Das Wort sicher ist dabei jedoch relativ, zumal sich die Ereignisse bereits kurz nach Spielbeginn überschlagen. Wir wollen euch möglichst wenig spoilern, daher nur so viel: Nach nicht einmal 15 Minuten Spielzeit wacht Ethan in einem verschneiten Waldgebiet im osteuropäischen Nirgendwo benommen auf – sichtbar traumarisiert von der Einstiegssequenz, aber wild entschlossen, seine geliebte Tochter Rose wiederzufinden.

„Resident Evil Village“ startet dramatisch und hat binnen kürzestes Zeit eure volle Aufmerksamkeit. Auch, weil Ethan schon bald ein verwinkeltes Dorf samt angrenzendem Schloss entdeckt und feststellen muss, dass hier wirklich einiges im Argen liegt. Blutspuren durchtränken den ansonsten herrlich weißen Schnee, abgeschlagene Tierköpfe baumeln an Bäumen und immer wieder pflastern teils übel zugerichtete Kadaver und Leichen den Weg. Schlimmer noch: Im Dorf und dessen weitläufiger Umgebung wimmelt es nur so vor blutrünstigen Kreaturen, die allesamt nicht lange fackeln, Ethan bei lebendigem Leibe in Stücke zu reißen.

Schön gemacht: Während sich Ethan im Vorgängerspiel in erster Linie mit den durch Schimmelbefall gekennzeichneten Molded und aufdringlichen Insektenschwärmen auseinandersetzen musste, hat Capcom die Gegnervielfalt nun spürbar erhöht. So wollen euch neben verschiedenen, teils bewaffneten Wolfsmenschen und Ghoul-artigen Kreaturen unter anderem angriffslustige Gargoyls an den Kragen.

Wie diese eher Vampirfilm-inspirierten Wesen mit dem „Resident Evil“-Universum zusammenhängen, wollen wir selbstverständlich nicht verraten. Wer sich allerdings aufmerksam in der Spielwelt umschaut und die überall hinterlassenen Notizzettel, Dokumente und Skizzen studiert, findet Antworten auf diese Frage. Sind die Antworten überzeugend? In unseren Augen leider nur bedingt.

Denkwürdige Bosskämpfe

In schöner Regelmäßigkeit hetzen euch Spieldirektor Morimasa Sato und sein Team zudem groteske Bossgegner auf den Hals, darunter die knapp drei Meter hohe Lady Dimitrescu, drei ebenfalls im Schloss residierende Damen mit einer Vorliebe für Menschenblut sowie ein bereits auf der Karte der Collector’s Edition zu erspähendes Ungetüm, das sich südlich des Schlosses aufhält. Die Bosskämpfe selbst laufen meist phasenweise ab, erfordern in der Regel ein gewisses taktisches Vorgehen und zählen im Hinblick auf die Inszenierung zweifelsohne zu den Highlights von „Resident Evil Village“.

Aber auch die Kämpfe mit den regulären Feinden bringen Ethan zuweilen ins Schwitzen. Nicht unbedingt aufgrund von besonders cleverem KI-Verhalten, sondern vielmehr dann, wenn die Gegner in größeren Gruppen aus unterschiedlichen Richtungen anrücken. Zutreffend ist dies speziell im letzten Drittel der Geschichte. Bestes Gegenmittel? Langgezogene Korridore, in denen ihr auf Distanz kämpfen könnt, ausreichend Munitionsvorräte und ein konsequent optimiertes Waffenarsenal.

Gelungene Gruselmomente – leider ohne VR

Keine Frage, im Direktvergleich mit „Resident Evil 7“ fühlt sich „Resident Evil Village“ spürbar actionlastiger an. Nichtsdestotrotz kommt auch das Erkunden und Knobeln nicht zu kurz und trägt damit einiges zur dichten Horroratmosphäre bei. Bestes Beispiel ist eine Szene im nordwestlichen Teil der Karte. Nahezu seiner gesamten Ausrüstung beraubt, findet sich Ethan im Kellergewölbe eines Hauses wieder und muss nun irgendwie versuchen, wieder zurück an die Oberfläche zu gelangen.

