Cyberpunk Edgerunners: Ein brutaler wie stylischer Netflix-Anime - Serienkritik

Mit der Anime-Serie "Cyberpunk: Edgerunners" erwartet euch ein wilder Trip durch die düstere Metropole Night City. Ein packendes Netflix-Abenteuer, das aktuell nicht nur von Gaming-Fans aufmerksam beobachtet wird.

Cyberpunk Edgerunners: Ein brutaler wie stylischer Netflix-Anime – Serienkritik
"Cyberpunk: Edgerunners" ist seit dem 13. September 2022 exklusiv bei Netflix verfügbar.

Letzte Woche startete mit „Cyberpunk: Edgerunners“ eine neue Videospiel-Adaption auf Netflix, die aktuell für allerlei Furore sorgt. Während Filme und Serien, die auf bekannten Games basieren, noch immer keinen allzu guten Ruf genießen, scheint dieses dreckige wie gleichermaßen blutige sowie abgedrehte Abenteuer einen Nerv bei vielen Fans zu treffen. In unserer Serienkritik verraten wir euch, ob ihr bei der Anime-Serie guten Gewissens einen Blick riskieren könnt.

Eine Stadt der (Alb)Träume

Im Mittelpunkt der Story steht Teenager David Martinez, der aus der Arbeiterklasse von Night City stammt. Seine alleinerziehende Mutter versucht alles, um ihrem Sohn eine gute Ausbildung an einer angesehenen Schule zu ermöglichen, damit er später einmal ein besseres Leben haben kann. Nach einem schicksalhaften Ereignis soll jedoch alles ganz anders kommen, denn David beschließt, zu einem Edgerunner, einem Söldner, zu werden.

Schon bald trifft er auf eine Hackerin namens Lucy, zu der unser junger Protagonist schnell eine besondere Verbindung aufbaut. Kurz darauf wird er von einer Cyberpunk-Gang aufgenommen, deren Anführer den jungen Draufgänger unter seine Fittiche nimmt. In den Mitgliedern der Gruppe findet David gewissermaßen eine Ersatzfamilie, doch bereits einige Zeit später beginnt dieses brutale Leben in der Stadt seine ersten Tribute zu fordern.

Über zehn Episoden hinweg, die jeweils eine Laufzeit von rund 25 Minuten haben, erzählt „Cyberpunk: Edgerunners“ seine Geschichte über menschlichen Verfall, Sucht und Freundschaft, Liebe und Träume. Besonders die stetige Abwärtsspirale, in der sich David bald wiederfindet, ist eine der größten Stärken der Anime-Serie, die einige dieser Facetten noch besser umsetzen kann als das dazugehörige Spiel „Cyberpunk 2077“.

Die psychologische Zersetzung eines guten Menschen

Die Verantwortlichen von Studio Trigger fokussieren sich einmal auf den psychologischen Horror von Night City, dem niemand zu entrinnen scheinen kann. Menschen versuchen verzweifelt, sich aus dem Würgegriff der Stadt lösen und ihr zu entkommen. Um ihre Chancen auf ein besseres Leben zu erhöhen, verbessern sie ihre Körper mit immer mehr Implantaten.

Doch gerade dann, wenn sie glauben, endlich den Absprung schaffen zu können, dann folgt doch der nächste große Coup! Dieser veranlasst die Leute dazu, noch länger in Night City zu bleiben, als sie es ursprünglich wollten. Die Metropole zieht sie hinab und verschlingt sie letztendlich.

Damit einher geht die schleichende psychische Zersetzung der Menschen, die immer mehr zu wandelnden Maschinen werden. Sie opfern ihre Menschlichkeit, um mehr Macht erhalten zu können. So auch David, der eigentlich als gute Person gezeichnet wird, der immer mehr schlimme Dinge passieren. Kaum spürbar überschreitet er eine Grenze nach der andere, ehe er schließlich realisiert, dass er gar nicht mehr weiß, wie viele Leute er bereits umgebracht hat.