Der Adrenalinkick hier: Ab einem gewissen Punkt fällt der Strom aus und das Display eures Smartphone wird zum einzigen Lichtspender. Ergänzt man nun noch ein ganzes Sammelsurium an markerschütternden Geräuschen einer immer näher kommenden Gefahr, stellen sich einem in der Tat die Nackenhaare auf. Wir spielten ausgerechnet diese Passage kurz nach Mitternacht mit Kopfhörern und hatten, nicht zuletzt aufgrund der präzise zu ortenden Surround-Sound-Abmischung ein ziemlich mulmiges Gefühl in der Magengegend. So geht Horror!

Schade nur, dass Gruselfans solche Gänsehaut-Passagen in Teil acht nicht in VR erleben dürfen und dass sie in ihrer Gesamtheit betrachtet dann doch etwas zu selten vorkommen. Streckenweise sind es allerdings auch einige seltsame Design-Entscheidungen, die so manchem Herzklopfmoment den Schrecken nehmen.

Paradebeispiel: Im Schloss werdet ihr von Lady Dimitrescu mehrfach rigoros verfolgt und in die Enge getrieben. Sobald ihr euch nun aber in das Zimmer zurückzieht, in dem auch der Händler seine Zelte aufgeschlagen hat, bricht sie die Verfolgung abrupt ab und lässt euch gewähren. Das panische Gefühl von einem nahezu unbesiegbaren Wesen gehetzt zu werden, ist zumindest in diesem Augenblick schlagartig dahin!

Zu seichte Knobelkost

Und wie schlagen sich die bereits angerissenen Knobelpassagen? Für die nötige Abwechslung ist auf jeden Fall gesorgt. Mal müsst ihr Umgebungsobjekte in der richtigen Reihenfolge verschieben, um neue Pfad zu schaffen. Mal müssen Notizen korrekt interpretiert werden, um mehrere Schalter passend zu aktivieren. Mal gilt es, durch geschickten Waffeneinsatz bestimmte Dinge in Gang zu setzen und häufig wollen gefundene Gegenstände korrekt mit anderen kombiniert werden.

Echte Kopfnüsse vom Schlage eines „The Witness“, die uns minutenlang grübeln ließen, kamen dabei allerdings nie vor. Das ist einerseits gut für den Flow und ermöglicht ein zügiges Vorankommen, dürfte andererseits aber auch viele Survival-Fans mit einer Vorliebe für knackige Knobelabschnitte stören. Speziell in diesem Gameplay-Punkt verschenkt Capcom viel Potenzial und hätte Spielern ruhig noch mehr abverlangen dürfen.

Flankiert wird der Gut-vorankommen-Gedanke der Capcom-Designer durch einige durchdachte Komfortverbesserungen. Ganz oben auf der Daumen-hoch-Liste steht dabei die praktische Karte und die dort zum Einsatz kommenden Farbmarkierungen. Konkreter formuliert: Erst wenn ihr in einem Raum wirklich alle Objekte gefunden habt, wird dieser auf der Karte blau eingefärbt und somit als „vollständig erkundet“ markiert. Eine gute Idee, zumal so nicht die Gefahr besteht, irgendwo etwas zu übersehen. Gleichzeitig hilft es, nicht vollständig erkundeten Arealen auch die letzten Geheimnisse zu entlocken.

Eine weitere willkommene Verbesserung ist das umstrukturierte Inventar-System. Zur Erinnerung: In „Resident Evil 7“ benötigten Heilkräuter, Chemikalien und andere Crafting-Objekte wertvollen Inventar-Platz. Anders bei „Village“: Hier spendiert Capcom nicht nur wichtigen Story-Objekten und Schätzen einen eigenen Inventar-Reiter mit unbegrenzter Kapazität, sondern auch den Crafting-Ressourcen.

Ihr könnt also nach Lust und Laune Rohstoffe sammeln, ohne Sorge haben zu müssen, dass diese Zutaten wertvollen Platz im begrenzten Hauptinventar wegfressen. Sobald ihr allerdings neue Medi-Kits, Munition, Minen und Co. herstellt, wandern diese dann in Ethans reguläres Inventar. Nett für Fans: Das serientypische Inventar-Puzzeln ist wieder Teil des Abenteuers, hält sich aber in Grenzen, wenn man regelmäßig Geld in Koffer-Upgrades investiert.

Dukes prall gefüllter Gemischtwarenladen

Womit wir wiederum beim Duke wären. Dieser geheimnisvolle, überaus korpulente Händler hat überall in der Spielwelt seinen mobilen Krämerläden aufgeschlagen und bietet eine breite Palette an Waren feil.

Neben Waffenverbesserungen (die u.a. Feuerkraft, Feuerrate, Nachladegeschwindigkeit und Magazingröße erhöhen) hat Duke Munition für alle Waffentypen, Erste-Hilfe-Kits, besagte Inventar-Erweiterungen, Gadgets wie Minen und Rohrbomben sowie Herstellungsrezepte für alle Munitionsarten und Hilfsmittel im Angebot. Bezahlt wird mit gefundenen Lei oder dem Erlös der Schätze, die euch beim Erforschen der Welt in die Hände fallen bzw. die eliminierte Widersacher hinterlassen.

Hinzu kommt: Der Duke kocht für sein Leben gern und bietet euch im späteren Spielverlauf ein halbes Dutzend Feinschmeckergerichte an, die Ethans Lebensenergie weiter steigen und ihm u.a. ermöglichen, im Nahkampf noch effektiver zu blocken. Damit euch der Duke in Rekordzeit besagte Leckereien zaubert, müsst ihr ihm jedoch zunächst die dafür nötigen Zutaten beschaffen. Bedeutet aufs Gameplay übertragen: Haltet beim Erkunden unbedingt Ausschau nach Wild, Hühnern und Fischen!

Das verflixte letzte Drittel

Klingt soweit alles ganz gut? Durchaus. Das Problem: Vor allem im letzten Spieldrittel ist’s größtenteils vorbei mit der Gruselei, da „Village“ ab hier einen fast schon übertriebenen Action-Fokus setzt. Von der in früheren Teilen so gefürchteten Munitionsknappheit kann spätestens in diesem Spielabschnitt – wenn man bis dahin einigermaßen bedacht vorgegangen ist – keine Rede mehr sein. Daher unser dringender Ratschlag: Wer schon in Teil sieben problemlos durchgekommen ist und eine Herausforderung sucht, dem raten wir dringend, „Resident Evil Village“ direkt auf dem dritthöchsten Schwierigkeitsgrad „Veteran“ in Angriff zu nehmen. Für ganz abgebrühte Resi-Profis hält das Spiel zudem noch die Schwierigkeitsstufe „Dorf der Schatten“ bereit.

Im letzten Block verstolpern sich die Macher zudem noch in zweierlei Hinsicht. Zum einen mit der Einführung von Gegnertypen, die irgendwie so nicht gar mit allem Vorangegangenen harmonieren. Zum anderen mit teils hanebüchenen Story-Elementen, die zwar quälende Fragen hinreichend beantworten, bei eingefleischten Survival-Horror-Enthusiasten aber auch für jede Menge Kopfschütteln sorgen dürften. So viel steht fest: Das letzte Drittel wird noch für viel Diskussionsstoff sorgen!

Technik-Check

Technisch gesehen hinterließ die von uns getestete PS5-Fassung einen guten Eindruck. Capcoms Grafik- und Soundteams haben sich mächtig reingekniet und eine mit vielen sehenswerten Details gespickte Spielwelt erschaffen. Visuelle Höhepunkt sind dabei vor allem das mehrstöckige Schloss mit all seinen prunkvollen Räumen, einige Panorama-Hotspots rund um das Dorf sowie ein späterer Schauplatz, der die Moderne mit dem ansonsten sehr mittelalterlich geprägten Setting verbindet.

Das Spiel mit Licht und Schatten gelingt ebenfalls, wenngleich der Nutzen von Raytracing auf PS5 weit weniger sichtbar wird wie beispielsweise in der Ultimate Edition von Remedys „Control“.