Mit dieser Abwärtsspirale verbunden ist die Cyberpsychose, also jene just erwähnte Auflösung einer Person. David muss hautnah miterleben, wie sich Menschen in seinem Umfeld deshalb immer weiter verändern. Dies eskaliert oft in spektakulären Gewaltorgien, in denen die Szenerie in Blut, Gedärmen und Körperteilen getränkt wird. Es ist eine Thematik, die „Cyberpunk: Edgerunners“ besser umzusetzen weiß als das Game, in dem Shooter-Sequenzen Teil des Gameplays sind. Darin sind getötete Figuren von Anfang an nur irgendwelche Nummern für den Spieler, doch die Anime-Serie kann hier gekonnt wesentlich tiefer graben.

Ein wilder Trip: Studio Trigger in Höchstform

Gewissermaßen als Gegengewicht zu diesen mitunter deprimierenden Ereignissen fungiert die  langsam wachsende Liebesbeziehung zwischen David und Lucy. Sie sorgt dafür, dass er nicht wahnsinnig wird und ihre gemeinsamen Szenen zählen zu den stärksten Momenten der Serie. Angesichts der mitunter reizüberflutenden Bildgewalt des Anime gelingt es der Romanze, die beiden Hauptcharaktere erden. Wenn die zwei sich gegenseitig von ihren Träumen erzählen und alles dafür geben, dass der jeweils andere seinen Traum verwirklichen kann, trifft das emotional ins Ziel – insbesondere im bittersüßen Ende von „Edgerunners“.

All jene, die „Cyberpunk 2077“ bereits gespielt haben, werden sicherlich die Liebe zum Detail der Verantwortlichen zu schätzen wissen. Night City wurde aufwändig nachgebaut und so sind einzelne Locations der Spielwelt sofort erkennbar, etwa die Afterlife-Bar. Darüber hinaus haben die Macher auch zahlreiche Soundeffekte sowie das Game-Interface in ihre Serie integriert, sodass Fans in den zehn Episoden direkt heimisch fühlen dürften.

Generell lässt sich Studio Trigger („Kill la Kill“), die in den letzten Jahren unter anderem an „Star Wars: Visionen“ mitwirkten, audiovisuell nichts vorwerfen. Das Team bleibt auch bei „Cyberpunk: Edgerunners“ seinem gewohnten Stil treu und feuert regelrecht aus allen Rohren! Die Bilder bersten nur so vor pulsierenden Farben, während die übertriebenen Proportionen und teils eigenwilligen Kameraperspektiven, für die das Studio bekannt ist, wieder vertreten sind. Der Zeichenstil der Anime-Serie ist überaus abwechslungsreich gelungen, was hervorragend zum Setting passt und weshalb die Show niemals langweilig wird.

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Der bisher beste Netflix-Anime?

Kurzum: Das in Tokio ansässige Anime-Studio läuft in „Edgerunners“ einmal mehr zu absoluter Höchstform auf und liefert hier eine seiner bisher besten Arbeiten ab, die sich mit den besten Anime-Produktionen im Netflix-Portfolio messen kann. Vielleicht ist es sogar der bis dato beste Netflix-Anime. Die Serie ist nicht nur audiovisuell absolut hervorragend gelungen, sondern kann ebenfalls mit ihrer düsteren Welt und vor allem Davids sowie Lucys Story punkten.

Ein weiterer Pluspunkt: Wie bei anderen Videospiel-Adaptionen, die im Katalog des Streaming-Anbieters zu finden sind, etwa „Arcane“ oder auch „Castlevania“, müsst ihr nicht zwingend mit der Games-Vorlage vertraut sein, um die Serie genießen zu können. Die Serie steht sehr auf eigenen Beinen, was auch Neueinsteigern die Chance gibt, sich in Night City zu verlieren. Neulingen werden vielleicht ein paar kleine Anspielungen entgehen, doch dies schmälert nicht die Seherfahrung.

Insgesamt haben CD Projekt RED und Studio Trigger mit „Cyberpunk: Edgerunners“ eine rundum gelungene Games-Adaption abgeliefert, die mit einprägsamen Bildern, einem mal treibenden, mal gefühlvollen Soundtrack und einer zeitweise überraschend emotionalen Geschichte punkten kann.

Der Abwärtsspirale, in der sich David und seine Freunde wiederfinden, kann man sich auch als Zuschauer nur schwer entziehen, doch die kleinen Momente voller Glück und Euphorie machen dies wieder wett. Es ist ein ungemein spannender Einblick in das Leben einer Night City-Legende, dem ihr unbedingt eine Chance geben solltet.

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