SSD-bedingt profitieren PS5-Besitzer zudem von rasanten Ladezeiten. Egal, ob beim Laden eines Spielstands, beim Reload nach einem Bildschirmtod oder sonstigen Dingen – alles geht extrem zackig vonstatten. Schön zudem, dass Capcom – je nach gerade eingesetzter Waffe – regen Gebrauch von den Adaptiven Triggern des Dual Sense Controllers macht und auch nuancierte Vibrationseffekte nicht zu kurz kommen.

Die Brillanz wie bei einem „Returnal“ erreichen letztgenannte jedoch nicht. Die im Pad verbauten Bewegungssensoren lässt Capcom dagegen brach liegen. Nicht wild, bei dem mehrfach auftauchenden Balance-Minispiel hätte sich dieses Feature jedoch durchaus angeboten.

8.0

Wertung und Fazit

PRO
  • schöner Mix aus Action, Erkundung und Knobeleien
  • starke Soundkulisse, gute dt. Sprachausgabe
  • umfangreiches Waffen-Upgrade-System
  • toll inszenierte Bosskämpfe, viele schräge Charaktere
CONTRA
  • viele Ungereimtheiten im letzten Drittel
  • Rätsel insgesamt zu einfach
  • leider kein VR-Modus wie in Teil 7
  • über Held Ethan erfährt man viel zu wenig

Resident Evil Village im Test: Fängt stark an, stolpert gegen Ende

Begonnen beim turbulenten Einstieg über die erste Begegnung mit der monströsen Lady Dimitrescu bis hin zu einem wilden Bosskampf im Stausee - speziell die ersten zwei Drittel der Geschichte haben uns wirklich gut unterhalten und bringen abwechslungsreiche Kämpfe, motivierende Erkundung, das umfangreiche Upgrade-System und kreative, aber leider etwas zu einfache Puzzlepassagen prima unter einen Hut. Im letzten Drittel wird’s dann erzählerisch aber streckenweise schon arg skurril und übertrieben trashig. Zudem drückt Capcom hier so sehr aufs Action-Pedal, dass der wohlige Gruselfaktor der ersten Spielstunden immer stärker ins Hintertreffen gerät. Dass Capcom diesmal auf VR-Unterstützung verzichtet, obwohl diese in „Resident Evil 7“ toll implementiert und auch durchweg positiv aufgenommen wurde, ist ebenfalls mehr als schade. Was bleibt, ist ein „Resident Evil 7“-Sequel, das über weite Strecke viel Laune macht, gute Ideen mitbringt und vielerorts zu überraschen weiß. Bedingt durch das unausgegorene letzte Drittel der je nach Spielweise knapp 12- bis 14-stündigen Kampagne reicht es jedoch leider nicht, um in höhere Wertungsregionen vorzustoßen. Daran kann leider auch der nach dem Durchspielen freigeschaltete Söldner-Modus nichts ändern.

Hotlist

Kommentare

Upsidedown

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06. Mai 2021 um 14:29 Uhr
President Evil

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06. Mai 2021 um 14:31 Uhr
Upsidedown

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06. Mai 2021 um 14:36 Uhr
proevoirer

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06. Mai 2021 um 15:03 Uhr
AgentJamie

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06. Mai 2021 um 15:05 Uhr
President Evil

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06. Mai 2021 um 15:19 Uhr
Zockerfreak

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06. Mai 2021 um 15:28 Uhr
Upsidedown

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06. Mai 2021 um 15:29 Uhr
President Evil

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06. Mai 2021 um 15:41 Uhr
triererassi

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06. Mai 2021 um 16:58 Uhr
NathanDrake1005

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NathanDrake1005

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06. Mai 2021 um 17:41 Uhr
RikuValentine

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Chadder88

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07. Mai 2021 um 00:01 Uhr
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Peter_Parker

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09. Mai 2021 um 01:45 Uhr
Nero-Exodus88

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09. Mai 2021 um 13:53 Uhr
clunkymcgee

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09. Mai 2021 um 15:49 Uhr